Rustikal durchs Wehratal


Publiziert von Schubi , 1. April 2023 um 17:02.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum:21 März 2023
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 950 m
Abstieg: 950 m
Strecke:14,6 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Da, wo der Häuelgraben auf die Landstraße/Talsohle trifft, ist Platz zum Wagen-Abstellen. Oder weiter oben an der Alten Wehratalbrücke (dort auch eine Bushaltestelle).
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.

Eine interessante Ecke im südlichsten Südschwarzwald (auch unter dem schönen Namen "Hotzenwald" bekannt) ist die enge Schlucht, die das Flüßchen Wehra zwischen Todtmoos und Wehr ins Terrain gesägt hat. Besonders neugierig gemacht hat mich auf der Landkarte dort ein Pfad, der an der engsten Stelle dieser Schlucht entlang der südöstlichen Talseite auf halber Höhe durch den Steilhang und offenbar ziemlich felsiges Gelände führt. Vor Ort entpuppte sich dieser Pfad als sehr rustikaler Steig, in welchem die delikaten Stellen mit Leitern und Ketten entschärft wurden (unterm Strich jedoch alles Gehgelände). Das Kernstück dieses Gebiets steht unter Naturschutz, deswegen suchte ich mir eine Kraxelei abseits des Pfads erst kurz danach.

Fadeout von  + / -  passt zur Rauheit der Geländes sowie zum Stirnlampen-Ausklang der Tour und wird drum der Soundtrack zum Bericht.

Start an der L148 in der Wehrschlucht. Und zwar da, wo der Häuelgraben aus dem südlichen Hang herunterkommt. Denn das ist einer der wenigen Stellen im sackengen Tal, wo die Landstraße seitlich noch Platz zum Wagen-Abstellen bietet. Ausserdem sagt mir die Karte, dass hier den Graben herauf ein Pfad hochführt. Das tut er auch eine ganze Zeit ... durch urigst bemoostes Ambiente hindurch ... bis irgendwann soviel Totholz den Pfad zugeworfen hat, dass ich entnervt nach oben/Nordost den Hang hochsteige, auf der Suche nach einem nächsten Pfad. Diesen gefunden und auf ihm kurz rechts/südöstlich, bis ein weiterer, nächsthöherer Pfad erreicht wird. Auf diesem wiederum links gen Norden. Zwischendurch lädt dort ein schöne Klappbank (das Firobebankli) zum Rasten und Blicken ein. Irgendwann treffe ich auf einen Pfad, der dem Hang in ca. der Falllinie folgt. Hier ist meine Planung, ihm zunächst nach oben zu folgen. Denn dort bringt er mich zu der wunderbar gelegenen Felsenhütte. Sie steht auf einem Felssporn und so hat man hier einen wunderbaren Blick über die enge Wehraschlucht unterhalb. Nun wieder zurück bis zum vorigen Pfad-Verzweig und diesmal geradeaus weiter herab, teils zickzackig (parallel zum Jägerfels), runtergestiegen.

Recht weit unten halte man die Augen offen, um einen zugelaubten Abzweig nach rechts/Nordwest zu finden, den Beginn des im Intro erwähnten Steigs. Der Steig geht bei Beginn nochmal kurz steil runter und schwenkt bald nach Nordost-Ost, um direkt wieder etwas in die Höhe zu führen. Auf manchen Karten ist er als "Wehrataler Klettersteig" verzeichnet, wobei das etwas übertrieben/unzutreffend ist: es gibt zwar einige Stellen, die mit Leitern, Ketten und Drahtseil entschärft wurden. Aber eigentlich stellt sich sein Verlauf als sehr rustikaler Pfad heraus, der auch irgendwo in den Alpen sein könnte. Nur gibt es halt keine Trassierung o.ä., lediglich mehr oder weniger deutliche Trittspuren. Es ist alles Gehgelände, aber in einer überaus fuxigen Routenführung angelegt, z.B. mithilfe von Leitern über die Schwachstellen zweier Felsrippen rüber. Das Klettersteig-Set kann man aber zuhause lassen. Zwischendurch helfen Steinmännchen bei der Orientierung. Denn diese fällt u.a. in den zahlreichen belaubten und moosbewachsenen Blockfeldern nicht immer leicht, oft verlieren sich die Spuren. Stöcke sind hilfreich, Trittsicherheit ist gefragt. Der Steig führt sehr abwechslungsreich durch eine urige Szenerie, vorbei an vielerlei Felsgebilden aus Gneis. Sie sind eingebettet in einen Laubmischwald, dem man das ewige Werden und Vergehen der Natur schön ansieht. Damit's net zuuu romantisch ist, wird die Waldesruhe regelmässig vom Verkehr auf der Talstraße unterbrochen sowie derzeit zusätzlich vom Dröhnen der Motorsägen auf der anderen Talseite ... Wenn man wie ich von West nach Ost geht, ist der Zustieg zu den Leitern über den Östlichen Kaiserfelsen bissel tricky im Wald-Dickicht zu finden. Es hilft, nach Passieren einer größeren Bugnase (das untere Ende des Westlichen Kaiserfelsens) Höhe zu halten bzw. etwas Höhe zu gewinnen, dann findet man den Einstieg in die Rinne (an ihrem oberen Ende) auf der Westseite des Östlichen Felsens besser. Denn diese Rinne führt nun herab zum (westlichen) Leiteraufstieg. Auf die andere Seite der Felsrippe geht es dann noch mithilfe einer kurzen und zweier langer Leitern sehr lustig weiter und wieder herab. Man kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, so schön angelegt ist das alles (und übrigens auch solide verankert). Danach am Fuß der Nordwestwand des Östlichen Kaiserfelsens ein ganzes Stück steil herauf, immer nah am Wandfuß haltend. Oben erreiche ich einen (aufgelassenen, dort endenden) Forstweg und gehe wie geplant auf ihm nördlich weiter.

Bald lohnt sich linkerhand über Trittspuren ein Abstecher auf den Ebenfels. Vom Forstweg her lässt er sich easy betreten und dort bestaune ich einen erneut schönen Tiefblick in die Wehraschlucht. Hier ist auch das nordöstliche Ende des hiesigen Naturschutzgebiets und wenige Meter südlich oberhalb der Ebenfels-Kanzel lädt mich nun eine Partie zu einer Überkraxelung (I-II) ein, es ist die hangaufwärts liegende Rippen-Fortsetzung des Ebenfelsens. Wieder runter auf den kurz verlassenen Forstweg und nordöstlich sowie östlich auf ihm weiter. An der Umrundung einer Felsnase treffe ich auf einen offenbar frischen Felssturz, direkt auf die Wegtrassse. Er lässt sich aber leicht durchsteigen. Hier bin ich jetzt oberhalb des Hagenmattgrabens. Ab einer östliche gelegenen Wegspinne erreiche ich ein Pfädle, das mich danach sehr beschaulich am Hagenmattbächle runter zur Talsohle führt. Dort  treffe ich auf die Alte Wehratalbrücke sowie Wanderparkplatz und Bushaltestelle. Weil man Plan ist, weiteres potentielles Kraxelgelände sowie einen Wasserfall in Augenschein zu nehmen, möchte ich die andere Talseite hochstiefeln und über sie zurück zum Ausgangspunkt zurück kommen. Dafür muss ich hier zunächst rechts ca 500 m an der Straße talaufwärts gehen. Linkerhand nochmals Felsrippen, da sieht der Zustieg aber leider arg brombeerig undoder geröllig aus.

Dann an einem alten Wasserkraftwerk links herauf. Es nutzt die Energie des Brandbachs, den ich hier nun ein ganze Stück aufwärts begleite. Ein schöner Hingucker ist dabei ein kleiner Wasserfall. Oberhalb ein Staubecken passiert und weiter nach Nordwest, um an der nächstmöglichen Stelle auf einen südwärts-südwestlich führenden Forstweg ("Brandhaldenweg") zu wechseln. Eigentlich wollte ich auf dieser Talseite größtenteils auf dem hiesigen, pfadigen Abschnitt des ca. parallel unterhalb gelegenen Schluchtensteigs gehen, aber Forstarbeiten verhindern dies und ich bleibe noch ein Stück oben. Immerhin habe ich Dank des hier recht offenen Geländes schöne Blicke rüber zur felsigen Talseite meines Hinwegs. Trotzdem muss ich schauen, dass ich langsam wieder zur Talsohle und meinem Wagen runterkomme. Deswegen noch bis zum Gehöft Mettlen und da herab Richtung Mettlenhütte. Etwas unterhalb von ihr treffe ich dann auf den Pfad des Schluchtensteigs, auf ihm rechts/südwestlich weiter. Leider liegen ab hier nun mehrmals gefällte Bäume der derzeit staffindenden Forstarbeiten auf der Pfadtrasse. Einige Male leider so dicht, dass ich weiträumig in den Hang oberhalb oder unterhalb ausweichen muss ... Jedenfalls verliere ich hier viel Zeit und bis ich unten an der Talsohle bin, ist es schon dunkel und ich habe für diesen letzten Abschitt noch die Stirnlampe aufsetzen müssen. An der laut rauschenden Wehra angekommen gäbe es direkt eine kleine Brücke zu anderen Talseite. Dann müsste ich jedoch noch ein ganzes Stück auf der Straße bis zum Wagen gehen. Lieber nutze ich einen (kartenverzeichneten, jedoch zugewachsenen) Pfad am nördlichen Flussufer nordwärts. Er ist nur sehr grenzwertig gangbar, besser wäre tatsächlich ein Uferwechsel an dem ersten Brückchen gewesen. Ich schlage mich durch die Büsche bis zu einem zweiten Steg an einer Meßstation (sie dient wohl der flussabwärts liegenden Wehratalsperre) und wechsle dort auf die andere Flußseite. Dann noch 300 Meter auf der Landstraße und ich habe meinen Wagen wieder erreicht.

Fazit: eine beeindruckende Schlucht hat sich die Wehra hier geschaffen. T4-/I für den Kraxelabstecher, der Steig mit den Leitern ist T3+. Wegen der verfallenen Pfade am Anfang und Ende der Tour ist ggf. ein anderer Routenverlauf sinnvoller. Ergänzen liesse sich eine Runde hier noch mit Abstechern zur nahen Wehratalsperre undoder dem Hornbergbecken oberhalb, sie bilden (zusammen mit einem Kavernenwerk) das zweitgrößte Pumpspeicherkraftwerk Deutschlands.

Eine Tour aus der Rubrik Unterholz-Preziosen

Tourengänger: Schubi
Communities: Photographie


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T2
7 Apr 20
Wehraschlucht · Mo6451
T3
14 Apr 23
Der Wehrataler Wildenstein · Bergmax
T2
29 Dez 20
Hotzenwald Westend zum Jahresend · Frankman

Kommentare (5)


Kommentar hinzufügen

Bergmax hat gesagt: Cool
Gesendet am 1. April 2023 um 19:50
Ein Klettersteig, den ich von daheim zu Fuß erreichen kann und ich weiß nichts davon? Ist das ein Aprilscherz???

Danke für die gute Dokumentation!

Auf welcher Karte ist dieser Steig denn als "Klettersteig Wehratal" eingezeichnet? Ich habe hier mindestens drei Wanderkarten von dem Gebiet und in keiner findet sich auch nur der kleinste Hinweis.

Viele Grüße

Max

Schubi hat gesagt: RE:Cool
Gesendet am 2. April 2023 um 07:35
Hey Max.

Haha, nein, der Bericht ist kein Aprilscherz ;o) Danke für deinen Kommentar!
Ich hab mir mal aus einer hiesigen Gemeindebücherei Wanderkarten geholt und ausschnittsweise Kopien gemacht. Das dürfte in diesem Fall eine (veraltete?) Kompass-Karte gewesen sein. Im Steig ist auch eine (hier nicht abgebildete) Leiter älterer Bauart montiert, insofern dürfte der Steig da schon länger sein.

Schönen Gruß
Frank

kopfsalat hat gesagt:
Gesendet am 3. April 2023 um 09:55
Interessant. War letztes Jahr Ende Mai dort. Verliess mich dummerweise einzig auf ein Rotherwanderbuch. Sehr viel auf Forstwegen oder noch schlimmer.

Nahe der Felsenhütte hatte es einige Trampelpfade, die in den Steilhang hinunterführten. Fand aber nix auf meiner topographischen Karte.

Werde somit wohl nochmals wiederkommen.

Wo genau (Koordinaten) befindet sich denn der Einstieg?

Besten Dank

Dani

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. April 2023 um 15:00
Hallo Dani.
Richtig beobachtet, etwas südlich der Felsenhütte dem hangabwärts-führendem Pfad recht weit runter folgen (gut 110 hm, einen abzweigenden anderen Pfad ignorieren). Der Steig beginnt bei 47.667731,7.931064
Eine gute Zeit dir dort,
Frank

kopfsalat hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. April 2023 um 15:38
Super.

Besten Dank.


Kommentar hinzufügen»