Bayerländerweg aufs Nebelhorn (600hm, V-)


Publiziert von Eumaex , 22. August 2020 um 21:11.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:20 Juli 2020
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: V- (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Strecke:32 km

Im hinteren Rettenschwanger Tal befindet sich eine der schönsten alpinen Touren im Allgäu. In der Nordwand des westlichen Wengenkopfes ist man in einer eigenen Welt. Die Wegfindung ist nicht immer ganz einfach, aber die Route verläuft logisch durch die Schwachstellen der Wand. Die Stände sind gebohrt und zwischendrin gibt es auch den ein oder anderen Normalhaken. Wer allerdings denkt die Route sei "easy going", der wird schnell eines besseren belehrt. Der Bayerländer Weg umfast 14 Seillängen und auch wenn es klettertechnisch nie wirklich schwer wird ist die Gesamtanforderung aufgrund der Länge der Tour und des Zu- bzw. Abstieges nicht zu unterschätzen. Die Absicherung ist alpin, die Haken sind weit auseinander, aber optimal um den richtigen Weg durch die Wand zu finden. Der Vorsteiger sollte allerdings eher nicht stürzen.


Zustieg:

Los geht es morgens um 6:30 Uhr am Parkplatz Gruebplätzle mit dem Mountainbike. Die Temperaturen sind noch recht frisch aber bald wird uns schon warm. Mit den Klettersachen im Rucksack sind die über 600hm und knapp 10km zur hinteren Entschenalpe in 40 schweißtreibenden Minuten hinter uns gebracht. Man folgt dazu einfach dem Teerweg ins Rettenschwanger Tal, am Ende geht es nochmals steil bergauf bis der Weg an der hinteren Entschenalpe endet. Hier ist das Fahrraddepot. Im Vergleich zum restlichen Allgäu ist hier auch den Sommer über recht wenig los. Landschaftlich wunderschön lohnt sich dieser Anstieg, wenn man genügend Zeit hat sicherlich auch für den Entschenkopf, das Gaisalphorn, Rubihorn oder Nebelhorn. Dadurch entgeht man auf dem Großteil des Zustieges den Massen die sich über die Gaißalpe nach oben wälzen.
Unser Ziel ist heute jedoch ein anderes. Wir folgen für ca. 5 Minuten den Weg zum "Gängele" um dann weglos nach einem großen Felsblock zunächst noch durchs Gras nach links abzubiegen. Dann geht es eine von links nach unter ziehende Schuttrinne anstrengend bergauf. Nach 15-20 Minuten kommt auf der rechten Seite der erste Bohrhaken, der den Einstieg in den "Bayerländer Weg" markiert.


Route:

Vom Einstieg sieht man rechts ca. 5 Meter über sich am Rand einer Rinne einen gelb wirkenden weiteren Bohrhaken, damit ist die Kletterrichtung eigentlich klar. Während wir in den leichtesten Seillängen unten aufgrund des breit gefächerten Geländes noch den ein oder anderen kurzen  "Verhauer" drin hatten ( es ging aber relativ schnell und ohne Probleme wieder auf die richtige Route zurück) konnten wir weiter oben die Route problemlos finden. Generell gilt: sobald es zu schwer wird oder länger kein Haken mehr zu sehen ist sollte man sich nochmals umschauen. Die "Schlüsselstellen" sind zwei V- Stellen in der 4. bzw. 10. SL. Die in der 10. SL kam mir dabei etwas schwieriger vor. Es darf hier kurz richtig zugepackt werden. Ich meine, dass ich im Tannheimer Tal schon die ein oder andere VI-er Stelle geklettert bin, die mir leichter vorgekommen ist. Aber ist natürlich alles Geschmackssache. Fakt ist die Stelle geht nur über einen Meter, ist gut machbar und ist direkt mit einem Bohrhaken abgesichert, einen weiteren Meter drüber kommt der nächste Stand. Seillänge 5 und 6 führen überwiegend durch schuttiges Gelände, diese sind wir frei hochgestiefelt. Nach 5-6 Stunden gemütlicher Kletterei waren wir am Ausstieg.

Topo gibt es im Kletterführer Allgäu von K. Rath.


Kurze Zusammenfassung:

1. SL         3 (45m)
2. SL         3+ (25m)
3. SL         4+ (45m)
4. SL         5- (40m)
5.+6. SL    1-2 + Gehgelände (insg. 100m)
7. SL         4- (30m)
8.+9, SL    4+ (45 bzw. 40m)
10. SL       5- (30m)
11. SL       1 (Querung, 10m)
12. SL       4+ (35m)
13. SL       4- (50m)
14. SL       4+ (55m)

Ich würde tunlichst davon abraten einzusteigen wenn eine andere Seilschaft bereits in der Route ist, der Steinschlag ist teilweise enorm. Zu Klettern ist die Route trotzdem sehr gut, nur wenige unzuverlässige Griffe. 
Beim Ausstieg kann man auf einem kleinen Plateau im Gras gemütlich Pause machen. Danach geht es zunächst über Wegspuren, dann über Rinnen im Felsaufbau (I-II) auf den Hindelanger Klettersteig. Aus irgendeinem Grund hatten wir erwartet direkt am westlichen Wengenkopf herauszukommen. Der ist allerdings noch ein ganzes Stückchen entfernt...


Abstieg:

Darf nicht unterschätzt werden. Man kommt zwischen dem westlichen und östlichen Wengenkopf auf dem Hindelanger Klettersteig heraus. Wir sind über diesen zum Nebelhorn und dann über den wunderschönen Pfad am Grat entlang vorbei am Westgipfel und Gundkopf zum Geißfußsattel und vorbei am oberen Gaisalpsee zum Gängele. Von dort aus den Wegweiser nach durch eine unglaublich schöne Landschaft zurück ins Rettenschwanger Tal und zum Fahrraddepot.
Hier mussten wir noch einen kurzen Umweg nehmen. Kurz vor der hinteren Entschenalpe führte der Weg durch eine Weide. Nachdem die meisten Kühe sich nicht für uns interessierten, rief der Kollege hinter mir plötzlich "Mutterkuh". Diese kam mit Vollgas und gesenktem Kopf auf mich zu. Während der Kollege schon die Beine in die Hand genommen und sich hinterm Zaun in Sicherheit gebracht hatte durfte ich nochmal die Restkräfte mobilisieren um ebenfalls aus der Weide hinaus zu sprinten um mich in Sicherheit zu bringen. Oben genannte Kuh war irgendwie nicht gut gelaunt und hat uns dann auch tatsächlich noch auf der anderen Seite des Zauns begleitet bis wir die Weide umgangen hatten. Vielleicht hat ihr mein T-Shirt nicht gefallen, wer weiß... ;)


Fazit:

Wunderschöne Tour mit schönem (allgäuer Nordwand-)Ambiente. Auf der Route befindet man sich in einer Welt für sich. Für Sportkletterer die ausschließlich auf schwierige Kletterei stehen mit Sicherheit nicht das Richtige. Für konditionsstarke Bergsteiger allerdings eine Traumtour. Zu- und Abstieg ziehen sich.

Tourengänger: Eumaex


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Kommentare (1)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 23. August 2020 um 09:29
Gratulation!
Feiner Bericht über eine weitgehend unbekannte Route

VG, Nyn


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