Unterengadin Oktober 2019, 3|4: Piz Nair
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Hatten wir bereits gestern auf spannende Art und Weise einen der zahlreichen Unterengadiner Dreitausender erreichen können (zuletzt mit leicht alpinen Ambiente), so gönnen wir uns heute gleich wieder einen solchen - zu vergleichbaren „Konditionen“.
Nach der Anfahrt zum grossen, gebührenfreien, Parkplatz auf Vnà, Jalèr (welchen ich von der Abschlussetappe der fantastischen Schneeschuh-Hochtourentage im Silvretta dieses Frühjahr kenne), beginnen wir hier den sich erst länger hinziehenden Anstieg nach Marangun.
Bei zunehmendem Sonnenschein wandern wir gemächlich hoch zum Wald auf Costa Tulai, welchen wir vor (P. 1738) betreten; steiler geht’s nun darin bergan. In einer grösseren Lichtung (auf ~ 1950 m) können wir erstes beginnendes Lärchengold entdecken - weiteres wird im Verlauf unseres Marsches hinzukommen.
Meist nur sanft ansteigend verläuft nun der BWW über Ramosch und P. 1953 am Hang unterhalb Arina durch lichten Wald und über Alpgelände an der Sonne bis zur Alp Discholas; unmittelbar oberhalb suchen wir uns einen etwas windstilleren Platz für eine Znünipause.
Kurz nach unserem Wiederaufbruch erkennen wir noch weit vor uns eine grosse Schafherde ebenfalls den Weg hochziehen - und alsbald setzen uns zwei Herdenschutzhunde nach, uns nicht besonders freundlich nahekommend und kläffend.
Beinahe gleichzeitig stösst vom Hang oberhalb die Hirtin mit ihren drei Border Collies hinzu und rät uns, die grosse Herde oberhalb zu umgehen. Mit einem gewissen Aufwand ist dies verbunden, ist doch der steile Hang meist durchsetzt von dichtem Bodenstrauchwerk; die Durchgänge sind fortlaufend zu suchen, um die Herde grossräumig zu umgehen. Endlich finden wir wieder auf den offiziellen Weg zurück und streben nun P. 2265, und ab hier steil der Hütte auf Marangun zu.
Nach einem kurzen Halt kämpfen wir uns erst durch einen äusserst matschigen Bereich (von den [bereits abgezogenen] Alptieren herstammend) weiter hoch, danach folgen wir übers Alpgelände weiterhin steil dem BWW. Nach einer leicht flacheren Zwischenetappe (gegen Funtana Fraida), auf welcher der Boden nun gefroren ist und erste Schneereste vorhanden sind, steilt der BWW wieder an. Hier stellt nicht die Hangneigung (im oberen Abschnitt 30 bis kurz gegen 40°) das (leichte) Problem dar, sondern die Wegfindung: vielfach sind wenig bis keine Spuren vorhanden, Wegmarkierungen nur sehr spärlich gesetzt.
Mit Blick zum leicht verschneiten felsigen Nordosthang des Piz Arina gewinnen wir den Sattel (vor dem Übergang zur Fuorcla Pradatsch). Während Ursula nun sofort in nördlicher Richtung über die Krete aufbricht, schreite ich in der Nähe des Bachlaufes westlich davon an bis zu einem Tümpel in der Senke auf 2645 m, nordöstlich der Fuorcla.
Gemeinsam begehen wir anschliessend den hier noch sanften Rücken des Südgrates unseres Gipfelzieles - bald einmal ersten Schneeresten ausweichend. Wie dieser abflacht, überblicken wir die nun flachere, nun leicht schnittigere Gratfortsetzung, an deren Ostseite sich hübsche Restwechten halten. Diesen entlang steigen wir unmerklich an bis zur gut erkennbaren (vermeintlichen) Schlüsselstelle: der auf ~ 2865 m folgende Felsaufbau erfordert nur unwesentliches leichtes Kraxeln, vereinzelte Wegspuren sind hilfreich zur Orientierung. Der weitere gefällige Gratgang wechselt ab zwischen Schneeauflagen und teils schiefrig-gerölligem Untergrund sowie einzelnen Felsen (so auf 2920 m - das fakultative II).
Vor - und insbesondere nachher nehmen die Wechten nun attraktive Ausmasse an - und bereits vor P. 2953 wird deutlich, wo heute die Schlüsselstellen liegen: wo der Gipfelschlussanstieg steiler wird, wird die feinsplittrige Unterlage sehr rutschig, im Gipfelaufbau mit darunter liegenden leicht vereisten Felsplatten zum „Eiertanz“ - zudem sitzen nicht alle der grösseren Steine oder Felsplatten fest. Die letzten Meter erfordern so eine konzentrierte Suche nach den besten Tritten und Durchstiegsmöglichkeiten - doch dann stehen wir oben, auf dem eingeschneiten kleinen Gipfelplateau des Piz Nair!
Wir freuen uns sehr am gelungenen Aufstieg, am Gipfelerfolg - und an einem besonders schönen Blick zum weiss eingekleideten Muttler hinüber.
Nach längerer Gipfelrast (etwas windgeschützt) machen wir uns auf derselben Gratroute auf den Rückweg; geniessen noch einmal den Gang den Wechten entlang sowie den Felsabstieg. Hingegen verzichten wir auf die letzten Meter zum BWW: noch vor der letzten Erhebung - ~ auf der Höhe des Tümpels - wenden wir uns dem weglosen Abstieg über den Osthang zu und halten derart auf den heute Vormittag kurz tangierten Bach zu. Ab hier leitet uns der BWW zurück nach Marangun; hier wählen wir ein deutliches (ehemaliges) Trassee, auf welchem wir direkt (ohne P. 2265 zu berühren) den BWW auf 2235 m wieder erreichen. Ohne Störung seitens der Herdenschutzhunde können wir nun absteigen zur Alp Discholas; wenig später allerdings sprinten diese beiden doch von weit unterhalb wieder in unsere Nähe hoch, sich darauf doch rasch zurückziehen …
Nach dem verbleibenden Abstieg durch den Lärchenwald gönnen wir uns einen Einkehrschwung auf der Terrasse der Pension Arina in Vnà; in Jalmèr geht unsere weitere Dreitausendertour zu Ende.
Auf der Rückfahrt nach Vulpera suchen wir eine Gaststätte für unser heute auswärtiges Abendessen: so werden wir später im Hotel Bellaval unweit des Bahnhofes Scuol den Abschlussabend im Unterengadin mit feinen Hirschschnitzel abrunden.
▲ 2 h (inkl. 10 min Pause auf Alp Discholas) bis Marangun
▲ ¾ h bis Sattel vor Fuorcla Pradatsch
▲ 1 h 10 min Piz Nair
▼ 1 ⅝ h (inkl. ¼ h Pause) bis Marangun
▼ 1h 10 min bis Vnà
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