Daberspitze Nordgipfel (3330m) - "Bruchbude" über dem Umbaltal


Publiziert von BigE17 , 1. Oktober 2023 um 19:16.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum:17 September 2023
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: WS - Gut fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 11:15
Aufstieg: 2350 m
Abstieg: 2350 m
Strecke:30 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Mittersill über den Felbertauern oder von Lienz kommend nach Matrei in Osttirol. Nun ins Virgental hineinfahren und dabei immer auf der "Hauptstraße" bleiben. In Ströden endet diese Straße bei einem großen Parkplatz (eine kleine Parkgebühr).
Unterkunftmöglichkeiten:Clarahütte, Neue Reichenberger Hütte

Die Daberspitze ist ein hoher Doppelgipfel in der südwestlichen Venedigergruppe. Sie ist bekannt für schwierige, brüchige Normalwege. Tatsächlich gibt es immerhin eine Route auf den Hauptgipfel, die im obersten WS-Bereich machbar ist. Doch wie erreicht man eigentlich am besten den Nordgipfel? Angeblich kann er durch eine sehr steile Schrofenrinne von Südosten im 1. Schwierigkeitsgrad erreicht werden - beim Blick von der benachbarten Tredeberspitze zur angeblichen Aufstiegsrinne wollte ich das nicht glauben. Und tatsächlich - es sollte nie schwieriger als I werden. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit, und der Nordgipfel würde sich als anspruchsvoller als der Hauptgipfel der Daberspitze entpuppen...

Für diesen schönen Septembertag hatten ich und ein Tourenpartner diesen abgelegenen Gipfel als Ziel auserkoren. Wir starteten bereits um 6:00 in der Dunkelheit in Ströden mit den E-Bikes. Im Nu war die Pebellalm erreicht. Wir folgten anschließend dem Fahrweg weiter ins Tal hinein, wobei dieser nach einigen Kehren plötzlich kurz steil abwärts führte. Nun waren wir wieder am normalen Weg ins Umbaltal. Der folgende Aufschwung war zumindest mir stellenweise zu steinig, daher schob ich das E-Bike dreimal. Dann fuhren wir noch deutlich weiter ins Tal hinein, nach dem Reggenbach gelangten wir zu einem Hüttl, wo wir die Räder deponierten.

Wir folgten noch ein wenig dem Steig zur Clarahütte, bis links der Steig ins Dabertal abzweigte. Nach einem kurzen Abstieg und der Überquerung der Isel ging es anfangs ordentlich bergauf, bis schließlich der Steig begann, leicht ansteigend taleinwärts zu führen. Hier gab es durchaus einige Stellen, an denen man sich besser auf den Weg konzentrieren sollte - Ausrutschen wäre ein "No-Go". Gegen Ende des Tales ging der Steig sogar noch einmal ordentlich bergab, auch einige seilversicherte Stellen waren dabei. So gelangten wir zu einem kleinen Hüttl.

Dort verließen wir den markierten Weg, und folgten einer leicht absteigenden Steigspur Richtung Karbachtal. Schon bald verlor sich die Spur, und wir überquerten einen Bach und begannen an der linken Talseite des Karbachtales anzusteigen - dabei passierten wir einen schon von weitem sichtbaren, großen Steinmann. Die Grashänge waren mäßig steil, so kamen wir gut vorwärts. Aber das ganze Tal zog sich ordentlich in die Länge. Kurz trafen wir sogar wieder auf eine Steigspur. Kurz betraten wir auch die rechte Talseite, meistens blieben wir aber links. Kontinuierlich ging das Gelände von den Wiesen in Schutt über, und schließlich befanden wir uns unterhalb der Ostwand der Daberspitze.

Über einen auffälligen Schutthang mussten wir nun eine Steilstufe Richtung Daberspitze überwinden. Dort war das Gehen zeitweise ziemlich anstrengend, stellenweise wichen wir auf die felsdurchsetzten Grashänge links davon aus. Nun befanden wir uns auf einer Blockterrasse unterhalb der Ostwand der Daberspitze. Dieser folgten wir nach Norden, bis kurz vor das Daberkees. Ohne den Gletscher zu betreten, stiegen wir über Platten, Blöcke und Schutt weiter auf. Dabei hielten wir auf die steilen Felszonen südlich des Nordgipfels zu.

So erreichten wir den Beginn des steilen Anstieges. Was vor 3 Jahren auf der Tredeberspitze unbegehbar gewirkt hatte, schien jetzt doch irgendwie machbar zu sein. Aber leicht sah es auch nicht aus! Gleich zu Beginn mussten wir vorsichtig über schuttbedeckte Felsen aufsteigen (I, sehr brüchig), was bereits sehr heikel war. Nach wenigen Metern fanden wir uns in einer sehr steilen Sandrinne mit lediglich einer dünnen Sandschicht wieder - richtig ekelhaftes Gelände. Beim weiteren Aufstieg hielten wir uns an den grünen Felsen links von der Rinne fest (I). Dies war auch der einzige Weg, höher zu kommen, weil die wenigen Felsen in der Mitte der Rinne bei Berührung zerbröselten. Wir wussten zwar, dass wir irgendwann zum Gipfel nach rechts queren müssten, aber irgendwie sah das nirgends verlockend aus. Mit der Hoffnung, dass wir dies über den Grat bewerkstelligen könnten, stiegen wir bis zum Verbindungsgrat zwischen Nord- und Hauptgipfel auf. Doch dieser entpuppte sich als unbegehbar. Der einzige Weg, der jetzt noch möglich war, war eine Querung unterhalb des Grates. Dabei waren mehrere sandige Rinnen zu queren, in denen wir sehr aufpassen mussten, nicht abzurutschen. Zwischendurch gab es auch kurze Kletterstellen (I, extrem brüchig). Das ganze war wie ein Tanz auf rohen Eiern. Irgendwann befanden wir uns doch am Gipfelaufbau. Dazu mussten wir die Südostrippe des Nordgipfels erreichen. Dabei mussten wir kurz über steile, schmale, schuttbedeckte Bänder aufsteigen (I, sehr heikel). Nun befanden wir uns endlich in besserem Gelände, und nur eine Minute später war der Nordgipfel der Daberspitze erreicht.

Leider befanden sich hier nun doch einige Wolken am Himmel, die die Sicht leider ein wenig einschränkten. Aber der Ausblick zu den sichtbaren Gipfeln war dennoch sehr schön. Gleich nebenan das steile Horn des Hauptgipfels, im Norden Rötspitze, Dreiherrenspitze und Trabanten, im Westen die Große Löffelspitze und deren Trabanten. Um den furchtbaren Abstieg möglichst schnell hinter uns zu bringen, begannen wir rasch mit dem Abstieg. Um nicht über die Schuttbänder absteigen zu müssen, folgten wir der Rippe ein paar Meter weiter nach unten, und kletterten dann über gelbe Felsen ab. Auch wenn hier der Fels gut war, die Kletterei war nicht einfach (kurz III-, luftig) und somit war diese Variante kaum besser als die Bänder. Nun entschlossen wir uns, deutlich tiefer die Flanke zu queren. Das Gelände war hier zwar genauso furchtbar zu begehen, wie die Querung beim Aufstieg, aber immerhin war die Querung hier etwas kürzer. Ungefärlicher war diese Route jedoch nicht, da an einer Stelle plötzlich ein paar mittelgroße Steine auf uns zu flogen. Wir konnten uns gerade noch so in Sicherheit bringen. Als wir wieder in der Aufstiegsrinne ankamen, wurde es wieder besser, aber Ausrutscher durfte auch hier keiner passieren. Die heiklen, untersten Meter umgingen wir durch eine grüne Schuttrinne ganz rechts in der Flanke, wobei wir am Ende von dieser kurz klettern mussten (I, Fels in Ordnung).

Nun konnten wir endlich durchschnaufen und doch noch ein wenig rasten. Die Blockterrasse war dann recht schnell gequert, die Schuttrinne konnten wir schnell hinuntersurfen. Im Tal nahmen wir anfangs eine etwas andere Route. Wir querten den Bach und wanderten über Grashänge talauswärts. Schließlich führte uns ein steilerer Grashang wieder ins Tal. Nach dieser kleinen Abkürzung gingen wir auf der im Abstiegssinne rechten Talseite entlang des Aufstiegsweges talauswärts. Nach einem langen Abstieg erreichten wir beim Hüttl wieder den Steig. Diesem folgten wir bis zu Rädern. Mit denen fuhren wir vorsichtig über den steilen und holprigen Weg bis zum Auto ab, das wir um 17:15 erreichten.

Erwähnenswertes:

1. Der Nordgipfel der Daberspitze ist ein anspruchsvoller Dreitausender. Die Schwierigkeiten liegen dabei auf den letzten 150 Höhenmetern. Das Gelände ist sehr steil und sehr brüchig, dementsprechend bestehen sowohl Absturzgefahr, als auch Steinschlaggefahr. Insbesondere die Querung hinüber zum Gipfel ist wegen den steilen Rinnen mit dünnem Sand schlimm, egal auf welcher Höhe man diese durchführt. Deswegen ist es essentiell, Erfahrung mit solchem Gelände zu haben. Wer nur den 1. Schwierigkeitsgrad beherrscht, sich aber noch nie in solch brüchigem Gelände aufgehalten hat, sollte sich von diesem Gipfel fernhalten.

2. Die alternativen Anstiege sind nicht besser. Beim Übergang vom Hauptgipfel her muss man nicht nur in brüchigem Fels klettern (III), sondern auch die hier beschriebene Querung trotzdem machen. Der Nordgrat ist eine schwierige Klettertour (mindestens III und brüchig).

3. Das Seil kann man zuhause lassen, Sichern ist hier quasi unmöglich.

4. Alternativ kann man die Aufstiegsroute von der Neuen Reichenberger Hütte oder auch aus dem Schwarzachtal erreichen. Diese Zustiege sind ähnlich lang und noch anstrengender, als der Zustieg durchs Umbaltal. Der Zustieg über die Tredeberspitze und das Daberkees ist schon seit einigen Jahren unbegehbar. 

5. Das Karbachtal ist extrem einsam, außerdem befindet man sich mit Ausnahme des Gipfels durchgehend im Funkloch.

6. Wegen der Länge des Anstieges braucht man den ganzen Tag lang sicheres Wetter.

7. Im Frühjahr/Frühsommer ist der Schlussanstieg zum Gipfel wohl nicht ganz so schwierig, aber immer noch nicht leicht (knapp über 45 Grad Firn). Jedoch ist der Anstieg ostseitig ausgerichtet, und deshalb wird der Schnee oft schon am Vormittag gefährlich weich - dementsprechend früh muss gestartet werden. Der einzig mögliche Zustieg um diese Zeit führt durch das Trojeralmtal zur Neuen Reichenberger Hütte und weiter ins Karbachtal. Der Aufstieg durchs Dabertal ist im Frühsommer wegen extrem steilen Schneefeldern gefährlich.

8. Auch wenn das Karbachtal zu den schönsten Tälern Osttirols gehört, und während der ganzen Tour die Aussicht fantastisch ist, kann ich die Tour wegen der Steinschlaggefahr beim Schlussaufstieg nur bedingt weiterempfehlen. Da man sich durchgehend im Absturzgelände befindet, sind Ausweichmannöver oft kaum oder gar nicht durchführbar. Dieser Gipfel sollte außschließlich von erfahrenen Bergsteigern aufgesucht werden.

Tourengänger: BigE17


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