Tiefenstock (3515m)
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Dem Tiefenstock wollte ich schon lange einen Besuch abstatten. Im Winter, selbstverständlich. Berichte im Internet und von Kollegen klangen aber stets wenig motivierend. Nicht des Gipfels wegen, sondern wegen dem Aufstieg zum Nördlichen Tiefensattel. Als ich nun vernahm, dass unlängst genau diese Passage saniert und die Strasse zum Tiefenbach geöffnet wurde, war klar: Endlich mal den Tiefenstock versuchen und sich die Sache aus der Nähe anschauen.
Der Wecker klingelte, als mir in unserem Nachtlager im ausgebauten Jeep meines Kumpels langsam kalt wurde. Das Frühstück war schnell im Magen, denn es dürstete uns nach Bewegung, um wieder etwas Wärme in den Körper zu kriegen. Um 5.20 Uhr ging es los. Wir folgten zunächst der Sommerroute via Älpetli, bevor wir über den Bach auf die Skiroute gelangten. Im Älpetli entschieden wir uns für die steile, aber direktere Variante südwestlich des Chräiennests. Harscheisen beruhigten im Steilhang die Nerven. Oben angekommen, ging es leicht runter und am Gletschertor vorbei auf den Tiefengletscher.
Auf der Galenstock-Route war schon einiges los, derweil sich der Ansturm in Richtung Tiefenstock erwartungsgemäss in Grenzen hielt. Auf dem bestens zugeschneiten Tiefengletscher ging es zunächst steil in die Höhe, bevor das Gelände abflachte und eine eiskalte Bise in unsere Gesichter schlug. Unten lag guter Firn, oben raus aber ein übler Deckel. Die Abfahrtsvorfreude sank. Im schattigen Tal zwischen Gletschhorn und Galenstock schraubten wir irgendwann das Tempo hoch, um möglichst schnell wieder an die Sonne zu gelangen. Gegen 9 Uhr erreichten wir das Skidepot unter dem Nördlichen Tiefensattel. Der Zeitplan stimmte.
Wir knüpften uns in mein 40m-Seil ein, montierten Steigeisen und liessen allen unnötigen Krams am Skidepot. Auf uns wartete erst mal ein Klettersteig. Eisenbügel (daneben ein Stahlseil für die Selbstsicherung) halfen, den felsigen Einstieg zu überwinden. Vor uns waren schon einige Tourengänger am Berg. Wir profitierten deshalb nicht nur von einer guten Spur, sondern auch von einem Fixseil, das sie in der Traverse nach dem Klettersteig montiert hatten. Im Abstieg verlegten wir dann mein Seil. 40 Meter reichten tipptopp, mit 30 Meter ist man wohl zu knapp dran.
Am Ende der Traverse trafen wir auf eine erste Eisenstange. Der Blick in die Höhe offenbarte eine weitere Stange in der steilen Schneeflanke und zwei weitere Stangen am Ausstieg. Links der Schneeflanke (von unten gesehen) ist zudem ein solider Abseilstand eingerichtet. Viele Sicherungsmöglichkeiten boten sich uns dazwischen nicht. Wohl hat es Zacken, aber die lagen grösstenteils unter dem Schnee. Das Gelände präsentierte sich sehr steil, aber dank dem guten Trittschnee war der Aufstieg nicht sonderlich schwierig. Einzig am Ausstieg wurde es noch etwas steiler, doch dort helfen ein paar Felszacken, sofern Bedarf nach Sicherung besteht.
Nach rund einer Stunde (ab Skidepot) erreichten wir den Nördlichen Tiefensattel. Wer weniger sichert, schafft das locker in der halben Zeit. Wir deponierten dort gleich das Seil, denn für den restlichen Aufstieg war es nicht mehr vonnöten. Der Gipfelaufstieg präsentierte sich uns wie erwartet: Bubieinfach, aber nochmals etwas kräftezerrend. Das schöne Panorama lenkte aber von den schwerer werdenden Schritten ab. Um 10.50 Uhr, also fünfeinhalb Stunden nach Abmarsch im Tiefenbach, erreichten wir stolz und glücklich den Gipfel. Wir hatten im Aufstieg zum Tiefensattel sicherlich etwas Zeit liegen gelassen, lagen aber bestens in unserem Zeitplan.
Wir hatten einigen Respekt vor dem Abstieg vom Sattel, insbesondere wegen dem weicher werdenden Schnee. Allerdings beruhigten uns die aufziehenden Wolken und v.a. die Abseilstellen. Vorausgesetzt, wir würden beim Abseilen keinen Mist bauen, musste die Sache also gelingen. Wir liessen uns deshalb auf dem Gipfel rund eine halbe Stunde Zeit. Als die Hände auskühlten, bliesen wir zum Abstieg. Eine Gruppe gemütlicher Urner näherte sich ebenfalls dem Tiefensattel und wir beschlossen, für die Abseilerei zusammenzuspannen. Zwar dauerte das für uns etwas länger, doch mit zwei 40 Meter-Seilen ist man im Abstieg bestens bedient (50m oder 2x30m reichen wohl auch). Wie erwähnt, verlegten wir in der Traverse zum Klettersteig ein Fixseil. Rund alle zehn Meter gibt es Fixpunkte. Mit der Sanierung hat der Tiefenstock als Gipfelziel sicherlich die durch den Gletscherrückang abhanden gekommene Attraktivität wieder zurückgewonnen.
Die Abfahrt auf dem Tiefengletscher war wie erwartet: Anstrengend und eine mässige Freude. Erst so ab 2800m gelangten wir in sulzigere Gefilde. Da mein Kumpel mit dem Splitboard unterwegs und sich nicht sicher war, ob er östlich des Chräiennests gut durchkommen würde, folgten wir unserer Aufstiegsroute, stiegen also zu P. 2534 auf. Über den Rest der Abfahrt konnten wir nicht klagen: Es erwartete uns guter bzw. etwas tiefer Sulzschnee.
SLF: mässig (Triebschnee oberhalb 2800m), nasse Lawinen im Tagesverlauf

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