Chällihorn 1970m via Euschelsflue


Publiziert von Bergamotte , 8. November 2020 um 22:10.

Region: Welt » Schweiz » Freiburg
Tour Datum: 6 November 2020
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-FR 
Zeitbedarf: 3:15
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Jaun, Dorf / Parkplätze in oder nach Jaun
Kartennummer:1226 Boltigen

Weil nach kurzer Nacht etwas angeschlagen wollte ich heute kleinere Brötchen backen. Die Wahl fällt spontan aufs Chällihorn, welches ich bei meiner grossen *Walop-Rundtour passiert hatte. Doch die übliche Überschreitung von Osten nach Westen (oder umgekehrt) bot dann gar etwas wenig Fleisch am Knochen. Zum Glück steht dem gestählten Alpinwanderer mit einem Faible für Kletterei eine dritte Variante offen: der Zustieg von Norden ab Golmly-Pass über die Euschelsflue. Aufgrund Bemerkungen im Führer hatte ich mit dem Schlimmsten gerechnet, sprich einer botanischen Plackerei. Geworden ist es schliesslich ein Gratabenteuer der Extraklasse: luftige Ritte, knackige Kletterei, abwechslungsreiche, ja geradezu bestechende Routenführung. Bitte mehr solcher Überraschungen!

Es ist schon gegen zwölf, als ich von der Hauptstrasse zwischen Jaun (1015m) und Kappelboden loslaufe. Die Tour lässt sich scharf in drei Etappen unterteilen: 1. Zustieg nach Golmly (T2) 2. Überschreitung Euschelsflue (T6/III) 3. Abstieg über eine der beiden Normalrouten (in meinem Fall nach Westen, T4). Das erste Teilstück gibt landschaftlich vorerst nicht allzu viel her. Man folgt dem Oberbach, um beim Unter Chüeboden (1350m) schliesslich das enge Tal zu verlassen. Hier öffnet sich das Gelände und gibt ab dem Mittler Chüeboden den Blick frei auf das Herzstück der Tour, die Euschelsflue. Tipp: Auf ca. 1650 zweigt linkerhand ein guter, signalisierter Weg nach Chälli ab. Dieser fehlt auf der LK und ermöglicht eine einfache Überwindung des Felsbands. Hätte ich das gewusst, wäre ich vielleicht - trotz kurzem Gegenabstieg - über diese Alp statt das enge Tal zugestiegen. Item. Wenig später stehe ich im Pässchen von Golmly (1912m), wo der Trainingsteil meiner Tour ans Ende kommt.

Was nun folgt, ist ein Gratabenteuer der Extraklasse. Die Routenführung ist so bestechend wie logisch: Mit einer einzigen (zwingenden) Ausnahme verbleibt man auf dem Grat und überschreitet die drei Türme der Euschelsflue. Dabei bewegt man sich über weite Strecken im T5-T6 Bereich. Die Schlüsselstelle - eine unübersehbare Felsrippe - folgt kurz nach Beginn. Die IIIer Kletterei ist äusserst luftig, aber nur wenige Meter kurz und in bestem Kalk. Eine kleinräumige Umgehung durch die Westflanke wäre prinzipiell möglich, doch das ist extremstes Steilgras (T6+). Nur ein Hasardeur würde dieses Risiko eingehen, wenn doch nebenan lohnende Kletterei lockt. So erreicht man den ersten Turm. Der Weiterweg über den Grat bedeutet für mich Genuss pur. Eine schwache Wegspur führt geschickt durch die teils recht dichte Vegetation, abwechslungsreich! Und wer wie ich in den Ostschweizer Voralpen bergsozialisiert wurde, hat für die drei, vier Sträuchlein unterwegs sowieso nur ein müdes Lächeln übrig...

Nach dem zweiten Turm geht's dem Grat entlang, welcher später fast senkrecht abbricht. Hier folgt die zwingende Umgehung rechts durch die steile Westflanke: T6 der gehobenen Art und heute mit kleinen Schneeresten sehr defensiv zu begehen. Anschliessend geht die spassige Gratkletterei und -kraxelei ungebremst weiter. Ich klettere noch weitere IIIer Stellen, die sich aber allesamt kleinräumig umgingen liessen. Auf dem dritten Turm, sprich dem Hauptgipfel der Euschelsflue (1953m), finden die Schwierigkeiten ein Ende und es gilt bloss noch, den idealen Weg durch die zunehmende Vegetation zum Chällihorn (1970m) zu erwischen. Oben mache ich es mir gemütlich und geniesse eine ausgiebige Rast sowie die exzellente Fernsicht an diesem prächtigen Herbsttag.

Für den Abstieg wähle ich die Variante durch die Westflanke, das ergibt eine schöne Runde. So folge ich zunächst weiter dem (harmlosen) Gratrücken bis zum markanten P. 1900. Von dort führt eine passable, heute schmierige Wegspur die breite NW-Rippe runter bis fast in den Euschelspass (1567m). Ein letztes Mal fällt mein Blick auf die kleine Westwand am Chällihorn, die im Abendlicht fast goldig leuchtet. Der Rückweg nach Jaun über bestens markierte Wanderwege eignet sich dann ideal zum Auslaufen.

Zeiten (kum)
1:20  Golmly
2:20  Chällihorn
3:15  Jaun

Tourengänger: Bergamotte
Communities: Freiburg, T6


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Kommentare (1)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 12. November 2020 um 20:25
uff, da sind ja wieder deine "gehobenen" T6-III-Touren - wird mir ja schon schlecht beim Betrachten der Fotos ..

Gratulation, super - eben bergsozialisiert (im hohen Bereich) ;-)

lg Felix


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