Gipfel-Triple via Scheiblingsteinkar


Publiziert von Bahoe , 6. August 2022 um 18:20.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Kaiser-Gebirge
Tour Datum:19 Juni 2021
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1250 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:In Ebbs bei der Kirche von der Hauptstraße abbiegen und die Kaiserbergstraße bis zu einer Abzweigung mit Viehsperre. Dort über diese links weiter hinauf. Eigentlich auf Asphalt immer bergauf halten, am Alpengasthof Kölnberg vorbei.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Ausgangs- und Ankunftspunkt sind identisch. EDIT 2023 Es gab eine zweite Möglichkeit, nämlich von Sebi oder Durchholzen kommend über den Gasthof Lederer hinaufzufahren. Weiter oben kommen die Straßen zusammen. Ein Fahrverbotsschild scheint mittlerweile die Zufahrt auszuschließen.
Unterkunftmöglichkeiten:Aschinger Alm, Alpengasthof Kölnberg, diverse Möglichkeiten in Ebbs, Gasthof Lederer - Ebbs/Buchberg
Kartennummer:ÖAV 8 Kaisergebirge

Vom Ausgangspunkt Aschinger Alm führt mich der markierte Weg vom Aschinger Rieder am ersten gelben Wegweiser mit der Angabe Jofenalm weiter bergauf. An einer Stelle, an der ein nach rechts abzweigendes Steiglein gesehen werden kann – die Markierung ist kreisförmig, der rote Punkt ist völlig von weißer Farbe umgeben – galt es für mich, nicht dem Wanderweg weiter zu folgen, sondern den kleinen Jägersteig zu nehmen, der dann an einer Salzlecke noch (kurz) weiter führt. 2020 wurde das folgende Hindernis bereits auf und abgeklettert (vielleicht ist es eine Stelle II), nur hat es mir immer reingeregnet, um weiter im oder ins Scheiblingsteinkar aufzusteigen. Der 19. Juni 2021 war dann ein heißer Tag, wo ich die ausreichende Trockenheit für mich ausgemacht hatte. Im Rucksack hatte ich nicht wenig Getränke dabei. Auf jeden Fall hatte ich mich nicht so geschickt angestellt wie bei meiner Erkundung. Als ich es fast geschafft hatte, mich an einer entscheidenden Stelle raufzuziehen, stellte sich doch heraus, dass die dunkle Erde unter der grasigen Stelle unter meinem Fuß noch zu feucht war. Unter der Belastung lösten sich Gras und Erde vom Fels, ich drohte abzustürzen und krallte mich so gut es ging fest. Der Absturz blieb mir dann glücklicherweise erspart, mein rechtes Bein kassierte beim folgenden Abrutschen eine Schürfwunde. Schmerz war gegeben und die Leistungsfähigkeit natürlich beschnitten. Meine Tour konnte ich aber dennoch durchziehen, freilich wurde mehr Zeit benötigt.

Das Scheiblingsteinkar kann man billiger haben, wenn man wie ich dann im Herbst (und wie es wohl auch die meisten Leute, die dort aufsteigen wollen, machen), weiter oben mehr oder weniger weglos den Steig verlässt und vielleicht den einen oder anderen Höhenmeter wieder herschenkt, dafür aber gemütlich und ohne Risiko (Steinschlag ausgenommen) die kleine Jagdhütte ansteuert. Das eine oder andere kleine Steiglein gibt es dort im mit noch üppiger Vegetation aufwartenden Gelände.

Nach dem unerfreulichen Ereignis fast am Beginn ging es grasig weglos weiter, aber recht bald mal war ich wieder auf einem Jägersteiglein. Bei einem mit vielen Ameisen bevölkerten Bodensitz in der Nähe der idyllisch gelegenen Jagdhütte gab es einen Boxenstop. Es sollte dann nicht mehr lang dauern, bis es karger und steiniger wurde.

Bei einer Erkundungstour 2019 hatte ich im Kar ein Gamsrudel mit 11 Tieren in voller Aktion gesehen, das für mich tolle Erlebnis wurde dahingehend getoppt, dass nun zwei Gamsgruppen zu sehen waren. 20 bis 22 Tiere weit weg auf der anderen Seite, ein für mich ungünstig positionierter Trupp mit 6 Tieren auf meiner Aufstiegsseite. Der animalisch ausgelöste Steinschlag erfolgte an einer Stelle, wo ich hervorragend in Deckung gehen konnte. Sie verzogen sich immer höher, ich kam auch gut weiter. Für den Einen oder Anderen wäre ganz oben im Kar bei den Felswänden vielleicht das Ende der Fahnenstange erreicht und es müsste umgekehrt werden, für mich, der den Abstieg im Kar einkalkuliert hatte, ging es aber erfolgreich weiter. In der linken oberen Ecke wurde dann hinaufgeklettert, man darf nicht zu weit rechts geraten, damit man vom Fels nicht abgedrängt wird. Letztendlich kommt man auf den Sattel des markierten Winkelkar-Klettersteigs (durch ein paar Latschen durch).

Zu meiner Überraschung stellte ich heuer im seit 2021 vom ROTHER Bergverlag online zur Verfügung gestellten AVF (Alpenvereinsführer) Kaisergebirge fest, dass es sich bei meiner Route um eine nicht mehr übliche und nicht empfehlenswerte III- handelt, 2006. So gut bin ich eigentlich gar nicht, aber auch ein blindes Huhn findet manchmal ein Korn. Sicherungsmöglichkeiten gibt es jedenfalls keine. Ich klettere immer nur so weit hinauf im Gelände, wo ich im Falle einer nötigen Umkehr auch wieder hinabklettern kann.

Normalerweise nimmt man die Jofenspitze entweder beim Aufstieg zur Pyramidenspitze oder beim Abstieg von dieser mit, wenn überhaupt. Ich bin aber nach dem Scheiblingsteinkar zur Mittagspause auf den nicht trivialen Gipfel (nicht immer die optimale Linie, aber das gelang mir dann beim Abstieg) und nach der Brotzeit auf die Pyramidenspitze. Das letzte Kreuz war dann jenes vom Grinnerkopf, den ich über den mit Latschen stark bewachsenen Grat besucht hatte. Bei vorherigen Touren war ich den Grat immer von Süd nach Nord zum Hauptwanderweg gegangen, weil von der Aschinger Alm aufgestiegen, bei meinem Triple habe ich dann endlich mal den Abstieg zur Alm realisiert. Der Weg ist im Aufstieg sicher angenehmer, aber gut markiert und vom Heimkehrerkreuz am Grinnerkopf muss man halt weglos ein paar Meter absteigen – wesentlich einfacher als der Abstieg von der Jofenspitze. Eine oder zwei Stellen I sind dabei auf dem markierten Weg.

Insgesamt war ich zwischen 10:50 und 11:05 Stunden unterwegs, die letzte Pause auf einer der beiden Bänke oberhalb der Aschinger Alm wäre nicht nötig gewesen, aber da das Auto ohnehin ein Glutofen war, erschien es mir zweckmäßig in angenehmerer Temperatur zwecks Regeneration eine Viertelstunde zu sitzen. Bei Belegung der Bänke wäre ich freilich ohne Erholung nach der kürzeren angegebenen Zeit beim Kfz gewesen.
 
ZUR SCHWIERIGKEITSBEWERTUNG:

Ich hatte länger die falsche Vorstellung, dass Alles, was eine oder zwei, drei Stellen I hat, der Kategorie T4 zuzuordnen ist. T5 kann II dabeihaben, muss dies aber nicht und T6 muss mindestens eine IIer Stelle dabeihaben. Mit einem IIIer sowieso T6. Dann habe ich öfter Tourenberichte mit T4 und II gesehen und im Forum in der T6 Community den höchst interessanten Thread mit der Trennung der T-Skala von den Kletterschwierigkeiten von A bis Z durchstudiert. Die gängige Praxis, im Abstieg zwei Drittel härter zu bewerten, ist mir schon aufgefallen und habe ich selbst schon einmal angewandt. Das betrifft freilich nur die T-Skala und nicht die Kletterschwierigkeit.

Die Jovenspitze wird bei roberge mit T5 bewertet, ich mache keine Unterteilung in Abschnitte, sondern bewerte die Tour als Ganzes. Die Beschreibungen der Abseits-Aufwärts-Büchlein kenne ich leider nicht, sind die Schwierigkeiten der Routen da auch mit der T-Skala und UIAA-Skala ausgewiesen? Ich bleibe jedenfalls mal bei einem glatten T5 für meine Route und die inkludierten Gipfel.  
 

ZUKUNFTSMUSIK:

Das Egersgrinn kenne ich sowohl im Aufstieg als auch im Abstieg – das Scheiblingsteinkar im Abstieg fehlt mir noch. Das wird von mir wohl irgendwann mal über die III- Route realisiert an einem richtig guten Tag. Dass es von Leuten gemacht wird, bin ich mir ziemlich sicher. Die Abstiegsvariante von Nic und frehel über die sehr steile Ostflanke des Karlkopfs würde ich mir auch gerne mal im Aufstieg anschauen. Warum nicht am selben Tag? Würde gegebenenfalls spontan entschieden werden.
 
FAZIT + SCHLUSSBEMERKUNGEN:

Auf Grund der nordseitigen Exposition ist das Scheiblingsteinkar eine der Routen, die ich gern mal an einem heißen Sommertag, vielleicht sogar während einer Hitzewelle, mache. Da die Touren nicht kurz sind und ich ihn kenne, bevorzuge ich den Zustieg in wegloserer Manier eine Etage darüber. Während meiner beiden Touren letztes Jahr war ich einmal allein unterwegs, einmal zogen zwei Leute vor mir (wesentlich schneller hinauf). Beim Steinschlag im September im Anfangsbereich war ich mir nicht sicher, ob er von Gamswild oder den beiden Personen über mir stammte. Einen Helm hatte ich jedenfalls dabei, die längere Tragedauer im unteren Bereich bedeutete für mich auch mehr Gehzeit. Gamswild gab es im September dann auch keines (mehr für mich) zu sehen. Das Steinschlagrisiko durch Gamswild auf der sonnigeren Seite (Karlkopf) schätze ich höher ein.

Ich wusste nicht, welche Route am Ende des Kares von den Beiden genommen wurde, wegen der zu sehenden Spuren gehe ich aber davon aus, dass nicht wie von mir links im Schatten hinaufgeklettert wurde, sondern das sonnigere grasdurchsetzte Gelände rechts gewählt wurde. Das Gelände hatte ich für den Fall des Scheiterns im oder am Fels bereits bei meiner Premiere als grundsätzlich geeignete weglose Alternative für den Aufstieg angesehen. Probiert hätte ich es aber dann doch nicht. Durch das Anfangserlebnis im ersten Berichtsabsatz war das für mich wegen der bereits erfolgten körperlichen Schwächung und wegen der potenziellen mangelnden Trockenheit kein Thema. Auf dem Zettel habe ich es spätestens seit dieser Tour.

Gibt es eigentlich von der verfallenen Scheiblingsteinalm noch irgendwo im Gelände etwas zu sehen?

Online wird öfter Jovenspitze(n) und auch Jovenalm geschrieben, in der Alpenvereinskarte ist die Schreibweise mit F statt dem V zu sehen. Auch auf offiziellen gelben Wegweisern steht die Jofenalm mit F. 
Persönlich gefällt mir die Variante mit V besser, bis auf einmal bin ich aber dem F treu geblieben, weil ich es korrekter finde. 

Übrigens bin ich nicht direkt vom Sattel zum Gipfel, sondern schon ziemlich einige Höhenmeter am Weg abgestiegen, daher die Höhenmetereinschätzung mit 1250. 
Ein Steinmandl, das den Abzweig zum Gipfel markieren würde, wird oft zerstört (nicht von mir), wohl deswegen, dass nicht jeder Hinz und Kunz diesen Gipfel besteigt. Die Bergrettung weiß gewiss ein Lied davon zu singen, mehr als einmal Wanderer, die sich nicht mehr in der Lage sahen, wieder abzusteigen, aus ihrer misslichen Lage gebracht zu haben.



 



 
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Tourengänger: Bahoe


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Kommentare (2)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 8. August 2022 um 09:25
Schöne Tour. Gratuliere! Bist du aus dem Scheiblingsteinkar die Rampe aus dem AVF rauf? Bei unserer damaligen Tour konnten wir einen Bergsteiger beobachten, der da hinauf geklettert ist. Eine wohl recht selten gemachte Variante. Wir waren überrascht. Aus der Karlkopf Ostflanke sah die Rampe recht abweisend aus. Weiter unten aus dem Kar dann doch nicht mehr ganz so abschreckend. Schade, dass du keine Fotos einstellst. Weiterhin schöne Touren!

Gruß Nico

Bahoe hat gesagt: RE:
Gesendet am 8. August 2022 um 11:08
Hallo Nico,
genau die Rampe aus dem AVF bin ich rauf. Der Abstieg wird sicher noch seltener gemacht als der Aufstieg. Ich muss ehrlich zugeben, dass dieser für mich auch nur in Frage kommt, wenn ich ihn zuvor rauf gegangen bin – Samstag rauf, Sonntag runter oder halt in einem Urlaub.
Das mit dem Nicht-Einstellen der Fotos soll übrigens kein Dauerzustand bleiben. Den Bericht zur Tuxeck – Treffauer Rundtour hatte ich länger vorher schon fertig, wollte ihn aber partout nicht ohne das Bild einstellen. Ich brauche da technischen Support aus meinem Freundeskreis, das ist jetzt in der Urlaubszeit gerade nicht drin.


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