Große Arnspitze im Sommer mit reichlich Kuriositäten


Publiziert von scan , 20. Juli 2022 um 11:09.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Wetterstein-Gebirge
Tour Datum:17 Juli 2022
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Mittenwald in die Leutasch, Ortsteil Burggraben, Gasthof Mühle. Kein offizielle Parkmöglichkeiten im Dorf.

(Eigentlich wollte ich meine plakativen Tourentitel etwas runterfahren, allerdings sind mir während einer Tour noch nie so viele ahnungslose Urlauber über den Weg gelaufen, wie jetzt jüngst auf der Große Arnspitze, was mir leider unfreiwillig Einblicke in die unendliche Leichtigkeit mancher Tourenvorbereitungen gegeben hat. Daher ist der Tourentitel schon irgendwie legitim. Mehr dazu etwas weiter unten im Bericht, zu der Tour selber:)

Ein Besuch auf der großen Arnspitze lohnt sich auf alle Fälle, die Tour ist wirklich schön und spannend zugleich, mit wechselnden Landschaftseindrücken, aber dafür auch recht anstrengend. Los geht es durch einen dichten Bergwald, der anfangs ein gewisses Maß an Tristesse leider nicht verbergen kann. Bald jedoch erreicht man die Riedbergscharte und das Landschaftsbild ändert sich schlagartig mit erreichen der Sonne. Der Bergwald wird nun immer lichter und lässt immer schönere Aussichten zu. Nach weiteren 400 HM steht man endlich auf dem Riedkopf und der spannende Teil der Unternehmung mit der Querung der Achterköpfe beginnt. Die Querung hin zur Arnspitzhütte kostet zwar kaum Höhenmeter, allerdings ist die Querung im steilen Gelände teilweise wirklich böse ausgesetzt und verlangt Konzentration, da ein Sturz unverzeihlich ist. Der Aufstieg zur Arnspitzhütte ist dann relativ einfach, hin und wieder darf man sogar die Hände benutzen. Der Gipfel teilt sich selber in einen Hauptgipfel  und den Nebengipfel mit schönem Kreuz. Wer nicht die Überschreitung der Arnspitzen macht, findet nun die höchste Schwierigkeit mit dem Erreichen des Nebengipfels, der eine kurze Kletterei im Absturzgelände auf einer Felsplatte in der Scharte darstellt und nicht ganz ohne ist. (Mehr Infos zur Tour siehe ganz unten)

Die Überschreitung der Arnspitzen habe ich vor Jahren schon mal gemacht, allerdings verlangen diese nochmal erheblich mehr ab, auch wenn sich mittlerweile eine deutlich wahrnehmbare Spur durch die vielen Geher gebildet hat, die früher so kaum wahrnehmbar war. Da sie die Tour wesentlich verlängert und man hierbei in meinen Augen mindestens zu zweit sein sollte, verzichte ich diesmal darauf.

War ich bis dahin recht einsam unterwegs, durfte ich schon mit dem Erreichen des Gipfels auch gleich Bekanntschaft mit Sommerurlaubern machen, welches den Auftakt zu einer Anzahl an kuriosen Begegnungen mit ahnungslosen Wanderern darstellte, was ich in dieser Masse auf einer Tour noch nie erlebt habe:

- Kurz vor dem Erreichen des Gipfel kam ein junges Pärchen an, welches sich eindeutig für die Überschreitung des Hauptgipfels interessierte. Handy und Karten wurden hektisch genutzt, sie suchten ganz offensichtlich den "Einstieg". Als ich nach einer halben Stunde Gipfelrast den Abstieg begann, war das Pärchen immer noch hektisch bei der "Einstiegssuche" (die ganz nebenbei weglos erfolgt). Ich konnte mir da nicht den Kommentar verkneifen, dass Sie sich das mit der Überschreitung nochmal überlegen sollten, wenn sie schon allein mit einer halben Stunde Suche nach dem passenden "Einstieg" zum Grat hinunter offensichtlich überfordert seien, da sich bei der weiteren Überschreitung wesentlich schwerere Orientierungsprobleme eröffnen würden.

- An der Arnspitzhütte fragt mich eine Frau älteren Baujahrs nach dem direkten Weg zur mittleren Arnspitze. Auf meine Antwort, dass es keinen direkten Weg darauf gäbe und diese nur via Überschreitung zu erreichen sei und sie wohl eher die Große Arnspitze meinte, zieht sie eine Karte und zeigt mir den Weg zur Großen Anrspitze. Dass die mittlere Arnspitze daneben liegt, habe sie wohl übersehen. Auf meine Frage, ob sie sich nicht im Vorfeld über die Tour informiert hätte, sagt sie lapidar: "Ich habe mir mein Ziel nur auf der Karte ausgesucht". Ich habe sie dann zur normalen Arnspitze weitergeschickt.

- Kurz nach der Querung der Achterköpfe fragt mich ein sichtlich ausgepowerter Mensch aus Osnabrück, wie weit es noch bis zum Gipfel sei. Nach einem kurzen Gespräch frage ich ihn direkt, warum er sich gleich eine Tour mit 1300 Höhenmeter ausgesucht hätte. Er sagte darauf, er hätte gelesen, die Tour hätte nur 1000 HM, was natürlich logisch klingt, vergegenwärtigt man sich die Höhe vom Startpunkt (ca. 1000M ü.N.) und dem Ziel (2196m ü.N.).

- Auf dem Riedkopf kommt mir eine Gruppe Wanderer entgegen. Eine etwas fülligere Frau ist der Erschöpfung nahe und stolpert zweimal fast in meinen Sichtbereich. Ob und wie sie die volle Aufmerksamkeit verlangende Querung der Achterköpfe gemacht hat - ich will es es eigentlich nicht wissen.

- An der Waldgrenze zwischen Riedkopf und Riedbergscharte sitzt ein Wanderer verloren mitten auf dem Weg. Auf meine Frage, ob alles in Ordnung sei, erklärt er mir, dass er zu einer Gruppe Wanderer gehören würde, und von dieser zurückgelassen wurde, da er zu erschöpft für den Weiterweg sei und nun auf seine Gruppe warten würde, bis diese beim Rückweg ihn wieder aufgabeln würde. Ich habe dem Wanderer empfohlen, noch 40m höher zu einem Punkt mit schöner Aussicht aufzusteigen, da er wahrscheinlich 4 Stunden warten müsste.

- Kurz vor der Riedbergscharte fragen mich junge Turnschuhleute, wie weit es noch bis zum Gipfel sei...äh Jungs, ..? Ihr grad ein Fünftel geschafft...

Klar, zu ernst nehmen darf man das nicht. Es ist immerhin Urlaubszeit. Trotzdem kommt es mir persönlich so vor, als würde die Masse dieser Leute von Jahr zu Jahr zunehmen. In der Fülle hab ich das jedoch noch nie erlebt. Wie auch schon bei den *Geierköpfen ist mir besonders dieses Suchen nach dem reinen Kick, hier in der Überschreitung der Arnspitzen aufgefallen. Landschaft, Einsamkeit und Ruhe - alles Nebensache - Entschuldigung, wo geht es hier bitte zur Action? Erwähnen muss ich aber auch ein Hamburger Pärchen, mit dem ich eine angenehme Unterhaltung geführt habe, die einfach nur begeistert von der Landschaft waren.


Anmerkung und Tipps zur Tour:
  • Viel Wasser mitnehmen, es gibt quasi keine einzige Wasserquelle auf dem Weg
  • Der schnellste Weg geht vom Dörfchen Burggraben in der Leutasch aus, als Wegpunkt leider etwas ungenau  mit "Unterleutasch" betitelt. Hier gibt es aber vor Ort keinen offiziellen Parkplatz.
  • Alternativ kann man auch nahe dem Gasthaus Gletscherschiff losgehen, was allerdings etwas weiter zu gehen ist.
  • Am Ende der Tour kann man die Geisterklamm mitnehmen, welche aber größtenteils im Schatten liegt und ca. eine Stunde Wegzeit zusätzlich kostet. Der Eintritt zur Geisterklamm ist kostenlos.
  • Die Wege sind ausgeschildert und markiert, die Wegfindung sollte also mit einer normalen Karte kein Problem darstellen.
  • Die Querung der Achterköpfe verlangt sauberes Gehen, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Einige Stellen sind arg ausgesetzt und mit Bröselauflage versehen.
  • Die technischen Schwierigkeiten gehen in meinen Augen trotzdem nicht über T3+ hinaus. Der Übergang zum Nebengipfel mit Kreuz erfordert an einer  kurzen Stelle  Bewegen im T4 Bereich.
  • Die Arnspitzgruppe stellt zwar einen eigenen isoliert stehenden Gebirgszug dar, gehört aber geologisch gesehen zum Wettersteingebirge.

Tourengänger: scan


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