Kleiner Löffler (3045m) und Kemater (3005m) - gefährliche Tour im Schwarzachtal


Publiziert von BigE17 , 10. Januar 2020 um 10:36.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum:10 September 2016
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: I   A 
Zeitbedarf: 9:45
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Strecke:31 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Mittersill über den Felbertauern oder von Lienz kommend nach Huben. Hier führt eine Straße nach Westen ins Defereggental. Man fährt bis Erlsbach, dann zweigt rechts die mautpflichtige Straße zum Alpengasthaus Oberhaus ab. Über diese erreicht man das Oberhaus, wo sich ein großer Parkplatz befindet.
Unterkunftmöglichkeiten:Keine

Das Schwarzachtal ist eines der einsamsten Täler in Osttirol. Selbst wenn man von dort aus die Rötspitze besteigt, ist man eher alleine unterwegs. Alle anderen Gipfel werden von diesem Tal aus so gut wie nie bestiegen. Das gilt ganz besonders für den Kleinen Löffler (auch Kleine Löffelspitze) und den Kemater, die hier zu den niedrigeren Gipfeln gehören. Immerhin sind beide vom Ahrntal aus als Skitour machbar. Auch diese Touren werden nur sehr selten gemacht. So war es für mich und einen Tourenpartner sehr verlockend, diesen beiden unbekannten Gipfeln einen Besuch abzustatten. Doch einfach war es nicht...

Wir starteten um 6:45 beim Oberhaus. Den langen Weg vom Ausgangspunkt bis zur Jagdhausalm legten wir mit dem Mountainbike zurück. Wir fuhren nicht ganz zur Alm, sondern deponierten die Räder dort, wo ein Steig direkt zur Jagdhausalm führt. Es wäre ein wenig besser gewesen, mit dem Rad an der Alm vorbei ins Schwarzachtal zu fahren, doch der Zeitunterschied wäre unwesentlich. So ging es zu Fuß zur Jagdhausalm und, wieder am Fahrweg, hinein ins Schwarzachtal.

Dieser endete nach einiger Zeit, nun galt es, den besten Weg zu finden. Da wir zum ersten Mal hier waren, entschieden wir uns dazu, den Bach bei der ersten Gelegenheit zu überqueren und dann stets auf der linken Talseite zu bleiben. Es war angenehm zu gehen. Wir mussten sehr weit ins Tal hinein, bis kurz vor einen Grashang, bei dem sich das Tal verengt. Wir stiegen bei einer guten Gelegenheit links über einen steilen Grashang auf. Es gab mehrere Möglichkeiten, alle sind sehr steil. Ausrutschen sollte man auf so steilen Hängen lieber nicht. Erst nach einiger Zeit legte sich das Gelände ein bisschen zurück. 

Nun mussten wir einige Bäche überqueren, da unsere Ziele recht weit nördlich von uns waren. Das war aber kein Problem, schließlich gelangten wir auf einen schuttigen Rücken. Dieser führte uns bis ins Blockkar unterhalb des Kleinen Löfflers. Ab hier wurde das Gestein dann auffällig rot. Vom Gletscher, der früher in diesem Kar war, war leider nicht mehr viel übrig. Wir hielten direkt auf den Aufstieg zur Scharte zwischen Löfflergrat und Kleinem Löffler zu. Hier wurde es dann steil, es war aber noch gut zu gehen - bis 10 Meter unter Scharte. Hier erwartete uns eine Felswand, die an Brüchigkeit kaum zu übertreffen war. Kaum ein Griff hielt, so mussten wir uns irgendwie heikel "hinaufschwindeln" (II). Am Grat angekommen, wurde der Fels sofort besser, es war zwar noch immer ein wenig brüchig, aber alles im Rahmen. Der Grat war sehr schmal und scharf, aber auch recht griffig. So ging es in herrlicher Kletterei am ausgesetzten Grat entlang (II). Schließlich flachte er ab und wir erreichten einfach den Gipfel des Kleinen Löfflers (I).

Hier wurde erstmal eine ordentliche Pause eingelegt, dann wollten wir über den Verbindungsgrat zum Kemater hinüberklettern. Angeblich soll der Grat I-II sein, doch schon auf den ersten Metern wartete die erste Dreierstelle auf uns. Eine Umgehung wäre heikel, deshalb probierten wir es erst gar nicht. Im Nachhinein waren wir froh, es nicht probiert zu haben, denn auf einer Seite im Internet wird dieser Grat mit III+ beurteilt! So kehrten wir über den Aufstiegsweg zurück zur Scharte, der brüchige Abstieg von dieser war im Abstieg noch heikler. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten: Das Schlimmste hatten wir heute noch vor uns.

Wir wollten nun die Kematerscharte ansteuern. Dafür querten wir im eher angenehm zu gehenden Blockgelände unterhalb des Kleinen Löfflers in Richtung Kemater. Doch der Aufstieg zur Scharte sah von unten nicht machbar aus. Ich weiß nicht, ob es wirklich so ist oder der Anstieg eigentlich problemlos wäre, aber damals erkannten wir keine Möglichkeit. Wir erkannten allerdings einen steilen Grashang, der den Ostgrat vom Kemater in Gipfelnähe erreicht. So querten wir auch noch hinüber zu diesem. Er war recht steil, unten brach er mit steilen Felswänden ab. Dann erwartete uns die nächste böse Überraschung: Uns erwartete eine steile, sandige Steilstufe. Weil der Fels bei Berührung zerbröselte, mussten wir diese Stufe mehr oder weniger auf Reibung überwinden. Bei 50° Steilheit ging aber das nicht ohne Hilfe der Hände. Diese Stelle war brutalst unangenehm, denn der steile Grashang lauerte wie eine riesige Rutschbahn immer noch unter uns. Ich war sehr froh, als diese Stufe überwunden war. Danach erreichten wir wieder Gras und gelangten so auf den Grat hinauf. Hier war der Fels dann ganz plötzlich fest, und wir konnten in wenigen Minuten sehr ausgesetzt zum Gipfel klettern (II).

Wir waren uns einig, nicht entlang des Aufstiegsweges abzusteigen. Also blieben uns folgende 3 Möglichkeiten: Wir hätten unschwierig nach Südtirol absteigen und über das Rotenmannjoch nach Osttirol zurückkehren oder dem Ostgrat bis zum Rotenmannjoch folgen können. Schlussendlich entschieden wir uns für die dritte Möglichkeit und stiegen direkt durch die plattige Südflanke ab. Der wohl einzige Weg, dies zu schaffen, bestand darin, dass wir uns entlang einer Wand wie in einer Verschneidung nach unten arbeiteten. Es war nicht ausgesetzt, aber recht schwierig (II+).

Danach konnten wir eine Weile Schutt abrutschen, bis wir Gras erreichten. So konnten wir bis ins hinterste Schwarzachtal absteigen. Es folgte noch die markante Steilstufe, über die der Bach wie in einer Klamm hinunterstürzt. Wir überwanden sie problemlos entlang von Steigspuren rechts des Baches. Wir entschieden uns nun, nach der halben Strecke den Bach mittels eines Stahlträgers zu überqueren und auf der linken Seite talaus zu gehen. Diese Seite war leider nicht so angenehm wie die rechte. Wir erreichten schließlich wieder den Fahrweg, wenig später die Jagdhausalm und die Fahrräder. Nach der langen Abfahrt, mit einem lästigen Gegenanstieg, gelangten wir um 16:30 wieder zurück zum Parkplatz.

Erwähnenswertes:

1. Es gibt 3 mögliche Wege, den Kleinen Löffler zu erreichen. Den schwierigen Ostgrat (III+) kann man vergessen, der Aufstieg von Südtirol durch die NW-Flanke ist da schon deutlich besser. Dieser kann bei schlechten Bedingungen (Eis) allerdings große Probleme bereiten und wird deshalb bevorzugt im Winter begangen. Daher ist es wohl am besten, unsere Route über den SW-Grat zu begehen.

2. Man sollte auf einen Übergang zum Löfflergrat besser verzichten. Der Grat ist steil, scharf, lang und teilweise brüchig. Er ist fast garantiert schwerer als II.

3. Falls es möglich ist, von Osttirol ohne große Schwierigkeiten zur Kematerscharte zu kommen, sollte man auf alle Fälle diesen Weg nehmen. Die Verschneidung in der Südflanke ist keine sinnvolle Alternative, weil die Verschneidung im Aufstieg problematisch ist, unsere Aufstiegsroute ist noch schlechter. Der Aufstieg von Südtirol ist da viel leichter (I).

4. Sichern ist ausgerechnet an den entscheidenden Stellen nur schwer möglich. Daher hilft ein Seil bei dieser Tour auch nicht viel.

5. Auch mit einem Mountainbike braucht man fast einen ganzen Tag für die Tour. Sie kann nur bei sicherem Wetter durchgeführt werden.

6. Wegen der Schwierigkeiten, des langen Zustieges und der Nähe zu bekannteren Berge kriegen diese beiden Gipfel kaum Besuch. Und daran wird sich nichts ändern. Eine Besteigung des Kleinen Löfflers ist Bergsteigern, die Einsamkeit lieben, noch zu empfehlen. Den Kemater besteigt man besser nur von Südtirol aus.

7. Die tolle Aussicht ist die großen Mühen auch nicht wert. Große Löffelspitze, Rötspitze, Daberspitze,... sind viel lohnender.

Tourengänger: BigE17


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