Große Sesvenna-Überschreitung


Publiziert von Erli , 23. Juli 2023 um 18:41.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Unterengadin
Tour Datum:16 Juli 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Lischana Gruppe   CH-GR   Sesvenna-Gruppe   I 
Zeitbedarf: 15:00
Aufstieg: 2100 m
Abstieg: 2100 m
Strecke:25 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Scuol führt eine 13 km lange schmale Bergstraße nach S-charl. Am Ortseingang gibt es einen geräumigen Parkplatz (Tagesgebühr 5,- CHF).

Die Überschreitung des Piz Sesvenna verbunden mit einer großen Runde um das malerische Val Sesvenna war für mich die Königstour des heurigen Bergsommers. Herzstück der Überschreitung stellt der lange Gratabschnitt vom Mot da l´Hom über den Piz Plazèr auf den Piz Sesvenna dar, für den ich mir ausreichend Zeit genommen habe.

Angeregt durch die eindrücklichen Berichte von Delta - wie schafft der das, nur so über Gipfel und Grate zu "fliegen"? - und Becks, der mit Biwak ebenfalls eine Tour weit jenseits der "Normalsterblichen" durchgeführt hat, war klar, dass ich meiner Kondition entsprechend die Route deutlich anpassen musste: Von vorneherein plante ich daher ein, den Weg nach dem Piz Sesvenna zur Fuorcla Sesvenna über den Gletscher zu nehmen und die Gipfel dazwischen auszulassen. Als ich am Spätnachmittag merkte, dass die Kräfte nachlassen, habe ich auf den ursprünglich geplanten Weiterweg vom Piz Cristanas über den Piz d´Immez und den Abstieg über die steile Fora da l´Aua verzichtet und bin zur Fuorcla Sesvenna zurück und von dort über den langen Wanderweg durch das Val Sesvenna hinab nach S-charl marschiert. Gleichwohl ist eine wunderbare, große Rundtour mit sieben Gipfeln herausgekommen, die in meinem Tourenbuch einen Ehrenplatz einnehmen wird. 

Start ist frühmorgens in S-charl. Vom malerischen Bergdorf führt ein breiter, nicht allzu steiler Wanderweg anfangs durch Wald zur Alp Sesvenna. Von der Berghütte leitet der Weg nun ostwärts entlang des Flusses in das Val Sesvenna. Bei einer kleinen Hütte auf einer Höhe von 2.330m quert man die Aua Sesvenna und steigt über einen Hang in eine kleine Hochebene und von dort über einen Bergrücken nach oben, der zuletzt in ein Geröllfeld mündet, auf den Mot da l´Hom, der von der Morgensonne angestrahlt ist. Der weitere Gratverlauf auf den Piz Sesvenna ist nun einsehbar, den ganzen Tag lang werde ich mich nun in einer Höhe zwischen 2700 und 3200 Metern bewegen. Erst einmal ist aber an diesem ersten Gipfel des Tages eine ausgiebige Frühstückspause angesagt.

Das Herzstück der Sesvenna-Runde, der lange Gratübergang vom Mot da l´Hom über den Piz Plazèr zum Piz Sesvenna hat zwar nominell nur eine Höhendifferenz von 450 Metern, allerdings sind auf dem Weg zum Piz Plazèr noch drei oder vier Zwischengipfel zu überschreiten, von denen mit P. 2890 und P. 2975 sogar zwei auf der Landeskarte kotiert sind, dazu kommt noch eine tiefere Einsattelung zwischen dem Piz Plazèr und dem Piz Sesvenna (P. 2988), so dass man gut und gerne noch einmal 300 Höhenmeter dazu addieren kann. Anfangs überwiegt Gehgelände (T 3-4) mit einigen leichten Kletterpassagen (I), ehe es dann beim Aufstieg zum Piz Plazèr erstmals schwieriger wird (T 4+; II). Man umgeht den markanten Turm auf der Südseite, drei Steinmänner weisen die richtige Route, nach einigen weiteren Kletterpassagen ist der erste Dreitausender des Tages erreicht. Leider zieht nun das Wetter zu, und der Übergang zum Piz Sesvenna erscheint mit den umgebenden Wolken düsterer und schwieriger. Allerdings erweisen sich die Schwierigkeiten bei Nähe besehen als machbar (T 5; II), und fast acht Stunden nach Aufbruch ist mit dem Piz Sesvenna der höchste Gipfel des Runde erreicht. 

Der Abstieg vom Piz Sesvenna ist zwar markiert, aber über die großen Blöcke und Spalten durchaus komplizierter als gedacht (T 5; II). Man muss sich konzentrieren, auf der richtigen Route zu bleiben, und erst mit Erreichen der Sella wird das Gelände einfacher. Da zur benachbarten Foratrida nur 50 Höhenmeter zu bewältigen sind, nehme ich diesen Gipfel noch bis zum westlichen Absatz mit, dann geht es von der Scharte hinab auf den Vadret da Sesvenna. Der Gletscher hat sich weit zurückgezogen, was den weiteren Weg eher schwerer macht, da nach dem mit Steigeisen gut zu begehenden Gletscher (WS) das Gletschervorfeld mit seinem Geröll und Blöcken etwas Mühe macht. Bei einer Höhe von ca. 2700 Metern nahe des Lai da Sesvenna gelange ich auf den Wanderweg, dem ich bis zur Fuorcla Sesvenna folge. Erneut ist eine ausgiebige Pause angesagt. 

Nun stehen noch die drei klassischen Wanderberge des Val Sesvenna an (T 3+). Der Schadler wird auf einem markierten Bergweg unschwer erreicht, dann geht es mit leichtem Höhenverlust (P. 2904) über deutlich wechselndes Gestein auf die nahe beieinander liegenden Gipfel Piz Rims und Piz Cristanas. Beide Gipfel sind durch einen fast ebenen Höhenzug miteinander verbunden, der Piz Rims besticht zudem durch einen eisbedeckten Bergsee, der sich unterhalb des Gipfelstocks auf dem Weg zum Piz Cristanas befindet. Mit diesen Gipfeln findet meine Sesvenna-Runde ihren würdigen Abschluss; im milden Licht des späten Nachmittag geht es zurück zur Fuorcla Sesvenna und über den weiten Wanderweg vorbei am Lai da Sesvenna und eine Geländestufe hinab ins Val Sesvenna mit vielen Kilometern an den schönen Windungen der Aua Sesvenna entlang vorbei an zahlreichen Kühen und Schafen zurück nach S-charl. Als ich am Abend mit schmerzenden Beinen ankomme, mischt sich eine große Zufriedenheit und Dankbarkeit über das Erreichte in die Müdigkeit. Eine großartige, abwechslungsreiche Tour in den herrlichen Bündner Alpen geht zu Ende! 

Schwierigkeiten und Zeiten:
S-charl - Alp Sesvenna - Mot da l´Hom: 3 Std. (T 3)
Mot da l´Hom - Piz Plazèr - Piz Sesvenna: 4 Std. 20 min. (T 5; II)
Piz Sesvenna - Foratrida - Fuorcla Sesvenna: 3 Std. (T 5; II; WS)
Fuorcla Sesvenna - Schadler - Piz Rims/Piz Cristanas: 1 Std. 30 min. (T 3+)
Abstieg nach S-charl: 2 Std. 40 min. (T 3)

Tourengänger: Erli


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (1)


Kommentar hinzufügen

hannes80 hat gesagt:
Gesendet am 25. Juli 2023 um 21:20
Klasse Tour und guter Bericht, Erli! Eine schöne Light-Variante von Deltas Monsterrunde, die ich auch bald angehen will. Top!
VG, Hannes


Kommentar hinzufügen»