Mutterberger Seespitze Südwest-Grat, der "kennt a koana"-Grat


Publiziert von simba , 29. September 2023 um 11:07.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Stubaier Alpen
Tour Datum:20 August 2023
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1740 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PP Gries / Sulztal (3 EUR / Tag)

Der SW-Grat auf die Mutterberger Seespitze bietet großteils ähnlich guten Fels bei ähnlicher Schwierigkeit, wie der Ostgrat auf die Wilde Leck. Kennen tut ihn trotzdem keiner...eine Ursachenforschung.

Das mag daran liegen, dass der Weg hin zum Berg und wieder zurück deutlich anspruchsvoller, heikler und anstrengender ist als am bekannteren Gipfel der Wilden Leck. Bis zum großen Steinblock mit Markierungen udn Gedenktafel ist der Weg zwar identisch mit dem Ostgrat-Anstieg zum Schrankogel. Und auch nach dem dortigen Abzweig ist es bestens markiert und der Weg über den Gletscherbach mit einer besonders mittags willkommenen und notwendigen Brücke versehen. Es dominiert aber alsbald Blockgelände oder sehr steiles, brüchig-rutschiges Moränengelände, das erst links, dann rechts des vom Bockkogelferner herabfließenden Bachs / Wasserfalls und dessen Rinne erstiegen werden muss. Die Markierungen hier sind zwar nett, ob aber all die Blöcke mit den Markierungen noch dort liegen, wo sie einmal lagen, ist ein anderes Thema. Wir verloren auch die Pfadspuren immer wieder. Jedenfalls im Spätsommer ist auch der direkte Anstieg über die westliche Zunge des Bockogelferner kein Thema mehr (Blankeis, ~45°, ggf. bei guter Firnlage), man folgt stattdessen den Markierungen über Schliffplatten und Blockgelände weiter auf dem Normalweg der Seespitze bis zum Beginn der östlichen Zunge des Bockkogelferner und quert hier (Steinmänner) über Block- und Schuttgelände wieder nach rechts hinüber zum westlichen Teil des Gletschers (Steinschlaggefahr!, insbesondere auch durch rutschendes Geröll am Gletscherbeginn zu fortgeschrittener Tageszeit).

Bei guter Firnlage im Frühsommer könnte man den ersten Gratkopf links der tiefsten Scharte zwischen Bockkogel und Seespitze durch eine Firnrinne / -flanke umgehen - im Spätsommer wegen Blankeis, Bergschrund und ekelhaften Schliffplatten mit Geröll drauf im unteren Teil ist das keine Option. Der Grat lässt sich aber auch ab der tiefsten Scharte am Grat problemlos begehen: erst nordseitig auf Bändern, dann kurz ausgesetzt am Gratfirst, bevor südlich im Blockgelände der steilere Aufschwung umgangen werden kann (max. II) und man am flachen und breiten Rücken nach dem ersten Gratkopf landet. Sobald der Grat wieder schärfer wird beginnt der steile und sehr lohnende Teil der Kletterei: Mehrere steile Aufschwünge (wiederholt III bis III+) werden von plattigen oder blockigen flacheren Passagen (max. II) unterbrochen. Der Fels ist hier hervorragend, die beiden ersten steilen SL sind geradezu fantastisch. Es finden sich diverse Bohrhaken, was wiederum erstaunlich ist für einen derart abgelegenen und (wohl) eher selten besuchten Grat, mit Schlingen und Friends kann die Absicherung ergänzt werden.

Leider ist das Vergnügen nach 150Hm schon wieder vorbei: Nach einem flachen ausgesetzten Grat, an dessen Ende ein großer Block mit einer Eisenkette (?) und einem recht neuen Fixseil unbekannten Sinns nach Süden liegt, folgt eine schuttige ausgesetzte Querung entlang von Steinmännern über Bänder in die Nordflanke. Hier ist es sofort herzhaft brüchig und es ist gut, dass es nicht mehr viele Klettermeter (max. II) durch Rinnen und kurze Kamine bis zum schon sichtbaren Gipfel sind.

Auch im Abstieg über den Ostgrat (meist I, eine Stelle II, ausgesetzt) zeigt sich zuerst eine beachtliche Bohrhakendichte (ggf. auch infolge des tödlichen Unfalls vor wenigen Jahren?!), dann jedoch wird es (zumindest im Spätsommer) alpin und heikel: Rote Markierungen ziehen nach links hinunter in eine Rinne zum östlichen Teil des Bockkogelferner. Ohne die Markierungen wäre ich oben nie auf die Idee gekommen, hier herunter zu steigen, aber so wagen wir einen Versuch: Erst an der in Abstiegsrichtung rechten Begrenzung der Rinne, dann nach einer Querung an deren linker Begrenzung geht es in brüchigem und schuttigem Steilgelände hinab (kaum schwerer als I, aber heikel, Steinschlaggefahr). Zuunterst gelangt man auf eine Schneezunge - und damit auf das Material, das im Frühsommer hier wahrscheinlich einen recht entspannten An- und Abstieg durch die Rinne erlaubt. Über die steile Schneezunge, ein kurzes und steiles Permafrost-Dreck-Intermezzo und eine Passage sehr steiles Blankeis (anfangs über 40°) sicherten wir mit Schrauben über den noch eingeschneiten Bergschrund, was in Anbetracht eines Einbruchs des Seilersten kein Fehler war.

Auch der weitere großteils apere Gletscher stellte sich als recht spaltig dar, diverse große Spalten machten diverse Umwege notwendig. Unten linkshaltend (in Abstiegsrichtung, links des Einschnitts im Gletscher) erreichten wir das Ende des Bockkogelferners, also den Ort an dem wir morgens zum westlichen Gletscherteil gequert waren. Der weitere Abstieg bietet dann die gleichen Freuden, wie der morgendliche Zustieg. 

Ähnlich wie an der Wilden Leck: Ein schöner Grat mit super Fels auf einen beeindruckenden Berg, aber doch viel Aufwand für "das bisschen Grat".

Tourengänger: simba


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