Tour de Biasca 3+4: Mottone 2371 m + Mottone di Cava 2374 m und ein Jubiläum


Publiziert von basodino , 17. August 2023 um 23:39.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:13 August 2023
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Torrone Alto   CH-TI 
Zeitbedarf: 2 Tage 9:00
Aufstieg: 665 m
Abstieg: 2440 m
Strecke:15,12 km
Zufahrt zum Ankunftspunkt:die Wanderung endet am Bahnhof Biasca, diverse Zugverbindungen nach Norden und Süden
Unterkunftmöglichkeiten:Capanna Cava UTOE, im Sommer bewartet, 36 Plätze in 2 Zimmern, Halbpension verfügbar, Dusche, Strom, Rifugio Lago 2122 m, einfache Selbstversorgerunterkunft, 6 Plätze, offen, kein WC, Rifugio Alpe Sprügh, einfache Selbstversorgerunterkunft, 6 Plätze, Matratzen und Decken in einer Kiste, offen, kein WC, Rifugio Alpe Compiett, gut ausgestattete Selbstversorgerunterkunft, WC, Dusche, Kühlschrank, Strom, 5 Plätze, alle Hütten außer Cava reservierbar übers Patriziato Biasca

Nach dem spektakulären Regenbogen vom Vorabend begann der heutige Tag sonnig und ruhig und blieb auch so. Wir brachen ohne Eile auf und wanderten gemütlich zur Forcarella di Cava hinüber. Dort setzt ein breiter Rücken an, der einfach und ohne nennenswerte Hindernisse bis auf den Mottone hinaufführt. Es gibt anfänglich eine nachvollziehbare Spur, später auch sporadisch den einen oder anderen Steinmann, letztlich sucht man sich aber den besten Weg selbst. Die letzten Meter hinauf erreicht man dann den Südostgrat oder -rücken. T3-, 55 min

Der höchste Punkt ist gar nicht so leicht auszumachen, allerdings gibt es einen ungewöhnlich positionierten Steinmann auf einem herausragenden Felsen, den man hierfür hernehmen kann, wenngleich das ganz sicher nicht der höchste Punkt ist.

Wir wanderten weiter zum Mottone di Cava, der gerade mal 3 Meter höher sein soll. Das sieht zunächst sehr einfach und gemütlich aus, stellt sich dann aber doch als spannender heraus, als man denkt. Denn vor einem geht es verschiedene niedrige Stufen steil hinab, die von oben betrachtet gar nicht so trivial zu sein scheinen. Ich hatte schon manchmal das Gefühl, man müsste bergauf eine andere Schwierigkeit vergeben als bergab und das für die identische Route. Hier wäre ein solcher Fall. Im Weg zum Mottone di Cava ist es für mich eher ein T4, II, auf dem Weg zurück ein T4-, I. Sei es wie es sei, aber letztlich finden sich überall gute Tritte und Griffe und es ist harmloser, als es von oben aussieht. T4, I-II, 30 min hin, 25 min zurück.

Nebenbei bemerkt: der Mottone di Cava ist nach meiner eigenen Zählung (eigene Kriterien) mein 500. Gipfel in meinem Leben (Mehrfachbesteigungen nicht mit gerechnet). Eine Zahl, die manchem Hikr nicht besonders erscheinen mag, mich aber mit einem gewissen Stolz erfüllt. 

Auf dem Mottone zurück machten wir eine erste längere Pause. Danach stiegen wir gegen Südosten hinab, was lange ohne Probleme geht, bevor der Grat kurz vor der Forcarella di Lago schärfer wird. Hier wichen wir auf einer Spur links aus und erreichten 2 Minuten vor der Forcarella den Weg von der Capanna Cava. T3+, 20 min

Auf der Seeseite geht es zunächst sehr steil hinab. Dann beruhigt sich der Weg schnell und führt ohne Probleme zum Rifugio Alpe di Lago, einer offenen, einfachen Unterkunft für 6 Personen. Es war nur noch Restwasser in den Leitungen und es gibt auch kein WC, so dass es hier eher basic zugeht. In der letzten Nacht waren aber 6 Personen als Übernachtungsgäste eingetragen, zwei mehr als auf der Capanna Cava. Das ist schon erstaunlich und für eine bewartete Hütte wie die Cava an einem Wochenende auch beunruhigend. 
Von der Hütte stiegen wir in Kürze bis zum See hinab, wo wir unsere Mittagspause machten. Tourinette nutzte die Chance für eine Abkühlung im See. T3-, 25 min

Jetzt gab es gleich eine Vielzahl von Möglichkeiten weiter abzusteigen. Die kürzeste Variante wäre wohl von der Kreuzung zwischen See und Hütte rechtsseitig abzusteigen. Wir nahmen aber den Querweg nach links und stiegen zu zwei Kreuzungen auf einer Geländestufe eins tiefer ab, wo wir wieder zwei Optionen hatten. Die Variante über die Alpe di Dros wäre hier die kürzere gewesen, wir entschieden uns aber für die längere über die Alpe di Sprügh, wo wir auch die einfache Unterkunft anschauten. Unterhalb der Alpe di Pontima ergab sich dann noch das Problem, dass sich der Weg im Wald teilte, wobei geradeaus die Höhe haltend sehr verführerisch aussah. Da dieser Weg aber weder mit der Bezeichnung auf einem Schild noch überhaupt in der Karte zu finden war, nahmen wir den steilen Weg hinab, der dann auch direkt auf die Alpe di Compiett führt. Hier war zunächst nicht klar, wo dort die Unterkunft steht, da es viele Häuschen gibt. Hinter der Brücke rechts des Sträßchens war dann richtig. T2, 1 h 40 min

3. Tag: 7,18 km, 4 h 15 min, 450 m Anstieg, 1.014 m Abstieg

Das Rifugio Alpe Compiett ist super ausgestattet. Den vorhandenen Kühlschrank haben wir aber nicht benutzt, die Dusche schon. Leider hat es kaum Datenempfang, so dass wir wegen des Wetters etwas im Ungewissen blieben. Und wenn man schon meckern möchte: die neuen Betten haben bei jeder Bewegung mehr als deutlich gekratscht, was etwas störend war.

Der nächste Morgen begann ungewohnt kühl, so dass wir mit langen Hosen losliefen. Wir überquerten die Brücke nach links und folgten dem Sträßchen bis an deren Ende, wo ein mit Stangen markierter Weg beginnt. Die Markierungen enden schnell, der Weg glücklicherweise nicht. Man steigt erst einmal 80 Meter auf, kommt dann in eine Querung mit leichtem Auf und Ab durch einen Wald, der in einem sehr steilen Hang steht. Oft war der Weg weniger als einen Meter breit und rechts wäre es schon unangenehm hinabgegangen, durch die Bäume wird einem aber die größte mentale Herausforderung genommen.
Wie man auf halber Strecke bei Raiada in älteren Zeiten auf die Idee kam, dort ein Gebäude hinzubauen, erschließt sich mir nicht wirklich. Hier gibt es so gut wie nichts zu holen außer vielleicht Pilze.
Im weiteren wird der Weg dann noch schmaler, steiler und zwingt sich mit Sicherungen durch einen Tobel, der eine Steilstufe durchbricht. Allein dafür hätte es sich schon gelohnt, diese Abstiegsroute zu wählen. T3+, 55 min

Vereint mit dem Weg von der Alpe di Tonsgia geht es nun fast nur noch hinab. Dabei ist es zunächst sehr angenehm über den breiten Rücken von In Negressima zu laufen, der nur nach links senkrecht abbricht, was man aber nur gelegentlich mitbekommt. Man wandert alle paar Minuten an verschiedenen Häusern vorbei, wobei es links von Haus Nr. 3 eine schöne flache Steinplatte gibt, auf der man pausieren kann, wenn man nicht bis Haus 5 mit seiner Panoramabank warten möchte. Rechts von Haus Nr. 3 gibt es auch eine Wasserleitung.
Leider hat uns bei Haus Nr. 4 und 5 die Landeskarte mal wieder im Stich gelassen. Dort wandert man explizit zwischen den Häusern durch, also rechts von Haus Nr. 5. Hier gibt es auch einen Weg, der aber bald wieder ansteigt und scheinbar zum Tobel zurückzuführen scheint. Richtig ist es aber Haus Nr. 5 links zu umgehen und viel näher an der Abbruchkante den Weg fortzusetzen. Leider sind die Landeskarten hier ein Mal mehr falsch und das kostete uns eine knappe Viertelstunde. 
So geht es abwärts zu Haus Nr. 6 (im Wald) und weiter bis zu Haus Nr. 7, welches man oberhalb umgeht. Hier geht der Weg für ca. 30 m wieder aufwärts und quert in die Steilflanke hinaus. In der Folge nutzt der Weg oftmals schmale Bänder und Schwachstellen zwischen den Bändern mit Treppenkonstruktionen, um sich in die Tiefe zu winden. Er ist nirgends schwierig, aber ab und zu muss man sich schon etwas fokussieren, damit man den Sog der Tiefe neben dem Weg nicht zu sehr spürt. Hier sollte niemand durchwandern, der mit Höhen Probleme hat. Insgesamt ist es ein kleines Wunder und große Wegekunst, dass man hier bereits vor vielen, vielen Jahren Wege in eine sonst unerreichbare Welt gezogen hat, um höhere gelegene Alpen nutzbar zu machen, 
Auf Höhe des großen Wasserfalls sieht man selbigen das erste Mal. Nochmals weicht man deutlich nach links aus, bevor man bei Cantoi weniger steiles Gelände erreicht. Unterhalb des Privathauses findet sich eine Spur nach rechts, weiter unten in einer Kehre an einem Baum ebenso. Beide Spuren treffen sich wieder und führen zu einer ersten Badestelle unmittelbar unter dem höchsten Wasserfall der Cascata di Santa Petronilla. Hier machten wir unsere Mittagspause. T3 exponiert, 2 h 30 min + 15 min für den Verhauer an Haus Nr. 5

Für ein Bad war es leider zu schattig und kühl. Da ist man nachmittags besser bedient. Wir stiegen weiter den Weg hinab und fanden eine erneute Spur nach rechts, die wir auch auskundschafteten. Sie führt erst leicht aufwärts, dann steil hinab über ein weiteres Badebecken. Man müsste aber hinabklettern, was wir nicht taten. Stattdessen fanden wir nur wenige Minuten später zwei hübsche, flachere Becken direkt unterhalb des Weges. Das linke der beiden Becken bildet dabei so etwas wie einen Infinity-Pool. Hier stiegen wir ins Wasser und machten eine Badepause von 1/2 Stunde. T2, 25 min

Im weiteren sieht man vom Weg noch eine weitere Spur weiter unten, die zu einem weiteren tieferen Becken unterhalb eines weiteren Wasserfalls führt. Wäre hier nicht schon jemand gewesen, man hätte kaum auf das nächste Bad verzichten können. So stiegen wir weiter ab bis zur Brücke an der Kapelle Santa Petronilla, wo sich unterhalb das größte Badebecken befindet. Zunächst zögerten wir den Weg hinab zu nehmen, da er als Privatweg gekennzeichnet ist. Aber auf Höhe des Pools wird man dann zu einer kleinen freiwilligen Spende aufgefordert, was nahe legt, dass die Besitzer des Landes sich mit den Pool-Besuchern zumindest abgefunden haben. Oberhalb der Brücke gibt es übrigens weitere Pools, die vor allem von Familien frequentiert wurden. 
T3, 15 min

Nach einem zweiten Bad jetzt in der prallen Sonne stiegen wir dann die verbleibenden Meter in den Talboden ab. Nun muss man noch die Gleise umrunden, was einem einen weiteren jetzt unnötig anfühlenden Kilometer einhandelt. Vor dem Bahnhof gibt es diverse Einkaufsmöglichkeiten (Coop, Migros), wo wir uns für die Heimfahrt eindeckten. T2, 25 min

4. Tag: 7,94 km, 4 h 45 min, 213 m Anstieg, 1.424 m Abstieg

Insgesamt war es eine sehr gelungene viertägige Tour mit relativ ähnlich langen Etappen, die richtig viel Zeit übrig ließen, um Berge, den See und die Flüsse zu genießen, sowie in den Hütten nicht nur zu übernachten, sondern auch dort eine schöne Zeit zu verbringen. Trotz absoluter Kern-Urlaubszeit sind wir vergleichsweise wenig Menschen begegnet, was wieder mal zeigt, dass die Tessiner Berge den meisten Normalurlaubern zu anstrengend, steil und wild sind. Qualitäten, die wir überaus schätzen. 



Tourengänger: basodino, tourinette


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Kommentare (1)


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Kik hat gesagt:
Gesendet am 18. August 2023 um 09:48
Sehr schön! Danke auch für die guten Informationen zu den Hütten.
Viele Grüsse
Kik


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