Tour über die Reiteralpe - Schaflsteig - Wagendrischelhorn - Böslsteig


Publiziert von Simon_B , 11. August 2022 um 21:58.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum:11 August 2022
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2 (WS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   D 
Zeitbedarf: 8:30
Aufstieg: 1380 m
Abstieg: 1530 m
Strecke:11 Kilometer

Das Foto der Ramsauer Kirche mit Flüsschen und den Bergen der Reiteralpe kennt wohl fast jeder aus irgendeinem Alpenkalender oder Puzzle. Der pyramidenförmige Berg auf diesem Motiv ist das Wagendrischelhorn - mein heutiges Gipfelziel - und - obwohl diesen Namen kaum jemand kennt - dürfte das Horn damit wohl eines der meist fotografierten Berge der Alpen sein.

Schaflsteig - einsamer Aufstieg durch eine wilde Felslandschaft (T3+)

Von Ramsau - meinem Urlaubsdomizil - bin ich zuerst mit dem Linienbus und dann mit dem Almerlebnisbus zum Ausgangspunkt der Tour, der Engerthütte im Klausbachtal gefahren. So startete ich gegen 08:30 Uhr die Tour. Von der Straße führt der Steig sofort steil durch den Bergwald. Der Steig ist nirgends wirklich schwierig, gönnt dem Wanderer aber keine Erholungsstrecken und erfordert aufgrund der Steilheit immer eine gewisse Aufmerksamkeit. Erst nach Erreichen der Latschenzone auf einem kleinen Rücken flacht der Steig leicht ab und lud mich zu einer ersten Pause ein, da sich hier auch das erste Mal das Panorama eröffnete. Nun leitet der Steig immer noch ansteigend an die himmelhohe senkrechte Felswand des Mühlsturzhornes heran und führt nun unter dieser entlang an einer markanten Nadel vorbei immer am abschüssigen Hang entlang. So wird schließlich der sogenannte Hochgscheidsattel erreicht, wo der Weg aus Richtung Lofer hinauf kommt. Bei mir war es hier etwa 11:30 Uhr.

Steig zur Mayrbergscharte und Klettersteig auf das Wagendrischelhorn (T4, Klettersteig B-C) mit Verlusten...

Ich legte im Sattel nun mein Klettersteigset an und folgte dem Wegweiser zum Einstieg in den Klettersteig zur Mayrbergscharte. Zuerst muss eine steile Rinne überwunden werden. Alles ist gut gesichert, aber es gibt doch einige kräftige Züge, so dass diese Passage sicher mit C bewertet werden kann. Nach kurzen Anstieg in einer Geröllrinne kommt die zweite gesicherte Passage, die einfacher als die erste ist (B) und recht schnell erreicht man so die Mayrbergscharte. Im Steig begegnete ich übrigens heute den ersten anderen Tourengängern! In der Scharte gönnte ich mir eine Brotzeit und überlegte, wie ich weitermachen sollte. Man hat hier drei Möglichkeiten. Ohne Gipfel weiter den Geröllhang unter dem Wagendrischelhorn queren, das Stadelhorn besteigen, oder den Klettersteig auf das Wagendrischelhorn in Angriff nehmen. Ich entschied mich dafür, weil im Unterschied zum Stadelhorn so kein Weg zweimal gegangen werden muss. Außerdem erschien mir als Alleingänger ein Klettersteig als objektiv sicherer. Den Markierungen folgend ging es nun für mich zu erst über einen Rücken zum Einstieg des eigentlichen Klettersteiges. Zuerst quert der Weg nach links, anschließend geht es recht steil und auch luftig über Platten, Rinnen, (B), einen kurzen Kamin (C) und weiteren Absätzen in Richtung Gipfel. Im Steig ist mir ein Fauxpas passiert. Zuerst begegnete ich einem Wegewart - vermutlich des Alpenvereines, welcher gerade einige Seile fest machte - er wies mich freundlich darauf hin, dass mein Klettersteigset nicht mehr der Norm entspricht (was ich weiß) - ich wies ergänzend noch auf meinem Fahrradhelm hin, worauf er entgegnete, dass er ja gar keinen Helm auf hat - also alles ganz lustig und nett. Er  stieg ab und war Gott sei dank nicht mehr in meiner Schusslinie, als sich meine 0,5 Liter - Wasserflasche irgendwie aus dem Rucksack befreit hatte und schließlich in die Südwand fiel. Sofort setzte ich den Rucksack ab und schaute, wie das passieren konnte. Ich hatte die untere Öffnung nicht ganz zu gemacht - aber ich bin mir sicher, die Flasche hat aktiv mit Händen und Füßen nachgeholfen!!! Spaß bei Seite - Sorry an den netten Mann vom Alpenverein für den Schreck und Entschuldigung, dass ich damit die Berge ungewollt vermüllt habe! Schließlich erreichte ich nach dem Klettersteig und dem einfachen Schlussgrat gegen 13:00 Uhr den Gipfel des Wagendrischelhorns. Nun war Zeit für den Genuss des Gipfelpanoramas und einer Flasche Cola (die ist zum Glück nicht runtergefallen...). Insbesondere die Nachbarberge Stadelhorn und Häuselhorn setzten sich hier eindrucksvoll in Szene.

Abstieg Wagendrischelhorn und Weiterweg zum Reiter Steinberg (T3) - der entspannte Teil

Im Gegensatz zum bisherigen Teil der Tour geht es nun geradezu erholsam weiter. Beim Abstieg auf dem Normalweg muss man vielleicht noch ein wenig aufpassen. Aber der Weiterweg zum Reiter Steinberg ist geradezu entspanntes flanieren auf fast ebenen Wegverlauf über weichen Bergwiesenpfad - und das mit immer noch tollem Panorama. Man sollte diese Passage genießen, denn der folgende Abstieg hat es dann wieder in sich.

Böslsteig (T4, I, Klettersteig B) - ein nicht banaler Abstieg

Am Reiter Steinberg folgte ich dem Wegweiser nach rechts bergab. Als erstes geht es über Kalk und Geröll über die erste Steilstufe bergab. Einige Zeit nach erreichen der Latschenzone  erreichte ich am Beginn einer steilen Rinne die erste gesicherte Passage (A). Es folgen im steilen, abschüssigen Gelände einige Kletterstellen, schließlich kam ich an die zweite längere gesicherte Passage. Und die hatte es im Abstieg nach meinem Empfinden durchaus in sich. Wirklich steil ging es über ausgesetzte Rinnen und Bänder abwärts - allerdings gut mit Stahlseil gesichert (B). Für mich fühlte es sich nicht wesentlich einfacher an, als die schweren Passagen in den beiden anderen Klettersteigen - sicher, das mag auch an meiner Erschöpfung und an der Perspektive beim Absteigen gelegen haben - aber Klettersteig B würde ich dieser Passage auf jeden Fall geben!
Nach einer letzten gesicherten Querung im Gras ging der Weg langsam wieder  in einen normalen Bergpfad über - zuletzt durch herrlich wilden Bergmischwald. Rechts in der Felswand konnte ich dabei einen Bartgeier fliegen sehen (ich denke, es war einer). Schließlich mündet der Pfad in einen Forstweg, so dass ich die letzten etwa 200 Höhenmeter zügig abwärts marschieren konnte. Am Hintersee, welchen ich gegen 16:45 Uhr erreichte, beschloss ich diese Runde schließlich mit Kaiserschmarren, bevor ich im Abendlicht nach Ramsau spazierte.

Fazit:
Eine großartige, naturgewaltige und einsame Runde. Da ich solo unterwegs war, mir fast zu einsam. An einem schönen Augusttag in der Ferienzeit traf ich insgesamt nur acht andere Menschen. Die Runde bietet sowohl landschaftlich, als auch vom Gelände her extrem viel Abwechslung. Forstweg gibt es nur ganz zum Schluss - etwa die letzte halbe Stunde. Das hat aber auch seinen konditionellen Preis und bedarf einer soliden Erfahrung im Berggehen und eine gewisse Erfahrung mit Klettersteigen. Da es keine Hütten während der Tour gibt und auch keine Wasserstellen, sollte man genug zu trinken mitnehmen und wirklich sicheres Wetter gemeldet sein. Wenn das alles passt, ist das sicher eine der großartigsten Touren in den Berchtesgadener Alpen!

Tourengänger: Simon_B


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