Einmal übers Sustenjoch
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Äußerst abenteuerliche Passwanderung...
Nur sehr selten unternehme ich Bergtouren, die nicht auf einen Gipfel führen. Sie fühlen sich meistens irgendwie unvollständig an. Die grimmige Nordflanke des Sustenjochs habe ich nun aber schon so oft angeschaut - wohl wissend, dass dort eine ganz offiziell markierte Route durchführt. Statt einer Gipfeltour bietet sich eine Überschreitung an, die dann doch mal ausprobiert werden musste.
Von dem großen Parkplatz westlich des Tunnes auf dem Sustenpass (2224 m) gehe ich die paar Schritte bis zur eigentlichen Passhöhe hinauf. Und dort steht auch schon ein blau-weißer Wegweiser, der zur Voralphütte eine Fabelzeit von 2 h 40 min veranschlagt. Also los!
Auf den ersten Metern sind die Markierungen gleich etwas unklar, es scheint eine untere und eine obere Variante zu geben. Ist aber letzlich egal, man folgt einfach den eher bescheidenen Wegspuren um den kleinen Kessel herum. Dann geht es den nun deutlicheren Markierungen nach - schon minimal kraxelig - auf ein Rasenplateau am Nordostrücken des Sustenspitz' (ca. 2350 m) hinauf.
Etwas ausgesetzt präsentiert sich die folgende Wiesenquerung in Richtung Chalchtal. Wer diese aber noch langweilig findet - gut so, denn es wird schon noch spannender! Am Ende der Querung verliert man deutlich an Höhe, bevor man das Gelände im Vorfeld des Chalchtalfirns erreicht. Die Kraxelei über die glattgeschliffenen Felsstufen (bis II) macht mir viel Spaß. Etwas weniger dagegen das Überqueren der zwei Gletscherbäche. Mit dem Pickel zum Abstützen geht es aber ganz gut.
Nach der zweiten Bachquerung geht es endlich wieder bergauf. Achtung auf Löcher in dem "lebendigen" Gelände aud Schutt und alten Eisresten. Vorübergehend einfacher zu begehen ist dann die Moräne, auf welcher die Route von der Sustlihütte hinaufkommt. Dort hat es einen Wegweiser, der auch die Zeitangaben auf der Passhöhe relativiert (3 h 15 min zur Voralphütte). Ein guter Platz, um den Helm aufzusetzen.
Auf der Moräne wandere ich relativ bequem aufwärts bis zum Fuß der Steilwand auf ca. 2340 m. Hier liegt unerfreulicherweise noch ein schmales, steiles Schneefeld, welches den üblichen Einstieg versperrt. Mist!
Die Überquerung - auch wenn es nur ca. 15 Meter wären, ist mir nicht geheuer, also suche ich eine Umgehung. Etwas weiter östlich ist das Schuttfeld bis zum Wandfuß aper. Aber wie weiter? Ich probiere es einfach aus. Tatsächlich gibt es eine Art abschüssige Terrasse über dem (harmlosen) untersten Felsriegel, auf der ich vorsichtig zur markierten Route hinüber quere. Soweit, so gut.
In kurzen Kehren, manchmal auch direkt, leiten die Markierungen konsequent aufwärts. Eine richtig wilde und coole Route bei der man fast dauernd die Hände braucht. Im oberen Teil nimmt die Dichte der Kletterstellen eher noch zu, dafür gibt es etwas weniger loses Zeug. Einige wenige Stellen sind mit Ketten gesichert. Ich habe mich inzwischen so an die Kraxelei gewöhnt, dass ich die Sicherungen kaum benutze und halte immer wieder kurz inne, um den Tiefblick und die Felsgipfel rundherum zu bestaunen. Hier wird einem durchaus bewusst, dass es mehr oder weniger eine Wand ist, die man "erwandert" hat.
Fast plötzlich ist dann die Grathöhe - etwas westlich der tiefsten Stelle, 2654 m - erreicht. Dort gibt es reichlich Platz, um eine gemütliche Pause zu machen. Das Sustenjoch ist ein ungemein kontrastreicher Übergang. Steine und Schnee gibt es auf zwar beiden Seiten, aber im Gegensatz zur "irre" steilen Nordseite wirkt die Südseite endlos weit und breit.
Tatsächlich sin die ersten 50 Höhenmeter auch auf der Südseite etwas kraxelig. Dort liegt noch ein großes Schneefeld, dessen oberen Teil ich (wieder mal) im Schutt umgehe. Das geht gut. Denn solange es steil ist, lässt sich der feine Schutt ganz gut abrutschen. Sobald es flacher wird, tut es der weiche Schnee.
Die Route ist prinzipiell markiert, aber nicht so klar vorgegeben. Ein erster Orientierungspunkt nach dem Sustenjoch sind die großen Felsblöcke der "Giltsteine". Dann halte ich mich immer leicht östlich des Wallenburfirns, wo man im feinen Geröll runterwärts gut vorwärtskommt. Unübersichtlich wird es aber beim scheinbaren Ende des Gletschers mit Gletschersee. Hier habe ich mach etwas zu weit auf den Gletscher drängen lassen. Rund um den See (ca. 2400 m) und unterhalb macht loses grobes Geröll das Gehen mühsam und außerdem muss man auf Schmelzlöcher achten. Denn tatsächlich geht das Eis noch ein ganzes Stück weiter, ist aber von Geröll komplett bedeckt.
Eine Geländestufe tiefer gibt es derzeit ein merkwürdiges Eistor zu bestaunen. Einige Markierungen leiten in die Nähe, aber Achtung, die sind wahrscheinlich abgerutscht. Besser, man umgeht den Bereich östlich, was ich schließlich auch mache. Endlich werden die Wegspuren wieder deutlicher und das Gelände (ab ca. 2300 m) besser begehbar. Die Abzweigung des "Panoramawegs" ignoriere ich und wandere immer weiter talauswärts. Endlich kommt die Hütte in Sicht. Mir kommt es so vor, als hätte ich ewig für den Abstieg gebraucht, aber tatsächlich waren es ziemlich genau die 2 Stunden, die auch auf dem Wegweiser im Sustenjoch angegeben sind.
Der Rest meiner Tour fällt mit dem normalen Hüttenweg der Voralphütte (2127 m) zusammen. Und der zieht sich ganz schön hin. Zuerst überquert man gefühlt ein Dutzend Elektrozäune für eine Handvoll Kühe, die hier oben weiden. Die Voralpreuss ist nie weit weg und gibt ein beruhigendes und monotones Rauschen von sich. Das passt prima zu dem meist sehr flachen Weg: Zwanzig Schritt runter, zwanzig Schritt gerade, zehn Schritt wieder rauf - und dann nochmal und so weiter. Etwa auf halben Weg liegt die große Schwemmebene bei Horenfelli, wenig später eine gemütliche Bank bei einem Wegkreuz. Kaum habe ich mich dort für eine kurze Pause hingesetzt, versuchen mich auch schon die ersten Insekten anzuknabbern. Also schnell weiter! Das letzte Stück ab der Waldgrenze gefällt mir dann wieder besser, denn nun geht es wenigstens richtig bergab.
Eigentlich hatte ich vor, bis Göschenen abzusteigen, aber ich bin langsamer als geplant unterwegs. Ohne Reue verzichte ich auf die Talwanderung und lasse mich an der Göscheneralpstraße bei P. 1255 (Parkplatz) abholen.
Schwierigkeiten & Gehzeiten
Sustenpass - Sustenjoch: Spannende Route, die zu den T5-Referenztouren gehört. Ich würde sie tendenziell eher in der oberen als in der unteren Hälfte von T5 einstufen. In der SAC-Literatur auch mit WS oder II bewertet.
2 h 30 min
Sustenjoch - Voralphütte: T4 oder L, 2 h
Voralphütte - Göschenertal P. 1255: T2, 2 h
Fazit - einerseits wild & spannend, andererseits recht heikel, anstrengend und (später) monoton - sagen wir in Summe mal "bedingt empfehlenswert".
Nur sehr selten unternehme ich Bergtouren, die nicht auf einen Gipfel führen. Sie fühlen sich meistens irgendwie unvollständig an. Die grimmige Nordflanke des Sustenjochs habe ich nun aber schon so oft angeschaut - wohl wissend, dass dort eine ganz offiziell markierte Route durchführt. Statt einer Gipfeltour bietet sich eine Überschreitung an, die dann doch mal ausprobiert werden musste.
Von dem großen Parkplatz westlich des Tunnes auf dem Sustenpass (2224 m) gehe ich die paar Schritte bis zur eigentlichen Passhöhe hinauf. Und dort steht auch schon ein blau-weißer Wegweiser, der zur Voralphütte eine Fabelzeit von 2 h 40 min veranschlagt. Also los!
Auf den ersten Metern sind die Markierungen gleich etwas unklar, es scheint eine untere und eine obere Variante zu geben. Ist aber letzlich egal, man folgt einfach den eher bescheidenen Wegspuren um den kleinen Kessel herum. Dann geht es den nun deutlicheren Markierungen nach - schon minimal kraxelig - auf ein Rasenplateau am Nordostrücken des Sustenspitz' (ca. 2350 m) hinauf.
Etwas ausgesetzt präsentiert sich die folgende Wiesenquerung in Richtung Chalchtal. Wer diese aber noch langweilig findet - gut so, denn es wird schon noch spannender! Am Ende der Querung verliert man deutlich an Höhe, bevor man das Gelände im Vorfeld des Chalchtalfirns erreicht. Die Kraxelei über die glattgeschliffenen Felsstufen (bis II) macht mir viel Spaß. Etwas weniger dagegen das Überqueren der zwei Gletscherbäche. Mit dem Pickel zum Abstützen geht es aber ganz gut.
Nach der zweiten Bachquerung geht es endlich wieder bergauf. Achtung auf Löcher in dem "lebendigen" Gelände aud Schutt und alten Eisresten. Vorübergehend einfacher zu begehen ist dann die Moräne, auf welcher die Route von der Sustlihütte hinaufkommt. Dort hat es einen Wegweiser, der auch die Zeitangaben auf der Passhöhe relativiert (3 h 15 min zur Voralphütte). Ein guter Platz, um den Helm aufzusetzen.
Auf der Moräne wandere ich relativ bequem aufwärts bis zum Fuß der Steilwand auf ca. 2340 m. Hier liegt unerfreulicherweise noch ein schmales, steiles Schneefeld, welches den üblichen Einstieg versperrt. Mist!
Die Überquerung - auch wenn es nur ca. 15 Meter wären, ist mir nicht geheuer, also suche ich eine Umgehung. Etwas weiter östlich ist das Schuttfeld bis zum Wandfuß aper. Aber wie weiter? Ich probiere es einfach aus. Tatsächlich gibt es eine Art abschüssige Terrasse über dem (harmlosen) untersten Felsriegel, auf der ich vorsichtig zur markierten Route hinüber quere. Soweit, so gut.
In kurzen Kehren, manchmal auch direkt, leiten die Markierungen konsequent aufwärts. Eine richtig wilde und coole Route bei der man fast dauernd die Hände braucht. Im oberen Teil nimmt die Dichte der Kletterstellen eher noch zu, dafür gibt es etwas weniger loses Zeug. Einige wenige Stellen sind mit Ketten gesichert. Ich habe mich inzwischen so an die Kraxelei gewöhnt, dass ich die Sicherungen kaum benutze und halte immer wieder kurz inne, um den Tiefblick und die Felsgipfel rundherum zu bestaunen. Hier wird einem durchaus bewusst, dass es mehr oder weniger eine Wand ist, die man "erwandert" hat.
Fast plötzlich ist dann die Grathöhe - etwas westlich der tiefsten Stelle, 2654 m - erreicht. Dort gibt es reichlich Platz, um eine gemütliche Pause zu machen. Das Sustenjoch ist ein ungemein kontrastreicher Übergang. Steine und Schnee gibt es auf zwar beiden Seiten, aber im Gegensatz zur "irre" steilen Nordseite wirkt die Südseite endlos weit und breit.
Tatsächlich sin die ersten 50 Höhenmeter auch auf der Südseite etwas kraxelig. Dort liegt noch ein großes Schneefeld, dessen oberen Teil ich (wieder mal) im Schutt umgehe. Das geht gut. Denn solange es steil ist, lässt sich der feine Schutt ganz gut abrutschen. Sobald es flacher wird, tut es der weiche Schnee.
Die Route ist prinzipiell markiert, aber nicht so klar vorgegeben. Ein erster Orientierungspunkt nach dem Sustenjoch sind die großen Felsblöcke der "Giltsteine". Dann halte ich mich immer leicht östlich des Wallenburfirns, wo man im feinen Geröll runterwärts gut vorwärtskommt. Unübersichtlich wird es aber beim scheinbaren Ende des Gletschers mit Gletschersee. Hier habe ich mach etwas zu weit auf den Gletscher drängen lassen. Rund um den See (ca. 2400 m) und unterhalb macht loses grobes Geröll das Gehen mühsam und außerdem muss man auf Schmelzlöcher achten. Denn tatsächlich geht das Eis noch ein ganzes Stück weiter, ist aber von Geröll komplett bedeckt.
Eine Geländestufe tiefer gibt es derzeit ein merkwürdiges Eistor zu bestaunen. Einige Markierungen leiten in die Nähe, aber Achtung, die sind wahrscheinlich abgerutscht. Besser, man umgeht den Bereich östlich, was ich schließlich auch mache. Endlich werden die Wegspuren wieder deutlicher und das Gelände (ab ca. 2300 m) besser begehbar. Die Abzweigung des "Panoramawegs" ignoriere ich und wandere immer weiter talauswärts. Endlich kommt die Hütte in Sicht. Mir kommt es so vor, als hätte ich ewig für den Abstieg gebraucht, aber tatsächlich waren es ziemlich genau die 2 Stunden, die auch auf dem Wegweiser im Sustenjoch angegeben sind.
Der Rest meiner Tour fällt mit dem normalen Hüttenweg der Voralphütte (2127 m) zusammen. Und der zieht sich ganz schön hin. Zuerst überquert man gefühlt ein Dutzend Elektrozäune für eine Handvoll Kühe, die hier oben weiden. Die Voralpreuss ist nie weit weg und gibt ein beruhigendes und monotones Rauschen von sich. Das passt prima zu dem meist sehr flachen Weg: Zwanzig Schritt runter, zwanzig Schritt gerade, zehn Schritt wieder rauf - und dann nochmal und so weiter. Etwa auf halben Weg liegt die große Schwemmebene bei Horenfelli, wenig später eine gemütliche Bank bei einem Wegkreuz. Kaum habe ich mich dort für eine kurze Pause hingesetzt, versuchen mich auch schon die ersten Insekten anzuknabbern. Also schnell weiter! Das letzte Stück ab der Waldgrenze gefällt mir dann wieder besser, denn nun geht es wenigstens richtig bergab.
Eigentlich hatte ich vor, bis Göschenen abzusteigen, aber ich bin langsamer als geplant unterwegs. Ohne Reue verzichte ich auf die Talwanderung und lasse mich an der Göscheneralpstraße bei P. 1255 (Parkplatz) abholen.
Schwierigkeiten & Gehzeiten
Sustenpass - Sustenjoch: Spannende Route, die zu den T5-Referenztouren gehört. Ich würde sie tendenziell eher in der oberen als in der unteren Hälfte von T5 einstufen. In der SAC-Literatur auch mit WS oder II bewertet.
2 h 30 min
Sustenjoch - Voralphütte: T4 oder L, 2 h
Voralphütte - Göschenertal P. 1255: T2, 2 h
Fazit - einerseits wild & spannend, andererseits recht heikel, anstrengend und (später) monoton - sagen wir in Summe mal "bedingt empfehlenswert".
Tourengänger:
Bergmax

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