Großer Lorenzstein und E-Flügel-Wand: Zwei Kraxelgipfel im Wildensteiner Gebiet


Publiziert von rele , 21. November 2022 um 18:56.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Elbsandsteingebirge
Tour Datum:30 Oktober 2022
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 

Das weitläufige Gebiet der hinteren Sächsischen Schweiz wartet mit einer schier unerschöpflichen Zahl an Klettergipfeln auf. Von diesen werden sicher einige auch für kraxelbegeisterte Wanderer erreichbar sein... diese ein wenig zu erforschen, waren wir von der Neumannmühle (Busstation) aufgebrochen. Am Goldsteig und im Gebiet des westlichen Großen Zschands wurden wir nur bedingt fündig -- zwar erstiegen wir dort den Jortansturm, doch hat hier weder der Zustieg noch die Kletterei unsere Empfehlung errungen. Im talnahen Gebiet um die Lorenzsteine fanden wir hingegen Gefallen an zwei leichten Kraxelgipfeln:

Nicht nur am Kleinen, sondern auch am Großen Lorenzstein finden sich gleich mehrere Routen im I. Sachsengrad. Wildwechsel, Schweineschlucht, Roberts Krauche, ... nicht die einladendsten Namen :) Mit der Schweineschlucht hatten wir tatsächlich vor Jahren schon durchaus schweinige, kaum nachahmenswerte Erfahrung gesammelt. Der heute begangene Alte Weg jedoch kann bedenkenlos empfohlen werden: Er ist mit dem ersten Sachsen-Klettergrad bewertet und weist viel Gehgelände, aber auch ein paar Kletterstellen auf. Zu erreichen ist der Große Lorenzstein von der Neumannmühle am besten über die Spitzsteinschlüchte. Sie führen westlich von der Zeughausstraße ab und leiten auf den Lorenzweg, auf dem man noch ein Stückchen nach Norden wandert, bis links ein Kletterzustiegspfad über Stufen in die Scharte zwischen die beiden Lorenzsteine führt.
Wir starten an der Südostecke des Großen Lorenzstein, wo ein begrünter Hang in einem Winkel geradeaus in eine kaminartige Schlucht hinaufführt. An deren Beginn liegen zwei große Steine im Weg, deren Überklettern einiges Geschick verlangt (UIAA II+). Leichter kommt man hinein, wenn man zuerst in die links abzweigende Schlucht ausweicht und von dort in die geradeaus führende Schlucht quert. Nun geht es in gängigem, gestuften Gelände die Schlucht hinauf bis zu ihren Ende. Hier leitet links ein Kamin weiter hinauf, in welchem ausgewaschene Balkenfalze als Tritte genutzt werden können (I). Der Kamin führt uns auf das mit Wald bewachsene Gipfelplateau des Großen Lorenzstein. In alle Richtungen werden kleinere Ausblicke auf die Umgebung frei. Will man noch zum offiziellen Gipfel mit Buch, wandert man, leicht abteigend, auf die Südwestseite des Berges, wo sich ein runder Felsklotz erhebt. Um hier hinaufzugelangen, muss ein Kamin durchstiegen werden, welcher die Schlüsselstelle des Weges darstellt: Von Kindern und sehr schmalen Menschen lässt er sich schräg nach oben steigend und quetschend überwinden, angenehmer ist jedoch das Aufsteigen direkt in der Einstiegsspalte, wieder versehen mit einigen verwaschenen Tritten (UIAA II-III). Hier bietet sich an, die Wanderschuhe auszuziehen und die Kletterei in alter Sachsentradition barfuß zu versuchen, um den weichen Sandstein zu schonen. Zum kleinen Gipfelchen mit Buch ist es dann vom Kaminausstieg weder weit noch schwer (I). Nach Süden blicken wir von hier hinüber zum Hinteren Raubschloss (Winterstein) und dem Kleinen Zschand. Der Abstieg erfolgt auf dem Aufstiegsweg zurück.

Wandert man die Zeughausstraße vom Abzweig der Spitzsteinschlüchte noch einen Kilometer weiter hinauf, zweigt links der E-Flügel ab. Von diesem Weg geht nach 100m rechts der schmale Pfad in die Kanschlüchte ab, der uns ins Gebiet nördlich des Kanstein bzw. südlich der E-Flügel-Wand führt. Derzeit sind die Gegebenheiten nicht besonders offensichtlich, da viele Spuren der verheerenden Frühjahrsstürme und Sommerfeuer noch nicht beseitigt sind. Evtl. empfielt sich die Zuhilfenahme von GPS, um sich an den richtigen Gipfel heranzupirschen.
An der Südwestecke des E-Flügel-Wand-Massivs findet sich durch eine Felsspalte ein schmaler Zustieg, der auf ein Plateau an der Wand leitet. Die Felsspalte ist linksseitig durch ein ein kurioses, rot bemaltes Beton-Gesichtchen markiert: Hier ist man auf dem richtigen Weg! Vom Plateau aus gelangen wir in wenigen Schritten an den Einstieg in den Alten Weg: Er befindet sich in einer Felsnische hinter einer Birke, wo es wieder in einem schmalen Spalt hinauf geht. Der Alte Weg auf die E-Flügel-Wand ist (wie der auf den Großen Lorenzstein) mit dem I. Sachsengrad versehen und wäre wohl auch in der UIAA-Skala kaum schwerer bewertet.
Die zunächst recht enge Schlucht weitet sich bald und kann bequem durchstiegen werden. Unter einem querliegenden großen Block hindurch geht es bis an die höchste Stelle der Schlucht, wo sich ein Kaminkreuz befindet. Hier gilt es, in den nach rechts führenden kamin einzusteigen. Dies gelingt freilich am leichtesten, indem man zunächst etwa 2m in dem nach links abgehenden Kamin aufsteigt, um dann in den rechten hinüber zu queren (I+). In diesem Kamin geht es unschwierig aufwärts, allerdings wird es bald recht eng: nichts für Übergewichtige! Bald wird es wieder breiter, und der Kamin weitet sich zu einer begrünten Rinne, die in einen felsigen Sattel leitet. Hier wartet noch ein Übertritt auf uns (I), der durchaus ein bisschen moralisch sein kann: Auf der gegenüberliegenden Seite gibt es nämlich gar nicht so viel zu greifen! Die wenigen Meter bis zum Gipfelbuch sind dann ein Klacks. Die Aussicht lohnt die Mühen allemal, und auch die Lorenzsteine winken von hier prominent herüber. Der Abstieg folgt dem Aufstiegsweg zurück.

Fazit: Zwei lohnende, aussichtsreiche Gipfel, die einer Wanderung dort den entsprechenden Pfiff verleihen können. Natürlich wie immer nur bei Trockenheit. Während an den Lorenzsteinen öfter Kletterer unterwegs sind, ist der Ausflug zur E-Flügel-Wand ein sehr einsames Abenteuer.

Achtung: Derzeit ist ein Großteil der hinteren Sächsischen Schweiz noch arg betroffen von den diversen Naturkatastophen des Jahres! Vielfach ist der Wald großflächig niedergemäht, es besteht immer noch Baumschlaggefahr. Viele Wege, insbesondere viele Kletterzustiege sind noch nicht wieder begehbar. Über die Verhältnisse und alle Sperrungen kann man sich auf der Seite des Nationalparks informieren.

Tourengänger: rele


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