Der Jubiläumsgrat - Zwischen Himmel und Höllental


Publiziert von Master , 29. Juli 2021 um 00:34.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Wetterstein-Gebirge
Tour Datum:11 August 2020
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K4- (S-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 13:30
Aufstieg: 853 m
Abstieg: 2098 m
Strecke:11,11
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Am Vortag von der Talstation Osterfelderbahn mit der Zugspitzbahn bis zum Zugspitzplatt, anschließend Aufstieg bis zum Münchner Haus
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Am Folgetag mit der Kreuzeckbahn ins Tal
Unterkunftmöglichkeiten:Münchner Haus, Kreuzeckhaus
Kartennummer:BY8

Die Tour

Durch das Fenster im Keller des Münchner Hauses ist die einsetzende Dämmerung zu erkennen als ich meinen Rucksack packe. Die anderen im Zimmer schlafen noch. Sie haben andere, leichtere Touren geplant. Im Morgengrauen gehe ich über die völlig menschenleere Plattform in Richtung Zugspitzgipfel. Die ganze Szene ist in einen geisterhaften Nebel getaucht. Es herrscht Stille, wo sonst ein reges Treiben herrscht. Ich öffne den kleinen Ausstieg an der Brüstung und steige die spartanische Metallleiter hinab. Ab jetzt wird es ernst. Über die, in den Fels geschlagenen, Metallbügel geht es die paar Meter wieder hoch zum Gipfel. Doch an diesem gehe ich heute vorbei. Ich passiere das Schild „Jubiläumsgrat“.

Ab hier geht es zunächst ein Stück weit einen ausgetretenen Weg entlang, auf dem man das Ende des Höllentalklettersteiges kreuzt, bevor es langsam in zunächst leichte Handkletterei übergeht. Mittlerweile erhebt sich die Sonne über den Horizont.



Nachdem man sich etwas vom Gipfel entfernt hat, kommt man zu einer Felsformation, die man entweder hinaufsteigen und abklettern oder links im ausgesetzten Bereich umgehen kann. Die Oberseite ist glatt, sodass man beim Abklettern wenig Halt findet. Es sind jedoch zur Sicherung zwei Eisenstangen eingeschlagen. Ich umgehe den Felsblock dicht an der Wand entlang.

Nach einigen weiteren Kletterstellen gelange ich zu der Schlüsselstelle, der „glatten Rinne“ mit Schwierigkeit III-. Der ursprüngliche Plan war die Stelle abzuseilen. Beim Einlegen verabschiedet sich jedoch mein Abseilachter ins Reinthal. Immer leiser und in immer größeren Abständen hörte man das Metallstück aufschlagen, bis es nach etwa einer halben Minute nicht mehr zu hören ist. Ich entscheide mich, die Rinne abzuklettern und dabei das Seil als Griffhilfe zu nehmen. Dies erweist sich als einfacher, als es das Abseilen gewesen wäre, da man die Rinne nicht einfach senkrecht runter, sondern ein Stück nach rechts klettern muss, um den nächsten Griff zu bekommen.

Etliche namenlose Grattürme geht es nun auf und ab, während die Zugspitzplattform langsam kleiner wird. Stellenweise führt der Weg auch seitlich vom Grat entlang. Die GPS-Uhr gibt mir zuverlässig die Richtung vor. Eine Kombination aus Markierungen, Steinmännern und Steigeisenkratzern ergänzt die Wegfindung, sodass ich mich kein einziges Mal versteige. Nach nun mittlerweile vier Stunden erreiche ich den Gipfel der inneren Höllentalspitze. Diese sieht von Weitem ziemlich übel aus. Steht man davor, erkennt man aber den Pfad, der sich geschickt den Fels schlängelt, versichert durch einige Stahlseile, sodass man hier doch gut hinauf kommt.

Blick zurück von der inneren Höllentalspitze

Um halb zwölf erreiche ich den Abstieg zum Brunntalgrat zwischen innerer und mittlerer Höllentalspitze. Wer hier bis viertel nach zwölf nicht angelangt, ist soll die Tour abbrechen, heißt es. Ich entscheide mich zum weitergehen.

Von hier an geht es nun wieder bergauf. Nach einer knappen halben Stunde habe ich die mittlere Höllentalspitze erreicht. In der Ferne ist schon die rote Biwakschachtel zu sehen. Das Gelände wird nun deutlich einfacher. Es erweckt den Eindruck, man könne von dort den Grat einfach hinunter ins Reinthal spazieren.



Um halb eins erreiche ich die Grathütte. Die Sonne bruzzelt. Meine drei Liter Wasser sind mittlerweile aufgebraucht. Ich finde hier etwas Altschnee vor, mit dem ich meine Trinkblase wieder fülle. Einen kurzen Blick in die Biwackschachtel werfe ich noch, bevor ich mich weiter mache. Das Gelände wird nun wieder anspruchsvoller. Gegen 13 Uhr überquere ich die äußere Höllentalspitze. Zwischendurch fallen einige Regentropfen. Nun kommt das letzte große Hindernis in Sichtweite: Die Vollkarspitze. Auf dem Weg dorthin gibt es noch einige ausgesetzte Passagen, die teilweise mit Stahlseilen versichert sind. Ich verwende mein Klettersteigset mit dem Ferrata Block. An der Vollkarspitze ziehe ich mich Meter für Meter das Drahtseil hoch.

Nach der Überschreitung der Vollkarspitze geht es weiter in Richtung Hochblassen durch weiterhin schwieriges Gelände. Es ist 15:30 Uhr und ich erreiche das Ende des Grates. Drei Kreuze – Die größten Schwierigkeiten sind geschafft, doch die Tour ist bei weitem nicht vorbei. Ungefähr ein Drittel der Strecke muss noch absolviert werden. Es geht nun die Grieskarscharte hinunter, die wegen des losen Gerölls nicht weniger heikel ist als der Grat selbst. Auch hier sind Teile seilversichert.



Unten angekommen befindet man sich auf einem Joch. Links geht es über das Matheisenkar zur Höllentalangerhütte, rechts zum Stuibensee. Ich gehe geradeaus zur Alpspitze die ganzen Höhenmeter wieder rauf. Eine Bayerin kommt mir entgegen und fragt mich, ob ich denn „diese fürchterliche Grieskarscharte“ hinunter sei. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreiche ich den höchsten Punkt des Weges. Den Gipfel lasse ich aus. Die Alpspitz-Ferrata hinunter komme ich nun wieder schnell vorwärts. Das Gelände ist einfach und durchgängig versichert. Doch der Weg bis zum Osterfelderkopf zieht sich. Die letzte Bahn ist mittlerweile abgefahren, was die Tour erneut in die Länge zieht. Um 18:45 Uhr erreiche ich die verlassene Station. Ich suche das Umfeld nach Getränken ab und finde noch eine Flasche, die beim Aufräumen übersehen wurde. Nach einer etwas längeren Pause mache ich mich wieder auf den Weg mit nun dem Kreuzeck als Ziel, wo es noch etwas zu trinken gibt.

An der Hochalm vorbei geht es nun mit großen Schritten dem Endziel entgegen. Am Kreuzeck angekommen möchte mich der Wirt zunächst nicht aufnehmen. Er fragt mich, ob ich denn überhaupt alles für eine Hüttenübernachtung dabei hätte. Als ich ihm erzähle, dass ich vom Münchner Haus gestartet bin, lässt er mich aber doch bei sich unter kommen, sodass ich nicht noch ganz bis ins Tal laufen muss. Bei Sonnenuntergang sitze ich mit einem Hellen auf der Terrasse des Kreuzeckhauses und blicke auf den absolvierte Tour zurück. Der Wirt erklärt mir „Das Problem bei so einer Grattour ist: Auf der zweiten Hälfte trocknet man aus“. Ich werde alleine im großen Matrazenlager untergebracht. Am nächsten morgen fahre ich mit der ersten Bahn ins Tal. Zwei Tage später soll es auf den Großglockner gehen...



Fazit

Wen man die Tour auf dem Osterfelderkopf ausklingen lassen will, muss man Gas geben. An warmen Tagen sollte man schon mal 6 Liter Wasser für die Tour einplanen. Wer den Anforderungen an Kondition, Trittsicherheit, Kletterei und Schwindelfreiheit gewachsen ist, der hat die Chance einzutreten in den Klub der Absolventen der Tour aller Touren, dem Jubiläumsgrat.



verwendete Ausrüstung
 

  • 30 m Seil (Kanirope Dyneema Pro 5 mm)
  • Klettersteigset (AustriAlpin Hydra Evo)
  • Klettergurt (Black Diamond Couloir Harness)
  • GPS-Uhr (Garmin Fenix 6X Pro)

     

Tourengänger: Master


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Kommentare (2)


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F3ttmull hat gesagt:
Gesendet am 29. Juli 2021 um 07:49
Sehr schön, Glückwunsch zu dieser schönen Tag letztes Jahr und schade, um den Abseilachter. Freue mich schon auf den Bericht vom Großglockner ;)

Nic hat gesagt:
Gesendet am 29. Juli 2021 um 10:15
Gratulation zur schönen Tour und vor allem zu dem schönen Bericht. Sehr ansprechend.

VG Nico


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