Blaue Köpfe (3135m) - Eine Liftstütze als "Gipfelkreuz".


Publiziert von BigE17 , 13. Juni 2022 um 00:24.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Glocknergruppe
Tour Datum: 4 Juni 2022
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: WS - Gut fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m
Strecke:13 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Lienz oder von Mittersill über den Felbertauern nach Huben im Iseltal. Hier fährt man nach Osten ins Kalser Tal. Man fährt fast bis zum Taurerwirt, kurz vorher zweigt rechts die mautpflichtige Straße zum Lucknerhaus ab. Dort gibt es einen riesengroßen Parkplatz.
Unterkunftmöglichkeiten:Lucknerhaus, Lucknerhütte, Stüdlhütte

Unterhalb vom Großglockner liegt die Adlersruhe. Von da zweigt ein langer Kamm nach Süden ab. Zwischen der Burgwartscharte - dem Beginn des Unteren Mürztaler Steiges, und der langen Wand, liegt ein wild gezacktes Gratstück. Die 3 markantesten Erhebungen auf dem Grat sind sogar benannt - nämlich die 3 Blauen Köpfe. In den letzten Jahren haben diese eigentlich äußerst einsamen Gipfel doch häufig Besuch bekommen - zumindest der Mittlere Blaue Kopf. Denn auf seinem Gipfel steht eine Stütze der Materialseilbahn zur Adlersruhe. Und diese Stütze wurde vor 3 Jahren neu aufgebaut. Um den Zugang zum Gipfel zu erleichtern, hängen in einer westseitigen Rinne Fixseile. Damit kann man sich durch die eigentlich unbegehbare Rinne auf den Grat hochziehen. Doch dieser Anstieg ist um einiges anspruchsvoller, als man vermuten würde...

Ich und ein Tourenpartner wollten an diesem Tag den Nördlichen und Mittleren Blauen Kopf besteigen. Wir starteten um 6:15 beim Lucknerhaus. Zuerst fuhren wir mit dem Fahrrad über den Fahrweg zur Lucknerhütte. Gerade das letzte Steilstück zur Hütte war doch recht steil, daher war dort Schieben angesagt. Nun folgten wir zu Fuß dem markierten Steig kurz taleinwärts, dann wählten wir die Abzweigung Richtung Unterer Mürztaler Steig. Der Steig gewinnt schnell an Höhe, bei allen folgenden Weggabelungen folgt man stets weiterhin dem Weg Richtung Mürztaler Steig. Obwohl es erst Anfang Juni war, lag unterhalb von 2700m kaum noch Schnee. Lediglich 2 steile Schneefelder mussten wir vorsichtig queren. Ab nun lag dann aber doch noch ein wenig Schnee. Die Schneefelder waren hart gefroren, daher waren trotz der mäßigen Neigung Schneeketten erforderlich. Dazwischen waren aber auch immer wieder felsige Passagen zu begehen. So gelangten wir an den Rand des Ködnitzkeeses. Am äußersten Rand - wo es keine Spalten gibt - stiegen wir nur noch kurz weiter auf, bis wir uns unterhalb der Rinne zwischen Nördlichem und Mittlerem Blauen Kopf befanden.

Doch noch konnten wir kein Fixseil erkennen. Wir stiegen durch steilen Schutt auf, bis wir bei den Felsen standen. Hier sahen wir das Ende des ersten Fixseiles - es war ein wenig oberhalb von uns, aber wir konnten es gerade noch greifen. Entlang des Drahtseiles zogen wir uns durch steiles, und sehr brüchiges Gelände nach oben. Dabei war von Anfang an große Vorsicht geboten, um keine Steine loszutreten. In der Mitte wurde es kurz noch steiler, feucht und griffarm. Hier wäre ohne das Fixseil definitiv Endstation gewesen (vermutlich ausgesetzte Kletterei im 4. Grad). Mit dem Drahtseil konnten wir uns dann doch durch das sehr ausgesetzte Gelände weiter nach oben arbeiten. Schließlich wurde das Gelände wieder ein wenig flacher, bevor es auf den letzten Metern zur Scharte nochmal sehr steil und brüchig wurde.

Nun befanden wir uns in Scharte zwischen dem Nördlichen und Mittleren Blauen Kopf. Zuerst wollten wir den Mittleren besteigen. Auch am Grat fanden wir Drahtseile vor. So konnten wir über teils größere Blöcke ohne große Schwierigkeiten zum Gipfel klettern. Das Panorama war heute wegen des tollen Wetters sehr weitläufig. Von den Dolomiten über den Hochgall bis zum Großvenediger war alles zu sehen. Aber der eigentliche Blickfang ist natürlich der gut 700m höhere Großglockner. Seine steile Südwand ist einfach atemberaubend. Das besondere an diesem Gipfel war, dass anstelle eines Gipfelkreuzes eine große Liftstütze am Gipfel stand.

Der Übergang zum Südlichen Blauen Kopf wäre von hier aus sehr umständlich gewesen, daher verzichteten wir darauf. Der Nördliche Blaue Kopf, unser nächstes Ziel, sah von hier aus schwierig aus. Doch in der Scharte hatten wir bereits gesehen, dass der Grat nicht so schlimm sein dürfte. So kehrten wir zu ebendieser Scharte zurück. Ab hier gab es nun keine Fixseile mehr. Den ersten kleinen Gratturm umgingen wir in der Ostflanke (I). Dann musste ein luftiges Gratköpfchen überklettert werden, gleich danach war eine 2 Meter hohe Felsstufe zu überwinden (II). Das hier rumliegende alte Seil der Seilbahn sollte man besser nicht zu sehr belasten! Es folgte wieder Gehgelände, dann umgingen wir unschwierig einen steilen Turm. Nun gelangten wir zum 2. Aufschwung. Diesen umgingen wir leider in der Ostflanke, was sich als nicht ideal herausstellte. Dort warteten kurze brüchige Kletterstellen im 2. Schwierigkeitsgrad, um wieder zum Grat zurückzukehren. Dann erwartete uns noch eine kurze luftige Stelle I am Grat, die letzten Meter zum Gipfel waren dann kein Problem mehr.

Nun wurde der Blick auf die Großglockner Südwand durch kein Hindernis mehr verstellt, so konnten wir die vollen 600 Hm bestaunen. Ebenfalls imposant war der senkrechte Tiefblick in die Burgwartscharte, wo der Untere Mürztaler Steig zur Adlersruhe hinaufführt.

Schließlich begannen wir mit dem Abstieg. Diesmal umgingen wir den 2. Aufschwung nicht mehr in der Ostflanke, sondern kletterten ziemlich direkt am Grat. Die Kletterei erreichte auch hier kurz den 2. Schwierigkeitsgrad, das Gelände war aber deutlich angenehmer, als in der Flanke. Ab dann folgten wir wieder dem Aufstiegsweg bis zur Scharte. Nun mussten wir entlang der Fixseile wieder durch die Rinne absteigen. Ich begann meinen Abstieg erst, als mein Tourenpartner aus der Schusslinie für Steinschlag war. Es war unvermeidbar, den einen oder anderen Stein loszutreten. So erreichten wir wieder den Gletscherrand des Ködnitzkeeses. Ab hier mussten wir nur noch entlang des Aufstiegsweges zurück zur Lucknerhütte wandern, wobei die Schneefelder mittlerweile schon recht weich waren. Die Abfahrt mit dem Rad zum Lucknerhaus war zwar ziemlich steil, schieben war aber nicht mehr notwendig. So erreichten wir den Parkplatz um 12:45.

Erwähnenswertes:

1. In der westseitigen Rinne zur Scharte zwischen den Gipfeln hängen Fixseile. Das ist aber kein Klettersteig! Das Seil ist relativ dünn, die Befestigungen des Seils liegen zum Teil sehr weit auseinander. Eine Sicherung mit einem Klettersteigsett verhindert zwar den Totalabsturz, aber wegen der großen Abstände kann man trotzdem mit einer Fallhöhe von über 10 Metern rechnen. Das reicht für einen tödlichen Absturz aus. Außerdem ist es ziemlich anstrengend, sich hochzuziehen - ähnlich wie auf einem Klettersteig mit Schwierigkeit C/D. Ein weiteres Problem ist die große Steinschlaggefahr. Es sollte sich höchstens 1 Person in der Rinne befinden.

2. Der Schlussgrat zum Mittleren Blauen Kopf ist wegen der Fixseile leicht. Ein alternativer Anstieg führt von der Salmhütte über eine Rampe in der Ostseite, wobei diese 2 kleinere Felsstufen enthält. Dieser Anstieg soll den Schwierigkeitsgrad II-III erreichen. 

3. Der Grat zum Nördlichen Blauen Kopf enthält ein paar Stellen im 2. Schwierigkeitsgrad, die zum Teil auch ausgesetzt sind. Es gibt keinen alternativen Weg, diesen Gipfel zu erreichen.

4. Der Südliche Blaue Kopf soll angeblich im Schwierigkeitsgrad II-III von der Salmhütte aus in sehr luftiger Kletterei erreichbar sein. Dort sollte man besser ein Seil verwenden.

5. Im Zustieg sind oft harte Schneefelder zu begehen. Dort sind manchmal Scheeketten oder sogar Steigeisen notwendig.

6. Anfänger und Unerfahrene haben auf diesen Gipfeln nichts zu suchen. Wer den 2. Schwierigkeitsgrad nicht sicher beherrscht, sollte sich mit einem Seil sichern.

7. Wegen des hohen Ausgangspunktes ist der Zustieg zu den Blauen Köpfen nicht allzu weit. Deshalb ist diese Tour an einem halben Tag zu schaffen.

8. Die Blauen Köpfe liegen im Schatten des Großglockners und werden daher nur sehr wenig bestiegen - außer die Seilbahnstütze wird saniert. Dann dürfte am Mittleren Blauen Kopf doch einiges los sein.

9. Die Aussicht auf den banachbarten, 650 Meter höheren Großglockner mit seiner gewaltigen Südwand ist atemberaubend. Doch gerade Richtung Süden und Südwesten ist die Fernsicht durch keine höheren Gipfel eingeschränkt und daher sehr weitreichend. Unter anderem deshalb sind die Blauen Köpfe ein sehr schönes Tourenziel. Man kann sie als Halbtagestour besteigen, oder auch im Abstieg von der Adlersruhe als Zugabe mitnehmen (2h extra). Für Erfahrene Alpinisten können die Blauen Köpfe als Geheimtipp betrachtet werden.

Tourengänger: BigE17


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