Weg der Schweiz


Publiziert von dani_ , 9. Juni 2022 um 21:03.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum: 8 Juni 2022
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR   CH-SZ   Bauen - Brisen - Bürgenstock 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Strecke:35 km, Seelisberg-Bauen-Isleten-Flüelen-Tellsplatte-Sisikon-Morschach-Brunnen-Rütli-Seelisberg

Prolog

Der Weg der Schweiz umrundet den Urnersee, also den südlichsten Arm des Vierwaldstättersees. Er wurde zur 700-Jahrfeier der Eidgenossenschaft 1991 angelegt. Jeder Kanton hat einen Abschnitt gestaltet. Die Länge der Abschnitte ist proportional zur damaligen Einwohnerzahl der Kantone. Dabei entsprechen fünf Millimeter Weglänge einem Einwohner. Die Reihenfolge der Abschnitte ist aufsteigend angeordnet nach dem Kriterium Beitrittsdatum zur Eidgenossenschaft. Die ersten Teilstücke wurden demnach den Gründungskantonen Uri, Schwyz und Unterwalden (Ob-Nidwalden) zugeordnet. Bestandteil des Wegs der Schweiz ist fast zwangsläufig eine Schiffspassage (Brunnen-Rütli), da die nördliche Begrenzung des Urnersees aus Wasser besteht und Rütli nur per Schiff oder Wanderweg erreicht werden kann. Andernfalls müsste man umständlich per Bus nach Seelisberg reisen und die 300 Höhenmeter zwischen Seelisberg und Rütli zweimal absolvieren.

Im Jahr 2015 war ich schon einmal den Weg der Schweiz gegangen, und zwar an zwei Tagen (Rütli-Flüelen, Bericht siehe hier, und Flüelen-Brunnen, Bericht siehe hier). Ich hatte damals gedacht, dass der Weg doch auch an einem Tag zu wandern sein müsste und der Gedanke hatte mich seither nicht losgelassen.

In den Tagen vor der Wanderung war ich unsicher, da ich zum einen recht untrainiert war und zum anderen den Zeitbedarf schlecht einschätzen konnte. Nach einer Internetrecherche ging ich von etwa zehn Stunden Dauer aus. Ab 16 Uhr war Regen vorausgesagt, der zum Abend hin an Stärke zunehmen sollte. Ich wollte die Tour gerne im Trocknen machen. Ausserdem wollte ich die Runde gerne in aufsteigender Richtung der Zugehörigkeit der Kantone zur Eidgenossenschaft gehen, also gegen den Uhrzeigersinn. Kritisch war der Transfer mit dem Schiff von Brunnen nach Rütli. Die erste Verbindung war um 8:36, was mir als Startzeit zu spät war. Einerseits würde ich dann wohl gegen Ende nass geregnet werden und andererseits läuft es sich erfahrungsgemäss am frühen Morgen am besten. Weiterer Vorteil eines frühen Starts wäre Reserve nach hinten, falls sich meine Schätzung des Zeitbedarfs als zu optimistisch erweisen sollte. So entschloss ich mich dazu, die Runde in Seelisberg bei der Bergstation der Treib-Seelisberg-Bahn zu beginnen.

Wanderung

Von der Bergstation der Treib-Seelisberg-Bahn lief ich um kurz nach sechs los. Die Strassen waren nahezu menschenleer. Hinter Seelisberg traf ich während des Abstiegs nach Bauen auf keine Menschenseele. So hatte ich den Weg für mich, was mir gefiel.

Von Bauen bis Seedorf war ich wiederum der einzige Wanderer. Der Weg war flach und eben. Ich war zügig unterwegs. Das Reussdelta durchschritt ich ebenfalls schnellen Schrittes und traf dort auf einige Spaziergänger. Ich erreichte Flüelen um kurz vor halb zehn.

Bis Sisikon ging mit die Wanderung leicht von der Hand und ich war zügig unterwegs, lediglich abgelenkt durch viele Schilder und Informationstafeln, von denen nur wenige zum Weg der Schweiz gehörten. Von Flüelen bis Sisikon hört man doch immer wieder den Verkehr der Axenstrasse, teilweise geht man neben der Strasse. Das ist schon etwas unangenehm. Den Aufstieg nach Morschach hatte ich noch als anstrengend in Erinnerung. So war es auch. Als ich in Tannen nahezu des obersten Punktes anlangte, war ich froh und gedanklich schon fast wieder zurück in Seelisberg. Mir schien der Rest des Weges nicht mehr nennenswert anstrengend zu sein: Erst schnell hinunter über Morschach nach Brunnen. Dann mit dem Schiff übersetzen und noch ein paar Meter hinauf nach Seelisberg.

Es kam dann anders. Zunächst waren in Morschach sechzig Meter Gegenanstieg nach Axenstein zu bewältigen. Den hatte ich nicht auf der Rechnung gehabt, aber der ging mit Beissen noch recht gut. Nach Brunnen stieg ich nachfolgend wie gedacht schnell ab.

In Brunnen war ich durstig und kaufte mir etwas zu trinken. Ich ging noch schnell zum Platz der Auslandsschweizer, der früher den Endpunkt des Wegs der Schweiz markierte. Dann legte auch schon mein Schiff nach Rütli ab. Auf dem Schiff trank ich. Angekommen in Rütli merkte ich, dass ich doch erschöpft war. Auf dem Weg zur Rütliwiese war ich langsam. Anschliessend machte ich mich an den Aufstieg nach Seelisberg. Der war eine Quälerei, und viel länger als "ein paar Meter". Mit schmerzenden Beinen setzte ich einen Fuss vor den anderen. Es zog immer mehr zu und drohte zu regnen. Um zwanzig nach drei fing es dann auch an, leicht zu regnen. Verschiffet werden wollte ich nicht, aber schneller gehen konnte ich auch nicht, da mein Aufsteigen im Schneckentempo bereits mit beachtlichen Schmerzen in den Beinen verbunden war. Ausserdem hatte ich an der linken Ferse eine Blase. Um kurz nach halb vier erreichte ich, gefühlt war auf dem Weg hoch von Rütli eine Ewigkeit vergangen, schlussendlich doch noch meinen Ausgangspunkt (Bergstation Treib-Seelisberg-Bahn).

Auf dem Weg der Schweiz traf ich während meiner Wanderung auf fast keine Menschen. Lediglich in den Dörfern waren ein paar wenige Locals unterwegs. Im Reussdelta (Seedorf-Flüelen) waren noch am meisten Spaziergänger auf meinem Weg. Menschen, die tatsächlich den Weg der Schweiz, oder zumindest einen grösseren Teil davon, abwanderten, traf ich nur zwei. Zwischen Tellsplatte und Schilti wanderten mit mir eine Dame, die den Abschnitt Flüelen-Brunnen absolvierte, sowie ein Herr, der auf dem Weg von Genua nach Stuttgart war. Dies war für mich erstaunlich, da das Wetter optimal zum Wandern war (trocken, warm, nicht heiss) und der Weg der Schweiz doch bekannt und renommiert ist. Dass der Weg nicht so überlaufen wie beispielsweise der Grüezi-Weg zwischen Stauberen und Hohem Kasten ist, war sehr angenehm. Aber bei so wenigen Wanderern begann ich, mir Gedanken über die Gesundheit und Naturverbundheit sowie das Geschichtsbewusstsein der Schweizer zu machen. Auf dem Rütli sah ich zwei Schulklassen, die wohl auf Schulreis waren. Jedoch hatte es den starken Anschein, dass die mit dem Schiff hingefahren waren und mit einem solchen Rütli auch wieder verlassen würden.

Installationen der Kantone entlang des Weges waren nicht vorhanden oder interessierten mich nicht sonderlich. Am eindrücklichsten fand ich noch das grosse Kreuz am Ende des Urner Abschnitts. Nett wäre auch das grosse Glockenspiel nahe Tellsplatte gewesen. Es wurde nachträglich (2001) von der Schweizer Schokoladenindustrie am Weg der Schweiz errichtet. Die Namen der beteiligten Hersteller sind mit Plaketten am Fuss des Glockenspiels verewigt. Eine grosse Tafel verkündet grosszügig "Die Schweizer Schokoladenindustrie der Bevölkerung". Nur in der Schokoladenindustrie läuft es wohl nicht so. Jedenfalls ist das Glockenspiel defekt und sieht nicht danach aus, als würde es demnächst repariert.

Meiner Ansicht nach verkörpert der Weg der Schweiz Charakteristika der Schweiz. Er verläuft in wunderschöner Natur. Man sieht Beeindruckendes der die Schweizer Landschaft prägenden Elemente (Berge, Flora, Seen, Flüsse und Bäche, Wasserfälle). Er repräsentiert Schweizer Werte wie Bodenständigkeit, Naturverbundenheit und christlichen Glauben (siehe Verfassung, Nationalhymne, Bundeshaus). Nicht umsonst ist auf dem Gemälde "Wiege der Eidgenossenschaft", das im Nationalratssaal des Bundeshauses grossformatig von der Wand erstrahlt, die Landschaft um den Urnersee zu sehen, also just die Gegend, in der der Weg der Schweiz verläuft.

Epilog

Bin froh, dass ich den kompletten Weg der Schweiz an einem Tag in meiner untrainierten Verfassung geschafft habe. Insgesamt finde ich den Weg wegen der eindrücklichen Landschaft begehenswert, trotz einiger Passagen mit Hartbelag oder Verkehrslärm der Axenstrasse. Die Geräusche der A2 und der Bahnstrecke fand ich weit weniger störend.

Die anspruchsvollsten sind gleichzeitig die schönsten Etappen, nämlich Sisikon-Morschach-Brunnen und Rütli-Seelisberg. Eine Idee wäre, sie an den Anfang zu legen. Da das erste Schiff von Brunnen nach Rütli um 8:36 fährt, könnte man um 6:00 in Sisikon losgehen. Dann hätte man die vielen Höhenmeter am Anfang wie auch den mit Bedeutung aufgeladensten Ort der Route, nämlich den Rütli. Von Bauen nach Sisikon wäre es in dieser Variante mehr und weniger ausklingen, wobei es bei der Tellsplatte dann am Ende der Wanderung noch einen mit Bedeutung aufgeladenen Ort sowie auch noch ein paar Höhenmeter gäbe.

Zeiten

06:10    Seelisberg
07:25    Bauen
07:55    Isleten
09:20    Flüelen an
09:45    Flüelen ab
10:55    Tellsplatte
11:25    Sisikon
13:00    Morschach
13:50    Brunnen an
14:10    Brunnen ab
14:40    Rütli
15:40    Seelisberg

Tourengänger: dani_


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