Überschreitung Lauchernstock und Ruchstock


Publiziert von Bergamotte , 30. Juli 2019 um 08:33.

Region: Welt » Schweiz » Nidwalden
Tour Datum:26 Juli 2019
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Ruch- und Walenstockgruppe   CH-NW   CH-UR   CH-OW   Chaiserstuelgruppe 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1550 m
Abstieg: 1550 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:LSB Fell - Chrüzhütte
Unterkunftmöglichkeiten:Berggasthaus Urnerstafel
Kartennummer:1191 Engelberg

Gerne denke ich an eine prächtige Skitour im 2014 zurück, bei welcher wir Ruchstock und Lauchernstock kombiniert haben (*klick). Nicht weniger aufregend ist deren Besuch im Sommer. Als besonders lohnend erweist sich heute die Überschreitung des Lauchernstocks: luftiger Aufstieg über den gesamten Westgrat, bestechender Abstieg übers Band zum Schlittchuechen. Und auch den Ruchstock erreiche ich über die Westgrat-Variante. Zwischen den Gipfeln hingegen dominiert Karst und vor allem Schutt - so richtiges Knochenbrecher-Gelände.

Ein Hinweis vorweg: Die Strecke Urnerstafel - Bannalper Schonegg wurde nach dem Vorfall mit der Kuherde letzte Woche durch die Gemeinde Wolfenschiessen bis auf weiteres gesperrt. Das ist natürlich sehr ärgerlich, handelt es sich doch um eine der Hauptschlagadern im ganzen Gebiet. Ich kann mir deshalb nicht vorstellen, dass dieser Zustand lange anhält. Bis dahin heisst es Begehung auf eigene Gefahr.

Aber zurück zum heutigen Tag. Die erste Bahn bringt mich um 8:00 hoch zur Chrüzhütte (1713m). Von hier in den Urnerstafel und weiter zum Unter Mälchbsätzi, wo ich den Wanderweg verlasse und über steiles Weideland zum Schienberg NW-Grat aufsteige. Diese Variante (R. 1143) ist deutlich direkter als der "Normalweg" übers Plänggeli und die Oberfeldcharren (R. 1145), aber auch deutlich anstrengender. Der Grat selber ist meist harmlos, an einer kurzen Schrofenstelle kratzt man aber bereits an der T6. Die Stelle könnte aber mit leichtem Schlenker nach Süden umgangen werden. Zuletzt über Karren erreiche ich nach 75 Minuten den Schienberg (2372m). Mit seiner eindrücklichen Nordwand dominiert er den Urnerstafel, Richtung Süden hingegen wirkt er kaum wie ein Gipfel, sondern läuft harmlos in ein Karstfeld aus.

Dieses überquere ich und steige an den Fuss vom Planggengrat (2398m) auf, in direkter Linie circa T5, weiter westlich wäre es einfacher. Gar nicht einfach ist die kurze Überschreitung desselbigen. Eigentlich eine absolute Belanglosigkeit kann ich als Gipfelsammler trotzdem nicht widerstehen. Aufstieg in recht direkter Linie (T6-) und Abstieg über den Ostgrat. Dieser ist extrem brüchig und ausgesetzt, eher T6+ als T6, aber es sind wirklich nur wenige Meter.

Das Abenteuer geht am benachbarten Laucherengrat (2417m) ohne Unterbruch weiter. Es handelt sich hier faktisch um die Verlängerung des Lauchernstock Westgrats und ich möchte diesen Leckerbissen jedem geneigten T6-Gänger ans Herz legen (R. 1135). Sputnik bewertet den Westgrat mit T7 und nennt ihn "Kamikazegrat". Das ist übertrieben. Zugegeben, ich möchte hier nicht unbedingt absteigen wie er, aber im Aufstieg ist das herrliche IIer Kletterei in recht festem Kalk. Anschliessend weiter in luftiger Kletterkraxelei über den horizontalen Grat, bis mir eine kleine Scharte den Weiterweg verwehrt. Den Abstieg traue ich mir nicht zu. Warum habe ich bloss die Reepschnur zuhause gelassen!? Aber zum Glück entdecke ich eine fast schon spektakuläre Umgehung auf der Nordseite durch einen engen Felsspalt. Anschliessend kurze Querung zurück zum Grat und ohne grössere Schwierigkeiten aufs Plateau vor dem Lauchernstock. Dessen Westgrat lässt sich mehr oder weniger konsequent begehen, was man aus der Distanz kaum glauben kann. Einzige Schlüsselstelle ist ein Aufschwung, den man durch eine enge Felsrinne überwindet (T5+/II). Vor Ort ist das recht offensichtlich. Anschliessend über Karren und Geröll zum Gipfelbuch und der Kote auf dem Lauchernstock (2638m). Man kann von hier übrigens prima die Westflanke am Ruchstock einsehen.

Diese Westflanke erreicht man ganz elegant über ein horizontales Band, welches die gesamte Nordflanke vom Lauchernstock durchzieht (R. 1137). Hierfür steigt man zunächst über die Normalroute nach Westen ab (R. 1136, blau markiert), um dann scharf rechts ins Band einzusteigen. Sputnik hatte bei seiner Begehung das untere Band benutzt, was meines Erachtens nicht der Führerroute entspricht und weniger effizient ist. Dass das obere Schuttband im aperen Zustand unschwierig begehbar ist, daran hatte ich keinen Zweifel (T4). Mich quälte aber die Frage, wie das Band an dessen Ostende verlassen werden kann. Denn aus der Distanz ist im begrenzenden Felsband keine Schwachstelle auszumachen. Der Führer schweigt sich leider darüber aus, ignoriert die Stelle im Topo sogar. Tatsächlich ist das nicht ganz trivial, doch durch einen Felsriss ganz am Ende klappt es schliesslich (II). Weiter oben wäre auch eine Abseilstelle vorhanden (Ostgrat-Route), aber wer schleppt schon ein 50m-Seil auf diese Tour mit!? Anschliessend kurze Querung über Geröll in den Schlittchuechen (2519m), der sich auch von der Rugghubel-Seite erreichen lässt.

Eigentlich wollte ich nun die Trichter-Route benutzen, welche links der prägnanten Höhle hochzieht (R. 1126). Doch spontan entscheide ich mich für die Variante am Westgrat (R. 1126a). Hierfür vom Schlittchuechen in wenigen Minuten zum Grat hoch. Das ist nicht nur schöner, sondern auch direkter und weniger steinschlägig. Nachteil: Am Westgrat gilt es eine kurze IIIer Stelle zu klettern. Anschliessend leicht links haltend weiter über Kraxelgelände und dann in beliebiger Linie hoch zum Ruchstock (2813m). Zeit für eine ausgiebige Mittagsrast, auch wenn die Fernsicht heute nicht über alle Zweifel erhaben ist.

Der Abstieg in den Nordsattel ist bei aperen Verhältnissen etwas mühsam (Schutt), bietet aber keine besonderen Schwierigkeiten (T4). Generell würde ich auf dieser Tour zur Sicherheit aber zumindest Leichtpickel und -steigeisen dabei haben. Vom Sattel kurzer Abstecher zum höchsten Punkt der Hasenstöck (2719m), das kostet wenige Minuten. Was nun folgt ist ein laaaanger Abstieg über mühseliges Knochenbrecher-Gelände zurück zur Bannalp (Schutt, Blockfelsen, Karren). Hier wünsche ich mir, ich hätte die Tour entweder früher im Jahr oder in umgekehrter Richtung absolviert. Was die technischen Schwierigkeiten anbelangt, ist meine Richtung aber unbedingt vorzuziehen! Die Kuhherden vor dem Urnerstafel (1693m) umgehe ich zur Sicherheit - man weiss ja nie... Vor dem Bähnli zurück nach Oberrickenbach reicht's gerade noch für einen Coupe im Berggasthaus.


Zeiten (kum)
1:15  Schienberg
1:50  Planggengrat
2:50  Lauchernstock
4:00  Ruchstock
5:30  Chrüzhütte

Tourengänger: Bergamotte
Communities: T6


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Kommentare (2)


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HBT hat gesagt: Schöne Runde!
Gesendet am 30. Juli 2019 um 12:36
Super Runde, die muss ich mir auch mal genauer anschauen!
Gruss HBT

Bergamotte hat gesagt: RE:Schöne Runde!
Gesendet am 30. Juli 2019 um 14:10
Danke. Und ja, es lohnt sich, das sind stattliche Gipfel. Die Schwierigkeiten können je nach Können und Lust stark variiert werden.


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