Hoher Rosshuf (3200m) - Besteigung der 3 österreichischen Gipfel


Publiziert von BigE17 , 27. Juli 2021 um 14:06.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum:23 Juli 2021
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   I 
Zeitbedarf: 13:00
Aufstieg: 2050 m
Abstieg: 2050 m
Strecke:27 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Mittersill über den Felbertauern oder von Lienz kommend nach Matrei in Osttirol. Nun ins Virgental hineinfahren und dabei immer auf der "Hauptstraße" bleiben. In Ströden endet diese Straße bei einem großen Parkplatz (eine kleine Parkgebühr)
Unterkunftmöglichkeiten:Clarahütte, Lenkjöchlhütte, Phillipp-Reuter Hütte

Der Kamm westlich der Dreiherrenspitze beinhaltet zahlreiche steile, schwierige Gipfel. Die meisten Gipfelanstiege erfolgen in schwieriger Kletterei über scharfe, ausgesetzte Grate. Da gibt es lediglich eine Ausnahme - nämlich den Hohen Rosshuf. Genaugenommen stellt der Hohe Rosshuf ein breites Massiv aus 5 Gipfeln dar. Die 3 österreichischen Gipfel sollen anscheinend nicht allzu schwer erreichbar sein . Es gibt 2 Gipfel, die bis auf einen Meter gleich hoch sind, und nicht allzu weit auseinander liegen. Etwas abgelegener liegt der Östliche Rosshuf. Dieser soll angeblich im 2. Schwierigkeitsgrad vom Hohen Rosshuf aus erreichbar sein. Um eines vorweg zu nehmen: Dies ist mal wieder ein Märchen des AV-Führers. Gottseidank gibt es noch einen anderen Weg.

Ich und ein Tourenpartner starteten um 6:00 in Ströden. Uns stand gleich zu Beginn ein sehr langer Talanstieg bevor. Wir folgten dem Fahrweg zur Pebellalm, dann stiegen wir über den Wasserschaupfad Umbalfälle auf. Eine weitere Steilstufe, sowie ein ewig langes Flachstück folgten, bis wir zur Clarahütte gelangten. Wir folgten dem markierten Steig Richtung Umbalkees weiter ins Tal hinein. Eine Brücke führte uns über die Isel. Der weitere Weg Richtung Umbalkees war sehr gut markiert, er führte flach weiter ins Tal, bis zur plattigen Steilstufe, die schon von weitem sichtbar gewesen war. Hier trafen wir auf seilversicherte Stellen, das Gelände war aber nie anspruchsvoll. Oberhalb erreichten wir einen kleinen See.

Ein Blick auf die Uhr verriet, dass wir bereits 3 Stunden am Weg waren für gerade mal 1000 Höhenmeter - so flach ist der sehr lange Talanstieg. Wir dachten, dass wir ab nun schneller Höhenmeter machen könnten - aber Fehlanzeige. Der Weg zum Umbalkees auf 2500 Meter war nicht mehr allzu weit. Hier verließen wir den Weg und stiegen nun Richtung Hinteres Umbaltörl auf. Wir hielten dabei stets nach direkten Aufstiegsmöglichkeiten zum Rosshuf Ausschau, da wir die steile Firnflanke ins Törl vermeiden wollten. Die ersten 100 Höhenmeter Richtung Törl waren fürchterlich zu begehen: Blockgelände, wobei die kleineren und mittelgroßen Blöcke kippten, sobald man sie auch nur berührte. Danach wurde es gottseidank besser.

Wir überquerten ein kleines Schneefeld, danach mussten wir einen mäßig steilen Schutthang überwinden. Hier trafen sogar auf ein paar Steigspuren, die uns ein schnelles Vorwärtskommen ermöglichten. Dann tauchte die steile Firnflanke hoch zum Törl vor uns auf. Sofort war klar, dass wir diese auf keinen Fall überwinden konnten. Rechts von uns gab es da schon eine deutlich bessere Aufstiegsmöglichkeit, aber wir dachten, dass es weiter oben eine weitere geben würde. Und tatsächlich: Eine nicht allzu steile Blockrinne, in deren unterem Teil Schnee lag, bot sich hierfür an. Wir begannen also, auf sie zuzuhalten. Dabei erlebten wir eine große Überraschung. Wir konnten über eine Felsrippe aus Dolomit aufsteigen. So ein Gestein hatte ich in der Venedigergruppe auch noch nicht gesehen. Schließlich stiegen wir über das nicht allzu steile Schneefeld die Rinne hoch, doch leider war schon bald der Schnee zu Ende und wir mussten wieder über Blöcke steigen - immerhin deutlich weniger mühsam als weiter unten.

So erreichten wir auf über 2900m eine Geländekante und unser erstes Gipfelziel tauchte wieder auf - der Östliche Rosshuf. Der Aufstieg sah nicht allzu schwer aus. Leider erkannten wir, dass ein Aufstieg zum Hohen Rosshuf von hier aus doch schwieriger sein dürfte, als angenommen. Es gab nämlich keine richtige Lücke zwischen den plattigen Felsen. Wir hatten zwar geplant, den Verbindungsgrat zwischen Östlichem und Hohem Rosshuf zu begehen, aber im Abstieg würden wir hier runter müssen. Doch erstmal querten wir einige Schneefelder, um zum Schlussanstieg zum Östlichen Rosshuf zu gelangen. 

Auf den letzten 120 Höhenmetern war dann leider Schluss mit lustig: Hier bekamen wir es mit wahrlich fürchterlichem Blockgelände zu tun. Selbst größere Blöcke mussten mit Vorsicht betreten werden, da manche von ihnen wackelig waren. So arbeiteten wir uns langsam empor bis zum Gipfelgrat, wobei die Hände ständig verwendet werden mussten (I). Die letzten Meter zum Gipfelblock waren ebenfalls anstrengend, aber nicht mehr schwer. Während das Panorama in südliche und östliche Richtung bereits während des Aufstieges phänomenal war (Dreiherrenspitze, Malhamspitzen, Rosenspitze,...), konnten wir nun endlich auch weit nach Norden blicken: Die Reichenspitzgruppe, sowie das Krimmler Achental konnten wir nun bestaunen. Im Westen versperrte der Hohe Rosshuf noch ein wenig Sicht, der Verbindungsgrat (angeblich II) sah sehr schwer aus. 

Wir versuchten trotzdem, den Verbindungsgrat zu begehen. Der erste Turm war leicht südseitig umgehbar, doch dann gelangten wir zu einem sehr steilen Aufschwung. Eine Umgehung in den haarstreubend steilen Flanken war natürlich unmöglich. Auch das Bezwingen des Aufschwungs schien sehr schwer zu sein (vermutlich IV). Daher entschlossen wir uns dazu, über die Aufstiegsflanke abzusteigen, und den Normalweg zum Hauptgipfel zu suchen. Wir benötigten sehr viel Zeit, über die Flanke abzusteigen und danach die Schneefelder zum Normalweg zu queren. Zwischendurch wollte ich aus Zeitgründen auf den Hauptgipfel verzichten, und stattdessen den Ahrner Kopf besteigen und über das Vordere Umbaltörl absteigen. Nur weil wir nach kurzer Suche den Normalweg fanden, bestiegen wir doch den Hohen Rosshuf.

Die Markierungen führten uns über eine steile plattige Felsstufe mit zahlreichen Kletterstellen (I). Wir folgten dabei immer der Markierung, die uns zu einer unangenehm glatten Kletterstelle führte (III). Diese Stelle wäre jedoch im 1-ergelände umgehbar gewesen. Oberhalb erwartete uns noch ein wenig angenehm begehbares Blockgelände, so gelangten wir zum südlichen Hauptgipfel des Hohen Rosshuf (dieser ist quasi gleich hoch wie der nördliche Hauptgipfel). Zumindest dachten wir, dass wir beim Kreuz am Gipfel waren. Doch Fehlanzeige: Um zum höchsten Punkt mit dem Hufeisen zu gelangen, musste ein ausgesetztes Gratstück überwunden werden, wobei der Großteil in der nördlichen Flanke zu umgehen war (II).

Zurück beim Kreuz konnten wir den Ausblick genießen und uns auch ein wenig entspannen. Lange blieben wir nicht, da uns nach dem Übergang zum nördlichen Hauptgipfel noch ein sehr langer Abstieg bevorstand. Immerhin war dessen Gipfelaufbau bereits nach 10 Minuten im Gehgelände erreicht. Erst die letzten wenigen Meter zum gezackten Gipfel verlangten ein wenig Kletterei (II), die ein wenig ausgesetzt war. Hier rasteteten wir nicht, sondern begannen sofort mit dem Abstieg.

Wir stiegen über die Blöcke ab, dann mussten wir die plattige Stufe überwinden, wobei wir die Schlüsselstelle nun umgingen (somit max. I). Wir mussten nun noch mit Hilfe unserer Handys die Blockrinne wiederfinden, um ins Tal absteigen zu können. Ab hier folgten wir dem Aufstiegsweg zurück bis zum Parkplatz. Das dauerte noch sehr lange, und wir kamen wegen einer 20 minütigen Einkehr beim Islitzer erst um 19:20 wieder beim Auto an.

Erwähnenswertes:

1. Der Zustieg zu den Gipfeln des Rosshufs ist am kürzesten, wenn man von Kasern aus übers Windtal ansteigt. Aber auch dort wird man eine ganze Weile unterwegs sein, und auch dort gibt es einiges an Blockgelände. Wenn man über das Umbaltal ansteigt, so braucht man den ganzen Tag. Wir benötigten bis zum Östlichen Rosshuf fast 6 Stunden, und vom Hohen Rosshuf bis zum Parkplatz auch über 5 Stunden.

2. Der Gipfelanstieg zum Östlichen Rosshuf ist technisch nicht schwierig (I), allerdings ist wegen der vielen wackeligen Blöcke große Vorsicht geboten. 

3. Es gibt keine gute Alternative, den Östlichen Rosshuf zu erreichen. Der Verbindungsgrat vom Hohen Rosshuf zum Östlichen erreicht min. den 4. Schwierigkeitsgrad. Eventuell könnte man vom Hohen Rosshuf kommend die Schlüsselstelle abseilen. Der Anstieg vom Leipziger Schartl über den NO-Grat ist fast sicher kein 2. Schwierigkeitsgrad, ebenso der weitere Weg zur Althausschneidspitze.

4. Beide Hauptgipfel des Hohen Rosshufs sind bis kurz vor dem Gipfel leicht. Die schwierigste Stelle beim Zustieg ist die glatte Felsplatte, die bei geschickter Wegwahl nur den 1. Schwierigkeitsgrad erreicht. Sobald man sich dort versteigt, wird das Gelände aber gleich viel schwerer. Das Kreuz des südlichen Gipfels ist somit nicht allzu schwer erreichbar.

5. Die Schlussanstiege - sowohl zum südlichen Gipfel, als auch zum nördlichen - sind deutlich anspruchsvoller. Bei beiden Gipfel erreicht die Kletterei den 2. Schwierigkeitsgrad, und das Gelände ist sehr ausgesetzt. Nur wenn man diesen Schwierigkeitsgrad sicher beherrscht, sollte man dies seilfrei wagen. Ansonsten ist es besser, zu sichern, oder auf die höchsten Punkte ganz zu verzichten.

6. Der Gratübergang vom Hohen Rosshuf zu den beiden Südtiroler Gipfeln ist schwierig und sollte daher gemieden werden. Diese muss man auf einem vollkommen anderen Weg besteigen.

7. Skitouren sind sehr lang - egal ob zum Hohen Rosshuf oder zum Östlichen. Dabei muss man in Kasern starten, weil der Anstieg übers Umbaltal im Winter bzw. Frühjahr viel zu lawinengefährlich ist. Außerdem ist dieser Anstieg viel zu lang für eine Skitour.

8. Die Schneefelder am Anstieg zum Hohen Rosshuf sind nicht allzu steil, wenn man spät im Jahr unterwegs ist - also ab Mitte Juli. Früher findet man auch Schneefelder in steileren Passagen vor, dann ist der Anstieg noch anspruchsvoller, aber weniger mühsam. Die Firnflanke vom Umbaltal hoch zum Hinteren Umbaltörl sollte dringend gemieden werden, da sie brutal steil und überwechtet ist.

9. Anfänger haben am Hohen Rosshuf nichts zu suchen. Im Blockgelände herrscht erhöhte Verletzungsgefahr, außerdem dürfen auch nicht die Kletterstellen im 1. Schwierigkeitsgrad unterschätzt werden.

10. Ist man diesen Schwierigkeiten gewachsen, dann kann man sich auf einen langen, erlebnisreichen Bergtag einstellen. Das Panorama ist von unten bis oben stets fantastisch. Außerdem kann man zumindest am Zustieg übers Umbaltal auch Bergeinsamkeit erleben. Auf den Gipfeln fühlt man sich nicht so einsam, da nur wenig unterhalb der Normalweg zur Dreiherrenspitze verläuft. Der südliche Hauptgipfel wird sogar regelmäßig bestiegen. Eine Besteigung der 3 österreichischen Gipfel ist auf alle Fälle sehr zu empfehlen.

Tourengänger: BigE17


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