Ostern auf dem Albsteig


Publiziert von Günter Joos (gringo) , 3. Mai 2022 um 19:28.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum:15 April 2022
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 4 Tage
Aufstieg: 2700 m
Strecke:83,3
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Albbruck befindet sich an der Zugstrecke Ulm - Basel.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:St. Blasien hat regelmäßige Busverbindungen nach Waldshut, wo umgestiegen werden muss, falls nach Albbruck zurückgekehrt wird.
Unterkunftmöglichkeiten:Die offizielle Webseite des Albsteigs hat verschiedene Vorschläge. Weitere Möglichkeiten finden sich per Recherche auch in Ortschaften etwas abseits des Steiges. Für Trekkingbegeisterte gibt es die Möglichkeit, sich zur Übernachtung auf Trekkingcamps unterwegs anzumelden. Näheres ist ebenfalls o.g. Webseite zu entnehmen.

Der Albsteig ist ein 83,3 km langer Fernwanderweg des Schwarzwaldvereins, welcher die vom Feldbergpass zum Rhein fließende Alb zum Thema macht. Die Alb teilt sich nördlich von St. Blasien in zwei Oberläufe, die Menzenschwander und die Bernauer Alb. Diese beiden Wegvarianten können miteinander verbunden werden, siehe mein Bericht.

Wichtig noch zu erwähnen: Es gibt auch einen Fernwanderweg Albsteig, welcher 350 km quer durch die Schwäbische Alb führt. Die genaue Definition lautet somit "Albsteig Schwarzwald"., bzw. "Albsteig Schwäbische Alb".

Die in diesem Bericht hinterlegten Kilometer und Höhenmeter beziehen sich auf die offizielle Strecke. Unsere Exkursionen zur Albmündung, zu den Spießhörnern und zum Feldberg sind dabei nicht mit eingerechnet.

15.04.2022
St. Blasien soll der Dreh- und Angelpunkt unserer 4-Tages-Tour sein. Der Luftkururt mit seinem imposanten Dom bietet sich diesbezüglich in mehreren Hinsichten an. Der Grund, warum wir heute schon hier sind, ist logistischer Natur. Wir parken das Auto hier, und da uns noch etwas Zeit bleibt bis zum Busanschluss nach Albbruck, geht´s zum zweiten Frühstück im zur frühen Stunde einzigen geöffneten Café im Zentrum. Die Alb fließt mitten durch den Ort. Feiertagsstimmung - eine noch kalte Morgenluft, alles wirkt wie ausgestorben.
Die schöne Busfahrt durch den Hotzenwald bis Waldshut bringt noch ein kurzes, hektisches Intermezzo. Der Fahrplan verordnet uns, in Waldshut am Krankenhaus umzusteigen, doch wo ist nun die Haltestelle, wo es weiter nach Albbruck gehen soll? Uneinsehbar hinter der Kurve, da muss man als wenig Ortskundiger erst mal drauf kommen.

In Albbruck lassen wir uns es nicht nehmen, zunächst der Mündung der Alb in den Rhein einen Besuch abzustatten. Atttraktiv ist das nicht, wir umrunden die Kläranlage, und unter uns wird die Alb mittels einer Betonmauer in den Rhein hineingeleitet. Mission erfüllt. Die Alb mit ihren beiden Oberläufen soll schließlich das Thema der kommenden 4 Tage sein, so war für uns dieser kleine Abstecher doch naheliegend.
Es geht los, zeitgleich mit uns startet eine Gruppe junger Männer, sowie ein Pärchen. Sicher wird über Ostern viel los sein, dachten wir uns. Der erste Eindruck soll sich die kommenden Tage allerdings nicht bestätigen. Bald schon führt uns der Weg an die Abbruchkante der Albschlucht. Durch die Botanik hindurch erkenne ich die mir bereits bekannten Kletterfelsen am gegenüberliegenden Ufer. Im Bereich ihres Unterlaufs zeigt die Alb wilden Schluchtencharakter. 

Bei Schachen lernen wir den anderen Aspekt des Albsteigs kennen, denn dieser schweift mehrfach auch auf die aussichtsreichen Hochplateaus des Hotzenwaldes hinaus. So wie jetzt, mit Blick über den tiefen Graben des Hochrheins hinweg zu den Höhenzügen des Schweizer Jura - und zur Wasserdampfwolke des KKW Leibstadt. Für eine Sicht auf die Alpenkette ist es trotz strahlend blauem Himmels nicht klar genug. Für die kommenden vier Tage ist gutes Wetter vorhergesagt, doch auch ein kalter NO-Wind wird Thema bleiben.
Unser Weg kehrt wieder zur Albschlucht zurück und taucht in diese hinab.  Wir wechseln das Ufer über die Studinger Brücke. Nach einem kurzen, aber steilen Aufstieg klettert der Pfad hoch über der tief eingeschnittenen Schlucht zu mehreren Felsvorsprüngen mit eindrucksvollen Aussichtspunkten.
Bei Görwihl wird abermals das Ufer gewechselt und wir steigen nun durch die verträumte Höllbachklamm. Höhepunkt dort ist ein eindrücklicher Wasserfall. Sehr zu unserer Freude ist der gemäß Internet gesperrte Weg zur Teufelsküche wieder begehbar, wenn auch nicht ganz offiziell. Dort faszinieren in der Eiszeit geformte Kolke in den im Flussbett verteilten Granitfelsen. Ein wilder Pfad zieht von dort aus geradewegs durch die steile Halde und bringt uns zur Niedermühle. Bei Immeneich hat sich der Taleinschnitt der Alb bereits geweitet und macht Platz für Wiesen und Auen.

Schon etwas schlapp geworden, mobilisieren wir nochmals unsere Kräfte zum Schlußanstieg durch die Happinger Halde. Oben auf dem Plateau liegt Wolpadingen. Unsere Unterkunft Vogelbacher Hof befindet sich etwas abseits vom Steig, und da es bereits etwas spät geworden ist, gehen wir von Wolpadingen aus schnurstracks auf der jetzt kaum befahrenen Straße dorthin. Von der gemütlichen Unterkunft aus haben wir einen schönen Blick hinauf zur Kirche von Hierbach, die ob ihrer opulenten Erscheinung ganz und gar nicht in dieses winzige Nest zu passen scheint. Leckeres Abendessen, sehr freundliche Gastgeberinnen.
 
16.04.2022
Anstatt der Straße wollen wir jetzt über einen Wanderweg auf den Albsteig zurückkehren. Unterwegs muss offensichtlich ein Baum mitsamt Markierung umgehauen worden sein, was wir zu spät bemerken. Nichtdestotrotz, unser Umweg führt zu einer Grillhütte mit phänomenaler Aussicht über die Hozenwaldwiesen hinweg gen Jura, bevor wir wiederum in Wolpadingen und somit auf dem Albsteig eintreffen. Insgesamt fällt die folgende Etappe nicht so spektakulär aus, wie die vorhergehende. Der Albsteig bleibt vorerst mehr oder weniger auf Distanz zur Alb. Ein paar Ausblicke von oben herab ins breiter gewordene Albtal bieten sich unterwegs, wie etwa am Bildsteinfelsen,  bis der Weg sich schließlich zum Albstausee hinabschlängelt. Wir umrunden den See auf dessen West- und Norseite, und es wäre ein Leichtes, unser Etappenziel St. Blasien vom Nordende des Sees aus ohne Umschweife zu erreichen. Doch den Gefallen macht uns der Albsteig nicht. Stattdessen treibt uns ein saftiger Aufstieg hinauf auf das Plateau östlich des Albtales. Die Ortschaft Häusern wird durchwandert, um danach tatsächlich auf Richtung St. Blasien einzuschwenken. Kurz vor Schluss offeriert uns der Steig noch ein landschaftliches Schmankerl. Die spätnachmittägliche Durchwanderung der Windbergklamm wird für uns zum Highlight des Tages. Am Ausstieg der Klamm tost pittoresk der Windbergwasserfall.

 Bis nach St. Blasien ist es jetzt nur noch ein Katzensprung. Das Hotel "Kehrwieder" befindet sich direkt am Steig und entzückt uns überaus. Ein opulentes Jugenstilhaus aus dem Ende des vorletzten Jahrhunderts verströmt auch im Interieur den charmanten Hauch alter Zeiten. Wir werden herzlich von der Besitzerin empfangen. Das Hotel hat heuer kaum Gäste. Es stand den Winter über leer und wurde jetzt erst wieder geöffnet. Häuser wie dieses  sind kulturelle Bijous, jedoch scheinen sie leider Gottes dem Untergang geweiht, siehe etwa die traurigen Ruinen der einstigen Nobelhotels von "Sand" oder vom "Hundseck" an der Schwarzwaldhochstraße. Auch der Prachtbau des Sanatoriums hier in St. Blasien dämmert derzeit verlassen vor sich hin, und schaut einer ungewissen Zukunft entgegen ...
 
17.04.2022
 Der Hangweg mit Blick auf  St. Blasien geht gleich hinter unserem Hotel weiter. Die Blicke schweifen zur mächtigen Domkuppel, wo im tiefen Bass die Osterglocken läuten. Der Pfad senkt sich, und nach Überqueren von Landstraße und Brücke hat uns die Alb orographisch rechtsufrig wieder. Sehr idyllisch verläuft hier der Pfad zwischen Felswändchen und der wildromantischen Alb bis zur Glashofsäge, wo die beiden Oberläufe der Alb, Bernauer und Menzenschwander Alb, zusammenfließen. Hier teilt sich dann auch der Albsteig in seine West- und Ostvariante. Unser Plan ist es, die Westvariante hinaufzuwandern und auf dem Rückweg vom Feldbergpass über die Ostvariante nach St. Blasien zurückzukehren. 
So wandern wir also zunächst das Bernauer Tal aufwärts. Ortsteile und Wiesengründe verteilen sich hier, anders als im Menzenschwander Tal, in einem weit ausladenden Talbecken. Bis auf den immer noch kalten NO-Wind ist das heute ein sehr sonniger Ostersonntag, und entsprechend viele Spaziergänger sind unterwegs.

Ab Bernau Dorf beginn die Bergetappe. Mittels eines schön angelegten Pfades kommen wir zunächst zum Aussichtspunkt am Scheibenfelsen, wobei großzügige Aussichten jetzt eigentlich permanent gegeben sind. So etwa hinüber zum Blößling, oder über die Walmdächer von Bernau hinweg. Die Talschaften von Bernau und Menzenschwand dürften bezüglich gut erhaltener traditioneller Schwarzwaldhöfe und -häuser zu den reichsten Schatztruhen des gesamten Schwarzwaldes gehören. Bald trifft unser Pfad oberhalb des Krunkelbachsattels ein. Wir beschließen einen Abstecher vom Albsteig, indem wir zunächst über das Kleine und das Große Spießhorn wandern. Die beiden "Gipfel" haben gerade mal 1 m Differenz in der Höhe und ich habe Zweifel, ob eine derart geringe Einschartung dazwischen eine Benennung zweier Gipfel rechtfertigt. Rechtfertigen tut sich jedenfalls der Besuch beider Aussichtspunkte schon allein deswegen, weil die Aspekte grundverschieden sind. Vom "Kleinen" Spießhorn genießen wir den Blick über das Bernauer Tal, während der Ausblick am Rondell des "Großen" Spießhorns zum Menzenschwander Tal hinabgleitet.
Unterhalb der Krunkelbachhütte treffen wir wieder auf unseren Albsteig, mit dem wir nun, zuletzt über die baumfreie und aussichtsreiche Westflanke, das Herzogenhorn erklimmen. Hier pfeift der bissige Wind besonders kräftig. So oft schon bin ich hier oben gestanden, aber ich kann mich nicht erinnern, dass es nur einmal windstill gewesen wäre ...

Hinab dann zum  Bundesleistungszentrum und nach einem kurzen Gegenanstieg zum Grafenmatt recht zügig weiter abwärts zum Feldbergpass. Unsere Unterkunft "´S Jägermatt" ist rasch gefunden,  wir werden dort herzlich empfangen. Das Haus hat Hütttencharakter mit einem gemütlichen Gastraum, und statt eines spartanischen Matratzenlagers schläft man auch hier in ordentlichen Zimmern. 
So nah am Feldberg ... Eigentlich gehört der höchste Schwarzwälder nicht zum Albsteig. Doch wenn wir mal hier am Feldbergpass auch über Nacht bleiben, dann wollen wir uns auch eine Sonnenuntergangs-Gipfeltour gönnen. Also, nach dem leckeren Abendessen zunächst hinauf zum Seebuck. Das dunkle Auge des Feldsees lauert geisterhaft in der düsteren Tiefe. Gerade noch sehen wir vom Seebuck aus den Sonnenball im Westen verschwinden, dann geht es schnurstracks auf das in allen erdenklichen Rottönen leuchtende Farbband zu, vor welchem sich die Antenne des Feldberggipfels in den bereits nächtlichen Himmel reckt. Einzig der stürmische und kalte Wind sorgt bei aller Romantik für ein gewisses Unbehagen. So sind wir dann zu guter Letzt auch wieder froh, nach dieser herzergreifenden Exkursion in eine gemütlich warme Unterkunft zurückkehren zu können.
 
18.04.2022
Vom Feldbergpass hinab nach Maria Loch, im finsteren Abschluß des Menzenschwander Tales. Hier stoßen wir auf den Oberlauf der Menzenschwander Alb, die sich in diesem oberen Talbereich noch sehr ursprünglich durch Moore und Wiesenauen schlängelt. Der Albsteig klettert bald die linke Talflanke hinauf, mit schönen Aussichten u.a. zu Spießhorn und Herzogenhorn, um sich dann zum Eingang zur Albschlucht wieder abzusenken. Bei der Brücke lohnt ein Abstecher nur wenige Meter bachaufwärts zu einem hübschen Wasserfall. Dann steigen über Stiegen und Holzgeländer hinab in die kurze, aber spektakuläre Albschlucht. Feucht und düster geht´s hier zu. Hauptsehenswürdigkeit hier ist der Wasserfall, welcher sich im unteren Teil der Schlucht  über einen Felsvorsprung hinweg in die Schlucht ergießt. Dort habe ich im Winter sogar schon Eiskletterer gesehen. Momentan scheint mir die herabfallende Wassermenge eher gering. Trotzdem sehr schön ...

Das Menzenschwander Tal ist ein typisches eiszeitliches U-Tal, mit scharfen Abgrenzungen, was es vom benachbarten Bernauer Tal deutlich unterscheidet. Der Albsteig schlendert jetzt nicht einfach nur profan talauswärts, denn er hält noch den einen oder anderen ansteigenden Abstecher durch die Talflanken bereit. Schließlich treffen wir bei der Glashofsäge wieder auf die Wegteilung. Der Zusammenfluss der Menzenschwander und der Bernauer Alb ist allderdings vom Weg aus nicht einsehbar. Zurück nach St. Blasien wandern wir auf den uns vom Vortag her bereits bekannten Wegstück.

Tourengänger: Günter Joos (gringo)


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