Skihochtour ab Belvédère: Überschreitung Tiefenstock (38 Jahre nach 1. Scheitern am Tiefengletscher)


Publiziert von Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II , 25. Juni 2023 um 11:08.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:11 Juni 2023
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K3- (ZS-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR   CH-VS 

Vorwort:
Nachdem ich am Vortag bei einer Party junger Frauen am Grillplatz in Bellwald zu meiner Überraschung willkommen geheißen, also quasi eingeladen worden war, blieb mir im Laufe des fortgeschrittenen Abends nichts anderes übrig, als mich von ihnen zu entfernen, um mich unter einem Baum zur Ruhe zu legen, wollte ich doch am nächsten Tag eine Skihochtour zum Tiefenstock machen!

Tourenbericht:
An diesem Morgen kam ich am Belvédère erst um 7.00 Uhr los, eine Stunde später als geplant. Ein italienisches Paar und noch andere Skitourengeher, die ich später sah, waren allerdings auch nicht früher dran. Am rechten Gletscherrand über rauhes Eis und auch Blockwerk die Skier tragend erreichte ich schließlich einen Firnstreifen, über den ich mit ihnen weitergehen konnte. Unterwegs musste ich für ein paar Meter die Skier über eine steile, hartgefrorene Firnstelle tragen, was ohne Steigeisen gerade noch möglich war. Es folgt flaches Gelände, bevor es über eine längere Strecke einigermaßen steil bergan geht. Dort überholte mich ein langbärtiger Skitourengeher, der wie zwei andere hinter mir weiter oben nach rechts zum Galenstock abbog. So war ich an diesem Vormittag der Einzige auf dem Weg zum Tiefenstock, mindestens der Einzige, der die Route über den Rhonegletscher nahm. Hinter einer flachen Passage sah ich einen steilen Hang vor mir, der oben mir zu steil für einen Anstieg erschien. So begab ich mich nach links an einen kurzen, aber auch steilen Hang, über den ich querend erneut in flacheres Gelände gelangte. Weiter links stiegen zwei Skitourengeher auf, ihr Ziel dürfte aber der Dammastock gewesen sein.

Bald bog ich aus dem flachen Bereich nach rechts in den steilen Gletscherhang ab, wo Abfahrtspuren zu sehen waren. Die auf der Schweizer Schneesportkarte eingezeichnete Route biegt erst weiter oben nach rechts ab. Zuerst ging es über eine Lawinenhalde, dann schräg nach rechts oben, wobei auf Spalten zu achten war. Zunächst folgte ich einer Skispur, die ich dann aber verlor. Im weiteren Verlauf fand ich keine mehr vor, Sonne und Wetter hatten sie wohl verschwinden lassen. Schließlich entdeckte ich eine Felsrinne, die im Frühjahr normalerweise schneegefüllt und daher einfacher zu begehen ist. Ich steuerte sie im steilen Gletscherhang an. Ich hatte Mühe, in ihr hinaufzuklettern: teils glatte Felsen mit für Skistiefel weniger geeigneten Tritten, lockere Brocken u. weit oben eine Stelle III-, für deren Überwindung etwas Kraft notwendig war, machten mir zu schaffen u. erforderten einiges an Zeitaufwand. Darüber konnte ich zuerst mit Skier auf etwas rutschigem Schnee weitergehen, wobei Geschicklichkeit und Vorsicht notwendig war, liegt darunter doch ein Felsabsturz. Es folgte eine so steile Firnpassage, dass ich es vorzog, daneben zu Fuß im Felsgelände aufzusteigen. Darüber konnte ich mit Skier über mäßig steile Hänge weitergehen. Dort war eine frische Fußspur zu erkennen. Jemand war vom Tiefenglescher her gekommen. ca. 20m unterhalb des Gipfels machte ich Skidepot. Die letzten Meter zum Gipfel ging ich teils über Felsblöcke, teils im Firn. Dann stand ich endlich auf diesem schönen Berg, den ich jeweils im Mai 1985 auf Skihochtour über den Tiefengletscher und im Sommer 2003 zu Fuß über denselben nicht hatte erreichen können!

Als ich am Steinmann stand, entdeckte ich in geringer Entfernung einen Felsgipfel, der mir höher erschien. Nach ausgedehnter Gipfelrast machte ich mich auf, auch ihn zu erklimmen. Eine steile Schneestelle u. Felsen bis II waren etwas ausgesetzt zu überwinden. Oben angekommen, blickte ich zurück zum davor bestiegenen Gipfel und nun erschien mir dieser etwas höher als mein Standpunkt!

Nach Rückkehr zum Skidepot hatte ich eine relativ kurze Abfahrt im bereits sulzigen Schnee, bevor ich über Felsgelände zum Tiefensattel absteigen musste. Der Abstieg war anspruchsvoller, als ich gedacht hatte. Im Frühjahr liegt dort Firn, der den brüchigen Fels- und verwitterten und rutschigen Untergrund so zudeckt, dass der Abstieg einfacher sein dürfte. Ganz oben musste ich eine Firnpassage mit sulziger Oberfläche am Rand abklettern, da weiter in der Mitte der Schnee abzurutschen drohte. Der weitere Abstieg erfolgte auch langsam, wobei ich immer damit beschäftigt war, die einfachste und ungefährlichste Route zu suchen. Besondere Vorsicht war dort angesagt, wo an brüchigen Felsen abzuklettern war. Bis zu den Steigbügeln verging mehr Zeit, als ich mir das vor dem Abstieg vorgestellt hatte! Schließlich kletterte ich über diese, die bestimmt 30m im senkrechten Fels hinabführen. Ich hatte keine Möglichkeit, mich einzuhängen, brachte aber die zum Abklettern erforderlichen starken Nerven auf. Eine Stelle ist anspruchsvoll, da ein Bügel seitlich versetzt ist u. ich daher das linke Bein relativ weit zu ihm hinüberstrecken musste (für Kurzbeinige etwas schwierig)!

Ich war erleichtert, als ich im Firn mit schmaler Randspalte, in der noch 2 Bügel zu sehen waren, angekommen war und ohne Schwierigkeiten abfahren konnte, denn der darunterliegende Hang lag im Schatten und war nicht durch Nassschneeabgänge gefährdet. Eine Skispur führte unter der Felswand am Hang entlang südwärts. Jemand wollte vielleicht nach Besteigung des Tiefenstocks noch den Galenstock anhängen, der von dieser Seite her über den Nordgrat erstiegen werden kann. Dies hatte ich auch als Möglichkeit betrachtet, hätte dann aber um 5 Uhr starten müssen u. wäre anschließend bestimmt ziemlich erschöpft gewesen. 

Auf dem flachen bis mäßig steilen Tiefengletscher hatte ich eine Abfahrt im Sulzschnee, der leider streckenweise bremste. An dessen unteren Ende musste ich nach links über einen Bach fahren u. darunter über einen steilen Hang, in dem Abfahrtsspuren zu sehen waren. Dort schauten viele Felsen heraus, der Abgang einer Nassschneelawine war nicht zu befürchten. Es folgte eine ebene Passage, durch die mich eine Skispur führte. Nach einer letzten kurzen Abfahrt entdeckte ich einen Wegweiser und einen Steig, über den ich anschließend zum Parkplatz der Albert-Heim-Hütte gelangte. Eine Autofahrerin nahm mich kurze Zeit später mit zum Belvédère.



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Kommentare (1)


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georgb hat gesagt:
Gesendet am 25. Juni 2023 um 20:12
Ich sehe, du bist wieder der Alte, Gottseidank!


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