Witenwasserenstock - Pizzo Pesciora - Hüenerstock


Publiziert von ᴅinu , 10. Januar 2020 um 20:59.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum: 6 Januar 2020
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT5 - Alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   CH-UR   Gruppo Pizzo Rotondo   CH-VS 
Zeitbedarf: 10:30
Aufstieg: 1955 m
Abstieg: 1955 m
Strecke:26,1 km

An den Weihnachtstagen habe ich einen tollen Spruch erhalten... "Stell Dir vor: Jeden Morgen bekommst Du 86'400 Geldmünzen zur freien Verfügung. Alles was Du im Laufe des Tages nicht ausgegeben hast, wird dir in der Nacht wieder  weggenommen, du kannst das Geld nicht einfach auf ein anderes Konto überweisen, du kannst es nur ausgeben. Aber jeden Morgen, wenn du erwachst, hast du neue 86'400 Geldmünzen für den aktuellen Tag. Das Spiel kann ohne Vorwarnung beendet werden! Zu jeder Zeit.
Was würdest Du mit den Geldmünzen machen?" 
 
Eigentlich ist dies die bittere Realität:
 
Jeder von uns hat diese „Bank“. Die Bank ist die Zeit unseres Lebens, die Gott dir und mir gibt. Jeden Morgen, wenn wir aufwachen, werden uns 86'400 Sekunden geschenkt und wenn wir am Abend einschlafen, wird uns die übrige Zeit nicht gut-geschrieben. Die Zeit, die wir an diesem Tag nicht für Ihn gelebt haben, ist verloren, für immer verloren. Gestern ist vergangen. Jeden Morgen beginnt sich das Konto neu zu füllen und zu jederzeit kann dieser Traum aufgelöst werden - ohne Vorwarnung. Was machst du also mit deinen täglichen 86'400 Sekunden?
 
Eine einleuchtende Analogie :-D Und genau nach dem Motto - nutze den Tag (Carpe diem) - haben sich teamMoomin und D!nu zusammen auf eine grandiose Tour auf Schneeschuhen begeben.

Noch am Sonntag Abend trafen wir uns nach einem individuellen vollen Sonntags Programm. Von Realp aus stampften wir im wunderbaren Mondscheinlicht auf der bestens präparierten "Autobahn" die Witenwasseren hinauf zur Rotondohütte, wo wir um Punkt Mitternacht ankamen. Wir haben uns den Winterraum reserviert und waren wie erwartet alleine im Winterraum, was uns eine ruhige Nacht bescherte. 

Nach einer kurzen & kühlen Nacht standen wir voll motiviert auf. Aufgrund der Temperaturanzeige bei der Ankunft im PW dürfte es in der Nacht unter -20° kalt geworden sein. Dank TeamMoomin genossen wir einen grandiosen Morgenkaffee sowie das mitgebrachte Morgenessen. 

Von der Rotondohütte startend ging es nun heute auf ungefähr selber Höhenlinie zum Witenwasserengletscher. Anmutig glänzten die grossen Gipfel des Tales im Winterkleid: Heute darf ich schreiben, dass ich auf allen diesen schon einmal stehen durfte. Unter der rustikalen Nordwand vom Witenwasserenstock begann unser Anstieg, stetig steiler werdend, bis wir schlussendlich auf dem Grat zwischen Hüenerstock und Witenwasserstock-Ostgipfel standen. Auf dem Grat marschierten wir mit Schneeschuhen bis vor den Gipfelaufbau des Ostgipfels, wo wir dann auf Steigeisen umsattelten.

Auf dem Witenwasserenstock-Ostipfel dann die phantastische Sicht auf den Witenwasserenstock - irgendwie erinnerte mich dieser Blick an den Aufstieg am Finsteraarhorn. Direkt dazwischen erblickten wir bereits aus der Ferne - am tiefsten Punkt des Verbindungsgrates - den Stand zum Abseilen zum Passo dei Sabbioni hinunter. Als wir am Stand angekommen sind, entdeckten wir 2-3 Meter daneben noch einen zweiten Stand. In der Felswand darunter glänzten mehrere Bohrhaken in der Sonne - Geschätzter Schwierigkeitsgrad der Kletterwand: 3. Schwierigkeitsgrad. Da wir zum Gipfel nicht die gesamte Vollpackung mitschleppen wollten machten wir hier auch gleich unser Materialdepot.

Am kurzen Seil ging es schliessend mit Helm, Pickel und Steigeisen der gut Spur entlang zum Witenwasserenstock Hauptgipfel. Die Ausgesetztheit relativierte sich vor Ort - klar ist man immer an oder auf einer sehr steilen Wand, die bestens angelegte Spur schenkte uns aber ein wunderbares Erlebnis und angenehmes Voranschreiten. Nachdem man den ersten Felsaufschwung, welcher im Sommer im 3.Schwierigkeitsgrad überklettert wird. Nordost-Seitig umgangen hat, so befindet man sich direkt auf dem Grat. Dieser kurze Gratabschnitt zum Gipfel ist mit zwei kleinen 1-2 Meter hohen Felspartien gespickt, welche man im 2.Schwierigkeitsgrad überklettern muss. Auf dem zweiten Felsblock angekommen steht man direkt vor dem genial aussehenden, ca. 15 Meter hohen Gipfelfelsen. Der Gipfelfelsen kann in einem leichten 3. Schwierigkeitsgrad erklettert werden. Die Neigung des Gipfelaufbaues, die Spalten zwischen den Felsblöcken im unteren Teil sowie die guten Tritte im oberen Teil versprechen den Gipfelerfolg. Absichern kann man sich mit Schlingen, zwei Felszacken schreien geradezu danach. Oben angekommen genossen wir das tolle Panorama bei bestem Wetter, bevor wir uns vom Stand abseilten. 

Zurück über den Grat erreichten wir in kurzer Zeit die Abseilstelle, wo wir unser Material deponierten. Da wir die exakte Höhe sowie den Schwierigkeitsgrad der Abseilstelle trotz Topo nicht kannten und wieder über diese Felswand aufklettern wollten, fixierten wir unser 50 Meter Seil am Abseilstand und liesen es auch dort um unsere Rückkehr zu sichern. Mit dem zweiten (leichteren) 40 Meter Seil traten wir den Abstieg zum Passo dei Sabbioni an. Im Abstieg über die ca. 7 Meter hohe Felswand entdeckten wir Bohrhacken und beste Tritte. Der Aufstieg dürfte im 3. Schwierigkeitsgrad machbar sein. Der steile Hang unterhalb der Abseilstelle war dann schon eher die Herausforderung, da der Schnee teilweise instabil war. Unten am Passo dei Sabbioni angekommen, machten wir unsere verdiente Mittagspause.

Die Querung zum Einstieg des Couloires, welches zum Passo Superiore di Pesciora hinauf führt, ist nur von kurzer Strecke. Motiviert ziehen wir wieder die Steigeisen an und Pickeln uns das steile Couloire hoch - doch plötzlich bricht der Steg eines Steigeisens. Ein kurzer Blick darauf deutet nichts gutes. Da ich mich im besten Trittschnee sehr sicher bewegen konnte und Diagonal vom einen Steigeisen zum Pickel den Körper fixieren konnte, gaben wir uns grünes Licht für die Weiterführung der Tour. Auf dem Passo Superiore di Pesciora angekommen erblickten wir zum ersten Mal das Aufstiegsgelände, welches im unteren Teil den 2. Schwierigkeitsgrad nicht überschreitet. Kurz vor dem Gipfel muss man in einer breite Spalte im Fels eine Rund 1,5 Meter hohe Felsbarriere erkraxeln. Auch dieses Hindernis wartet mit guten Tritten und Griffen auf. Überglücklich  erreichen wir bei bestem Wetter den zweiten Gipfel.

Aufgrund der Fortgeschrittenen Zeit sowie vom ungespurten Gerenhorn, lassen wir diesen Gipfel für heute links liegen (Eigentlich hatten wir ihn optional mit eingeplant). Über denselben Aufstiegsweg erreichten wir wieder das Couloire, in welchem wir uns im Abstieg zusätzlich am Seil sicherten. Zurück im Passo dei Sabbioni mussten wir schmunzeln: Wir waren auf einem Urner und einem Tessiner Gipfel, auf beiden Gipfeln trafen wir mehrere Berggänger, jeweils im authentischen Dialekt (Tessiner & Urner). So kam es, dass wir zuerst den steilen Hang zum Abseilfelsen am Witenwasserenstock hinauf wühlten (Der Schnee war inzwischen noch instabiler), oben an unserem Fixseil die Felswand hinauf kletterten und uns eine Familie in schönstem Urnerdialekt begrüsste "ui, da chunnt ja nu äinä unnä üfä!" :-D

Oben angekommen verstauten wir beide Seile im Rucksack und machten uns parat für den Überstieg zum Hüenerstock. Auf der Karte hatte ich zuhause einen möglichen Abstieg Richtung Hüenersattel erkannt, Der Einblick vom Hüenersattel versprach einen soliden Abstieg in nicht allzu steilem Gelände. Über das Bachtobel erreichten wir Oberstafel auf schnellstem Wege. Der Rückweg mit Schneeschuhen in der Abenddämmerung nach Realp war reine Meditation :-) Die Tour mit Schneeschuhen zu machen war eine Herausforderung und macht uns umso stolzer, diese Leistung vollbracht zu haben. Mit der Kombination der beiden Traumgipfel (Witenwasserenstock & Pizzo Pesciora) geht die Tour in die Gruppe meiner schönsten Erinnerungen, wie es TeamMoomin auch sagte: Episch!

Danke Oli für diese unvergessliche Tour! Es hed absolut gfägt!
 

Tourengänger: TeamMoomin, ᴅinu


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Kommentare (8)


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TeamMoomin hat gesagt: Hey Dinu
Gesendet am 10. Januar 2020 um 21:53
Danke au der für die grandiosi Tour, und wie du seisch würklich Creme gsi! Bi scho gspannt wasüs im Februar in Sinn chund ;-)

Grüess Moomin und Oli

boerscht hat gesagt:
Gesendet am 10. Januar 2020 um 22:26
Tolle Tour und super Fotos. Die merk ich mir. War echt ein genialer Tag, wir waren direkt um die Ecke unterwegs.

Bergamotte hat gesagt:
Gesendet am 12. Januar 2020 um 14:20
Hammertour, Gratulation an Euch beide. Im Gotthardgebiet lässt sich mit etwas Fantasie so manche tolle Tour der Extraklasse und alpinem Feeling schustern.

Felix hat gesagt:
Gesendet am 13. Januar 2020 um 07:40
Respekt - und Gratulation euch beiden!

lg Felix

jfk hat gesagt: Fixseil?
Gesendet am 17. Januar 2020 um 15:24
Ciao Dinu & Oli

Wirklich ein schöner Gipfel im Winter, der Witenwasserenstock. Ich war letzten Montag in Kombi mit dem Rotondo oben. Im ersten Abschnitt des Gipfelaufbaus wurde mittlerweile leider ein Fixseil befestigt, welches dank dem griffigen Fels aus meiner Sicht unnötig ist. Wart ihr dass oder wisst ihr da mehr?

G. Jonas

ᴅinu hat gesagt: Fixseil?
Gesendet am 17. Januar 2020 um 16:15
Hallo Jonas
Bei uns war noch kein Fixseil da, ich habe auch noch nie eines zurück gelassen. ...Dann freue ich mich auf Deinen Bericht ;)
Gruss Dinu

Michea82 hat gesagt:
Gesendet am 9. Oktober 2022 um 10:22
Tour fantastico!

ᴅinu hat gesagt:
Gesendet am 14. Oktober 2022 um 22:46
Grazie e cordiali saluti Dinu


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