Dreiherrnspitze (3499m) und Rötspitze (3495) - Langer Zustieg über Clarahütte


Publiziert von Chiemgauer , 29. August 2016 um 21:00.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum:27 August 2016
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   I 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 3830 m
Abstieg: 3830 m
Strecke:48,2 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Über Mittersill und Felber-Tauern-Tunnel oder Lienz nach Matrei und dort über Prägraten bis zum Wanderparkplatz ganz am Ende in Ströden
Kartennummer:Kompass Nr. 38

Eigentlich hatte ich bereits vier Hochtouren am Stück im Pitztal hinter mir, aber noch freie Plätze auf der Clarahütte für's Wochenende, Martin der das Wochenende Zeit hatte und zwei weitere perfekte Bergwettertage haben mich nicht lang überlegen lassen. So wurde halt Tag 5 und 6 in Folge intensiv genutzt, auch wenn es dann an am Ende 12.200Hm und 125km innerhalb von 6 Tagen werden sollten. Die Verlängerung meines "Trainingslagers" habe ich keine Sekunde bereut und nur noch freie Plätze auf der Clarahütte (eigentlich waren beide Gipfel von Lenkjöchlhütte geplant) sollten sich als waren Glücksfall heraus stellen, handelt es sich dabei vermutlich um die schönste Hütte (Architekt hat dafür auch einen Preis gewonnen) auf der ich bisher war. Auch die äußerst jungen (geschätzt Mitte 20) Wirtsleute machten den Aufenthalt mehr als angenehm. Bin mir absolut sicher, die Hütte wird mich wieder sehen!!!

 

Tag 1: Los ging es von Ströden durch das lange sehr idyllische Umbaltal in meist gemütlicher Steigung bis zur Clarahütte. Da wir auf dieser erst um 10 Uhr eingetroffen sind wurde unser heutiges Tagesziel mit der Dreiherrnspitze von der Wirtin als äußerst sportlich angesehen (normal 10 Stunden reine Gehzeit hin und zurück), aber sie wusste nun Bescheid, dass wir womöglich erst wieder später am Abend auf der Hütte eintreffen. Zügig ging es darauf hin weiter ins Umbaltal und wir entschieden uns für die (laut Karte) kürzeste Variante zur Dreiherrnspitze über das Umbalkees. Dafür ging es bis in den Talschluss (bis Gletscheree markiert, danach nur noch vereinzelt Steigspuren) zum Umbalkees. Dieses betraten wir relativ weit links (sicher besser gleich mittig und ganz unten betreten) und stiegen am linken Rand bis zum letzten Felsaufschwung auf (wenige Spalten, aber alles aper). Den eigentlich Plan hier die Steilstufe ins flachere Gelände zu meistern, scheiterte an den glatt polierten Felsen, so ging es wieder auf den Gletscher und in einem leichten Bogen über diese Steilstufe (Gletscher noch nicht ganz blank und mit Steigeisen noch gut zu gehen (geschätzt 30 Grad evtl. minimal steiler), aber durchaus auf Steinschlag zu achten bei aktuellen Bedingungen). Danach wieder an den Gletscherrand und an geeigneter Stelle die nun deutlich flachere Fels-/Schuttrampe betreten. Ab da dann relativ einfach (stellen I, manchmal etwas mühsam) diese Rampe rauf bis zum Althauskees und über dieses zum nahen und gut gespurten Normalweg vom Hinteren Umbaltörl. Ab hier dann den langsam aufsteilenden 200 Hm langen Schlusshang zum Gipfelgrat, wobei die letzten Meter an die 50 Grad haben könnten (alles super Trittfirn und im Aufstieg auch ohne Steigeisen und Pickel möglich). Nun wieder gemütlicher die letzten Meter zur nahen Dreiherrnspitze, wobei bei direktem Weg nochmals ein bis zu 45 Grad steiles Schneefeld unterm Gipfel wartet.

Runter dann zuerst wieder über den Aufstiegsweg, dann aber weiter auf dem Normalweg, der Spur folgend, in Richtung Hinteren Umbaltörl. Dabei ist im Bereich der Althausschneide auf Steinschlag zu achten. Kurz vor dem Hintern Umbaltörl nehmen wir dann eine Rinne mit Wasserlauf um in die Rinne vom Hintere Umbaltörl ins Umbaltal abzusteigen (Stellen I, fast durchgehned Gehgelände), durch diese runter ins Umbaltal und ab dort wieder über Aufstiegsweg zurück zur Clarahütte. Trotz langer Gipfelrast (nur dort hatte ich Netz und ich "musste" noch das Ergebnis meiner Löwen abwarten (-;) waren wir pünktlich 18:30 Uhr zum Abendessen wieder zurück.

Tag 2: Zuerst wie am Vortag weiter ins Umbaltal, bis der Weg zur Kleinen Philipp Reuter Hütte abbiegt. Nun weiter bis zu dieser und gleich dahinter weglos direkt rauf zum Nordgrat (mittlerweile der Normalweg von der Clarahütte) der Rötspitze. Mit durchgehend, wenn auch stellenweise etwas mühsames, Gehgelände lässt sich der Grat in einer Scharte einfach betreten. Ab jetzt meist direkt (ab und zu etwas in Flanken ausweichen) am Grat zur Unteren Rötspitze. So gut wie keine Steinmänner, aber deutliche Begehungsspuren machen die Wegsuche relativ unproblematisch. Ein erster Aufschwung wird direkt (ausgesetzte Gratkante, herrlich zu klettern II) oder einfach rechts durch die Flanke erstiegen. Der zweite Aufschwung wird dann leicht links vom Grat genommen, wobei dort mit einer kurzen Verschneidung (II, ausreichend Griffe und Tritte) die mutmaßliche Schlüsselstelle bis zur Unteren Rötspitze wartet. Ein oder zwei Aufschwünge später trifft man auf den Normalweg von der Lenkjöchlhütte und ab nun über deutlich stärker begangenen Grad weiter zur Rötspitze. Die beiden Firnfelder waren heute problemlos ohne Steigeisen zu gehen. Schlüsselstelle (II) der Steilstufe zwischen den beiden Firnfeldern ist mit Krampen entschärft, kann aber auch deutlich einfacher in der Flanke (deutliche Begehungsspuren) umgangen werden. In den Gipfelaufschwung nach dem zweiten Firnfeld steigen wir direkt ein, dann aber kurz schon II+ (vielleicht sogar III-). Das dürfte aber auch einfacher durch die Flanke zu machen sein. Kurz darauf über den flachen glatten Grat (trocken problemlos, bei Nässe, Neuschnee oder Vereisung sicher deutlich anspruchsvoller) zum nahen Gipfel.

Vom eigentlichen (Schnell)abstieg über das Welitzkees riet uns die Hüttenwirtin ab, also ging es auf selben Weg wieder zurück zur Clarahütte und weiter nach Ströden.

 

Sehr langer, dafür relativ einsame (außer uns waren nur noch Wanderer als Übernachter auf der Clarahütte) 5*-Anstieg auf zwei wunderschöne Gipfel der Venedigergruppe, die für mich noch eine besondere Bedeutung haben, kann ich sie doch von Zuhause aus durch das Inntal sehen. Dreiherrnspitze war für mich von der Wegfindung anspruchsvoller wie auch wegen Gletscherkontakt alpiner, während ich den Nordgrat zur Rötspitze klettertechnisch anspruchsvoller (T5/II bei ausweichen in die Flanken) fand. Dabei ist der Teil bis zur Unteren Rötspitze aber eher noch einfacher, wie der gemeinsame Abschnitt mit Normalweg von Lenkjöchlhütte.

Wie es der Zufall so wollte war am Vortag der Simonysee Berglauf (da wurde der Hüttenwirt der Clarahütte hervorragender 16ter) weswegen auf der Rötspitze zwei Bergläufer (Laufrucksack und Laufschuhe) über unseren Anstiegsweg nach oben kam. Wie es sich herausstellen sollte handelte es sich dabei um zwei ÖSV-Nationalmannschaftsmitglieder im Skibergsteigen (am Vortag 2. und 5. beim Simonysee Berglauf), die mal schnell von Prägraten (geschätzt 2200Hm 25km) in 2:45h auf die Rötspitze sind. Schon beeindruckend was manche so mal schnell an einem halben Tag besteigen!


Tourengänger: Chiemgauer


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Geodaten
 31612.gpx Dreiherrnspitze
 31613.gpx Rötspitze

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Kommentare (4)


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mabon hat gesagt: Sauber Kollege; ...
Gesendet am 29. August 2016 um 21:36
...echt gut! Wär' echt gern dabeigewesen.

Wir sehen uns

mabon

Chiemgauer hat gesagt: RE:Sauber Kollege; ...
Gesendet am 29. August 2016 um 22:41
Wie gesagt war sehr spontan die Aktion. Tour ist aber auch solo vertretbar. Wir haben Seil kein einziges Mal hergenommen. Auch alle anderen sind seilfrei über Althauskees.

Cubemaster hat gesagt: Verspätete Gratulation
Gesendet am 19. Februar 2017 um 20:06
Auch von mir nochmal Gratulation zu der tollen Tour (wenn auch wie üblich etwas spät). Der Bericht und die Fotos sind eine super Dokumentation der beiden Routen!

Beim Lesen wurden Erinnerungen an meine eigene Tour auf die Dreiherrenspitze wach: Auch ich war in allen Belangen sehr zufrieden auf der Clarahütte. Außerdem fand ich es klasse, dass man dort quasi allein unterwegs ist, in unmittelbarer Nähe des hoffnungslos überlaufenen Großvenedigers.

Und es war wohl genau richtig, das wir damals nicht bei der hohen Schneelage gegangen sind, so konnten wir beide den Berg bei besten Verhältnissen machen...

Chiemgauer hat gesagt: RE:Verspätete Gratulation
Gesendet am 19. Februar 2017 um 22:29
Danke und selbstverständlich haben die beiden Gipfel AKW verdient!


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