Hochfirst 3403m über Südgrat (und Liebener Spitze 3399m)


Publiziert von Cubemaster , 20. August 2022 um 21:48.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 3 August 2022
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   I 
Zeitbedarf: 10:30
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m

Eine Besteigung des Hochfirsts hatte ich schon einige Jahre im Auge. Bei meiner Besteigung des Hinteren Seelenkogels von der Zwickauer Hütte im Jahr 2018 hatte ich eigentlich dort eine Übernachtung geplant, um dann am zweiten Tag noch den Hochfirst "mitzunehmen". Aber irgendwie passte es dann nicht mit einer Zweitagestour. 2021 war der Hochfirst erneut fest eingeplant, doch leider war das Wetter in meinem Zeitfenster einfach zu schlecht und so blieb das Projekt weiter auf der Warteliste...

Zustieg:
Diesen Sommer sollte es dann endlich klappen und das Warten hat sich durchaus gelohnt! Ich startete um 7:15 in Pfelders und nahm zuerst einmal den bekannten Weg Richtung Schneidalm/Zwickauer Hütte (Weg Nr. 6A). Dann wollte ich den direkten Aufstieg Richtung Kreuzjoch nehmen (Weg Nr. 6B, Abzweig auf ca. 1770m). Dieser Weg wird aber wohl nicht mehr gewartet und ist auch nicht mehr ausgeschildert. Ich folgte daher einfach dem deutlichen Pfad nach rechts bis sich dieser auf dem breiten Wiesenrücken verliert.

Dann ging ich geradeaus über die Wiesen hinauf, hier und da findet man noch alte Markierungen. Weiter oben fand ich dann wieder eine Wegspur und entlang dieser ging es erst noch weiter über den Rücken, dann nach rechts durch den steilen Hang bis zu einer kleinen Hütte und von dort aus im Zickzack weiter hinauf bis dort, wo die Spur in den von der Schneidalm kommenden Weg (Weg Nr. 47) mündet. Diesem folgte ich noch ein Stück nach Osten, bis auf etwa 2450m ein Wegweiser nach oben zum Rauhjoch-Biwak weist.

Schließlich erreichte ich so den Tiroler Höhenweg (Weg Nr. 44) und bog dort wiederum nach Osten ab. (Man kann hier übrigens etwa 20 bis 30 Meter unterhalb der Einmündung nach rechts über die Wiesen abkürzen, dann spart man sich ein paar Höhenmeter. Diese Variante habe ich im Abstieg genutzt.) Der nächste Wegabschnitt führt an einer steilen Flanke teilweise schon recht ausgesetzt entlang bis über eine Kuppe auf ca. 2740m und dahinter über flacheres Gelände wieder absteigend Richtung Biwakschachtel.

Um keine Höhenmeter zu verlieren, verließ ich den Weg schon kurz nach dem höchsten Punkt ziemlich genau Richtung Norden und steuerte ein Steinmännchen auf ca. 2800m an. Ab dort zeigen viele Steinmännchen und eine mehr oder weniger durchgängige Wegspur die beste Route hinauf zum Grat: Zuerst auf einem flachen Plateau nach Südwesten, dann nach Nordwesten in ein kleines Kar, weiter nach Nordwesten eine kleine Geröllrinne hinauf, kurz nach Norden ausholend, um eine Felswand rechterhand zu umgehen, darüber wieder nach Westen bis zu einer Rippe und auf dieser hinauf.

Am Ende verliert sich die Rippe in der breiten Felswand, aber den Wegspuren und Steinmännchen folgend gelangt man über ein paar einfache Kraxelstellen doch relativ einfach hinauf zum Grat. Dort steht ein größerer Steinmann, welcher wohl hauptsächlich auf dem Rückweg dazu dient, den Einstieg in die Flanke von oben wiederzufinden. Der restliche Weg zur Liebener Spitze veläuft fast ausschließlich genau am Grat entlang über eine mehrheitlich gute Spur.

Diesem Grat folgte ich Richtung Westen bis zu der Graterhebung, an welcher der Hochfirst-Südgrat von Norden einmündet. Auf dem Weg zur Liebener Spitze könnte man diese Graterhebung etwa auf einer Höhe unterhalb queren, aber ich wollte ja zum Hochfirst und stieg deshalb der Pfadspur entlang hinauf. Oben wartet dann (in Richtung Hochfirst) eine leichte Kletterpassage, bei der mich meine Wanderstöcke etwas behinderten. Danach geht es aber wieder einer guten Spur dem Grat entlang bis ins Gaisbergjoch und weiter bis zum Einstieg in den Südgrat, welchen ich um 12:00 erreichte.

Hochfirst Südgrat:
Dort deponierte ich meine Stöcke und begann zu klettern. Zuerst ca. 3 Meter linkshaltend eine kleine Rampe hinauf (Routenbild 1), dann ist man aber gezwungen, rechts in die brüchige Flanke zu queren, um den ersten großen Aufschwung zu umgehen (Routenbild 2). Von dort aus muss über relativ kleinsplittriges, steiles und ausgesetztes Gelände wieder der Grat gewonnen werden, was durchaus etwas unangenehm war. Wieder am Grat hat man dann vermutlich mehrere Möglichkeiten: Rechts könnte man über grobblockiges, aber recht lockeres Geröll weiterkommen (Routenbild 3), ich entschied mich aber dafür, weiter am Grat zu bleiben und stieg nochmal über kleinsplittriges, steiles Gelände auf einen Absatz hinauf (Routenbild 4).

Ab hier wird die Gesteinsqualität besser und ich kraxelte in einfachem IIer-Gelände etwa 10 Meter etwas ausgesetzt die Gratkante hinauf bis zu einem weiteren Absatz (Routenbilder 5 und 6). Man steht nun unter einem sehr steilen Gratzacken, welcher links über ein kurzes Band und einen kleinen Kamin umgangen werden muss (Routenbild 7). Der Kamin ist nur wenig ausgesetzt, aber unerwartet schwierig zu klettern (für meine Begriffe mindestens III-, die rechte Wand ist sehr glatt). Anschließend geht es weiter am Grat hinauf über eine ziemlich plattige, abwärts geschichtete Passage (etwa 3 bis 4 Meter, II, nur mäßig ausgesetzt, Routenbilder 8 und 9).

Der folgende Aufschwung wird nun nochmal direkt am Grat überwunden. Rechts an einem überhängenden Felsvorsprung vorbei geht es ziemlich steil und ordentlich ausgesetzt hinauf, es hat aber ziemlich gute und stabile Griffe und Tritte (II+, Routenbilder 10 und 11). Schaut man nun nach oben, sieht man deutlich 3 kleine Aufschwünge im Grat. Den Ersten überwindet man relativ unproblematisch über moderat steiles Gelände in der linken Flanke (Routenbilder 12 und 13), der Zweite wird über eine Umgehung in der rechten Flanke gewonnen. Ein Steinmännchen leitet dann unterhalb des dritten Aufschwungs nach links (Routenbild 14). Hier muss ziemlich ausgesetzt über das obere Ende eines Kamins gequert werden, dann leitet ein Band weiter links herum in plattiges, aber einfaches Gelände, über welches man auf die große Gratschulter gelangt (Routenbild 15).

Nun folgt noch ein kurzes Stück Gehgelände, bevor das letzte Stück wiederum über die Gratkante bzw. knapp links davon geklettert wird (ausgesetzt, II, Routenbilder 16 und 17). Nach nur 35 Minuten ab Einstieg war ich am Gipfel und konnte ein tolles Panorama genießen. Die Wolken hingen mehrheitlich hinter dem Hauptkamm und der Hochfirst war durch seine nach Norden vorgeschobene Lage fast wolkenfrei. Ein Tiefblick auf den Normalweg von Norden offenbarte dort übrigens katastrophale Verhältnisse: Ein komplett ausgeapertes, schuttbeladenes Blankeisfeld. Da ich relativ früh dran war und dadurch noch Chancen sah, die Liebener Spitze mitzunehmen, machte ich mich schon um 12:55 wieder an den Abstieg.

Liebener Spitze und Abstieg:
Vorsichtig kletterte ich die Route wieder ab, sammelte meine Stöcke am Einstieg ein und erreichte recht zügig gegen 13:45 wieder den Abzweig an der Graterhebung. Den restlichen Weg zur Liebener Spitze bewältigte ich dank der guten Spur in nur 25 Minuten, wobei an einer Stelle ein kleiner, etwas instabil aussehender Absatz überwunden werden muss. (Ich habe links eine sehr schmale, ca.  3cm breite Kante auf einer Platte als Tritt genommen, man könnte eventuell aber auch einfach frontal drüberklettern.) Kurz vor dem Gipfel  wird es nochmal ein bisschen steiler und ausgesetzter, bleibt aber Gehgelände.

Das Panorama auf der Liebener Spitze war dann ebenfalls sehr schön, zumindest Richtung Norden. Die andere Perspektive auf den Hochfirst war auch nochmal eindrücklich. Um 14:30 trat ich den langen Rückweg an, der aber für meine Begriffe sehr angenehm machbar ist, weil man fast die ganze Zeit der Spur und später den Wanderwegen folgen kann. So kam ich dann über die gleiche Route wie im Aufstieg etwa um 17:50 wieder am Parkplatz in Pfelders an.

Bemerkungen:
Schwierigkeit Liebener Spitze: Ich würde fast meinen, dass man mit T4+ auskommt. Es müssen ein paar Ier Kraxelstellen zum Grat hinauf bewältigt werden, zum Gipfel hin wird es auch durchaus mal etwas ausgesetzt, aber ich sehe eigentlich nichts, was ein T5 rechtfertigen würde. Ist natürlich immer sehr subjektiv, gerade wenn das Kontrastprogramm der Hochfirst Südgrat ist... Zu beachten ist auf jeden Fall die Länge der Tour. Auch zur Liebener Spitze sind es von Pfelders 1800hm. Mit der Biwakschachtel gibt es aber eine tolle Möglichkeit, die Tour auf 2 Tage zu verteilen.
ACHTUNG: Aufgrund der Gletscherschmelze scheint der Grat stellenweise nicht mehr stabil zu sein. Es öffnen sich nordseitig teilweise große Spalten im Boden, die auf kommende Abbrüche hindeuten. Es wird zwar vermutlich immer möglich sein, diese südseitig zu umlaufen, nur muss sich dann evtl. erst eine neue Spur ausbilden.

Schwierigkeit Hochfirst Südgrat: Schwieriger, als ich nach Ansicht vorhandener Beschreibungen und Fotos erwartet hatte. Als Hochtour bin ich schon bei ZS-, weil es eben eine nicht ungefährliche Route ist. Es gibt keinerlei eingerichtete Sicherungsmöglichkeiten, selber Stände bauen wäre in dem Gelände auch ziemlich anspruchsvoll. In den Flanken (vor allem an der Ostseite) ist es teilweise saumäßig brüchig und direkt am Grat bleiben ist an manchen Stellen schlichtweg nicht möglich. Die Kletterschwierigkeit habe ich mal mit III bewertet, wobei man den dritten Grad aber eigentlich nur an einer Stelle berührt. Hauptsächlich bewegt man sich im IIer-Bereich, teilweise aber auch sehr ausgesetzt. Als Alpinwandertour wäre ich dementsprechend mindestens bei T6-.
ACHTUNG: Auch am Hochfirst Südgrat scheint das Gelände teilweise nicht mehr ganz stabil zu sein. Speziell an der Ostseite habe ich einige Spalten ausgemacht, die auf kommende Abbrüche hindeuten könnten. Dies sollte immer sehr vorsichtig beurteilt werden.

Tourengänger: Cubemaster


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Kommentare (2)


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ADI hat gesagt:
Gesendet am 23. August 2022 um 23:08
Astreine Cubemaster Tour!!!
*****

VLG!

Cubemaster hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. August 2022 um 19:42
Vielen Dank!

War wirklich eine 5-Sterne-Tour! Und auf hikr im Detail dokumentiert werden musste die Route ja schließlich auch mal.


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