Corno Bianco (3.320 m) an einem strahlenden Herbsttag

Noch so ein Weisshorn, aber eines, welches es in sich hat. Der Corno Bianco steht isoliert und mächtig südweitig des Monte Rosa und was gibt es schöneres, als an einem klaren Herbsttag hier hoch zu wandern? Am Tag vorher konnte ich inspizieren, dass der Aufstieg schneefrei ist und das war er auch - zum Glück.
Von Gressoney aus ist es eine sehr lange Tour und die Beine und Knie können abends ein Lied davon singen. Doch es ist ein großartiges Unterfangen, welches mit genügend Zeitreserven gut machbar ist.
Die Schwierigkeit bewerte ich mit T5-. Es ist ein gutmütiges T5, nirgends ausgesetzt, und doch hat es Ketten und Kletterstellen im ersten und zweiten Grat. Trocken sollte es sein, denn einiges ist auf Reibung zu gehen und das nicht nur an den Ketten.
Muss man etwas zur Aussicht sagen? Außer den Berner Alpen, die hinter dem Monte Rosa versteckt sind, ist alles, was im Westalpenbogen Rang und Namen hat, zu sehen - sogar bis hin zu Bernina und Adamello.

DIE TOUR
Da es sehr viele Höhenmeter hat, lohnt sich die Auffahrt bis hinter Loubeno. Von hier aus geht es direkt sehr steil in den Wald. Dem Weg 9 folgt man dann bis zum Passo dell Alpetto (2.744 m). Ich war  nach 2,5 Stunden am Pass, doch musste ich schon gewaltig die Beine in die Hand nehmen dafür. Nach dem Abzweig der Weg 9A auf Scherebiel wird der Weg 9 teilweise undeutlich und man achte gut auf die vielen guten Markierungen. Im Herbst ist bis zum Pass alles im Schatten und saukalt!!
Ab dem Passo dell Alpetto folgt die absteigende Querung zum Lago Nero (das Gipfelziel ist mit 3 Stunden ausgeschildert). Diese Querung führt auf sehr undeutlicher und unterbrochener Wegspur immer den rot-weißen Markierungen folgend. Man bleibt südlich oberhalb des Lago Nero (fast keine Markierungen mehr), denn am Lago Nero selbst ist kein Durchkommen. Nach einer knappen Stunde ist der Abzweig am Lago Nero (2.671 m) erreicht. Auch hier sind noch 3 Stunden zum Gipfel angegeben (das hat mich etwas schockiert). Bis hierher knapp 1 Stunde ab dem Pass.
Nun geht es auf gutem Weg (Markierung 2) bis an die Felswand heran und dann folgen die Ketten, die etwa 50 Höhenmeter überwindend zum Passo d'Artemisia (2.807 m) leiten. Es handelt sich nicht um einen Pass und niemand weiß, warum das Pass genannt wird. Ab hier wird es erst einmal einfacher; durch angenehmes Gelände geht es zügig hinauf. Es folgen einige Ier und IIer Stellen und eine schattige Rinne, die unangenehm aufzusteigen ist. Einiges muss man auf Reibung gehen, doch schwierig wird es nirgends. Am Ausgang der Rinne hat man fast den Grat erreicht und das Gelände wird wieder einfacher. Man folgt den Markierungen mit ein paar Ier Stellen zügig zum Gipfel des Corno Bianco (3.320 m). Ich habe 1:15 ab dem Abzweig benötigt (und keine 3 Stunden).
Am Gipfel ist es einfach ein Traum, der leider nicht zu lange währen darf, da im Oktober die Tage kurz sind und noch viel Abstieg (plus Gegensteigung) vor einem liegt.
Der Abstieg erfolgt auf gleichem Weg; bis zum Passo dell Alpetto habe ich im Abstieg keine Zeit gutgemacht. Ab hier ist es ein Herbsttraum, in den (morgens schattigen, doch jetzt sonnenüberströmten) Alpweiden abzusteigen. Man kann sich kaum sattsehen an bunt verfärbten Lärchen und den tollen Ausblicken. Mein Abstieg war in gut 4 Stunden erledigt.