Kurzbericht 

Der Schleier der Madonna von Mailand


Publiziert von lorenzo , 21. Januar 2022 um 21:52.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Avers
Tour Datum:15 Januar 2022
Ski Schwierigkeit: WS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   I 
Zeitbedarf: 7:45
Aufstieg: 1530 m
Abstieg: 1530 m
Strecke:34km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Avers, Cröt
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Gasthaus Walserstuba, Avers, Cröt
Kartennummer:LK 267 S San Bernardino, 1255 Splügenpass, 1275 Campodolcino, Swisstopo Skirouten

An Neujahr sind wir bei sommerlichen Temperaturen von Soglio über Läira zum Pass da la Prasgnola gewandert. Wegen zunehmendem Schnee ab Paven bzw. ab ca. 2300m und der noch kurzen Tageszeit reichte es leider nicht mehr für den in Griffweite zu liegen scheinenden Piz Gallagiun, dem westlichen Grenzgipfel und Aussichtsbalkon über dem Bergell. Zurück auf Däir erzählte uns dann ein Jäger aus Castasegna, der dort oben ein Maiensäss ausbaut, dass sein Sohn einmal zum Sonnenaufgang auf den für sein sagenhaftes Panorama berühmte Piz Gallagiun gestiegen sei, von dem man - so die Legende - an klaren Herbst - und Wintertagen, wenn in der Poebene kein Nebel liegt, sogar die Madonna auf der Kuppel des Doms von Mailand sehen könne. Spann hier ein Jäger nur sein Latein, oder konnte, was geografisch möglich schien, unter den genannten Voraussetzungen auch wirklich werden?

Derart motiviert, beschloss ich, einen zweiten Versuch zu wagen, diesmal von Norden durch das lange Val Madris, was dank guten öV-Verbindungen, die ein genügend langes Zeitfenster von 6 1/2 bis 9 Stunden öffnen, sogar als Tagestour in Frage kam. Trotz einiger Skepsis packte ich noch ein leichtes Monokular ein und fuhr am nächsten freien Tag mit günstigen Wetter- und Schneeverhältnissen mit Zug und Bus ins Avers. In Cröt verliess ich das Postauto, das mit einer vergnügten und unterhaltsamen IO vom SAC UTO, die bei Cresta zum Eisklettern gehen wollte, weiterfuhr. In der ersten flachen Hälfte bis Sovräna kam ich auf der geräumten Strasse und dank einer Schneeschuhspur und alten Skispuren, kurz nach Stettli endlich auch an der Sonne, gut voran. Mangels Handyempfang entschied ich mich dann anhand der alten Skitourenkarte, auf der die westliche Zustiegsvriante 
zum Val da la Prasgnola noch nicht eingezeichnet ist, für die östliche, wo das Spuren im griesigen Tiefschnee z.T. anstrengend war, und ich den luftigen Gang über die etwas schiefe Brücke 2132 nur auf allen Vieren wagte. Im Val da la Prasgnola traf ich auf ca. 2250m wieder auf die, von der westlichen Variante stammenden alten Spuren - hätte ich doch auf Sovräna nur besser hingeschaut! (was ich freilich dort erst nach der Abfahrt erkannte) -, denen ich, wieder bequemer, über die Steilstufe bei P. 2684 und den E-Rücken bis zum Gipfel folgte.

Auch ohne Monokular erkannte ich sofort, dass die Poebene unter dichtem Nebel lag, und die Madonna ihren Schleier heute also wohl nicht lüften würde. Aber meine Enttäuschung hielt sich in Grenzen, denn auch das vielgerühmte Panorama liess sich sehen: von den nahen Averser Bergen über Bernina, Bergell zu Monte Rosa und Mischabel und zurück zu den Misoxer und Splüger Bergen, dazu packende Tiefblicke hinüber ins Bondascatal, das im oberen Teil als Folge des Bergsturzes vom Piz Cengalo wie von einem versteinerten Gletscher ausgefüllt ist, und hinunter ins Bergell und zur Piano di Chiavenna. Nach kurzer Rast kurvte ich entlang der Aufstiegsroute über den nur dünn verschneiten bzw. abgeblasenen felsdurchsetzten E-Rücken so gut es ging hinunter, und gelangte mit weiten Bögen in wechselhaftem Schnee und schon bald wieder im Schatten durch das Val da la Prasgnola und das unterste Val Roda zurück nach Sovräna. Hier endete das eigentliche "Abfahrtsvergnügen" und es folgten kilometerlange Flachpassagen, die ich im Tourenmodus ohne Felle zurücklegte, und die leider nur von kurzen Abfahrten hinunter zur Alp Bles, zur Zoccabrücke, zum Stettli und zuletzt zurück nach Cröt unterbrochen wurden. Die Post um 16 Uhr war bereits vor einer guten Stunde abgefahren, und inzwischen war es dunkel und empfindlich kalt geworden, so dass ich mir die verbleibende Stunde bis zur letzten Verbindung über Andeer und Thusis nach Chur in der gemütlichen Walserstuba zum Abschluss wieder mit Latein, diesmal von einer ufligen Bergführerrunde am Stammtisch, verkürzte. Und schon war ich nach einem traumhaften Tag im Offenen wieder mitten im "Inside Corona" gelandet...

Cröt-Val Madris- Piz Gallagiun

Aufstieg: von Cröt (1716m) entlang der eingetragenen Skiroute auf der Alpstrasse bzw. dem Fahrweg über Höjahus (1796m), Stettli, Eggelti (1838m), Zoccabrücke (1843m), Alp Bles und Preda (1951m) nach Sovräna (1994m). Nun entweder entlang dem weiss-rot markierten Bergweg über die Brücke 2131 (E Variante, 30-35 Grad) oder die N-/NE-Flanke von P. 2366 (W Variante, 30-35 Grad ) ins Val da la Prasgnola und W vom Bach unter die Steilstufe bis ca. 2630. W  von P. 2684 (Niederschlagsmesser) auf den NE-Rücken und über diesen und den E-Rücken zum NE- oder Gipfelgrat, der in Kürze zum Gipfel leitet (3107m, Signal, Steinmann, Kreuz), 5h.

Abfahrt: entlang der Aufstiegsroute, wobei in den flachen Passagen gestöckelt und bei den Wiederaufsteigen die Ski getragen werden müssen. 2h 30min.

Insgesamt 7h 30min ohne Pausen.

Verhältnisse: wolkenlos und mild, kammnah böiger und kalter SW-Wind. Ca. 30-50cm Schnee auf Unterlage, abwechselnd hart oder gefroren, Harsch und Pulver, Gipfelrücken abgeblasen und felsdurchsetzt (Slalom), Steinkontakte aber vemeidbar. Strasse bis Stettli weiss geräumt und z.T. vereist. Gute Schneeschuhspur bis Preda, dann verblasene Skispuren (nach Sovräna über W Variante) bis zum Gipfel.

Material: ev. Leichtpickel (nicht gebraucht) zu üblicher Skitourenausrüstung.

Fahrplan: 9.30 Start, 10.15 Höjahus, 11.30 Sovräna, 14.30 Piz Gallagiun, 15.45 Sovräna, 16.45 Hohenhaus, 17.15 retour.

Tourengänger: lorenzo


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