Kleine Zinne (Normalweg)


Publiziert von trecime , 26. August 2022 um 22:00.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:22 August 2022
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 3:15

Mein Projekt «Drei Zinnen» soll heute zum Abschluss kommen. Grosse Zinne (Dibonakante) und Westliche Zinne (Demuthkante) liegen drei bzw. zwei Jahre zurück. An der Kleinen Zinne bin ich jetzt zum vierten Mal. Letztes Jahr an der Gelben Kante, die am Vorgipfel endet, und der Comici an der Punta di Frida. Und vor einer Woche am Preussriss (Preussturm) und der Dülfer an der Punta. Nur auf dem höchsten Punkt der Kleinen Zinne stand ich noch nicht. Zum Glück war Christian, mit dem ich gerade die Kleine Fermeda und den Ersten Sellaturm gemacht hatte, leicht zu überreden, und auch Hannes hatte Zeit, uns zu führen. Der Plan war eigentlich die ‘Innerkofler’ durch die Nordwand, aber leider regnete es beim Aufbruch noch, und trotz der angekündigten Wetterbesserung dürften die Nordwandkamine kaum so rasch abtrocknen. So blieb für heute einmal der Normalweg. Beim Einstieg hatte Petrus bereits ein Einsehen, und es ist schon erstaunlich, wie schnell manche Route dann doch trocknet. Die Route ist oft beschrieben worden, deshalb nur eine kurze Skizze: Es geht in leichtem Gelände (II – III) den Vorbau hoch, dann eigentlich immer noch leicht auf den Sattel zwischen Vor- und Hauptgipfel, wozu ein längerer aber leichter Quergang notwendig ist. Vom Vorgipfel sind es noch vier etwas anspruchsvollere (III – IV) Seillängen bis zum Gipfel. Die Schlüsselstelle am Zigmondy-Kamin ist unproblematisch, wenn man weiss, wo man hingreifen muss: mit der rechten Hand an eine versteckte Sanduhr (an der eine Trittschlinge befestigt ist für diejenigen, die nicht wissen, wo man hingreifen muss), mit drei Fingern der linken Hand in ein tiefes Fingerloch, dann ein kräftiger Zug und mit dem linken Fuss so hoch wie möglich auf einen kleinen Tritt steigen, und schon ist man durch. Um neun Uhr standen wir am Gipfel.

Von allen meinen Zinnentouren war diese die leichteste; die Kletterfinken konnten im Rucksack bleiben. Trotzdem war es angenehm, geführt zu werden, denn die Routenführung ist unübersichtlich. Der Unterschied zwischen einer geführten und einer selbständigen Tour wird natürlich auch in den Zeiten deutlich: Obwohl zu Dritt unterwegs, brauchten wir nur zwei Stunden zum Gipfel. An der Kleine Fermeda benötigten Christian und ich für zehn Seillängen fast die doppelte Zeit…

Die Abseilpiste vom Gipfel ist dank solider Bohrhaken eine Freude. Wenn ich bedenke, an was für einem Gelumpe wir noch vor einer Woche von der Punta abseilten… Um 10:15 Uhr sind wir wieder glücklich unten. Und etwas überrascht von der vielen Zeit, die wir noch haben. Während Hannes sich verabschiedet, entschliessen wir uns spontan, noch den Paternkofel dranzuhängen. Nur Informationen haben wir keine. Irgendwo vom Paternsattel aus geht es los, ja, genau, da sind einige Klettersteiggänger zu sehen. In den Stolleneingang der alten italienischen Weltkriegsstellung hinein, dann dem Klettersteig folgen, Null Problemo. An der berühmten Foto-Stelle fragen wir zwei absteigende Bergsteigerinnen nach dem weiteren Weg: In Serpentinen den Schutthang hoch, dann am Drahtseil weiter und die letzten Meter in Schorfengelände auf den Gipfel. Im Abstieg an der Gamsscharte Richtung Dreizinnenhütte, wobei am Ende ein langer spektakulärer Tunnel eine Lampe erfordert, die Christian dank seiner untrüglichen Intuition in seinem Rucksack hat. Um 14:15 Uhr sitzen wir auf der Terrasse der Dreizinnenhütte und warten auf ‘Makkaroni alla Trecime’, gemeinhin auch als ‘Hirtenmakkaroni’ bekannt.

Und hier lasse ich die Gedanken ein wenig melancholisch zurückschweifen. 1978 war ich zum ersten Mal an diesem Ort. Mein bergbegeisterter Vater erklärte mir Routen und Historie, und meine Begeisterung war geweckt. Als junger Mann näherte ich mich erneut den Zinnen auf einer längeren Tour von Sexten aus, und ich fragte mich, ob ich irgendwann im Leben vielleicht einmal auf einem der Gipfel stehen würde. 2018 war ich dann mit meiner eigenen Familie dort, genoss mit Frau und Kindern den Blick, den ich 40 Jahre vorher zum ersten Mal sah, und blickte sehnsüchtig auf die Kletterer an der Dibonakante. Das sollte doch eigentlich drinnen sein…

Tourengänger: trecime


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Kommentare (2)


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Paradigma hat gesagt:
Gesendet am 27. August 2022 um 14:05
Wirklich sehr schön beschrieben. Besonders der letzte Absatz und die Fotos aus der damaligen Zeit haben mich berührt!

trecime hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. August 2022 um 12:21
Vielen Dank für den netten Kommentar!


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