Kurzbericht 

Kleine West Side Story am Albristhore


Publiziert von lorenzo , 19. Januar 2020 um 22:25.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Simmental
Tour Datum:15 Januar 2020
Ski Schwierigkeit: S+
Wegpunkte:
Geo-Tags: Niesenkette   CH-BE 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1520 m
Abstieg: 1520 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Matten oder mit dem Auto bis Brandweidleni (ca. 1240)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Kartennummer:LK 1246 Zweisimmen, LK 1247 Adelboden; D. Anker, R. Schnegg, Skitouren Berner Alpen West, SAC 2000

Am 2. Mai 1994 war ich erstmals auf das Albristhore gestiegen. Ich startete um 5.30 von Am vordere Berg und nahm den Aufstieg über I de Schufle, wobei mir in den Schneeflanken von Gsür und Albristhore überall schwarze Löcher mit dunklem Rand auffielen... Nach gut zwei Stunden stand ich auf dem Gipfel und genoss die wunderbare Stimmung beim Rauschen des frühlingshaft angeschwollenen Färmelbachfalls vom gegenüberliegenden Rügge Tälti her. Zwei Lawinenexperten vom Militär kamen kurze Zeit später nach und mahnten zum Aufbruch: bis 10 Uhr müssten wir unten sein, dann werde in die Flanken geschossen, ob ich die Sperrung am Eingang des Färmeltals nicht gesehen hätte? Nein, sagte ich, um 5 Uhr sei die Strasse noch nicht gesperrt gewesen. Tatsächlich sei dies erst ab 6 Uhr der Fall gewesen, entgegneten sie. Wie auch immer, wir mussten, obwohl die Sulzbildung bei dem harten Schnee noch etwas Zeit gebraucht hätte, schon um 9 Uhr auf der harten Flanke abfahren. Befehl ist Befehl! Bei der Ankunft unten auf dem Parkplatz wimmelte es vor lauter Militär, Fahrzeugen und Flabgeschützen, die in Stellung gebracht wurden, und so musste ich mir, wiewohl gänzlich unschuldig und nur mit Ski und Stöcken bewaffnet, nochmals eine Strafpredigt anhören...

Seither hatte ich das Albristhore nie mehr besucht. Erst letzten Samstag war es wieder so weit: die seit vorigem Dezember anhaltende Schönwetterperiode dauerte an, und angesichts des sich ausbreitenden Schneemangels in den Voralpen unterhalb 1500m hofften wir auf genügend Schnee im Färmeltal und I de Schufle. Diesmal trat die Panne aber schon in Erlenbach auf, und bis der Servicemann zur Kontrolle der abgenutzten Bremsen beide Vorderräder ab- und wieder angeschraubt und bis zum baldigst verordneten nächsten Service grünes Licht gegeben hatte, drehten die beiden Uhrzeiger unaufhaltsam weiter...So wurde es Mittag, bis wir endlich im Färmeltal ankamen. Wie befürchtet, lag fast der ganze hintere Teil im Schatten der mächtigen Albristhore Nordflanke, so dass meine Kollegin es vorzog, im sonnigen unteren Teil sünnele zu gehen. Nach dem nur kurzen Spaziergang während der Pannenpause von Erlenbach Richtung Stockhorn brauchten die beiden Hunde Blacky und Nemo aber noch richtigen Auslauf, so dass ich wohl oder übel die Ski anschnallen musste. Wir starteten um 12.30 bei eisigen Temperaturen und unangenehm bissigem Wind. Um warm zu werden und den vorauseilenden Hunden nachzukommen, schaltete ich vom Chill- in den Hillmodus, und dank der guten Spur entlang dem Biregrabe standen wir schon bald am Grat in der Sonne und um 14.45 auf dem Gipfel. Der Riesenslalom drüben am grünen Kuonisbergli war zum Glück schon lange vorbei, und auch der Wind gönnte uns eine kurze Pause. Dabei gewahrte ich Abfahrtspuren hinunter zur W-Flanke, die mir ein seit dem Winter 2014 gehegtes Projekt wieder in Erinnerung riefen...Schon bald kurvte ich mit Blacky und Nemo, die mich wie üblich vor Aufregung und Vergnügen immer wieder anbellten und mir vor die Ski liefen, über I de Schufle und Färmelberg auf z.T. noch unverspurten Pulver zurück zum obere Mattemeder, wo sich Blacky und Nemo mit einem dritten, bedauernswerten dreibeinigen Männchen vom Gehöft ennet dem Färmelbach noch eine rüdige Rammelpartie gönnten, während ich alleine im eisigen Talwind zäpfelte. Welche Erlösung, als uns, wie vereinbart, pünktlich um 16.30 meine erholte, sonnengebräunte und vergnügte Kollegin abholte...

Schon am Mittwoch darauf machte ich mich wieder auf den Weg, um der W-Flanke einen Besuch abzustatten. Und auch an diesem Tag liess das erste Ungemach nicht lange auf sich warten: ab dem Simmefluetunnel nach Wimmis war hinter einem Tanklaster aus dem Kanton Neuenburg, den in der Dunkelheit zu überholen, ohne die Streckenabschnitte genau zu kennen, purer Leichtsinn gewesen wäre, bis Matten Tempo 50 angesagt. Ich versuchte es positiv zu sehen: wenigstens kam ich so auf der teilweise vereisten Simmentalstrasse nicht bei höheren Tempi ins Schleudern. Und so viel länger als geplant, hatte ich zuletzt doch nicht gebraucht, konnte ich doch um 7.45 längstens noch rechtzeitig auf Brandweidleni starten.

Nach kurzem Spuren bis zur nächsten Kurve und Skitragen bis zur übernächsten sowie  einem Eiertanz auf dem zwar gespurten, aber stellenweise vereisten Weg entlang dem Sitebach, der zudem zweimal in fliessendem Wasser und auf Eis und rutschigen Steinen gequert werden musste, begannen über einigen Graspartien auf I de Louene endlich anständige Aufstiegsspuren, die mich schon bald an die Sonne am Stand und auf dem Galm führten. Hier hatte ich erstmals einen umfassenden Einblick in die überwältigende W-Flanke, die im mittleren Teil gut aussah, während im unteren einige Gleitschneelawinen abgegangen waren und noch einige Fischmäuler klafften, und zuoberst in der SW-Flanke der Schnee von zahlreichen Steinen gesprenkelt zu sein schien. Zu meinem Erstaunen und noch mehr meiner Erleichterung setzten sich die Spuren ab Galm fort, so dass ich mir über den weiteren Routenverlauf vorerst nicht den Kopf zerbrechen musste. Das Wildigretli war noch einfach, die ausgesetzte und z.T. apere Querung zum Wandelimeder verlangte aber volle Konzentration. Selber spurend und Spuren folgend erreichte ich in wieder leichterem Gelände den Gemschbode, wo die Spuren nach rechts Richtung S-Grat weiterführten. Ich wendete mich dagegen der links steil aufragenden und ausgesetzten SW-Flanke zu, spurte wiederum konzentriert zuerst nach N, dann in mehreren Spitzkehren nach NE über die immer steinigere Gipfelflanke hinauf zum NW-Gipfel und querte zuletzt auf dem z.T. ebenfalls steinbesetzten Gipfelgrat hinüber zum Hauptgipfel, wo gerade zwei Tourengänger aus dem Färmeltal eintrafen.

Nach einem freundlichen Wortwechsel und einer kurzen Rast fuhr ich unter dem Gipfelgrat, wo noch genügend Schnee lag, zurück zur Aufstiegsroute und dieser entlang, vorsichtig Steinen ausweichend, hinunter bis ca. 2300m zurück, wo die Abfahrtsspuren zurück zum Wildigretli führten. Ich fuhr links vom Bachgraben hinunter zum Felsriegel auf ca. 2040, wobei sich
 die Schneeverhältnisse insgesamt als passabler erwiesen, als vorher von Galm aus dem Anschein nach, querte unter dien Felsen z.T. auf Gras und über den nächsten Bach zum Wysse Schafberg, wo auf den weiten und bequemen Hängen die Anspannung langsam wich. Noch ein letztes kurzes Derby auf Grasbelag, und ich erreichte über coupiertes Gelände endlich den Anfang der Strasse, die praktisch horizontal nach vorne zum Gibel führt und nochmals packende Ansichten von der gesamten SW- und W-Flanke gewährt. Nach einem mittellangen Langlaufintermezzo mit viel Stockeinsatz auf der gespurten Strasse und einer zwar gespurten, aber in zunehmendem Bruchharsch trotzdem ziemlich ruppigen Abfahrt von Gibel über Siteweideni hinunter, bei der nochmals zwei Stacheldrähte überwunden werden mussten, gelangte ich wohlbehalten zum Ausgangspunkt zurück, wo diesmal zum Glück noch die Sonne schien...

Albristhore W-SW-Flanke
Aufstieg über Galm: von Brandweidleni (ca. 1240m) über Weide (Stacheldraht) nach SE zur nächsten Kurve, auf der Alpstrasse bis zur Abzweigung 1385, auf dem eingezeichneten Weg über den Albristbach und entlang dem Sitebach, der zweimal gequert wird (Vorsicht wegen Wasser und Eis), bis P. 1466 und Richtung N hinauf zu den nordwestlichsten Hütten von I de Louene. Nach NE hinauf, S an den Hütten von Am underen Albrist (1721m) vorbei, nach E und SE zum Stand und entlang dem Grat auf den Galm (2187m), 2h 15min, L. Kurze Abfahrt nach E in den nächsten Sattel und Wiederaufstieg entlang dem Wildigretli bis ca. 2250m. Leicht ansteigende Querung nach ESE (bis 40 Grad, ausgesetzt, ev. aper) zur Abflachung auf ca. 2300m, über den Hang von Wandeli(meder) nach E  zu einem kurzen Couloir auf ca. 2520m und durch dieses hinauf nach Gemschbode (ca. 2540m). Nun in einer weiten Z-Schlaufe, Felsbänder und -hindernisse umgehend, durch die SW-Flanke (40-45 Grad, ausgesetzt) zum NW-Gipfel (2761m) und über den Gipfelgrat (Vorsicht wegen Wächten) zum SE- oder Hauptgipfel (2762m) des Albristhore, 1h 45min, S+, insgesamt 4h.

ÖV-Zustiegsvariante: vom Bahnhof Matten (1023m) zur Kreuzung 1026 der Hauptstrasse, auf der Querstrasse nach NE zur Dorfstrasse, und auf dieser nach NW bis vor die Brücke 1047. Ab hier auf der Alpstrasse Richtung Albrist durch den Stockhaltewald bis Brandweidleni (ca. 1240m), zusätzlich ca. 215Hm bzw. 30min, L.

Abfahrt über Wandeli und Wysse Schafberg: vom Hauptgipfel (2762m) unter dem Gipfelgrat zurück zur SW-Flanke und entlang der Aufstiegsroute zurück zur Abflachung auf ca. 2300m. SE der eingezeichneten Felsrippen (Prässel) oder NW davon (Wandeli) hinunter und weiter SE vom eingezeichneten Bach bis N des eingezeichneten Felsriegels auf ca. 2040m (bis 35 Grad). Unter diesem Querung nach S und über den anderen Bach, dann nach SW und S an zwei Hütten vorbei über die weiten Hänge von Wysse Schafberg zum Beginn der unteren Strasse von Hindere Wysseberg bei P. 1654. Auf dieser horizontal, streckenweise stöckelnd nach Gibel (1563m) und nach NE auf dem Rücken über Siteweideni zurück nach Brandweidleni (1240m), 1h 45min, S+.

Ev. auf der öV-Zustiegsvariante weiter hinunter zum Bahnhof Matten (1023m), zusätzlich ca. 215Hm bzw. 30min, L.

Verhältnisse: sonnig und mild. Zusammenhängend Schneedecke schattseitig ab ca. 1200m, sonnseitig ab ca. 1600m, unten ca. 5-10cm, oben bis ca. 50cm auf Unterlage, sonnseitig hart und griffig oder Sulz, schattseitig mehr oder weniger verblasener und gedeckelter Pulver. Querung vom Wildigretli zum Wannelimeder z.T. aper, ebenso z.T. jene unter dem Felsriegel auf ca. 2040m und zuunterst am Wysse Schafberg. Obere SW-Flanke abgeblasen und dort viele Steine. Alpstrasse Richtung Albrist im unteren Teil geräumt (Portage), danach Aufstiegsspuren (ab Galm mit Harscheisen) bis unter die SW-Flanke, Abfahrtspuren ab dort bis zur Abflachung auf ca. 2300m (Ausfahrt über Galm) und ab P. 1654 auf Hindere Wysseberg.

Fahrplan: 7.45 Start, 10 Uhr Galm, 11.45 Albristhore, 13.45 retour.

Material: Helm, Leichtpickel und -steigeisen zusätzlich zu üblicher Sktiourenausrüstung.

Bemerkungen: nur bei sicheren Lawinenverhältnissen!

Tourengänger: lorenzo


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