Dreiländerspitze (3197m) - Schocktherapie pur
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Am vorletzten Tag des DAV-Hochtourenkurses stand die obligatorische Abschlusstour an. Bis zuletzt war unser Trainer unentschlossen, auf welchen Gipfel es nun gehen sollte. Letztendlich entschied er sich statt des Piz Buin für die "ungefährlichere, aber schwierigere" Dreiländerspitze. Die Dreiländerspitze ist einer der Hauptgipfel der Silvretta, alllerdings gut 100m niedriger als der Piz Buin und außerdem von der Wiesbadener Hütte aus nicht zu sehen. Dementsprechend weniger Verkehr erwarteten wir dort - ich persönlich war allerdings auf die Kletterei gespannt, da ich den zackigen Gipfelgrat von einigen Fotos kannte und ich ja bekanntlich nicht der Schwindelfreiste bin.
Die vorigen Tage verbrachten wir unterhalb der Dreiländerspitze auf dem Vermuntgletscher für diverse Übungen, nun sollten also auch die letzten 300 Höhenmeter zum formschönen Gipfel, der über die Tage hinweg gefühlsmäßig immer näher kam, in Angriff genommen werden.
Von unserem Stützpunkt Wiesbadener Hütte (2443m) gingen wir über den aus den vorigen Tagen bekannten, aber zuletzt nicht immer gut markierten (Gletscherrückgang) Steig in einer guten Stunde zum unteren Ende des Vermuntgletschers auf ca. 2800m, wo wir unser "Base-Camp" einrichteten und uns anseilten. In zwei Dreier-Seilschaften ging es über den trotz des Schneefalls vor einer Woche großteils aperen Gletscher in einer großen Linkskurve am Bergschrund und der Oberen Ochsenscharte (2977m) zum Gipfelaufbau der Dreiländerspitze (etwa eine halbe Stunde ab Gletscherzunge). Wir konnten einige kleinere und größere Spalten auf dem Gletscher erahnen, denen wir aber durch die Kurve gut entgehen konnten. Auf gut 3000m steilt der Gletscher auf und geht nahtlos in die blockige Gelände der Dreiländerspitz-Nordflanke über. Bis vor einigen Jahren konnte man im Firn wohl noch bis fast zum Grat aufsteigen, heute beginnt der felsige Part ca. 100 Höhenmeter unterhalb. Über kombiniertes Gelände mit ein paar Schneeresten, das mit Steigeisen blöd zu gehen war (T4) stiegen wir schräg nach rechts oben auf, um zuletzt über eine Kletterstelle auf den Grat zu gelangen. Hier stellten wir allerdings fest, dass wir zu weit unten auf den Grat gekommen sind, da ein großer Gendarm uns den Weiterweg versperrte (mind. III - IV). Also zurück und über eine abschüssige Querung weiter nach Osten queren. Durch eine bröselige Rinne (II) , durch die der Normalweg führt, gelangt man in eine Scharte weiter oben (östlich) auf dem Westgrat. Die Rinne ist mit Steigeisen nicht wirklich optimal zu klettern, zumal sehr ungewohnt für uns. Am Grat (ca. 3120m) legten wir dann Steigeisen und Pickel ab und kletterten über Stufen und zuletzt plattiges Gelände (II) auf den Vorgipfel, hin und wieder gibt es Bohrhaken zum Sichern der Seilschaft. Am Vorgipfel rückt nun der berühmt-berüchtigte Übergang zum Hauptgipfel ins Blickfeld, und ich kann nur sagen, dass die Bilder sich bewahrheiten sollten. Vom Vorgipfel muss man über eine beinahe senkrechte Felsflanke mit kleinen Bändern und Tritten wenige Meter in eine kleine Scharte abklettern, um auf der abgewandten Seite über ein ca. 20 cm breites Band wieder über den Grat zu wechseln und schließlich die letzten abschüssigen Meter zum Gipfel der Dreiländerspitze (3197m) zu gewinnen. Der Übergang wird im Führer als III- bewertet, für mich war er nur unter Mobilisation aller mentalen Reserven und Ansporn meiner Kollegen möglich - das Stichwort "Schocktherapie" fiel hier seitens meiner Seilschaftspartnerin. Am Gipfel kamen wir dann nach etwa 3:15 h ab Hütte an, allerdings hat der erste Verhauer am Grat auch etwas an Zeit gekostet. Wir waren zwar alleine auf dem kleinen Gipfelfelsen, aber zu sechst war es schon sehr gemütlich dort. Allerdings machte dies die Aussicht, die vom Tödi über die Bernina bis zur Wildspitze reichte allemal wieder wett.
Nach einer guten Viertelstunde Durchschnaufen machten wir uns wieder auf den Rückweg. Am Steigeisen- und Pickel-Depot angekommen, konnten wir uns aufgrund unserer beiden mitgebrachten Seile etwa 50m über die Felsen bis ins Blockgelände abseilen, worüber ich freilich sehr froh war. Wieder am Vermuntgletscher angekommen, banden wir uns nun komplett in eine Sechser-Seilschaft ein. Beim Abstieg über den Gletscher schließlich fiel die Anspannung von uns (vor allem mir) ab und Endorphine machten sich breit; da änderte auch ein sich öffnender Stift der Verbindungsleiste meines rechten Steigeisens nichts daran.
Für den Abstieg vom Gipfel zur Hütte benötigten wir etwa zweieinhalb Stunden. Mit einer kleineren Gruppe ist der An- und Abstieg sicherlich in einer kürzeren Zeit möglich.
Schwierigkeiten/Gehzeiten:
Fazit:
Recht anspruchsvolle Hochtour in kombiniertem Gelände, die mir als meine erste Hochtour und dem mentalen Anspruch an mich selbst sicher lange in Erinnerung bleiben wird. Mal alle Stolzheits- und Glücksgefühle außen vor und objektiv betrachtet ist die Tour sicherlich einer der Paradetouren von der Wiesbadener Hütte, die zwar beliebt ist, aber dennoch was die Besteigungszahlen angeht einiges unter dem Piz Buin rangiert, obwohl ungefährlicher (geringere Spaltengefahr). Stichwort Spaltengefahr, der Vermuntgletscher sollte trotz der vermeintlichen Spaltenarmut - vor allem bei Schneeauflage - nicht unterschätzt werden, Anseilen ist dann Pflicht! Der Gipfelaufbau sowie der Westgrat der Dreiländerspitze fordert dann den versierteren, trittsicheren und schwindelfreien Bergsteiger, jedoch sind wie erwähnt einige Haken zum Sichern vorhanden. Trotz der umliegenden teils höheren Berge wie Buin, Augstenberg etc. sucht die Rundumsicht vom exponierten Gipfel sicher seines gleichen; an einem Traumtagerl wie heute war ein Gros des zentralen Alpenbogens zu sehen.
Die vorigen Tage verbrachten wir unterhalb der Dreiländerspitze auf dem Vermuntgletscher für diverse Übungen, nun sollten also auch die letzten 300 Höhenmeter zum formschönen Gipfel, der über die Tage hinweg gefühlsmäßig immer näher kam, in Angriff genommen werden.
Von unserem Stützpunkt Wiesbadener Hütte (2443m) gingen wir über den aus den vorigen Tagen bekannten, aber zuletzt nicht immer gut markierten (Gletscherrückgang) Steig in einer guten Stunde zum unteren Ende des Vermuntgletschers auf ca. 2800m, wo wir unser "Base-Camp" einrichteten und uns anseilten. In zwei Dreier-Seilschaften ging es über den trotz des Schneefalls vor einer Woche großteils aperen Gletscher in einer großen Linkskurve am Bergschrund und der Oberen Ochsenscharte (2977m) zum Gipfelaufbau der Dreiländerspitze (etwa eine halbe Stunde ab Gletscherzunge). Wir konnten einige kleinere und größere Spalten auf dem Gletscher erahnen, denen wir aber durch die Kurve gut entgehen konnten. Auf gut 3000m steilt der Gletscher auf und geht nahtlos in die blockige Gelände der Dreiländerspitz-Nordflanke über. Bis vor einigen Jahren konnte man im Firn wohl noch bis fast zum Grat aufsteigen, heute beginnt der felsige Part ca. 100 Höhenmeter unterhalb. Über kombiniertes Gelände mit ein paar Schneeresten, das mit Steigeisen blöd zu gehen war (T4) stiegen wir schräg nach rechts oben auf, um zuletzt über eine Kletterstelle auf den Grat zu gelangen. Hier stellten wir allerdings fest, dass wir zu weit unten auf den Grat gekommen sind, da ein großer Gendarm uns den Weiterweg versperrte (mind. III - IV). Also zurück und über eine abschüssige Querung weiter nach Osten queren. Durch eine bröselige Rinne (II) , durch die der Normalweg führt, gelangt man in eine Scharte weiter oben (östlich) auf dem Westgrat. Die Rinne ist mit Steigeisen nicht wirklich optimal zu klettern, zumal sehr ungewohnt für uns. Am Grat (ca. 3120m) legten wir dann Steigeisen und Pickel ab und kletterten über Stufen und zuletzt plattiges Gelände (II) auf den Vorgipfel, hin und wieder gibt es Bohrhaken zum Sichern der Seilschaft. Am Vorgipfel rückt nun der berühmt-berüchtigte Übergang zum Hauptgipfel ins Blickfeld, und ich kann nur sagen, dass die Bilder sich bewahrheiten sollten. Vom Vorgipfel muss man über eine beinahe senkrechte Felsflanke mit kleinen Bändern und Tritten wenige Meter in eine kleine Scharte abklettern, um auf der abgewandten Seite über ein ca. 20 cm breites Band wieder über den Grat zu wechseln und schließlich die letzten abschüssigen Meter zum Gipfel der Dreiländerspitze (3197m) zu gewinnen. Der Übergang wird im Führer als III- bewertet, für mich war er nur unter Mobilisation aller mentalen Reserven und Ansporn meiner Kollegen möglich - das Stichwort "Schocktherapie" fiel hier seitens meiner Seilschaftspartnerin. Am Gipfel kamen wir dann nach etwa 3:15 h ab Hütte an, allerdings hat der erste Verhauer am Grat auch etwas an Zeit gekostet. Wir waren zwar alleine auf dem kleinen Gipfelfelsen, aber zu sechst war es schon sehr gemütlich dort. Allerdings machte dies die Aussicht, die vom Tödi über die Bernina bis zur Wildspitze reichte allemal wieder wett.
Nach einer guten Viertelstunde Durchschnaufen machten wir uns wieder auf den Rückweg. Am Steigeisen- und Pickel-Depot angekommen, konnten wir uns aufgrund unserer beiden mitgebrachten Seile etwa 50m über die Felsen bis ins Blockgelände abseilen, worüber ich freilich sehr froh war. Wieder am Vermuntgletscher angekommen, banden wir uns nun komplett in eine Sechser-Seilschaft ein. Beim Abstieg über den Gletscher schließlich fiel die Anspannung von uns (vor allem mir) ab und Endorphine machten sich breit; da änderte auch ein sich öffnender Stift der Verbindungsleiste meines rechten Steigeisens nichts daran.
Für den Abstieg vom Gipfel zur Hütte benötigten wir etwa zweieinhalb Stunden. Mit einer kleineren Gruppe ist der An- und Abstieg sicherlich in einer kürzeren Zeit möglich.
Schwierigkeiten/Gehzeiten:
Wiesbadener Hütte - Vermuntgletscher | 1 h | T3 | Steig, anfangs markiert, im Gletschervorfeld Steinmännchen |
Vermuntgletscher - Gipfelaufbau DLS | 0:35 h | WS | Ca. 30°, bei geschickt gewählter Spur relativ wenig bis moderate Spaltengefahr, Gletscher aber nicht spaltenlos! |
Gipfelaufstieg | 1:40 h | T5, II | Kletterei in teils abschüssigem Gelände; am Westgrat und beim Übergang zum Hauptgipel Bohrhaken vorhanden |
Abstieg | 2:30 h | s.o. | s.o. |
Fazit:
Recht anspruchsvolle Hochtour in kombiniertem Gelände, die mir als meine erste Hochtour und dem mentalen Anspruch an mich selbst sicher lange in Erinnerung bleiben wird. Mal alle Stolzheits- und Glücksgefühle außen vor und objektiv betrachtet ist die Tour sicherlich einer der Paradetouren von der Wiesbadener Hütte, die zwar beliebt ist, aber dennoch was die Besteigungszahlen angeht einiges unter dem Piz Buin rangiert, obwohl ungefährlicher (geringere Spaltengefahr). Stichwort Spaltengefahr, der Vermuntgletscher sollte trotz der vermeintlichen Spaltenarmut - vor allem bei Schneeauflage - nicht unterschätzt werden, Anseilen ist dann Pflicht! Der Gipfelaufbau sowie der Westgrat der Dreiländerspitze fordert dann den versierteren, trittsicheren und schwindelfreien Bergsteiger, jedoch sind wie erwähnt einige Haken zum Sichern vorhanden. Trotz der umliegenden teils höheren Berge wie Buin, Augstenberg etc. sucht die Rundumsicht vom exponierten Gipfel sicher seines gleichen; an einem Traumtagerl wie heute war ein Gros des zentralen Alpenbogens zu sehen.
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Fabse_94
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