Unscheinbare Chiemgauer continued: Augenstein (1584m) über Kaserkopf (1281m) und Nordgrat (LKK III)


Publiziert von Schubi , 11. August 2022 um 20:32.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Chiemgauer Alpen
Tour Datum: 1 August 2022
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 1084 m
Abstieg: 1084 m
Strecke:14,4 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Wanderparkplatz nähe Reitergraben in Weißbach an der Alpenstraße
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.

Ein jährliches Verwandschaftstreffen in Nähe zu Salzburg bietet auch heuer wieder Möglichkeiten zu kleinen Bergtouren. Anders als in den Jahren davor, wo wir im Salzburger Land weilten, wurde diesmal ein Hotel in Oberbayern gewählt. Und jawoll, auch von Teisendorf aus lässt sich so einiges unternehmen. Zum Beispiel in den nahen Chiemgauern, wo ich, wie's der Zufall so will, wetterbedingt schon *letztes Jahr mal landete.

Neben dem *Pflichtprogramm Hochstaufen wollte ich dies Jahr auch weniger bekannte Berge besuchen, also vorher mal bei Hikr reingelesen. Inspiration für die vorliegende Runde war *dieser Bericht von Nic. Variiert habe ich mit einem anderen Rückweg und etwas anderem Zustieg. Interessiert hat mich der von Nic erschlossene Nordgrat des Augensteins. Eine weglose Latschenkiefer-Kur der intensiveren Art, diesen Eindruck jedenfalls hatte ich beim Lesen des Textes und der bestätigte sich dann auch vor Ort. Gemäß der Skala der Latschenkampfklassen (LKK) würde ich den Grat mit LKK III einstufen (in der verlinkten Abhandlung übrigens auch ein sehr lesenswerter Exkurs zu Latschen und Freiheitsgraden). Kurzum: es war ein rechtes Gewurschtel.

Gregory Ackerman hat für diesen Tourenbericht und die dichten Latschen Full Grown geschrieben.

Start am Wanderparkplatz Reitergraben in Weißbach. Runter zum Bach, nur um dort zu sehen, dass der (bestimmt schöne?) Pfad entlang der Schwarzachenklamm  gesperrt ist. Mist. (Edit: sehe gerade, dass Max letztes Jahr *unten an der Klamm lang ist, und die Sperrung für tatsächlich berechtigt hält. Schad, interessiert hätt mich diese Schlucht halt schon ...). Also wieder hoch und die parallel südlich verlaufende Forststraße genutzt. Ärgerlich, unten am Wasser wär's bestimmt schöner gewesen. Ödes Hatschen auf der Forstautobahn nach Südwesten. Zwischendurch nutze ich eine kleine Abkürzung auf einem aufgelassenen Forstweg. Durch den nötigen Routen-Umbau lege ich jetzt den Hinweg über die Hiental-Klause, die dürfte ganz interessant sein. Auf einer Infotafel dort lässt sich die Geschichte dieser Trift-Klause lesen: im Kern von 1698, ehrenamtlich renoviert 2002. Sie diente früher dem Abtransport des geschlagenen Holzes. Als „Trift" wurde das Schwemmen von Holz in losem Zustand auf Bächen bezeichnet. Das Wasser eines Bachlaufs wurde hinter einer Staumauer aufgestaut und dann in einem Schwall, zusammen mit dem darin schwimmenden Holz, sozusagen auf einer künstlichen Flutwelle talwärts befördert.

Weiter westlich gelange ich erneut auf einen Forstweg, aber nicht lange, und links/südlich zweigt von ihm der Steig auf den Kaserkopf ab (mit blauen Kreisen markiert). Im steilen Zickzack (T2) zu ihm herauf. Kurz vorm Gipfel trifft man in einer Einsattelung auf den südlichen weiterführenden Pfad. Aber erstmal auf den kurzen Stichpfad nördlich zur höchsten Stelle des Kaserkopfs (1281 m). Hier findet sich, unter Geröll-Brocken, sogar ein Gipfelbuch, das derzeitige ist von 2015. Nun wieder zurück und ein Stück dem südwärts führenden Steig gefolgt. Etwa 30 Meter nachdem dieser hinter der Einsattelung sich langsam südöstlich herabsenkt, verlasee ich ihn und beginne (wie in Nics Bericht beschrieben), rechts den Rücken (der den Verbindungsgrat zwischen Kaserkopf und Augenstein bildet) weglos heraufzusteigen. Anfangs fällt die Orientierung noch leicht, es geht durch (natürliche) Latschengassen, später wird die Vegetation zunehmend dichter. Erste kleinere Fels-Aufschwünge kann man links/rechts umgehen oder diese überkraxeln. Eine reiche Blaubeer-Auswahl versüßt das mühsame Gewurschtel durch die Latschen. Am von Nic erwähnten schrofigen Aufschwung im oberen Drittel angekommen stellt sich die Frage, ob ich diesen überklettere oder rechts (mit Abstieg/Wiederaufstieg) umgehe. Etwas links oberhalb böte sich eine 10-m-Wand an, um direkt herauf zu kommen: leider kleingriffig und nicht überall fest. Ich will's versuchen und lege mir eine Route duch die rechte Hälfte zurecht, kurz vorm Ausstieg nutze ich Latschen als Griffe. Ambitionierte II-er-Kletterei, nicht sehr angenehm. Droben lichten sich die Latschen kurz, aber bald wird es wieder dichter, die Freude über die geschaffte Wand weicht dem erneuten Latschenkampf. Immer wieder mal meine ich, Wildspuren zu entdecken, sie lassen sich meist jedoch nur kurz nutzen. Überhaupt: wie blöd bin ich eigentlich, heute nur kurze Wanderhosen anzuziehen?!? ... Wichtig jedenfalls ist, sich einfach weitgehend auf dem Scheitel des (hier wieder breiteren) Grat-Rückens zu halten. Am besten mit Tendenz nach links, denn so trifft man bald auf den Steig, der einen nach dem Gipfel-Abstecher östlich weiterbringen wird und endlich auch die ersten Fernblicke ermöglicht. Nun also noch die restlichen Höhenmeter zum Gipfel bequem auf dem Steig herauf. Droben am Augenstein (1584 m) gibt es ein kleines Gipfelkreuz mit Gipfelbuch, in das ich mich erstmal eintrage und mich dann meiner Brotzeit sowie den herrlichen Rundum-Blicken widme. Nic hat Recht, wenn er von einem "Panorama der Extraklasse" spricht. Staufen-Massiv, Aibleck/Sonntagshorn, Ochsenhorn/Bogenhorn sind die nächst-prominenten Nachbarn.

Der Rückweg der als Runde angelegten Tour bringt mich zunächst über den wunderschönen Steig (Abzweig wenig nördlich unterhalb des Gipfels) entlang des Augenstein-Ostgrats (eher ein Rücken). In leichtem Auf-und-Ab geht es weiterhin aussichtsreich nun gen Osten, dann senkt sich der Steig steil herab zur Altrett-Diensthütte. Kurze Rast und Freude darüber, am Hütten-Brunnen meine Wasservorräte auffüllen zu können. Das nahebei liegende Litzlbachhörndl habe ich ja *bereits letztes Jahr besucht, auf einem (wieder mit blauem Kreis markierten) Steig kann ich es westlich umgehen. Der Abzweig dazu liegt etwas versteckt. Es geht nun bis zum Ende in nordwestliche Richtung, dabei komme ich auch nahe an der Reiter-Alm vorbei. Der Weiter-/Rückweg lässt sich zum Glück bis auf ein paar hundert Meter komplett auf Steigen und Pfaden gehen – eine gute Kompensation zum Forstweg-Hatschen herwärts. Der etwas zugewachsene  Abzweig zum (pfadigen, markierten) Milchkandlweg ist in einer Rechtskurve des Oberen Weikertstein-Forstraße leicht zu übersehen. Urig ist später nochmal der Steig-Abschnitt entlang des Reitergrabens.

Fazit: lange (!) Wanderhosen anziehen! Die Latschen auf dem Nordgrat sind ein harter Gegner. Und meine Unterholz-Weglosigkeiten im Schwarzwald sind im Vergleich dazu ja noch übersichtlich ... Auf der anderen Seite bekommt man nur über diesen Verbindungsgrat zwei stille Gipfel-Erlebnisse kurz hintereinander gepackt. Unzweifelhaft prächtig jedenfalls ist der Rundumblick vom Augenstein. Stille Tour, angetroffen habe ich unterwegs niemand. T4/II nur an der (wohl umgehbaren) Schlüsselstelle, drumrum T3+, restlicher Tourenverlauf T2-3. Wenn der (von mir ursprünglich eingeplante) Pfad entlang der Schwarzachen-Klamm wieder mal zugänglich sein sollte, wäre dieser als erstes Stück der Tour sicherlich deutlich schöner. Hier als GPX hinterlegt ist der tatsächlich gegangene Verlauf auf der südlich parallelen Forststraße.

Eine Tour aus der Rubrik Unterholz-Preziosen

Tourengänger: Schubi


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

Nic hat gesagt:
Gesendet am 13. August 2022 um 10:28
Schöne Runde. Hätte nicht gedacht, dass die Tour mal jemand nachgeht. Vor allem im Sommer. :)

Gruß Nico

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 19. August 2022 um 09:05
Danke Dir, v.a. auch für's Auskundschaften des Nordgrats.


Kommentar hinzufügen»