Kurzbericht 

Kaltstart am Schwarzsee...


Publiziert von lorenzo , 12. Februar 2023 um 22:03.

Region: Welt » Schweiz » Freiburg
Tour Datum: 8 Februar 2023
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Ski Schwierigkeit: S+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-FR 
Zeitbedarf: 10:45
Aufstieg: 2545 m
Abstieg: 2545 m
Strecke:25km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Schwarzsee, Campus oder mit dem Auto
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Kartennummer:LK 1226 Boltigen, 1225 Gruyères; Swisstopo Ski- und Wanderrouten; D. Anker, R. Schnegg, Skitouren Freiburger und Waadtländer Alpen, SAC 2008

Von den Gipfeln des Breccaschlunds hatte ich erst einige wie den Patraflon, den Schopfenspitz oder die  Combiflue mit Ski bestiegen. Der kürzlich erschienene Bericht über die verlockende Brecca-Safari von Bergamotte brachte mich indes auf die Idee, eine Umrundung des Schlunds mit Ski zu versuchen. Anders als bei Sommerbegehungen würde dabei das Ziel nicht darin bestehen, möglichst der Gratkante zu folgen, sondern ausgewählte Gipfel auf sich voneinander unterschiedenen Aufstiegs- und Abfahrtsrouten zu traversieren, wobei ich zudem offensichtlich wenig skitaugliche Gipfel wie die Spitzflue und die Gemsflue an den beiden Enden des Gratbogens auslassen müsste. Ein erster Versuch letzte Woche gelang wegen Nebel und Wolken und damit schlechter Sicht sowie wegen kräftigem W-Wind nur unvollständig, indem ich das Kernstück, den Chörblispitz und zuletzt die Pointe de Bremingard auslassen musste, und den Patraflon in einer dichten Nebelbank nur direkt über den Verbindungsgrat von der Pointe de Balachaux her erreichen konnte. Was blieb mir da viel Anderes übrig, als bei nächster Gelegenheit einen zweiten Anlauf zu nehmen?

Eine Woche später war es dann schon soweit: nach einem milden Wochenende waren noch einmal 10-20cm Schnee gefallen, SLF beurteilte die Lawinengefahr als mässig oberhalb 2200m, und sogar der notorische Spielverderber Meteoblue kündigte bei einem kräftigen Hoch wolkenloses und windarmes Wetter an. Der einzige Wermutstropfen bestand darin, dass es nach klaren Nächten morgens und abends sehr kalt werden sollte. Tatsächlich: als ich zuhause losfuhr, zeigte das Thermometer noch milde -1 Grad an, und in Plaffeien, für das -7 Grad prognostiziert worden waren, war es erst auf noch erträgliche -5 Grad gesunken, bevor es spätestens ab Zollhaus bei jeder Kurve um ein weiteres Grad abzusinken schien, und, bei Brüggera noch auf -11 Grad, in Schwarzsee Bad schliesslich bei beissenden -13 Grad stehen blieb... Schnell machte ich mich bereit, um der kalten Seemulde so rasch wie möglich zu entkommen, und haspelte los. Durch die Bewegung bekam ich auf guten Spuren zum Glück bald wärmer, und als ich an der Fochsenflue in die Sonne trat, war mein morgendlicher Kälteschock vollends überstanden.

Abstieg und Abfahrt vom Gipfel über die W-Seite kannte ich schon vom ersten Versuch, und nach einer lockeren Pulverabfahrt stand ich am Fuss des Türmli und war gespannt auf das Neuland am Chörblispitz. W um das Türmli spurte ich zum SW-Couloir, durch das und über die NW-Kante ich in gutem Trittschnee P. 1997 am Beginn des N-Grats erreichte. Obwohl auch auf diesem Trittschnee und zudem Wildspuren und gefrorene Grasbüschel den Aufstieg erleichterten, liessen der Schatten und einige ausgesetzte Passagen einen Hauch von hochalpiner Atmosphäre aufkommen, und nach der kniffligen Querung zuoberst zum E-Grat war ich froh, die letzten Schritte zum Gipfel wieder unter der Sonne machen zu dürfen. Die S-Flanke sah einladend aus, und darüber und über den Gastlosen winkten aus weiter Ferne der Grand Combin und der Mont Blanc. Nach einigen Schwüngen konnte ich von W in das S-Couloir einbiegen, das sich, leicht angesulzt, sicher und genussvoll fahren liess. Nach einem kurzen Spurintermezzo auf Alpiglen durfte ich mich in der Combiflue S-Flanke auf einer bequemen Spur wieder zurücklehnen, und auch bei der luftigen Abfahrt hinunter zur Chambre aux Chamois in frischem Pulver brauchte ich nur meinen verschneiten Kurven von voriger Woche zu folgen.

Nun schien mit der ersten Hälfte das Gröbste geschafft, und nur noch Durchhaltewillen gefragt zu sein...Dieser wurde bereits beim an sich unschwierigen Aufstieg zum Schopfenspitz auf die Probe gestellt, indem die alte Spur zugeschneit war, und der lockere Pulver auf der harten Unterlage abrutschte, so dass ich schliesslich die Ski unter dem Schopfenspitzsattel und nochmals unter dem Gipfel aufschnallte. Dafür warteten dann fast 500 unbeschwerte Abfahrtsmeter hinunter nach Balachaux. Beim Wiederaufstieg zur Pointe de Balachaux begann dann die Ausrüstung aufzumucken: die eine Bindung musste ich mit dem Pickel vom Eise befreien, und im abwechselnd feuchten und trockenen Pulver bildeten sich an den gefrorenen Fellen Stollen, so dass ich langsamer und langsamer wurde. Und nach der zwar wieder schattigen, aber lauschig pulverigen Abfahrt unter den Patraflon wollten die Felle dann gar nicht mehr kleben...So musste ich wohl oder übel nochmals die Ski aufschnallen und in zum Glück nicht allzu tiefem Pulver zur Madonna hinauf waten, deren Erscheinen in der Abendsonne ich wie vor einer Woche, als sie plötzlich aus dem dichten Nebel aufgetaucht war, freudig und dankbar begrüsste. Wie ich anhand der Karte gehofft hatte, schien das NW-Couloir unter dem Pointe de Bremingard SW-Gipfel von oben gesehen durchgängig zu sein, und tatsächlich führte es mich in drehfreudigem Pulver ohne Komplikationen hinunter nach Les Recardets. Nach einer letzten Pause auf Ober Recardets bereitete mir Schwarzsee wieder einen frostigen Empfang, für den ich aber nach dem sonnigen und erlebnisreichen Tag nur noch ein warmes Lächeln übrig hatte... 

Fochsenflue-Chörblispitz-Combiflue

Von Schwarzsee (1060m) auf dem markierten Wanderweg (gelb) über Staldenloch (1051m) nach Spicherweid (1107m), auf dem eingezeichneten Weg nach Unter Bödeli (1240m), und auf der eingezeichneten Skiroute (blau) zum Euschelspass (1567m), L. Blau über Fochsen (1705m) und die SE-Flanke (35 Grad) auf die Fochsenflue (1975m), WS+. Abstieg kurz über den SW-Grat und ca. 40Hm über die NW-Flanke, dann Abfahrt durch das 1. breite Couloir nach W und SW zu einer Rippe und durch ein 2. schmales Couloir (40 Grad) in den Kessel E vom Türmli (1795m), und durch diesen nach WNW bis zum Bergweg (weiss-rot) bei ca. 1630m, S-. W um das Türmli herum horizontal nach S, dann nach E hinauf zum Beginn des SW-Couloirs bei ca. 1820m, WS-. Durch dieses (40 Grad) hinauf, über die NW-Kante zu P. 1997, und über den N-Grat in 2. Aufschwüngen unter den felsigen Gipfelaufbau. Auf einem Band ausgesetzt nach E und zuletzt über den E-Grat auf den Chörblispitz (2103m), WS (Hochtourenskala). Abfahrt blau durch das S-Couloir (200Hm, 40-45 Grad) bis ca. 1900m, dann durch den Kessel von Alpligen nach SW bis ca. 1750m unter den Combi SE-Sattel (ca. 1865m). Blau durch das ENE-Couloir (35 Grad) zu diesem hinauf und über die S-Flanke auf die Combiflue (2055m), WS. Abfahrt über den SW-Grat zum Sattel ca. 2035m zwischen Gipfel und SW-Gipfel (2045m), und von dort über die NW-Flanke (200 Hm, obere Hälfte gut 45 Grad, kurze horizontale Querung nach NE im oberen Drittel) zum Sattel am Eingang der Chambre aux Chamois (1831m), S+. Ca. 5.30-6h 30min.

Schopfenspitz-Pointe de Balachaux-Patraflon-Pointe de Bremingard
Vom Sattel am Eingang der Chambre aux Chamois (1831m) blau durch die gleichnamige Mulde (bis 35 Grad) zum Schopfenspitzsattel 2014m) und entlang dem NW-Grat auf den Schopfenspitz (2104m), ZS-. Abfahrt über die W-Flanke (zuoberst 45, dann 40 Grad) nach Pertet y Tsamo (1850m) und weiss-rot oder blau nach Balachaux (1644m), S. Blau über die SW-Flanke (35 Grad) auf die Pointe de Balachaux (1976m), ZS-. Abfahrt kurz entlang dem NW-Grat bis zum ersten Sattel ca. 1950m, dann über die E-Flanke (35 Grad) nach E und NE zu einer Rippe bei ca. 1880m und nach N bis ca. 1750m, ZS-. Aufstieg über die E-Flanke (35 Grad) und den S-Grat auf den Patraflon ((1916m), ZS-. Abfahrt blau entlang dem NE-Grat zum Col du Chamois, (1874m), WS. Blau über P. 1886 und den SW-Grat auf die Pointe de Bremingard (1923m), L. Abfahrt blau zurück bis SW unter den SW-Gipfel, Einfahrt auf ca. 1905m in das rechte NW-Couloir, und durch dieses (200Hm, 40-45 Grad) nach Les Recardets, S+. Ausfahrt blau über Ober Recardets (1463m) und Unter Recardets (1301m) zurück nach Schwarzsee (1060m), WS-. Ca. 3h 30min-5h.

Insgesamt 9h-11h 30min.

Verhältnisse: bei leichter Restbise wolkenlos, morgens (-13 Grad) und abends (-6 Grad) sehr kalt, tagsüber mild. Ca. 10-20cm z.T. verblasener Pulver auf harter Unterlage, sonnseitig angezogen, Chörblispitz S-Couloir hart und griffig angesulzt. Alte und neue Aufstiegs- und Abfahrtsspuren an der Fochsenflue, in der Combiflue S-Flanke, am Schopfenspitz, an der Pointe de Balachaux, am Patraflon und an der Pointe de Bremingard. Portage 40 Hm über den Fochsenflue NW-Rücken, im Chörblispitz SW-Couloir und über die NW-Kante und den N-Grat, ca. 50 Hm unter dem Schopfenspitzsattel und ca. 20 Hm unter dem Schopfenspitz, über die Patraflon E-Flanke und den S-Grat, und über den Pointe de Bremingard SW-Grat (überall meistens Trittschnee oder hart).

Material: zusätzlich Helm, Pickel, Steigeisen und Stirnlampe zu üblicher Skitourenausrüstung.

Fahrplan:6.30 Start Schwarzsee, 8 Uhr Euschelspass, 8.45 Fochsenflue, 11 Uhr Chörblispitz, 12.15 Combiflue, 13.30 Schopfenspitz, 15 Uhr Pointe de Balachaux, 16 Uhr Patraflon, 16.30 Pointe de Bremingard, 17.15 retour Schwarzsee.

Tourengänger: lorenzo


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