All you can Guffert, by (almost) fair means - zweifache Überschreitung mit Hike and Bike von Holzkir


Publiziert von Hatscherer , 23. Dezember 2019 um 23:13.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Rofangebirge und Brandenberger Alpen
Tour Datum:17 August 2019
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Mountainbike Schwierigkeit: WS - Gut fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 1 Tage 6:00
Aufstieg: 5040 m
Abstieg: 5070 m
Strecke:123
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Wanderparkplatz Oberwarngau
Zufahrt zum Ankunftspunkt:BOB zurück zum Parkplatz

Dies ist mein erster Bericht auf Hikr nach vielen Jahren "heimlichen" Mitlesens. Daher erstmal vielen Dank an all die aktiv schreibenden Bergsteiger hier! Die Tourenberichte sind eine unschätzbare Quelle an Information für eigene Bergtouren und helfen über die Zeiten hinweg, wenn man selber nicht in die Berge kommt...

Im Fall des Guffert fiel es mir trotz vieler toller Tourenberichte schwer, zu entscheiden, welchen Zustiegsweg ich nehmen sollte, da die Bewertungen aufgrund unterschiedlicher Autoren kaum zu vergleichen sind. An einem langen Sommertag im August hat es sich ergeben, dass ich alle vier (offiziell auf der Karte verzeichneten) Anstiege an einem Tag unter die Füße bekommen konnte und vielleicht ist damit dieser Tourenbericht für den einen oder anderen hilfreich. 

Hier also der große, umfassende Guffert-Test:
Tag 1 
0. Anfahrt von Osterwarngau über den Taubenberg, Spitzingsee, Valepp (60km, 1600hm) 

Tag 2
1. Von der Gufferthütte über das Schneidjoch und Nordsteig auf den Rücken, weiter zum Gipfel
2. Über den Guffertstein Abstieg via Luxxeggalm nach Steinberg und Pasta zu Mittag
3. Über den Normalweg wieder hoch und Besuch der Schmiedquelle
4. Vom Guffertstein Abstieg nach Norden und bei der Issalm wieder auf den Zustiegsweg, zurück über das Schneidjoch zur Gufferthütte (Alles zusammen 26km, 2650hm) 

5. Abfahrt nach Tegernsee (Bahnhof) über die Bayralm und Kreuth (37km, 1450hm bergab mit 750hm Gegenanstieg) 

Dieses Jahr konnte endlich auf den wunderschönen Guffert, einen Berg, den ich schon sehr lange mal besuchen wollte, der sich letztes Jahr bei einer meiner seltenen Gelegenheiten aber so vollständig in Regen und Nebel gehüllt hatte, dass ich es gar nicht erst versucht habe. Dieses Jahr hat er sich vorbildlich verhalten: Mit angesagtem instabilem Wetter einen Großteil der Aspiranten verschreckt und die wenigen, die sich doch getraut haben, mit unglaublichen Lichtspielen belohnt.

Teils aus Umweltschutz, teils um die Vorfreude und das näherrückende Bergpanorama zu genießen, reise ich am liebsten mit dem Fahrrad an. Also lasse ich das Auto in Osterwarngau stehen und starte dort kurz nach Feierabend am Freitag gegen 15:20h. Meine Vorstellung, gemütlich über Forstwege durch das Taubenberggebiet zu cruisen wird mir in den steilen, matschigen und zugebuschten Pfaden schnell genommen. Ich verliere hier schon fast eine Stunde von meinem Zeitplan, aber der Blick auf die Alpen von diesem kleinen Höhenzug aus entschädigt für die schlammverkrusteten Beine. 

Unten entlang der Mangfall rauscht mein altes Mountainbike wie geplant dem Schliersee entgegen. Persönlicher Höhepunkt ist die Bahnhofstoilette von Neuhaus, wo ich meine Wasserflaschen nachfüllen kann. Von hier geht es anstrengend steil die alte Spitzingstraße hoch, zwischendurch muss ich doch einige Male schieben, dafür gerate ich erst am Spitzingsattel wieder auf die Autostraße. Hier endet gerade ein Rennradrennen und ich bekomme auch noch ein wenig Applaus von den Zuschauern. Kurz den Spitzingsee umrundet und dann muss ich leider schon wieder hunderte Höhenmeter bei der Abfahrt in Richtung Valepp vernichten. 

Gegen 19h erreiche ich das Ende der geteerten Straße und mir begegnet der letzte Moutainbiker und auch der letzte Mensch überhaupt für den Tag. Mühsam muss ich mir die Höhenmeter zurückholen und überquere bald die Grenze nach Österreich. Von dort windet sich die Schotterpiste rasant hinab zur Klause, die ebenso wie das Forsthaus Valepp geschlossen ist. Auf der ganzen Strecke vom Spitzing begegnet mir also nur ein einziger Mensch, alle Gaststätten sind geschlossen, die Abendsonne verschwindet langsam hinter den Bergen und taucht die Felsen um mich herum in ein spätsommerliches, gelbes Licht. Zudem kann ich so oft nachrechnen wie ich will - die Gufferthütte werde ich nie im Leben bei Tageslicht erreichen. So eine weltvergessene Stimmung hatte ich mitten in den Ferien kurz vor den Toren Münchens nicht erwartet, aber ich genieße es in vollen Zügen. 

Das ändert sich direkt, nachdem ich die Brandenberger Ache überquere und die Aufstieg zur Gufferthütte beginne. Die ersten 800 Meter beißen mir mit fast 20% Steigung in die doch schon recht müden Beine und danach geht es selten unter 10% weiter für insgesamt 10km. Als der Weg auf den letzten 3 Kilometern wieder aufsteilt, gebe ich auf und schiebe. Da hat die Sonne ebenfalls schon längst aufgegeben, aber das Licht des Vollmonds reicht vollkommen aus, ich lasse die Stirnlampe im Gepäck. Kurz vor halb Zehn hänge ich mein MTB an den Holzständer vor der Gufferthütte und melde mich unter einigen erstaunten Blicken für die Übernachtung an. Danke an dieser Stelle an den netten Koch, der für mich extra noch einmal den Herd für einen Teller Spaghetti angeheizt hat. 

Ich schlafe sehr gut im nahezu leeren Lager und möchte am Samstag eigentlich nur gemütlich den Guffert besteigen, vielleicht sogar oben biwakieren. Die gesamte Ausrüstung dafür habe ich dabei, es kommt aber anders. Um 3:30h wache ich auf und merke ziemlich bald, dass ich einfach nicht mehr einschlafen kann. Also schleiche ich mich so leise es geht aus dem Lager, packe meinen Rucksack und gegen 4:00h Früh trete ich hinaus in die sternenklare, mondhelle Nacht. Die erste halbe Stunde reicht mir der Mond als Licht, aber als es zum Schneidjoch hinaufgeht, wird der Pfad etwas steiler und matschig, also hole ich die Stirnlampe hervor. 

Es ist unbeschreiblich schön, ich bin vollkommen alleine auf dem Berg, über mir nur die Sterne, angenehm kühle Nachtluft, Nebelschwaden durchziehen den lichten Bergwald. Als mich urplötzlich zwei leuchtende Augen im Schein der Stirnlampe anblicken, mache ich dennoch fast einen Schritt zurück. Die Kuh erschrickt aber offensichtlich mehr als ich und ich gehe nur noch mit gedämpftem Licht weiter, mache einen großen Bogen um die Weidetiere, um sie nicht aufzuscheuchen. Auch bei der Überschreitung des Jochs ist es noch stockfinster, aber ich sehe im Mondlicht, wie mir die Köpfe der dort weidenden Schafe folgen. Allerdings bin ich wohl vorsichtig genug und schrecke sie nicht auf. 

Der sehr wurzelige Pfad zieht auf der anderen Seite an der Flanke des Berges entlang, gegenüber baut sich die mächtige Nordseite des Guffert auf. Nach einer Weile beginnt der Fels, immer heller in der Morgenröte zu glühen. Wieder und wieder bleibe ich stehen und kann beim besten Willen nicht erkennen, wo dort ein Weg hinaufführen soll. Aber um 6:30h stehe ich am Wandfuß, im selben Moment geht die Sonne auf, als hätten wir uns verabredet. Während sie mit rötlichen Strahlen über die wunderschöne Szenerie tastet, esse ich mein Frühstück zwischen dem Warnschild des DAV und der Gedenktafel für einen hier abgestürzten Bergsteiger. 

Ich atme kurz durch, setze meinen Helm auf und lege meine Hand auf das Stahlseil. Das ist also der Guffert Nordwandsteig. Die Kletterstelle ist jedoch schneller überwunden, als mir lieb ist. Eine kurze Traverse, mit vielleicht 30m Luft unter den Füßen, schätze ich. Dann eine ziemlich abdrängende Stelle, bei der ich mich stark zurücklehnen muss, um am Stahlseil haltend die kleine Felsnase zu passieren - der schwere Rucksack macht sich da bemerkbar. Dann ein angenehmer, wenn auch steiler Aufschwung und schon ist man wieder im Gehgelände, dank der Stahlseile hat sich das alles sehr machbar angefühlt. Ein schmaler, schottriger Pfad windet sich in Serpentinen den Hang hinauf, abwechselnd mit Platten und kleinen Rinnen, alles um die 45° bis maximal 60°. 

Ich habe viel Spaß mit dem abwechslungsreichen Gelände. Im Abstieg muss man hier aber sicher gut bremsen können und es sieht im Rückblick oft aus, als würde der Pfad im Nichts enden, wenn man hinter einem kurzen Flachstück den steilen Aufstieg nicht mehr überblicken kann. Nach einer Dreiviertelstunde bin ich aber schon am Gratrücken und von hier ist es recht harmloses Gekraxel bis zum Gipfel. 

Um 7:50h stehe ich vollkommen alleine neben dem Gipfelkreuz und muss daher auch den überwältigten Ausruf nicht unterdrücken, der sich ganz unwillkürlich Bahn bricht. Unter der lockeren Wolkendecke malt die Sonne ihre Muster auf die Berge ringsum, die Täler liegen in milchigem Dunst, Richtung Inn staffeln sich die Gipfel wie gemalt in immer blasseren Blautönen, die sonnigen Almwiesen ringsum leuchten im Kontrast mit den einzelnen, aber tiefgrauen Wolken umso heller. 

Schnell wird mir klar, dass noch sehr viel Tag übrig ist und ich entschließe mich zu einem Abstieg nach Steinberg. Über den breiten Wiesenrücken steige ich zum Sattel hinab, zwischen den Latschen begegnen mir die ersten Bergsteiger heute. Über einen Wiesenpfad erreiche ich den Guffertstein und blicke zurück. Dass der Guffert ein wunderbarer Gipfel ist, sieht man ja schon von München aus, aber dieses riesige, magische Hochplateau hatte ich nicht erwartet. 

Der Weg über Luxegg ist ein Waldpfad ohne Schwierigkeiten, aber er zieht sich dahin, glücklicherweise, denn ich bin trotzdem schon gegen 11h in Steinberg und muss erst zwei Radler trinken, bevor die Küche vom Waldhäusl öffnet. Aber der Wirt ist lässig und die Pasta wunderbar, außerdem gibt es im Garten einen Hahn, um die Flaschen nachzufüllen. 

Also geht es mit vollen Tanks in jeder Hinsicht um 12h wieder los, diesmal auf dem "Normalweg", also dem Aufstieg, denn wohl die meisten nehmen. Im Vergleich zum Nordsteig ist das hier natürlich weit weniger fordernd, aber auch nicht so überlaufen, wie oft gesagt wird. Mir kommen vielleicht 10 Leute entgegen. Die meiste Zeit geht es angenehm zügig, aber nicht übermäßig steil durch Wald und Latschen hinauf, die eine oder andere Felsstufe muss man überwinden, aber das erinnert meist an Treppensteigen und ist weder hoch, noch steil, noch ausgesetzt. 

Ganz zu Ende gehe ich diesen Weg nicht, denn kurz unter dem Sattel biege ich nicht links Richtung Gipfel ab, dort war ich ja schon, sondern halte mich rechts, in Richtung Schmiedquelle. Es lohnt sich! Der Pfad windet sich durch Latschen entlang spektakulärer Einschnitte, in denen noch Eisblöcke in der Größe von Schulbussen liegen. Die Schmiedquelle selbst ist zwar trocken, aber falls man am Verdursten wäre, müsste man eben die Eisklumpen anzapfen. 

Kurz hinter der Quelle treffe ich wieder auf denselben Pfad, den ich morgens bereits zum Guffertstein hinaufgestiegen bin, dieses mal wende ich mich auf dem von heideartigem Gras bewachsenen Rücken jedoch nach Norden, um vom Guffertstein in Richtung Issalm abzusteigen. Dieser Weg macht zwar einen großen Bogen um die steilen Abbrüche im Norden, ist aber dennoch nicht so leicht wie die beiden Wege von Süden. Es geht los mit einem schottrigen Pfad, dessen erstes Stück steil genug ist, um ein paar Mal leicht ins Rutschen zu kommen. Danach ist vom Weg nicht mehr viel übrig. Lange Schuttreißen haben den Weg an vielen Stellen völlig zerstört, an anderen hat er sich komplett der Vegetation ergeben. Einigen großen Felsbrocken sieht man sehr deutlich an, dass sie noch nicht sehr lange hier liegen. Hin und wieder dauert es eine Weile, bis ich den nächsten blassen roten Punkt entdecken kann und nachdem der Pfad sich wieder in Richtung Westen dreht, komme ich einmal sogar vom Weg ab und muss knapp vor einem Felsabbruch über Steilgras wieder zum Weg zurücksteigen. 

Letztendlich quert der Pfad dann aber unter einer mächtigen Felswand voller unerreichbarer Höhlen, bevor ich an der Issalm wieder auf den Weg treffe, den ich vor langer, langer Zeit vom Schneidjoch heruntergekommen bin. Punkt 18h stehe ich wieder vor der Gufferthütte. Was ich gestern zu spät war, bin ich heute also zu früh. Den ganzen Abend alleine auf der Hütte totzuschlagen, reizt mich nicht, daher tausche ich Kletter- gegen Fahrradhelm und schwinge mich wieder auf das Mountainbike. 

Ich fahre ein altes, gebrauchtes Modell aus den 90ern mit Backenbremsen und schiele bei der rasanten Abfahrt hinunter zur Brandenberger Ache schon hin und wieder auf die Bremsbeläge, aber sie halten. Leider war es das dann auch, denn unten angelangt, überquere ich den Fluß zweimal und muss dann wieder aufwärts strampeln, die Bairache entlang. Erstaunlicherweise machen meine Beine klaglos mit und ich komme bald an die schmale Brücke, über die ich mein Rad um 19h zurück nach Deutschland trage. 

Aber auf der anderen Seite schlägt die Laune meiner Beine jedoch schlagartige um. Der Weg hinter der Brücke ist loser Schotter, (für mich) unfahrbar steil bergauf, und mir entfahren ein paar Flüche, als ich wieder und wieder feststellen muss, dass ich das Bike nach der nächsten Kehre immer noch tragen muss. Bald ist aber ein angenehmer Fahrweg erreicht, der mich in sanftem Auf und Ab weiter in Richtung Tegernsee bringt. Leider ist er mehrere Male von kleinen Bächen ausgewaschen, so das ich auf zerfurchten Felsplatten absteigen muss. Mit dem rauschenden Flüsschen zu meiner Linken aber doch ein idyllischer Weg. 

Nach der Bayralm genieße ich die ewige Schotterabfahrt in Richtung Kreuth und seit der Gufferthütte ist mir mal wieder niemand begegnet. Auf dem Radweg in Richtung Tegernsee verlässt mich aber dann doch langsam die Lust und ich ärgere mich über die teils verwirrende Beschilderung. Als es schon dunkel wird, quäle ich mich vollkommen unbeleuchtet die Bahnhofsstraße hinauf, da war die Fahrt im Mondlicht im Wald ohne Autoverkehr am Abend zuvor doch wesentlich angenehmer. Ich habe nicht einmal zweieinhalb Stunden gebraucht für die Abfahrt und bekomme ganz entspannt die BOB für die Fahrt zurück zum Auto. 

Zufrieden sitze ich im Zug und lasse die Bilder des Tages an mir vorbeiziehen. Der Guffert ist ein wunderbares Ziel, egal von welcher Seite, aber bei guten Bedingungen würde ich persönlich sicherlich immer die Nordseite wählen. 

Tourengänger: Hatscherer


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Geodaten
 46991.gpx Anfahrt per MTB
 46992.gpx Überschreitung zu Fuß und zurück (leider fehlerhaft an der Nordseite)
 46993.gpx Rückfahrt nach Tegernsee

Galerie


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Kommentare (1)


Kommentar hinzufügen

Toni83 hat gesagt:
Gesendet am 24. Dezember 2019 um 14:41
So muss das!
Gratuliere, Toni


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