Kratzer (2.427 m) und Mädelegabel (2.645 m) von Holzgau


Publiziert von Manu81 , 30. Juli 2020 um 23:35.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:19 Juli 2020
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   D 
Zeitbedarf: 9:45
Aufstieg: 1850 m
Abstieg: 1850 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Auto bis zum Wanderparkplatz in Holzgau.

Nach einer längeren Bergabstinenz gings mal wieder ins Allgäu, um dem Hauptkamm quasi "von hinten durch die Brust ins Auge" zu steigen. Der Plan war, von Holzgau übers Höhenbachtal und das Mädelejoch auf den Kratzer zu gehen, dann die Mädelegabel mitzunehmen und danach vielleicht noch Richtung Hochfrott weiter zu steigen.

Trotz früher Abfahrt um 4:30 Uhr im Schwabenland, kommen wir erst um 6:45 in Holzgau los (die Anfahrt zieht sich dann halt doch immer...). Der Wanderparkplatz Holzgau (1.114 m) ist tatsächlich kostenlos (!!!) - falls wir nicht doch einfach den Automaten übersehen haben... Für das Höhenbachtal haben wir Fahrräder mitgenommen. Schonmal vorweg: ob sich das lohnt ist äußerst fraglich.... Aber: zunächst strampeln wir mal motiviert los. Die erste Zeit verläuft der Weg recht sanft ansteigend - da kann man im Vergleich zum Aufstieg per pedes doch einiges an Zeit gut machen. Wir unterqueren die Hängebrücke, dann kommen erste steilere Rampen und der Weg wird deutlich grobschottriger. Da wir recht schmal bereifte Räder haben, häufen sich die Schiebestrecken.

Am Simms-Wasserfall machen wir Pause und schauen uns die beeindruckenden Wasserfälle an. Die 3 Übungsklettersteige, welche quer am und über den Wasserfall gebohrt sind, schauen tatsächlich sehr spektakulär aus. Am Cafe Uta geht´s wieder entspannt vorbei und weiter zur Unteren Roßgumpenalpe (1.320 m). Hier kommen wir nach ca. einer Stunde an. Wir vermuten, dass wir es in dieser Zeit auch - einen zügigen Schritt vorausgesetzt - zu Fuß geschafft hätten...

Nachdem wir die beiden Räder an einen Wegweiser angeschlossen haben, gehts nun zu Fuß weiter. Tatsächlich muss sich der Körper ersteinmal an die anderen Bewegungsabläufe gewöhnen. Die ersten Meter laufen wir ein bisschen wie auf rohen Eiern. Dann findet sich aber allmählich der Rythmus. Das Höhenbachtal ist tatsächlich eines der schönsten Alpentäler die ich kennenlernen durfte. Man ist die ganze Zeit am Wasser unterwegs, es plätschert und rauscht -  und die Aussicht wird mit jedem Meter phantastischer. Zunächst beeindruckt vor allem die Griestalerspitze und die Rotschrofenspitze im Rückblick. Dann kommt mehr und mehr die Holzgauer Wetterspitz raus. Bis sich dann wieder in Gehrichtung das Duo Öfner & Muttler zeigen. Einfach traumhaft... Steigt man höher, tritt unvermittelt der Krottenkopf in Erscheinung und der Jöchlspitzkamm wird sichtbar. Auch sieht man im oberen Bereich erstmals zum ersten Tagesziel dem Kratzer. Wir sehen uns kaum satt und füllen die Speicherkarten schon am Aufstieg weitestgehend :-)

Dadurch kommen wir aber auch mit dem avisierten Zeitplan etwas in Verzug. Am Mädelejoch (1.973 m) hat man dann noch eine phantastischen Blick auf den Krottenspitzkamm mit seinen wahnwitzigen Zacken und Türmchen. Irgendwann rät aber die Vernunft zum Weitergehen. Wir queren teilweise weglos Richtung Heilbronner Weg. Über ein paar ganz einfache gesicherte Passagen steigen wir hoch in die Südflanke des zerborstenen Felskastells des Kratzers. Erkennt man den Kratzer von Norden her schon von weitem, ist man von seiner südlichen Seite dann doch etwas enttäuscht. Eigentlich besteht er hier aus nicht mehr als einer Hand voll verschieden hoher Zacken, die einem steilen Schrofenhang entwachsen. Wir steigen nahezu komplett am Massiv vorbei und biegen dann unmittelbar vor einer Geröllrinne nach rechts ab. Nahe der Geröllrinne ist unserer Ansicht nach die Flanke am wenigsten steil und auch ganz gut gestuft, sodass man mehr oder weniger bequem, aber ziemlich schweißtreibend die "linkeste" Scharte des Kratzer ansteuern kann. Der Schrofenhang verengt sich dann irgendwann zu einer Geröllrinne. Die sieht schlimmer aus als sie ist: am rechten Rand der Rinne entlang, findet man eigentlich immer mehr oder weniger feste Tritte. Recht zügig erreichen wir dann die Scharte vor dem Westgipfel. Von hier aus bietet sich ein wunderschöner Blick über ein kleines noch teilweise Schnee gefülltes Kar, in Richtung Oberstdorf. Wir kraxeln dann nach links hoch zum Westgipfel. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten: wenn man aus der Rinne quasi 90 Grad nach links abbiegt, kann man über festen Fels einen schönen Ier klettern und zum Schluss über einen kurzen, leicht ausgesetzten Grat balancieren. Geht man die Flanke eher in nördlicherer Richtung an, muss mann im Idealfall nicht einmal Hand an den Fels legen sondern kann steile Schrofen (T4) zum Gipfel hochsteigen. Beides geht - die Kraxelvariante ist aber schöner.

Am Gipfel des Kratzer (2.427 m) angekommen, bietet sich ein wunderbares Panorama in Richtung Mädelegabel und Trettachspitze. Der Kratzer ist irgendwie eine nette kleine Spielwiese mit lustigen kleinen Zacken und Graten, Rinnen und Spalten. Ein richtiger Abenteuerspielplatz für große Jungs :-). Ein sehr sympathischer Berg...

Nach einer längeren Pause steigen wir die Geröllrinne wieder ab und auch den Schrofenhang kommen wir gut wieder runter. Über den Heilbronner Weg gehts nun Richtung Mädelegabel. Dort liegt im Bereich des unteren Südostrückens noch recht viel Schnee. Auch der Schwarzmilzferner ist noch gut eingeschneit. Problematisch ist es jedoch nicht. Über den Rücken geht es dann an die Einstiegswand (I) und in wunderschönem, moderat ausgesetztem Genußkraxelgelände hoch zum Gipfel der Mädelegabel (2.645 m). Die Aussicht ist, nunja, leider nicht vorhanden. Die Wolken hüllen die Mädelegabel leider ein, sodass wir den Blick zur Trettach nicht genießen können. Wir machen daher nur kurz Pause und steigen dann zügig den Südostrücken wieder runter. Der Rückweg Richung Mädelejoch zieht sich ziemlich, genauso wie auch der Abstieg zur Roßgumpenalpe.

Dort freuen wir uns auf eine zügige Abfahrt mit den Rädern - welche aber durch den groben Schotter doch ziemlich ausgebremst wird. Teilweise muss sogar bergab geschoben werden. Alles in allem würden wir die Räder wohl beim nächsten mal nicht mehr mitnehmen...

Fazit: Die Tour von Holzgau über den Kratzer und die Mädelegabel ist eine Genussrunde mit traumhafter Landschaft. Die Runde lässt sich beliebig erweitern über die Hochfrottspitze und/oder den Heilbronner Weg (Steinschartenkopf und Bockkarkopf) bis zur kleinen Steinscharte. Dann kann über das Schochenalptal bis zur Oberen Roßgumpenalpe (1.690 m) abgestiegen werden.







Tourengänger: Manu81


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Kommentare (2)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 31. Juli 2020 um 16:22
Schöner Bericht!
Die Anfahrt ins Lechtal mag weiter sein, aber ich glaube auch, dass sich das allein wegen des Roßgumpenkar-Tals mehr als lohnt

Manu81 hat gesagt: RE:
Gesendet am 31. Juli 2020 um 20:12
Ja genau, das Lechtal und seine Seitentäler sind einfach immer einen (Um-)weg wert. Einfach eine tolle Landschaft!


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