VAL BAVONA: Sonlerto - Alpe Schieda – Capanna Sedone
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Jetzt hat’s mich arg erwischt. Nicht weit weg vom letzten kritischen Ausgang der Tour über Cadinc nach Alpe Solögna. Nur schlimmer. Ganz oben auf der gleichen Alp steht Sedone oder Sedom. Dunkel und kalt. Plötzlich Motorenlärm, dann Scheinwerfer: Der Rega-Helikopter wirbelt den pulvrigen Schnee in die Luft. Ich presse das Gesicht gegen die geschlossene Türe der Hütte. Wenige Sekunden später nimmt ein Flug-Begleiter links den Rucksack, rechts mich am Arm. Wir müssen uns beeilen. Es ist ein Risikoflug.Und dabei war alles im „Grünen Bereich“. War schon etwas spät dran, klar. Wollte ja nicht unbedingt „Eis Pickeln“. Ausreden? Aber mit Stirnlampe wäre die Rechnung aufgegangen, wenn nicht…die Natur hat mir eine Lektion gegeben.
Aber lassen wir Plinio Martini das Wort. Er hat den Zeitzeugen Daniele Dadò zitiert:
Die Alp Schiedo hat drei Siedlungen: Val Dint, Schied (1654 m.ü.M.) und Mutt, jede dotiert mit zwei Hütten; der Keller ist in Val Dint. Ich glaube, dass das Weiderecht bei acht bis zehn Kühen gelegen hat. Die Alp gehörte bis 1900 Giovanni Giuseppe Guglielmina. Die letzten, welche sie bestossen hatten, waren die Geschwister Gaudenzio, Caterina und Carolina Dalessi, welche die Alp um 1900 verliessen, dem Jahr, welchem ein gewaltiger Bergsturz schöne Teile der Kuhstrasse zerstörte. Die „Strasse“ wurde nicht wieder aufgebaut; es besteht noch ein Zugangsweg, jedoch nur für Personen.
In Sonlerto parke ich mein Fahrzeug eingangs Dorf auf der linken Seite. Ausgerüstet mit einer alten LK 1:25‘000, wo noch mehr Weg eingetragen ist, und einer allerneuesten Karte, wo die Felsstrukturen einiges präziser herausmodelliert sind. Ein Vergleich: Die alte Karte hat mehr Weg - die neue hat mehr Felsstrukturen.
Aber lassen wir Plinio Martini das Wort. Er hat den Zeitzeugen Daniele Dadò zitiert:
Die Alp Schiedo hat drei Siedlungen: Val Dint, Schied (1654 m.ü.M.) und Mutt, jede dotiert mit zwei Hütten; der Keller ist in Val Dint. Ich glaube, dass das Weiderecht bei acht bis zehn Kühen gelegen hat. Die Alp gehörte bis 1900 Giovanni Giuseppe Guglielmina. Die letzten, welche sie bestossen hatten, waren die Geschwister Gaudenzio, Caterina und Carolina Dalessi, welche die Alp um 1900 verliessen, dem Jahr, welchem ein gewaltiger Bergsturz schöne Teile der Kuhstrasse zerstörte. Die „Strasse“ wurde nicht wieder aufgebaut; es besteht noch ein Zugangsweg, jedoch nur für Personen.
In Sonlerto parke ich mein Fahrzeug eingangs Dorf auf der linken Seite. Ausgerüstet mit einer alten LK 1:25‘000, wo noch mehr Weg eingetragen ist, und einer allerneuesten Karte, wo die Felsstrukturen einiges präziser herausmodelliert sind. Ein Vergleich: Die alte Karte hat mehr Weg - die neue hat mehr Felsstrukturen.
Dazu die genaue Beschreibung von Cattaneo, Tour 113. Sonlerto 808m – Alpetto della Schieda. welches ich in Deutsch grob übersetzt hier wiedergebe:
Der Weg, welcher auf der LK noch angegeben ist, beginnt Richtung SE von Sonlerto, oberhalb der Grenz-Mauer der Felder. Nach dem Wasser-Reservoir geht er im Wald im Zick-Zack für etwa zweihundert Höhenmeter weiter (Wenige blaue Wegzeichen auf Baumstämmen möglich). Achtung, dass auf etwa 1050m Höhe der Weg brüsk nach rechts (N) abbiegt und vorerst horizontal vor einigen Felsen hindurchführt (kleinste Kapelle), dann in konstanter Steigung über dem auf der LK genannten Gebiet der Corona die Musitt. Er quert ein steiniger Wald diagonal, kommt am Splüi du Vald vorbei und erreicht die Costa du Ri, der Hang seitlich des Ri Basso – Grabens. Der Weg existiert, jedoch kaum ausgeprägt: es ist vorteilhaft, ihn zu suchen und Zeichen zu setzen, damit man ihn auf dem Rückweg auch wieder finde. Je mehr man sich dem Bach nähert, desto sichtbarer wird der Weg: er steigt parallel zum Graben auf bis etwa auf 1240 m, wo man in den Graben einsteigen kann, um den Fluss zu traversieren, sofern er nicht zu viel Wasser führt.
Nach anfänglichem Suchen nach dem Einstieg in Sonlerto geht’s recht flüssig bis zu dem Talkessel auf 1050m. Hier verliert sich der Weg komplett. Dank dem Höhenmesser finde ich denselben und möchte dem Bericht anfügen, dass der Weg summa summarum die darüberliegende Blockhalde rechts unten herum umgeht. Und dies genial! Die kleinste Kapelle ist leer. Weiter vorne ein riesiges Splüi (Splüi du Vald). Danach steil auf die Rippe, welche den Ri Basso säumt. Auf 1250m über diese hinaus und in den Graben hineintraversieren. Auf der Grabenseite befindet sich ein ausgeprägter Weg, welcher sich in „Varianten“ verliert. Oben durch geht es besser. Unten sind Plattenschüsse.(Vereist).
Am andern Ufer, dort wo die Felsen nicht allzu steil sind, weisen im glatten Stein eingeschlagene Stufen auf den genauen Ort der Querung. Etwa 300 m vom Fluss entfernt, nördlich auf 1263 m, befindet sich die kleine Hütte des Corte di Val Dentro. Etwas weiter unten, angelehnt an einen Steinblock stehen noch die Ruinen eines andern Gebäudes aus grossen Steinplatten, welches wahrscheinlich der Käsekeller war.
Ein Ort zum Verlieben! Die untere Hütte ist sehr schön erhalten und die Umgebung liebevoll gepflegt. Verschlossen. Seinerzeit standen hier etwa vier Häuser in einer vertikalen Linie übereinander. Unverbaubare Lage ;-)
Von Corte di Val Dentro weglos um Blöcke und Verkrautung herum in allgemeiner Richtung SW bis an die oberen Plattenschüssen, welche auf etwa 1400m nach links hinaus auf rund 200m Länge umgangen werden. Keinesfalls zu hoch steigen! Das gibt, auch wenn es logisch erscheinen mag, nur unnötige „Verhauer“. Durch ein Tälchen, dann über eine Rippe, erreiche ich die mittlere Hütte der Alpe Schieda auf 1650m Höhe. Eine Hütte steht noch. Wie lange?
Dreihundert Meter weiter oben befindet sich Mött, welcher der Corte di Cima war, auf 1944m. Nach der Zerstörung des Weges dieses privaten Älpchens wegen eines Unwetters im Jahre 1900, wurde Mött definitiv zur Alpe Solögna hinzu geschlagen, zu der Alp, zu welcher sie wahrscheinlich im 19. Jahrhundert dazu gehörte, wie es die Erhebung der Alpen im Valle Bavona von Frederico Balli publiziert wurde; ziemlich sicher wechselte der Besitz zwischen Schieda und Solögna.
Diese dreihundert Meter sind eine steile Angelegenheit. Zuerst gehe ich von Schieda gegen Westen auf einen auf der LK gut sichtbaren bewaldeten Grat, welcher mich bis auf 1800m hinaufbegleitet. Weglos. Dort quere ich auf bescheidenen Gamspfaden nach rechts hoch, verschiedene Steinterrassen umgehend. Der Wald lichtet sich. Das Gelände legt sich zurück. Die ersten Hütten von Mött 1941m sind erreicht.
GESCHAFFT. HÖHE ERREICHT. EUPHORIE! Jedoch 16 00 Uhr
Kaum möglich: Am Morgen hatte ich stahlblauen Himmel, jetzt überzieht er sich. Wohl vorübergehend. Aber lange halte ich mich nicht mehr in Mött – einem Balkon über dem Bavona gleich – auf und nehme die „Querung“ nach Sedone „hinüber“ in Angriff. Als Erstes stelle ich fest, dass sich der Weg unter dem Schnee versteckt – das Luder! Kein Problem. Höhe 1940m, 300 m Distanz. Dann im Talkessel auf 2000m ansteigen, dann etwas steil in einen zweiten, nicht mehr so grossen Talkessel absteigen. Dort erscheint ein Weg. Um die Kuppe herum und in einer Stunde werde ich dort sein.
DENKSTE! Automatisch kommt mir
chaeppi in den Sinn: „Shit happens!“ Es beginnt zu Schneien. Es dunkelt rasch ein. Alles Geröllfelder, mit der Schneedecke ein heikles Unterfangen. Beide Schienbeine können ein Lied davon singen. Trotz aller Routine muss ich einsehen, dass ich in eine Falle gelaufen bin. Die Traversierung kostet Zeit. Zuviel Zeit. Schliesslich 2 Stunden.

Alles Hadern nützt nichts. 1414. Die Koordinaten schreibe ich in den Schnee, mangels Bleistift. Ich bin überzeugt, dass ich den Weg zur Sedonehütte schaffe. Sicht 200 Meter – immerhin. Rettungschef aus Peccia. Routinier. Sofort habe ich Vertrauen zu ihm und in meine Situation. Ich entschuldige mich. Wegen mir ja kein Risiko eingehen. Ich bin tatsächlich körperlich gut drauf. Kann entgegen kommen. Bin super ausgerüstet: Stirnlampe, Natel mit Reservebatterie und genügend Taxe, Handschuhe, Wollkappe, Schoggi in der Notreserve, warme Kleider, ja sogar Notwäsche mit langen Unterhosen.
Gemeinsam schaffen wir es. Ich finde die Sedonehütte in der Finsternis in 30 cm Neuschnee dank Höhenmesser (Differenz +20m wegen Wetterumschlag!) und Geländeform, welche ich mir eingeprägt habe, und der Helikopter riskiert den Nachtflug. Kleine Aufhellung. Landung auf Anhieb. Alternative Rettung wäre zu Fuss erfolgt. Ich hätte den Rettungschef um den Azimut gefragt……
Beim Rückflug über das Calnegia erkenne ich andeutungsweise den Orsaliagraben, Orsalietta, Cranzünasc, Cranzünell. Meine Welt. Schöne Welt, auch nächstes Jahr. Landung in Cavergno.
Zugegeben: Ich bin diese Nacht aufgewacht und habe diesen Bericht zwischen 04 30 und 0600 Uhr niedergeschrieben. Die Emotionen übermannen mich beim Schreiben dieses Berichtes. Nicht Auszudenken, wenn...und so werde ich noch weiterschreiben dürfen.
G. G. G.
Tourengänger:
Seeger

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