Schächentaler Windgällen


Publiziert von Bergmax , 20. Juli 2022 um 23:41.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum: 9 Juli 2022
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 1150 m
Abstieg: 1150 m
Strecke:Unter Balm - Ruosalper Chulm - Karstplateau - P. 2536 - Gipfel - P. 2536 - Unteres Band - Mettener Butzli - Heidmanegg - Unter Balm
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto von Altdorf Richtung Klausenpass. Mehrere kleine Parkbuchten bei der obersten Kehre (1790 m, "Unter Balm"). Dort befindet sich auch eine Bushaltestelle, die aber nur ca. alle 2 Stunden bedient wird.
Kartennummer:map.geo.admin.ch

Die Riesenburg am Klausenpass...

Für mich als Uri-Liebhaber und Kraxel-Fan war es klar, dass ich irgendwann auch mal auf die Schächentaler Windgällen rauf muss. Denn es gibt reichlich Berichte mit beeindruckenden Fotos einer - nun ja - nicht ganz langweilig aussehenden Routenführung. Eben deshalb habe ich mir immer wieder eingeredet, dass es für diesen Berg einen richtig guten Tag braucht. Jetzt ist er gekommen, also Schluss mit den Ausreden!

An so einem Prachtstag hätte ich mit mehr Betrieb auf der Klausenpassstraße gerechnet. Umso besser, dass es ruhig ist, denn so macht schon die Anfahrt von Altdorf über die "gefährliche Wegstrecke" (laut Straßenschild) einigermaßen Spaß. Die Bergtour beginnt an der letzten Kehre vor dem Pass (ca. 1780 m), man kann direkt dort oder etwas oberhalb parken.

Zuerst benutze ich den Fahrweg bis zu den Häusern von Vorder Rustigen (1803 m), wo der Bergweg zur Ruosalper Chulm abzweigt. In angenehmer Steigung geht es hinauf. Das erste Miniziel ist der Sattel hinter dem Kleinen Geissberg, wo sich ein kleines Gebäude befindet. In der folgenden Hangquerung ist der Pfad schmal und neigt zum Abrutschen. Gut so für mich, um richtig wachzuwerden! Danach kommt wieder ein langweiliger Abschnitt, den ich nutze, um die zerklüftete Steilwand der Läged Windgällen zu studieren.

Bei der Ruosalper Chulm (2177 m) wird das Wanderwegnetz verlassen. Ich benutze den unmarkierten, aber deutlichen Pfad nach Westen und erreiche bald die Stelle, wo der grasbewachsene Schiefer endet und dem hellen, aber kahlen Windgällenfels Platz macht. Dort verlieren sich die Wegspuren etwas im Geröll, man kann aber wenig falsch machen, wenn man auf jene Steilschlucht zuhält, in der das Blockwerk am weitesten hinauf reicht. Noch vor dem Eintritt in die Schlucht setze ich den Helm auf und ärgere mich etwas über das doch recht unschön zu begehende Steilgelände. Obwohl ich mir vorher Fotos angeschaut habe, ist mir die beste Aufstiegsroute nicht immer ganz klar. Jedenfalls erreiche ich am Beginn der Kraxelei einen Steinhaufen und steige dann durch unangenehmes Ier-Gelände weiter hoch, bis ich plötzlich eine Metallkette vor mir habe. Ab dort ist die Route klar! Vielleicht ein dutzend Meter hilft die Kette über eine Steilwand (ohne ca. II. Grad), bevor das Gelände abrupt einfacher begehbar wird. Wenig später stehe ich am Ausstieg der Rinne (Steinmann) auf das weite, uneinladende, völlig öde Karstplateau der Läged Windgällen.

Zuerst mach ich einen Fehler und folge der absteigenden Wegspur. Aber schon bald werde ich skeptisch, was die Gehrichtung angeht. Wozu steige ich in den Felskessel ab, anstatt die Höhe zu halten? Südlich über mir sehe ich einen Steinmann auf einer Felsterrasse. Ich habe keine Lust, wieder zurück zu gehen, also suche ich eine Schwachstelle in der Felsbank. Erstaunlich steil ist sie, diese kleine Wand (II). Eine Mahnung, genauer auf den Weg zu achten! Weiter geht es von Steinmann zu Steinmann quer durch die zerklüftete Karstlandschaft. Schließlich führt ein Pfad hinauf zu P. 2536, unmittelbar unter der 200-Meter-Wand des Hauptgipfels gelegen.

An diesem Ort ziehen heute immer wieder Wolkenbänke durch, welche die Steilwand einnebeln, um sie kurz darauf wieder freizugeben. Beeindruckend. Aber auch irgendwie abweisend. Egal, jetzt bin ich hier und ich will da hoch! Immerhin ist die Route markiert, das sollte dem Nebel doch seinen Schrecken nehmen...?

Erstmal am eigentlichen Einstieg angelangt, geht es flott hinauf. Die erste Steilrinne klettert sich noch etwas zäh im Schutt, danach macht es Spaß! Als recht anspruchsvoll empfinde ich die Rechtsquerung im unteren Wandteil, erstaunlich leicht klettert es sich dafür wenig später an der steilen, aber exzellent griffigen Kante hinauf.
Vor den zwei bekannten Steilstellen im oberen Wandbereich muss eine schrofige Zone mit hoher Steinschlaggefahr durchstiegen werden. Obwohl ich den Helm eher hasse, empfinde ich ihn hier nicht als unnötigen Luxus. Wer bis dorthin gekommen ist, den werden die kurzen, allerdings tatsächlich senkrechten Passagen auch nicht mehr aufhalten. Erstens kann man sich schön weit nach innen verkriechen und zweitens sind sie sinnvoll gesichert. Mich erinnert dies angenehm an die Kaminroute aufs Märcher Stöckli, die technisch vielleicht sogar 'nen Tacken anspruchsvoller ist.

Die letzten Meter zum geräumigen Gipfel der Schächentaler Windgällen (2764 m) bereiten dann kaum noch Schwierigkeiten. Obwohl die vielgelobte Aussicht durch die durchziehende Bewölkung ziemlich eingeschränkt ist, "schmeckt" der Gipfelerfolg fantastisch!

Anders als manchmal habe ich heute überhaupt keine Sorgen vor dem Abstieg. Irgendwie haben die klare Routenführung und der relativ gute Fels Vertrauen erweckt. Und tatsächlich geht der Abstieg dann auch ziemlich lässig. Am blödesten ist noch die Schrofenzone direkt unter dem oberen Wandteil, wo man auch etwas aufpassen sollte, nicht ins Nirgendwo hin abzusteigen. Die Ausgesetztheit des Wanddurchstiegs kommt beim Abstieg natürlich besonders "gut" rüber, verursacht diesmal aber mehr Stolz als Furcht.

Nach getaner Arbeit gibt es in der Nähe von P. 2537 viele gute Plätze für eine Pause. Auf die Tour habe ich ein besonders gutes Viertele Badischen Rotwein mitgebracht, Schade nur, dass die kleine Flasche so schnell leer ist..

Da mir das Gelatsche über das öde Karstgebiet hinwärts nicht so wahnsinnig gut gefallen hat, entscheide ich mich für den Abstieg via Unteres Band. Der Einstieg ist von oben nicht ganz offensichtlich, wenn man die Route nicht kennt, jedenfalls finde ich einen etwas bröseligen Durchstieg etwas südlich von P. 2536. Danach ist der Weiterweg klar. Man hält sich immer nahe der Felswand, welche das Band oberhalb begrenzt. Der Abstieg geht zügig und gefällt mir landschaftlich ziemlich gut. Klettern muss man zwar nirgends, abschüssig ist es aber überall und ein, zwei Stellen (T4) erfordern etwas Gefühl für diese Art von Steilgelände. Dort, wo das Band in ein breites Schuttfeld übergeht, fädelt sich die Wegspur geschickt durch den Steilhang unterhalb (Achtung, nicht "irgendwo" hin absteigen!) und erstaunlich problemlos erreiche ich die Wiesen beim Mettener Butzli

Ganz gemütlich gestaltet sich der Rückweg via P.1845, P. 1807 und Heidmanegg zur Klausenpassstraße. Die Wiesenwege sind nur selten asphaltiert und recht angenehm zu begehen, da stören mich selbst die kleinen Gegenanstiege kaum, welche sich auf immerhin ca. 100 Höhenmeter aufsummieren...

Gehzeiten & Schwierigkeiten

Untere Balm - Ruosalper Chulm: 1 h; kurz T3 und leichter
Ruosalper Chulm - P. 2537; 1 h 45 min; kurz T4+, sonst T3 bis T4
P. 2537 - Schächentaler Windgällen - P. 2537: 1 h 30 min; T5+ / II (an der Grenze zu T6, Seilsicherung bei Bedarf sehr gut möglich)
P. 2537 - Unteres Band - Mettener Butzli: 1 h 15 min; Stellen T4, meist T3
Mettener Butzli - Heidmanegg - Untere Balm: 1 h 15 min, T1

Fazit - eine typische Bergtour, die hält, was sie verspricht...

Tourengänger: Bergmax


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Kommentare (2)


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HuascaMan hat gesagt: Routenbeschreibung
Gesendet am 9. Juli 2023 um 08:54
Die beste Routenbeschreibung, die ich gefunden habe! Alles absolut zutreffend. Wir sind dann im Beizli Heidmannegg eingekehrt, hatten auch kein badisches Viertele dabei.

Bergmax hat gesagt: RE:Routenbeschreibung
Gesendet am 11. Juli 2023 um 12:20
Freut mich sehr, dass Dir meine Beschreibung geholfen hat! Das ist die größte Motivation, weiterhin Berichte zu veröffentlichen.

Viele Grüße aus dem Schwarzwald

Max


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