Vom Stadtdschungel übers Ampertal ins Hügelland der Hallertau


Publiziert von Wagemut , 17. Juni 2019 um 20:33.

Region: Welt » Deutschland » Alpenvorland
Tour Datum: 9 März 2019
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 15:00
Aufstieg: 350 m
Abstieg: 380 m
Strecke:68 km
Kartennummer:Landesamt für Vermessung und Geoinformation UK 100-1 München und Umgebung, UK 50-34 Pfaffenhofen a. d. Ilm

Da das Wetter in den Bergen schlecht ist, es mich aber trotzdem ins Freie zieht, beschließe ich an diesem Samstag relativ kurzfristig einmal in die "falsche" Richtung, also nach Norden,  zu gehen. Unzählige Male bin ich mit dem Auto die Strecke von München nach Au in der Hallertau gefahren. Das Gefühl für die wahre Distanz geht dabei verloren. Allmählich wuchs der Gedanke in mir, diese Strecke einmal zu Fuß zurückzulegen. Da ich mich keineswegs auf diese Strecke vorbereitet hatte, stellte ich mich mental darauf ein, die Tour ggf. abzubrechen und per Anhalter  oder Bus zum Zielort zu gelangen.

Um 5 Uhr klingelt der Wecker. Zu einem früheren Aufbruch habe ich mich nicht durchringen können. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahre ich zum Marienplatz, um meine Wanderung stilecht im Zentrum Münchens zu beginnen. Es ist fast noch dunkel. Durch Wein- und Theatinerstr. geht es hinaus nach Schwabing.

Im Auto sitzend und wohlmöglich mit Navi ausgestattet (einem solchen Gerät verschließe ich mich immer noch standhaft) macht man sich nie besondere Gedanken über Straßennamen.

Ist man zu Fuß unterwegs, erlangen sie eine ganz andere Bedeutung oder, wenn man so will, sogar einen tieferen Sinn. Anhand der Namen lässt sich oft das ungefähre Alter einer Siedlung oder der geschichtliche Werdegang ermitteln.

Es gibt Straßen, die nach Personen, Pflanzen oder Tieren benannt sind. Auffällig ist die Einfallslosigkeit der Benennung in homogenen Wohngebieten mit den immergleichen Vogelnamen, Kiebitz-, Drossel-, Amsel-, Zeisigweg oder Baumnamen, Fichten-, Tannen-, Buchenstraße oder Bergnamen, Schildenstein-, Watzmann-, Zugspitzstraße. Wieder andere Straßen zeugen von ehemaligen Fluren, was besonders traurig ist, wenn man bedenkt, dass diese Namen oft als einziges noch Auskunft geben über eine Landschaft, die inzwischen durch ausufernde Industriebauten und Einfamilienhäuser im "Grünen" weitestgehend (und dauerhaft) entstellt ist.

Eine vierte Art, Straßen zu bezeichnen, ist die nach Ortschaften oder Ländern und für mich an diesem Tag die hilfreichste. Diese Namen wurden nicht wahllos vergeben, sondern geben in 99% der Fälle die Richtung an, in der die betreffende Ortschaft zu finden ist. Etwa auf halber Strecke oder spätestens beim Eintritt in die betreffende Ortschaft, trägt die Straße dann den Namen der Ortschaft, von der man hergekommen ist. Die Dachauer Str. wird zur Münchner Str. und umgekehrt. Das sind natürlich Binsenweisheiten, aber Binsenweisheiten können ungemein befriedigend sein.

Diese Art Straße ist mir beim Auffinden der geeignetsten Route recht hilfreich, da ich mich nicht sonderlich vorbereitet habe und lediglich mit zwei Karten vom Bayerischen Vermessungsamten hantiere, die keine Straßennamen enthalten.

Von Schwabing zum Dorf Haimhausen

Bald biege ich also von der Agnesstr. in die Schleißheimer Str. ein. Sie beginnt in der Max-Vorstadt und endet am nördlichen Stadtrand im Hasenbergl. Führt man die Straße gedanklich nach Norden fort, weist sie, wie könnte es anders sein, direkt nach Schloss Schleißheim. Bevor die Autobahnn A99 und der Flugplatz gebaut waren, führte die Schleißheimer Str. direkt auf den Alten Schloßbau zu. Das kann man auf dieser alten Karte nachvollziehen.

Ich folge der Schleißheimer bis zu ihrem Ende und überquere über eine Fußgängerbrücke die Autobahn A 99. Nun halte ich mich rechts und dann wieder links auf einem schönen Pfad parallel zu den Flughafengebäuden. Es geht hinüber nach Hochmutting und Lustheim. Ich überquere kurz die B 471, durchwandere das Berglholz und erreiche über schöne Feldwege (dazwischen dieses Biotop) den Ortsrand von Unterschleißheim. In Unterschleißheim wird es etwas kompliziert und für Fußgänger etwas unschön, weil an und um die S-Bahn-Haltestelle große Bauarbeiten im Gange sind. Schließlich finde ich einen Weg durch ein Viertel mit hohen Bürogebäuden und eines der erwähnten typischen Wohngebiete zum Naherholungsgebiet der Stadt am Unterschleißheimer See.
Auf einem großen Feldweg wandere ich ziemlich gerade nordöstlich weiter durch ehemalige Moorlandschaft. Dann schwingt sich der Weg zur sog. Leiten hinauf, einem quer zum Weg verlaufenden, langgezogenen Hügelrücken. Eine sehr schöne Gegend! Bald darauf verlasse ich den lichten Wald der Leiten und wende mich auf die Straße nach Ottershausen vorbei an dem privaten Mausoleum "Erbbbegräbnis" ,einem verwunschenem Gebäude, das zwischen Laubbäumen auf einer kleinen Anhöhe steht. Am Ortsrand halte ich mich gleich rechts, um noch einen gelenkschonenden Feldweg zu nutzen und erreiche wenig später die Amper und die Dachauer Str., welche im Nachbarort Ampermoching selbstredend Haimhauser Str. heißt. :-)
Vorbei am Schloß Haimhausen geht's schnurstracks zur örtlichen Bäckerei, eine Oase, in der ich mir eine halbe Stunde Pause gönne.

Von Haimhausen entlang der Amper bis Kirchdorf

Es folgt eine sehr schöne Wegstrecke: Es geht an der großen Kreuzung links in die Amperpettenbacher Str. und unten an der Amper am rechten Ufer entlang. Anfangs ist die Straße bis zu einem Sportplatz noch geteert, aber dann geht es am Waldrand des Breitholzes auf einem Feldweg weiter. Beim Eintritt ins Holz wird der Weg zum wunderbaren Pfad, der nahe der Amper auf den Ort Bergfeld zuführt. Hier beginnt sich der sog. Werkkanal von der Amper abzuspalten. Parallel dazu verläuft der Weg nach Weng weiter. In Weng verlasse ich auf dem Uferweg der Amper den Ort und wechsele nach einem Kilometer über eine Wehrbrücke die Uferseite. Auf einem schönen Dammweg zwischen Werkkanal und Amper wandere ich am Ortsrand von Thurnsberg vorbei. Weglos setzte ich meinen Weg am linken Amperufer fort und unterschreite in gebückter Haltung die Autobahntrasse der A9. Hinter der Autobahn leitet mich wieder ein Feldweg nach dem Gehöft Hagenau. In der Absicht, entlang der Amper einen schönen Pfad nach Kranzberg zu verfolgen, umhalbrunde ich südlich den Kranzberger See, verpasse aber zwei deutliche Abzweiger nach rechts. Da ich nach rund 45 km nicht mehr gewillt bin, auch nur wenige Schritte zweimal zu gehen, laufe ich weiter auf der Autostraße nach Kranzberg hinein. Hinter dem Ortsteil Harrerhof stoße ich wieder zum Werkkanal mit seinem schönen alten E-Werksgebäude. Allershausen ist nicht mehr fern. Nach dem Uferweg am Allershausener Weiher  folge ich der Seestr. hinein nach Allershausen. Ich durchquere den Ort und überquere wieder die Amper hinter der Kirche St. Josef, laufe am Sportplatz vorbei nach Göttschlag, tuschiere Kreuth und verfolge kurze die Autostraße nach Tünzhausen. Auf dem beschilderten Radlweg (Fußgänger gibts in der Vorstellung von Touristenlenkern nicht, weswegen betoniert wird, was geht) begebe ich mich in die Amperauen und erreiche über das schöne Hallmoos Nörting. Auf dem geteerten Radlweg geht's auf nach Kirchdorf.

Von Kirchdorf ins tertiäre Hügelland der Hallertau

Am Rathausplatz biege ich links in die Hirschbachstr. ab. Nach 700 m gehe ich rechts ab auf einen schönen steilen Feldweg (offizielle Straße nach Schidlambach!) und verlasse damit das Ampertal und betrete das Hügelland der Hallertau! Richtung Nordosten hatschend passiere ich mehrere Dörfer, Schidlambach, Jägersdorf, Wolfersdorf, Berghaselbach, bis ich im Siechenbachtal wieder nach Norden umbiege. Die Orte Sörzen und Alsdorf liegen an der etwas mehr befahrenen Kreisstraße FS 27. Bei der großen Kreuzung hinter Alsdorf geht es geradeaus auf einem Feldweg nach Staudhausen hinauf (hier ist es schon Nacht), MIt Stirnlampe ausgestattet trete ich den Weiterweg nach Brandloh an, wobei ich wieder kurz eine Kreisstraße überquere. Willertshausen ist der folgende Nachbarort. Ich lege mich für 10 Minuten kurz auf eine Bank am Ortsausgang und mache eine Nickerchen. Dann geht es schlurfenden Schrittes einen KIlometer auf nach Reichertshausen. Au in der Hallertau liegt nur noch 2 km entfernt. Auf der linken Straßenböschung geht es im Stockfinstern entlang zu den nahen Lichtern. Dies ist jetzt der unangenehmste Teil der Strecke, da immer noch viele Autos entgegenkommen und mich blenden. Die letzten Meter nach Au hinein gibt es kaum Platz zwischen der Straße, dem Straßengraben und dem Zaun des ehemaligen Autohauses Heigl. Hier ist Vorsicht geboten. Endlich trete ich in den Schein der ersten Straßenlaterne, überquere schnell die Straße zum gegenüberliegenden Gehsteig und biege sogleich in die Hochfeldstraße ein.
ca. um 21:15 Uhr betrete ich das Haus, setze mich an die Küchenbank und ziehe die Schuhe aus...

Hier kann man die Strecke auf dem Bayernatlas nachvollziehen.

Tourengänger: Wagemut


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Kommentare (4)


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trainman hat gesagt:
Gesendet am 17. Juni 2019 um 22:35
Ordentliche Konditionstour, Respekt- eine Aktion auch nach meinem Geschmack!
Beste Grüsse
trainman

Wagemut hat gesagt: RE:
Gesendet am 18. Juni 2019 um 08:26
Danke Dir! Ja, das war schon eine lange Tageswanderung. Ich würd auch gern mal zu Fuß von München in die Berge. Das ist eine ähnlich lange Strecke. Siehe dazu auch hier: https://www.alpenverein-muenchen-oberland.de/uploads/images/Fw2LBFwW38HMsCb6xPltww/muenchen-rechelkopf.pdf

Viele Grüße,

der Joseph

ADI hat gesagt:
Gesendet am 24. Juni 2019 um 14:31
Bahhhhh....ois z'fuass.....Halleluia.....
Da wär ma mei Radl liaba gwen.....

VLG!

ADI

Wagemut hat gesagt: RE:
Gesendet am 5. Juli 2019 um 10:24
Aber mim Radl wärs eine völlig andere Tour und ich radle nur, wenn es unbedingt sein muss.:-)

Viele Grüße.

der Joseph


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