Grubachspitze und Stallkarspitze - Überschreitung


Publiziert von Nyn , 15. September 2019 um 15:55.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:14 September 2019
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 13:00
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Strecke:ca 15 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Aus Deutschland am Besten über Reutte/Tirol und über das Lechtal
Unterkunftmöglichkeiten:Campingplatz, Ghf und Pensionen in Vorderhornbach

Nachdem ich verschiedene Berichte über Besteigungen der Stallkarspitze aufmerksam gelesen und meine eigenen (alte) Führerwerke gewälzt hatte (AVF 1979, da steht nur der N-Anstieg ohne nähere Wegangaben mit I+ und der SW-Grat ebenfalls mit 1 Satz mit tw. mäßig schwierig (~II) aus dem Stallkar drin) war es für mich klar, dass ich diesen einsamen Berg unbedingt besteige und wennmöglich irgendwie überschreite.
Ich knobele diverse hikr-Begehungen zusammen und komme zu dem Schluß, dass der Gratübergang von der Grubachspitze her zum oberen Ostgrat der "Stall" für mich machbar sein würde (vgl kardirks Bericht). Ab Stallkarspitze-Gipfel will ich über den "Normalweg" (N-Grat) absteigen und wennmöglich mit der Variante von Bergrebell von NW wieder hoch zur Haldenspitze. Von da nordöstlich Richtung Sattele und zurück zum "Aufstiegsweg". Soweit mein Plan.

AP
Wenig unterhalb der Kirche in Vorderhornbach finde ich noch bei Dunkelheit eine gute Parkmöglichkeit und nach Packen und kurzem Frühstück nur wenige Meter weiter das Hinweisschild zur Grubachspitze. Eigentlich will ich am Friedhof parken, diesen finde ich morgens jedoch nicht.

AUFSTIEG ZUR GRUBACHSPITZE
Von der Orsmitte leitet mich ein kleines asphaltiertes Sträßchen nördlich bis zu einem Wendeplatz. Von da steige ich über Gras über einen Viehweide, quere einen Forstweg und folge dem Steig zur Grubachspitze, der zuerst mäßig steil nordöstlich, später mehr nördlich und zuletzt nordwestlich eher eben Richtung Sattele führt. Der Anstieg beeindruckt mich vor allem vor dem Brennboden mit herrlichem Lärchenmischwald, Adlerfarnen und dicken Langgrasteppichen. Die grandiose landschaftlicher Schönheit wird nur wenig vom fernen Straßenlärm aus dem Lechtal beeinträchtigt.
Bald erreiche ich einen Abzweig, wo die zwei Möglichkeiten zur Grubachspitze beschildert sind. Ich entscheide mich für den direkten Anstieg über den Ostkamm. Steil geht es durch die Latschenzone, dann wird mein Blick frei. Erst wenige Meter vor dem Gipfel der Grubachspitze zeigt sich das Gipfelkreuz. Oben pausiere ich ausgiebig, genieße die Ausblicke und studiere gespannt den Weiterweg.

GRUBACHSPITZENGRAT mit SCHÖSS
Den Abschnitt bis zur kleinen Einsattelung zwischen Stall- und Hornbachkar am Südostfuß der "Stall" im Einzelnen zu beschreiben ist aufgrund des mehr oder weniger logischen Weges und der schieren Anzahl der Graterhebungen am "Grubachspitzengrat" (so nenne ich den Grat zw. Grubachspitze und Stallkarspitze) fast unmöglich.
Den "Schöss" würde ich ja zu gern mitnehmen. Wie schon andere berichteten, ist der Aufstieg and der s. Ostkante mindestens V. Die Umgehung auf der Südseite auf deutlichem Steiglein bietet sich also an. Von Westen auf den Schöss pendelt dann wohl so um II+ ein. Angesichts des Pensums, das ich mir vornehme  -außerdem bin ich ganz allein unterwegs- will ich nichts riskieren und lasse deshalb den Schöss aus. So folge ich so gut es geht weiter der Grathöhe, weiche latschenbedingt immer mal wieder links, später eher NO-seitig aus, ohne jedoch zu tief ins Hornbachkar abzusteigen, was an mehreren Stellen gut möglich ist. (Bei konsequenterer Einhaltung der Grathöhe ohne Stöss wohl bis II, sonst etwas leichter)

ANSTIEG ZUR STALLKARSPITZE
Über Steilgras und einige Schrofen gelange ich bis unter die ungangbar werdene SSO-Wand. Die von weiter weg ev. sich anbietende linkshändige Querung hinüber in die Südwand und ev. Weiterweg durch eine brüchige Steilschlucht Richtung Gipfelgrat sieht von hier so dermaßen grausig aus, dass ich lieber rechterhand querend und ansteigend die deutliche schmale grasige Einsattelung am oberen Ostgrat anvisiere (hierhin im Aufstieg mühsam auch direkter aus dem Hornbachkar). Etwa 25hm unter der Grathöhe begrüßt mich ein Steinmann und einige wenige Spuren leiten mich schließlich zum Grat, ca. I+)

OBERER OSTGRAT der "STALL"
Der Weiterweg ist für mich nicht sofort ersichtlich, gilt es doch, die von weiter unten besser einsehbare schmale Steilrissrinne zu erreichen, die den einzig logischen Weiterweg zum oberen Gipfelgrat darstellt. Ich verschaffe mir einige Meter ö. den Ostgrat entlang einen besseren Überblick (s. Foto). Ja! das passt! Ich schiebe mich vorsichtig im Zickzack einige Wandstellen hinauf (Steinmännle) und schließlich in diese Rissrinne hinein (brüchig, I-II) und klimme dann meist in Spreiztechnik vollends hinauf (II) zum flacher werdenen Schlußgrat.
Die Belohnung folgt: Wenige Meter weiter am luftigen Grat, dann eine wunderschöne Platte, dann ... Ich bin am Gipfel. Laut GB im Schnitt kein Dutzend Begehungen pro Jahr...und WAS EINE AUSSICHT!

ABSTIEG INS HALDENKAR
Ich folge dem "Normal"anstieg und den Steinmännle über den N-Grat hinab. Die plattig abschüssige rechte Flanke, ebenso wie die Steilflanke links heischen extreme Vorsicht. Der Routenverlauf ist zwar klar, trotzdem muss ich immer wieder brüchige Stufen abklettern, das schottrige Gelände dazwischen ist öfters recht glatt (I+). Trittsicherheit unerlässlich! Kein Wunder, dass die Stall eher selten bestiegen wird. Die Steinmännle hören nun plötzlich auf, ich steige deshalb von einer ersten, relativ scharf eingeschnittenen Scharte durch und entlang einer Rinne sehr steil östlich hinab Richtung Haldenkar. Ob das nun die "richtige" Route ist? Vielleicht quert man auch am Nordgrat noch etliche Meter auf der Westseite weiter Richtung Schnatterbachkopf und steigt erst dann ö. ins Haldenkar. (Von unten mal wieder besser zu sehen! - vgl. Foto) Hier hinab ist es jedenfalls auch machbar, leider ziemlich abschüssig und steinschlägig. Deshalb versuche ich, so gut es geht, den übelsten Rinnenabschnitt zu vermeiden und tänzle an der Begrenzung tiefer. (Eine plattige Querungs-Stelle ist wohl II+, Rest um I)

HALDENSPITZE?
Die nordwestliche Flanke wieder hoch zur Haldenspitze scheint aus meiner Perspektive an mehreren Stellen zwar ganz gut gangbar zu sein, allein hiesse das zuerst eine lange Querung durch das obere Geröll- und Rinnengelände des Haldenkars, dann durch die Flanke irgendwie wieder hoch -sieht ebenso schottrig wie abschüssig und weglos aus...(Fotos).
Ich bin zudem schon gehörig ermattet. So entscheide ich mich für die vermeintlich leichtere Variante, steige im Geröll hinab zum endlich grasigen flachen Karboden des Haldenkars und suche mir ab da den Rückweg. Wohin? Es gibt keinerlei Markierungen oder Steinmännle mehr. Ganz hinab zur Karschwelle, wo die Latschen beginnen? oder deutlich weiter oben, ganz am oberen Ende der Latschen? Weglos und auf dürftigen Gamswechselpuren quere ich zuerst eher waagrecht östlich, schließlich geht es gar nicht anders und ich muß wieder deutlich und südöstlich empor ansteigen, um überhaupt weiterzukommen und finde zum Glück sogar einige wenige Steinmännle. Sogar ein Rinnsal mit WASSER finde ich. Dank der kleinen Flasche kann ich auffüllen. Endlich wieder oben am grasigen breiten NO-Rücken der Haldenspitze tut sich mir ein schöner Blick auf den Grubachspitzengart auf und ich glaube, das Schlimmste hinter mir zu haben. (Anmerkung: In Gegenrichtung, also von hier hinüber ins Haldenkar ist die Route wohl deutlich einfacher zu finden! Die auf der Bergfexkarte und anderen mir vorliegenden Karten eingezeichnete Wegspur hinüber ins Haldenkar am Fuß des Schnatterbachkopfs existiert jedoch so gut wie gar nicht!)
WARNUNG!
Ich leiste mir nun im Abstieg, als der Grasrücken in die Latschen übergeht, einen bösen Verhauer. Obwohl ich die Karschwelle des Hornbachkars mit etlichen markanten größeren Bäumen gut sehen kann, finde ich die entscheidende Gasse einfach nicht, vielmehr drängen mich die zuerst wunderbar nach unten gut begehbaren Gassen (viele Tierspuren) immer mehr nach links und weiter nördlich ab. Der Versuch einigermaßen auf gleicher Höhe wieder nach rechts zu queren wird durch die Latschen und Steilrinnen vereitelt. Ein Wiederaufsteigen wäre -nachher bin ich halt immer schlauer- die viel viel bessere Lösung gewesen, aber ich bin schon etwa auf die Höhe des Sattele abgestiegen und schlage mich schließlich durch die Latschen, abschüssige Rinnen und einige Gamswechselspuren bis in den Talgrund nördlich des Sattele durch. Püh. Leider ist mein Leiden hier immer noch nicht vorbei! Der Wiederaufstieg Richtung Sattele ist nur kurz eindeutig, verläuft sich alsbald. Welche Gasse weiterführt ist überhaupt nicht ersichtlich. Schließlich folge ich den Vielversprechenderen mehr ssw und erreiche nach einigem Gerampfe zumindest wieder den untersten NO-Rücken der Haldenspitze. Drüben, fast waagrecht und keine 50m entfernt lacht mich die Karschwelle mit den vorher genannten Bäumen an. Übelstes Laschendickicht querend (GE 3, GE=GrünerlenSchwierigkeit) erreiche ich zerkratzt endlich gangbares Gelände, wo ich auf den markierten "Karweg" zur Grubachspitze treffe!
Wo an der Stelle der Abzweig Richtung Haldenkar sein soll, erschließt sich mir nicht. Auf jeden Fall von oben gesehen ab Beginn der Latschen deutlich rechts halten, von unten ab hier wo ich jetzt bin links!!!

WEITERER ABSTIEG
Deutlich entspannter steige ich den Pfad hinab und labe mich alsbald am erfrischend kühlen Nass des großen wasserführenden Tobels, der vom Hornbachkar herabkommt, treffe bald auf die Abzweigung und stolpere mit einigen willkommenen Trinkpausen wieder hinab zum AP.

FAZIT
Ich traf den ganzen langen Tourentag über keinen einzigen Menschen. (mit Pausen, Fotografieren und dem Verhauer 13h).
Der Anstieg bis zur Grubachspitze ist weit, aber sehr schön - lohnt auch für sich sehr.
Im Weiteren ging ich eine herrlich einsame Runde mit erhöhten Ansprüchen an die Orientierung, Trittsicherheit und Ausdauer. Die reinen Kletterpassagen sind zwar eher kurz, gehen aber einige Male in den II-ten Grad hinein, der Fels ist dabei leider nicht immer fest. Nach der Grubachspitze fand ich am Grat nur  einige wenige Spuren, danach  - mit Ausnahme des Abstiegs von der Stallkarspitze, die am N-Grat bis zur Scharte vor dem Schnatterbachkopf recht gut bemanndlt ist - herrscht durchgehend wegloses Gelände vor. Die von mir kürzlich durchgeführte Aserelrunde ist leichter und hat im Schnitt besseren Fels. Als Gesamtbewertung würde ich T6-, II vorschlagen.

Tourengänger: Nyn


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Kommentare (2)


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Eumaex hat gesagt:
Gesendet am 16. Juli 2020 um 22:59
Kann dein Leid nachvollziehen. Habe mich bei genau der selben Tour auch im Abstieg in den Latschen verhauen. War ein ganz schöner Kampf da wieder rauszukommen. Bin dann ein paar Wochen später vom Sättele aus auf die Haldenspitze. Da waren von unten aus Abzweigung und Weg dann völlig problemlos zu finden...

Nyn hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. Juli 2020 um 23:12
Hallo Eumaex,
War deine Leidensgeschichte vor meiner Begehung oder danach?
Hätten wir ja eigentlich voneinander lernen können oder sollen. :D
Aber das sagt sich leichter, als es vor Ort umzusetzen, wenn Du mitten im Dickicht steckst.
Immerhin, sollte es für mich mal noch auf die Haldenspitze gehn, ev auch auf die Saldeiner, dann weiß ich nun besser, worauf ich achten muss.

VG


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