Eine Paradeskitour: Die Vorderseespitze (ohne Überschreitung)

Servus miteinander,

die folgend beschriebene Skitour gehört zu den anspruchsvollsten Skitouren in den Lechtaler Alpen - zumindest aus den üblichen Skitourenführern. Die Tour steht seit letztem Jahr auch im Winter auf meiner Wunschliste. Das es bereits diesen Winter klappen würde hätte ich nicht gedacht. Die Schneelage ist in diesem Winter 2022/23 eher niedrig und auch die Lawinenlage meist eher ungünstig für solche Unternehmungen. Auch an diesem Tag, den Freitag den 17. März ist es nicht optimal aber vertretbar es zumindest vor Ort mal anzuschauen. Der Lawinenwarnbericht für die westlichen Lechtaler Alpen (ebenso der für die Zentralen Lechtaler  Alpen) meldet oberhalb von 2.000m vormittags Stufe 2 mit dem Hauptproblem Altschnee. Naja wie bereits oben erwähnt ist es nicht optimal und wir haben uns gesagt schauen es uns mal an - mit der Option am Stielahnzugjoch abzubrechen. Jetzt mal genug von den Rahmenbedingungen und die Beschreibung der Tour:


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Ich möchte im Vorfeld darauf hinweisen, dass die folgende Tourenbeschreibung in Bezug auf die Schwierigkeit auf meinen persönlich subjektiv empfundenen Eindrücken in Verbindung der vorherrschenden Bedingungen am Tourentag beruhen. Daher bitte ich jeden interessierten Tourengeher(in) seine Fähigkeiten und auch die vorherrschenden Bedingungen am Tourentag selbst einzuschätzen. 
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Start ist um kurz nach 7 Uhr in Kaisers (1.518m) einem kleinen Bergdorf oberhalb von Steeg. Aufgrund seiner hohen Lage und sehr ausgewogenen Tourenmöglichkeiten ist Kaisers einer der beliebtesten Startpunkte im Lechtal. Wir laufen an diesem Tag aufgrund der geringen Schneelage etwas über einen Kilometer zu Fuß hinein in das schöne Kaisertal. Am Parkplatz Kaisertal (1.493m) welchen wir bereits mit dem Auto erreichen hätten können schnallen wir die Ski an. Dort geht es weiter auf dem breiten Fahrweg hinein in südlicher Richtung zur Kaiseralm. Die Kaiseralm (1.695m) und ihren breiten Talkessel erreichen wir nach etwa 1 Stunde. An der Alm halten wir uns dann links und östlicher Richtung und steigen in einem ersten kleinen Aufschwung hinauf ins obere Kaisertal. Dort am oberen Talkessel angekommen eröffnet sich ein herrlicher Blick auf das Tagesziel die Vorderseespitze und umliegende Berge des "Talkessels". Der Weg verläuft oberhalb des Kaisertalbaches in östlicher Richtung bis kurz vor dem Ende des oberen Talkessels. Auf etwa 1.900m spalten sich nun die Wege zur Feuerspitze/ Holzgauer Wetterspitze und der Vorderseespitze. Wir steigen in südlicher Richtung auf den bis zu 35° Grad steilen N / NW Hängen hinauf. Nach dem ersten "richtigen" Anstieg gelangen wir auf eine kleine Zwischenebene vor dem Stierlahnzugjoch von dort kann man Alternativ noch auf die Feuerspitze ohne große Höhenverluste auf einer alternativen Route aufsteigen. Wir steigen weiter in südlicher Richtung unterhalb des Wandfußes der Vorderseespitze hinauf zum Stierlahnzugjoch (2.596m) hinauf. Dort am Joch eröffnet sich ein herrlicher Ausblick auf Freispitze und das weitläufige und kupierte Gelände in nördlich der Ansbacher Hütte. Ebenso kann dort oben am Joch die Schlüsselstelle das erste mal beurteilt werden. Dieser 45°-50° steile Übergang auf den Vorderseegletscher stellt sowohl die lawinentechnisch kritischste Stelle als auch hohe sonstige Anforderungen an den Skitourengeher. Um dort hinzugelangen muss jedoch erst einmal eine kleine Abfahrt von etwa 50 Metern erfolgen. Diese absolvieren wir mit Fellen an den Ski, was tatsächlich überraschend gut funktioniert hat. Kann allerdings bei eisigeren oder härten Bedingungen sehr unangenehm sein da der Hang doch teils 35° steil ist. Die Querung rüber zum Übergang auf das Gletscherbecken ist dann zügig überwunden. Am Fuße des Übergangs stehen wir an diesem Tag ein wenig im "Stau" - weil sich die vordere Gruppe uneins ist ob aufsteigen oder umdrehen. Der Anstieg ist von einem anderen Tourengeher bereits frisch und gut gespurt worden. Die Schneeverhältnisse sind bezüglich des Halt für den Aufstieg an dem Tag ziemlich angenehm - was oftmals anders ist und daher auch gerne mal zu Fuß dort diese Höhenmeter zurückgelegt werden (etwa 40 Höhenmeter). Lawinentechnisch ist an dem Tag für uns vertretbar und daher steigen wir einzeln den Steilhang hinauf.  Am Vorderseegletscher, dem größten der noch verbliebenen Gletscher der Lechtaler Alpen (oder soagar der einzige?), geht es nun erstmal flach in Richtung der südlicheren Begrenzung des Beckens. Dort verläuft dann die Aufstiegsspur bis zum Skidepot in recht angenehmer Steigung hinauf zum Skidepot (ca. 2.780m). Der Spurverlauf an dem Tag war sehr gut gewählt und meiner Meinung nach macht eine Spuranlage nördlicher wenig Sinn da an dem Tag aufgrund der Temperaturen immer wieder was vom Nordgrat abgerutscht ist - allerdings wird auch bei kühleren Bedingungen von dort immer wieder etwas herunter kommen. Nachdem wir uns bereits unten am Gletscher dazu entschlossen haben aufgrund des Zeitmanagments die Überschreitung auf ein anderes mal zu verschieben steigen wir mit Steigeisen an den Füßen ohne Ski am Rucksack den Ostgrat hinauf. Dieser startet direkt mal mit einer kleinen Kletterei im unteren zweiten Grad und geht dann direkt wieder in einen nicht zu unterschätzenden Aufschwung im Schnee über. In Folge wechseln sich immer wieder kleine teilweise ausgesetzte Kraxeleien (bis UIAA II) und Schneestapferei ab. Die Wegfindung ist hierbei nicht wirklich schwer solange man sich am Gratverlauf hält.  Kurz vor dem Vorgipfel wird´s dann kurz mal deutlich schmaler allerdings mit genug Vorsicht gut zu gehen. Am Vorgipfel (2.874) gibt´s leider keinen guten Stand daher gehen wir direkt weiter zum Hauptgipfel. Dafür müssen wir in eine kleine Scharte hinab, was in einem kurzen Schneegrat erfolgt. Im Sattel angekommen blicken wir in die Südrinne hinein, welche an diesem Tag noch unverspurt ist. Schaut tatsächlich verlockend aus und wird in Zukunft mal in Angriff genommen. Der Aufstieg auf dem Schneegrat zum Hauptgifel ist, bis kurz vor Ende doch noch eine kleine Knifflige Stelle kommt, schnell überwunden. An der Vorderseespitze (2.884m) angekommen machen wir kurz Pause und genießen den Ausblick von Osttirol über Ortler bis in die Schweiz. 

Der Abstieg vom Gipfel der Vorderseespitze erfolgt wie der Hinweg über den Ostgrat. Der Schnee ist aufgrund der Temperaturen und der Sonne am Grat schon eher weich daher ist Vorsicht geboten. Am Skidepot (2.780m) schnell wieder die Steigeisen ausgezogen und in die Ski gesprungen erwartet uns auf dem Gletscherbecken des Vorderseeferners eine schöne Powder Abfahrt. Die Steilstufe fahren wir wie im Aufstieg einzeln und mit möglichst wenig Belastung für die Schneedecke ab d.h. wir rutschen diese möglichst an einer Stelle ab damit der Aufstieg für die folgenden Tourengeher möglichst gut geht und wir nicht doch noch eine Lawine auslösen. Nach der Steilstufe fahren wir aufgrund des schönen Schnees etwas weiter ab als nötig. In der kleinen Fläche unterhalb des Stierlahnzugjochs fellen wir wieder auf und steigen die etwa 100 HM wieder auf. Der Südseitige Anstieg zum Joch liegt da bereits durch die Vorderseespitze wieder im Schatten. Vom Steierlahnzugjoch (2.596m) fahren wir über anfangs nordseitige Hänge im schönen Pulver hinab. Etwa um 2200m gehen die Hänge in eher NW bzw. W Hänge über was eine deutliche Anfeuchtung des Schnees an diesem Tag bedeutet. Der Schnee ist größtenteils noch gut zu fahren mit einigen Stellen mit Bremsschnee. Im Oberen Kaisertal angekommen erwartet uns eine lange und recht flache Abfahrt in der man dem Tag aufgrund des nassen Schnees kaum Kurven machen braucht. Ab der Kaiseralm (1.695m) muss überweite Strecken angeschoben werden bevor es wieder ohne eigene Anstrengungen hinab geht - normalerweise muss an dieser Strecke nur an zwei Stellen angeschoben werden und nicht wie an dem Tag über weite Strecken. Am Parkplatz Kaisertal (1.493m) heißt es wieder Ski ausziehen und den restlichen Weg zu Fuß nach Kaisers (1.518m) laufen.

Fazit: 

Die Vorderseespitze ist bei den geeigneten Bedingungen ein sehr lohnendes Tourenziel für jeden ambitionierten Skibergsteiger der über das nötige Know How verfügt. Auch wenn bei uns die Überschreitung mit der Abfahrt über die Südrinne dieses mal nicht vergönnt war ist die Tour eine wahres Highlight. Die Landschaft um einen herum mit Ausblicken über weite Teile der Alpen fasziniert und beeindruckt zu gleich. Im Nachhinein hätten wir ein wenig früher Starten sollen damit wir am Ende nicht so in die nachmittags "Hitze" kommen.

Tourendetails

	Start	Ziel	Anforderung	Anstieg	Abstieg	Distanz	Zeit
1	Kaisers	Weggabelung Feuerspitze/Vorderseespitze	WS	420	10	6,1	80
2	Weggabelung Feuerspitze/Vorderseespitze	Stierlahnzugjoch	WS+	600	10	2,5	90
3	Stierlahnzugjoch	Skidepot (2.780m)	S	260	60	1,0	45
4	Skidepot (2.780m)	Vorderseespitze	S UIAA II	100	10	0,5	45
5	Vorderseespitze	Skidepot (2.780m)	S UIAA II	10	100	0,5	40
6	Skidepot (2.780m)	Stierlahnzugjoch	S	120	320	1,0	15
7	Stierlahnzugjoch	Kaiseralm	WS+	20	820	5,0	25
8	Kaiseralm	Kaisers	WS	10	210	4,0	30
			S II.	1.540	1.540	20,6	370

Ausrüstung:

* Skitourenausrüstung (inkl. Harscheisen und Rucksack mit Skihalterung)
* LVS Ausrüstung (LVS-Gerät/Schaufel/Sonde) 
* Steigeisen & Pickel
* optional Klettergurt und Sicherungsutensilien (wir hatten Sie zur Sicherheit dabei)

--> Der Skitourengeher sollte aufjedenfall genügend Kondition, skifahrerisches Können (im Aufstieg und Abfahrt) und Erfahrung mitbringen!!