Der Sonne so nah .. auf dem "weinenden" Chimborazo (6228m) - der erste 6000er


Publiziert von Kris , 2. Dezember 2019 um 23:05.

Region: Welt » Ecuador
Tour Datum: 7 September 2019
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: EC 
Zeitbedarf: 11:45
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m

Je nach Definition gibt es 3-4 höchste Punkte auf unserem Planeten - den Mount Everest vom Meeresspiegel, den Mauna Kea auf Hawaii vom Fuße des Berges, der Chimborazo vom Erdmittelpunkt und je nach Definition der Aconcagua durch die größte Dominanz (aber auch nur weil der Everest keine eigene Dominanz besitzt). Wenn es schon kein Mount Everest wird, dann kann man sich ja wenigsten am einen der anderen versuchen. Am einfachsten gerät da sicherlich der Mauna Kea, der sogar mit dem Auto befahren werden kann. Nicht so bei der vorliegenden Tour..

Nach unserer Tour am Cotopaxi und der Ankunft in Banos entspannen wir uns und gehen abends noch etwas essen. Der darauffolgende Tag ist geprägt von Ruhetag und Aktivität zugleich. Wir entscheiden uns gemeinsam, unseren Busfahrer zu mieten und eine Tour durch die Umgebung von Banos zu machen.
Während dieser Tour probieren einen Flying Fox, probieren eine kleine Seilbahn über eine Schlucht, besuchen eine Plantage und sehen vor allem einige Wasserfälle. Da sticht v.a. Dingen einer der Wasserfälle heraus: der Pailon del Diablo. Mit Garantie: Nasswerden. Um dem Wasserfall näher zu kommen, kann man - fakultativ - durch enge Höhlen kriechen, was durchaus an enge Durchschlüpfe in der sächsischen Schweiz erinnert. Der Wasserfall ist sicherlich kein Geheimtipp mehr, es gibt durchaus Andrang - aber es lohnt sich dennoch. Danach gönnen wir uns noch Speis und Trank, bevor es zurück nach Banos geht. Kurios: der Hund, der uns bei der Seilbahn durchgängig folgte und danach allein mit der Seilbahn wieder zurückgefahren werden musste. Abends folgt ein erneutes Ausgehen mit früher Nachtruhe bei einem guten Italiener in Banos, mit fast europäischen Standards. Wichtig wieder: die frische Limonade - lecker. 

Die Stimmung beim Frühstück ist ambivalent - Vorfreude und Nervosität dominieren gleichermaßen. Recht früh folgt auch die Abfahrt mit Zwischenstopp in Riobamba bei einem Italiener, geführt von einem Ecuadorianer - der wie Marcelo - aber auch schon in Deutschland gearbeitet hat. Hier ist es dann wirklich europäischer Standard, so geht man also als Ecuadorianer fein essen. Nach der eher unansehnlichen Stadt Riobamba und fahren auf den Chimbo zu und erhaschen erste Blicke darauf - wow! - was für ein Berg. Er baut sich 3km über uns auf in der Ferne und schaut mächtig steil aus dieser Perspektive. Die Nervosität steigt und trotzdem machen wir natürlich gerne Fotos. Mittels des Busses klettern wir über die 4000m Grenze und an den Eingang des Nationalparks. Wieder melden wir uns in der üblichen Prozedur an und sammeln den letzten Guide ein, Franceso. Über eine staubige Piste nehmen wir die letzten Kilometer bis zum Refugio Hermanos Carrel, was immerhin auf knapp 4900m liegt, also höher als der Mont Blanc und etwas höher als das letzte Camp beim Kilimanjaro. Ein Glück hat der Bus überlebt, nach unseren Problemen nach dem Cotopaxi. 

Nach Ankunft essen wir etwas und lernen einen Schweizer kennen, der vor ein paar Jahren bereits am Cotopaxi war und nun mit viel Respekt den Chimborazo angeht. Er bleibt einige Tage auf dem Refugio, um sich zu akklimatisieren. Im Vergleich zum Cayambe (wir hatten das Zimmer für uns allein, die Guides schliefen woanders) und dem Cotopaxi (ein Zimmer für uns und die Guides), sind wir diesmal in einem großen Raum stationiert, mit einigen Ecuadorianern und dem Schweizer. Alle Guides sind auch da. So viel vorweg: im Vgl. zum Cotopaxi ist es in der Hütte bockheiß. Es gibt keine Möglichkeit das Fenster zu öffnen und es staut sich die Luft. Die Sonne knallt auf die Hütte - und ebenso auf den Chimborazo. Der geneigte Leser mag sich fragen, warum ebenjener im Titel weint. Er ist ein lebendes Dokument der Klimaveränderung. Der Gletscher wandert immer höher und jeden Tag schmilzt mehr und mehr Eis und Steine brechen ab. Daher wurde bereits der Normalweg am Chimbo geändert, nachdem ein Guide im Frühjahr 2019 im Steinschlag umkam. Diesen tragischen Unfall und alle weiteren kann der Besucher direkt am Bergsteigerfriedhof erleben und sacken lassen. Diesen besuchen wir vorm Abendessen, welches okay ausfällt, aber das Gourmetherz sicher nicht höher schlagen lässt. Nach dem Abendessen ist es bereits 18:30 - um 21Uhr ist Aufwecken angesagt, damit wir 22 Uhr starten können! Von Müdigkeit spüre ich aber nicht viel - zu viel Höhenluft, zu viel Aufregung. So genieße ich den Sonnenuntergang der um ca. 19:15 Uhr ansteht und mache einige Fotos. Im Schlafraum ist es vor allem: heiß! Es fehlt die Luft zum atmen und ich habe die Gewissheit max. anderthalb Stunden schlafen zu können. Gleichzeitig gibt es natürlich obligatorisches Schnarchen. Den Vogel abschießen werden aber die Ecuadorianer - scheinbar hüttenunerfahren(?) als sie mitten in der Schlafruhe anfangen wollen, Betten zu tauschen, damit der Freund + die Freundin nebeneinander schlafen können. Dafür fuchteln sie dann unbeholfen mit ihren Smartphone Leuchten herum, um maximal viele Schlafgäste zu blenden - großes Kino. Insgesamt ist also an Schlaf nicht zu denken und so quäle ich mich kurz vor 21 Uhr aus dem Bett als einer unserer Mitreisenden aus dem Bett hüpft und den Aufstehreigen eröffnet - aber nur um zu verkünden dass er nicht mitkommen kann - er fühlt sich schlecht.

Ich fühle mich nicht gut als ich mir etwas Tee reinzwänge (Heißgetränke sollen ja bei der Akklimatisierung helfen). Aber die Show muss weitergehen und so packen wir im Anschluss unsere Sachen und testen das Wetter vor der Hütte - sauber, es ist erneut sehr warm und wenig windig. Pünktlich um 22 Uhr starten wir von der Hütte auf dem neuen Pfad in Richtung El Castillo, NICHT durch den El Corridor! Am Anfang windet sich der Pfad fast eben durch die Hochebene am Chimbo und steigt erst nach 30-40min sanft immer weiter an. Das ist ein guter Einstieg in die Nacht und so können wir in Ruhe unser Tempo finden. Dieses ist langsam, gleichmässig, also gut. Wie in Trance und in hoher Konzentration maximal wenig Kraft zu verlieren, gehen wir voran und dann in einem Bogen unter den Gratrücken vor dem El Castillo. Unser erstes Ziel ist ein Zeltlager vor dem El Castillo, das wohl DAV Summit Club Aspiraten bei geeignetem Wetter einen höheren Einstieg erlaubt - der Vorteil ist nicht zu unterschätzen! Um dieses Zeltlager zu erreichen steilt das Gelände weiter auf und teils in Serpentinen nähern wir uns. Die Trance war übrigens nur halb scherzhaft, wahnsinnig viele Erinnerungen habe ich nicht an diesen Part. Wir brauchen sicherlich 2 Stunden bis zu diesem Camp und machen in der Zwischenzeit bereits 2 oder 3 Pausen. In den Alpen wäre dies bei solch einer Wanderung lächerlich, aber wir bewegen uns immerhin schon auf 5200m..


Man merkt bereits die unterschiedlichen Höhenanpassungen im Team und so kommen wir zumindest gefühlt langsam voran, aber eigentlich ist dies der Schlüssel zum Erfolg - keine Eile! Auch wenn man gerne beim Sonnenaufgang oben sein will, auch wenn am späten Morgen der Eis- und Steinregen beginnt. Am Camp angekommen, starten gerade die ersten Bergsteiger im Camp, sich auszurüsten - man die konnten echt ausschlafen - mittlerweile ist es ca. 0:30Uhr. Auch wir legen hier die Steigeisen an, gehen mit einem Stock + einem Pickel weiter durch den vermeintlich gefährlichsten Part. Eine Art schräg ansteigenden Korridor unter dem El Castillo, wo der Weg hinter dem El Castillo wieder auf die Route durch den eigentlich "El Corridor" trifft. Schlagartig wird das Gelände anspruchsvoller und ich bin froh, dass ich mir ein Energiegel gegönnt habe in der Pause. Links dominieren den kurzen Schein der Stirnlampe nur hohe Felsen, die eigentlich gar nicht so brüchig ausschauen und rechts ein schwarzer Schlund. Zumindest sieht man nicht, was einen erwarten würde. Das Gelände ist insgesamt aber eben doch brüchig, ziemlich vereist und bietet kurze steile Aufschwünge die in mittlerweile knapp 5300m Höhe ordentlich Kraft kosten.

Ich schnaufe ordentlich und muss immer wieder Pause einlegen und bin heilfroh, als wir an einem flachen Stück auf etwa 5400m ankommen, wie sich später herausstellt quasi direkt am Gipfel des El Castillo. In sehr regelmässigen Abständen fragen unsere Guides uns nun, wie wir uns fühlen. Die ersten Erscheinungen treten auf - ungefähr die Hälfte der Gruppe ist nach nun etwa 500-600hm noch fit, die restliche Truppe ist entweder schon zurückgefallen oder klagt über diverse Probleme, bspw. klassiche Kopfschmerzen und Übelkeit. Derlei ist bei mir nicht zu beklagen, sodass es nach dem nächsten Energiegel weitergeht. Was nun folgt, ist eine Passage, die ziemlich rutschigen Vulkansand bietet. Echtes Material für ein paar Flüche, gerade wenn man eigentlich Kraft sparen will und sowieso schon leicht ausgelaugt ist. Jeden Schritt kämpfen wir uns mit reinem Willen nach oben, auch wenn wir öfter stehen bleiben. Wir sind mittlerweile im vordersten Drittel der Aspiraten, alles verteilt sich aber an diesem riesigen Berg stark. Wir machen erneut kurz Halt, da die einzige Kletterpassage auf uns wartet. Unser Guide steigt vor und sichert uns dann von oben. Das Klettern ist leicht, aber ungewohnt (I), da das Gestein andere Eigenschaften aufbietet, als in den Alpen. Das liegt wohl am vulkanischen Ursprung. Nach etwa 7 Metern ist der Spuk vorbei und wir ziehen unsere Bahnen über den teils schmalen Gratrücken immer weiter, bis wir an den Gletschereinstieg gelangen.

Meinem Seilpartner geht es mittlerweile ziemlich schlecht, wie bereits am Cayambe und ich mache mir Sorgen dass wir bald umdrehen müssen. Glücklicherweise sind wir quasi gleichauf mit einer anderen 2er Seilschaft (Gast + Guide) aus unserer Truppe, wo bereits geshiftet wurde taktisch. Ich fühle mich plötzlich, auf fast 5600m plötzlich wieder ziemlich fit. Es ist der Wahnsinn, wie sehr das während einer Tour schwankt, es geht eben nicht nur bergab! So schlage ich vor, dass mein Seilpartner in die kleine Seilschaft geht und wir quasi tauschen. Gesagt - Getan! Neben uns sind andere Seilschaften unterwegs es und es geht zünftig steil bergauf. Das war der Part vor dem ich am meisten Respekt hatte - monoton 40 Grad, teils 45 Grad für fast 700hm nach oben zu steigen, gerade auch weil alle Berichte dies als zermürbende Geistesprobe beschreiben! Und wie es manchmal so ist - es löst sich alles in Luft auf! Wie euphorisch (ähnlich dem Cotopaxi) muss mich mein Seilpartner immer wieder zurückpfeifen, weil ich den Umständen entsprechend recht flott unterwegs bin. Der Vorteil ist, dass wir eben nicht in der Spur gehen, sonst einfach gut gefrorenen Hang ohne Neuschnee aufsteigen, wie eine Treppe. Das hilft ungemein und so suchen wir uns unseren Weg durch das Büßereis. Erst auf schätzungsweise 5800-5900 wechseln wir auf die Spur und ich warte die ganze Zeit darauf, das es endlich abflacht, auch wiederum, weil ich davon gelesen hatte. Lieber Leser, erspare dir die Hoffnung. Das Gelände neigt sich erst 20-30 Meter (nicht Höhenmeter!) vor dem Gipfel nach hinten.. durchhalten ist also angesagt.

Und das Durchhalten ist ernst gemeint, ab sofort ist ein Kampf. Ein Kampf mit einer kurzen, erneuten Euphorie, als die Garmin auf 6000m springt, das erste Mal im Leben. Aber immer noch über 200Hm - ab jetzt muss es einfach zu schaffen sein! Wir hören später, dass selbst die Fitten im hinteren Teil der Gruppe quasi im selben Moment aufgeben, gerade mal am Gletschereinstieg. Wahnsinn, wie sich so ein Feld auf der Höhe auseinanderzieht. Es ist immer noch recht mild für die Höhe, aber insg. natürlich trotzdem kalt. Ich habe bereits die dicke Daunenjacke übergeworfen. In der Ferne sieht man die Lichter von Riobamba. Immer wieder denke ich ans Ziel, schaue nach oben. Über uns nur zwei Gruppen, das fitte Pärchen aus unserer Gruppe und tatsächlich 2 Touristinnen, die wir bereit am Cotopaxi getroffen haben - die legen ein Tempo vor - wow. Wir kommen nun sehr langsam voran, was nicht schlimm ist, da der Sonnenuntergang ohnehin noch in der Ferne liegt. Wir gehen ein paar Schritte, bleiben stehen. Gehen ein paar Schritte, bleiben stehen. Auch weil mittlerweile mein Seilpartner auch Beschwerden hat. Ich bin auch am Ende, aber wir können jetzt einfach nicht mehr umdrehen, so schlecht geht es uns nicht. Der Pfad ist nicht so steil, aber jeder Meter schmerzt. Das merkt auf das fitte Pärchen, wir überholen uns, sie überholen uns auf Basis der häufigen Pausen wo wir teils einfach nur kurz im Schnee sitzen wollen. Am Ende fallen sie zurück und vor uns noch der Berg und die beiden Touristinnen.

Wir befinden uns auf etwas über 6100m und ab jetzt zieht es sich endgültig wie Kaugummi. Immer wieder denken wir der Berg flacht ab und teils wird es dann kurz noch steiler. Wir gehen seitwärts am Gipfel hinauf und machen selbst auf 6170m noch eine letzte Pause. Ab hier sieht man, höher geht es gleich am Ventimilla nicht mehr.. wir kommen an!! Dann legt sich das Gelände final zurück und wir stehen oben .. auf dem Ventimilla Gipfel (6228m). Wir sind zu früh (5:45) und müssen dementsprechend wieder auf den Sonnenaufgang warten, diesmal geschlagene 30min! Es ist bitterkalt und ich bin sehr froh über meine dicke Daunenjacke. Wir machen einige Fotos, von denen die wenigsten wirklich etwas geworden sind. Ich bitte die anderen, dass jemand mit mir rüber zum Maxima Gipfel kommt, ich fühle mich noch fit genug, doch leider ist keiner bereit. Als Faustregel gilt auch - nur wer im Dunkeln ankommt - darf zum Ventimilla rüber, 500m Luftlinie sind es nur. Ein kleiner Gegenanstieg. So genieße ich diesen Gipfelerfolg mit etwas Wehmut, ich war nicht ganz oben könnte man meinen? Und doch zählt man auch die Ventimilla als Chimborazo Erfolg. Als einen großen Berg im Gipfelbuch. Der Sonnenaufgang ist - abermals - unbeschreiblich! Und doch war die Aussicht am Cotopaxi und Cayambe irgendwie besser. Der Chimborazo steht einigermaßen isoliert und so sieht man andere Riesen nur in der Ferne, man fühlt  sich nicht so mitten drin. 

Ein ewiger Aufenthalt oben ist natürlich nicht empfehlenswert, zumal wir rechtzeitig den Castillo passieren müssen. Nun im Lichte der Sonne gehen wir nun den langen Gletscherhang nach unten. Immer wieder kommen uns Ecuadorianer entgegen die kriechen, nicht gerade stehen können, wir sehen sich erbrechende Menschen, eine Frau wird sogar ohmächtig. Das Licht offenbart als auch die Schattenseite des Berges - viele überforderte Aspiranten, viele, die dennoch weitergehen. Ich hoffe, alle sind wieder heil herunter gekommen. Auch mein Seilpartner ist trotz seiner Beschwerden übrigens oben angekommen, was für ein Wille. Somit waren - abermals - 5 von 9 Aspiranten oben am Gipfel, eine wirklich tolle Quote. Allgemein soll sie wohl gerade mal 20% betragen. Wir gehen nun die steile Gletscherspur nach unten und ich führe die Seilschaft an. Die Tritte wollen wohl überlegt sein, klar es gibt zünftige Spalten. Nach dem Gletscherausstieg machen wir eine längere Pause. Mein Seilschaftskollege hat nun noch etwas mehr Beschwerden und fühlt sich einfach schwach. Das wird unser Tempo weiter schmälern und wir brauchen recht lang für den Abstieg. Wobei dies relativ ist, da wir ca. 3 1/2h nach unten benötigen. Insgesamt werden wir also von 22 Uhr bis 9:45 unterwegs gewesen sein.

Wir gehen auch den Rest über den schmalen Gratrücken, die Kletterpassage und durch den Castillo mit Steigeisen, da Passagen immer noch vereist waren. An der Kletterstelle will der Guide uns ablassen, was etwas überkandidelt für diese Stell ist. Am El Castillo weise ich uns den Weg bis auf ein paar Schritte an den Gipfel heran, um meine Steigeisen nachzuziehen. Dann wartet die letzte Stelle mit Gefahrenpotenzial auf. Der Korridor unter dem El Castillo. Hier muss man echt aufpassen, auch wenn die Stellen an sich keine Schwierigkeiten aufweisen. Es ist teils steil, rutschig, vereist und brüchig. Vorsichtig laufe ich in Front der Seilschaft und versuche den optimalen Weg zu finden, gar nicht so einfach. Im Korridor treffen wir einen Amerikaner, der bereits am Cotopaxi kotzend aufgeben musste. So wurde das natürlich auch am Chimbo nichts, aber er proklamiert uns gegenüber wenigstens seinen neuen Höhenrekord .. fit sieht er nicht aus. So gelangen wir an das DAV Basecamp und können uns nach Stunden über Stunden endlich die Eisen von Füßen nehmen, die dicken Klamotten abwerfen. Es ist mittlerweile super warm in der Sonne und der Berg, der weint. In winzigen Punkten sieht man dennoch noch einige Seilschaften auf dem Gletscher. Sie sollten sich beeilen. 

Nun folgt die Kür, in dem wir den einfachen, aber langen Weg zurück zum Refugio folgen. Wir lassen unseren Guide hinter uns, der mit dem Guide des Amis plaudert und laufen so - irgendwann auch fluchend - zur Hütte. Es zieht sich. Wir werden mit vielen Glückwünschen vom Rest der Truppe empfangen, nehmen unser Frühstück ein und packen unsere Sachen. Mittlerweile merkt man, dass man KO ist. Draussen sehen wir noch einige Vicunjas in der Nähe der Hütte. Auf der Rückfahrt nach Riobamba verabschieden wir uns nach und nach von den Guides und fahren zurück nach Banos, wo wir ein typisches Bad besuchen. Viel typischer als das Touristenbad beim Antisana. Wir gehen noch einmal zusammen essen - hauptsache nicht Churrasco, das können wir nicht mehr sehen und lassen den Abend ruhig ausklingen. Wir packen den Rest der Sachen und fahren am nächsten Morgen zum Flughafen, wo ein Teil der Gruppe weiter auf die Galapagos-Inseln fährt. Für uns geht es weiter nach Europa, wo mich noch eine Zugfahrt von Frankfurt nach Berlin erwartet. Vollgestopft mit Eindrücken. Um direkt am nächsten Tag leider wieder in das Hamsterrad zu springen..

Es wird dennoch unvergessen bleiben. 


Ein ganz Großer in jedem Tourenbuch. Auf gar keinen Fall zu unterschätzen. Kälte, Lawinengefahr, Exposition, Sauerstoffmangel. Und dennoch so eindrücklich, dass man hofft das auch in Zukunft noch Menschen in diese Erfahrung kommen werden. Dafür muss der Berg nur aufhören, zu weinen..

KONDITION 5/5
ORIENTIERUNG 3.5/5
TECHNIK 3/5
EXPONIERTHEIT 3/5

Tourengänger: Kris


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Kommentare (3)


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Alpin_Rise hat gesagt: Coto vs Chimbo
Gesendet am 3. Dezember 2019 um 11:28
> Nach unserer Tour am Chimborazo... Cotopaxi?

Auf dem Cotopaxi war ich anfangs Jahrtausend, ein schönes Erlebnis! Chimbo war in Diskussion, hab dann aber verzichtet: Das ganze drumrum, der viel zu frühe Aufbruch, die wenig vertrauenserweckenden Guides.

Dankeschön für den hautnahen Bericht, so hab ich doch noch etwas Chimbo erlebt ,-)

G, Rise

Kris hat gesagt: RE:Coto vs Chimbo
Gesendet am 3. Dezember 2019 um 11:47
Danke für den Hinweis! Ja, ich habe mich durchaus auch gefragt, wie unser kleiner Guide (zierlich, 1,65m) uns hätte halten wollen im Steilgelände oben am Berg. Antwort: wahrscheinlich gar nicht.. man sollte definitiv gut vorbereitet sein (psychisch und Equipment).

Vielleicht wird es ja doch noch etwas bei dir ;-) Die Qualität der Guides hat sich in den letzten Jahren sicherlich verbessert. Es wird schwarze Schafe geben, aber wenn man die richtigen, deutschsprachigen Expeditionsanbieter auswählt, haben die gute Kontakte.

VG
Kris

Alpin_Rise hat gesagt: RE:Coto vs Chimbo
Gesendet am 3. Dezember 2019 um 15:49
> Vielleicht wird es ja doch noch etwas bei dir

Wies ausschaut, nein. Mein Kontingent an Interkontinentalflügen ist mit rund 10 mehr als ausgeschöpft.
Aber alleine in den Alpen oder in Nachtzugdistanz gibts noch unendlich viele Ziele!

G, Rise


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