Sektionskurs "Alpinklettern" am Gimpel
Freudig überrascht mußte ich feststellen, daß ich auf einer Nicht-Jugendtour ausnahmsweise mal nicht der jüngste Teilnehmer war, sondern es noch neben der etwas sonderlichen alpinen Jugendgruppe auch noch sehr nette jüngere (Alpin-)Kletterer gibt, die mir bisher verborgen geblieben sind, da ich am Montagsklettertermin leider bisher nie Zeit hatte.
1. Tag (Aufstieg: 908Hm, Abstieg 410Hm)
Da wir das Wochenende auf dem Gimpelhaus verbringen wollten, ließen wir alles Hütten-Equipment mit der Seilbahn hochbringen und machten uns nur mit den Kletterrucksäcken an den Aufstieg zum Gimpelhaus. Die Entscheidung unsere "Hardware" selbst raufzutragen war sehr vorausschauend, da wir vor unserem Gepäck auf der Hütte ankamen und somit nicht warten mußten.
Weiter ging es zu den 7 Zwergen, ein paar kleinere Felsbrocken zwischen Gimpel und Kellenspitze, überhalb der Tannheimer Hütte. Dort schlugen wir bei bestem Wetter unser kleines Ausbildungscamp auf und widmeten uns zunächst der Theorie. Schon den letzten Panorama-Ausgaben hatte ich entnehmen können, daß ein Kräftedreieck beim Standplatzbau nicht mehr State-of-the-Art ist und inzwischen anderen Techniken der Vorzug gegeben wird.
Da schon längere Zeit keine alpinen Touren mehr geklettert, kam diese Auffrischung gerade recht. Reihenschaltung, Kräftedreieck, Klemmkeiltechnik, Bandschlingen und Würgeknoten waren u.a. Themen - auch weshalb man sich lieber einen Camelott als Freund zulegen sollte, statt eines simplen Friends, wurde erörtert.
Nachdem jeder unserer 7 Zwerge unter der Anleitung von Schneewittchen jeweils einen Standplatz mit Bohrhaken und Schlingen-/Klemmgeräten gebaut hatte und wir die wichtigsten Seilkommandos wiederholt hatten, gingen wir noch an einem der Zwerge klettern und machten Routen im Bereich III bis -IV. Leider war es hier nicht nur schattig, sondern auch recht windig, ganz im Gegensatz zu unserem Übungsgelände, wo ich mir prompt die Arme in der Sonne verbrannte.
Nachdem jeder 3-4 Routen geklettert war, ging es zurück auf's Gimpelhaus wo wir unser Abendessen genossen
2. Tag (Aufstieg: 249Hm, Abstieg: 249Hm) "Hüttengrat" (5 SL, IV+, 125m, 100 Hm, eingebohrt)
Nach ausgiebigem Frühstück ging es zur praxisgerechten Umsetzung unseres erlernten/wiederholten Wissens. Einem kurzen Anstieg später, erreichten wir den Hüttengrat zum Hochwiesler. Weniger wegen der Kleidung, sondern mehr für das Gipfelvesper, entschieden wir uns kein Rucksackdepot zu machen, sondern diese mitzunehmen. Eine Entscheidung, die wir absolut nicht bereuen sollten.
Der Hüttengrat ist eine relativ einfache Kletterei und sehr gut mit Haken abgesichert. Meist gibt es an den Ständen jeweils ein Bohrlaschenpaar und ein Bühlerhaken-Paar, so daß zwei Seilschaften problemlos sich einen Stand teilen können, ohne sich hakenmäßig ins Gehege zu kommen.
In 3 Seilschaften (eine mit Seilweiche) ging es dann hintereinander Richtung Gipfel. Da der offizielle Ausstieg bereits vorher ist, mußten wir noch 2 Seillängen dranhängen, was bei einem einser Gehgelände jedoch kein Problem war, zudem sich sogar noch 3 Haken auf den letzten zwei Seillängen befanden.
Gegen Mittag erreichte auch die letzte Seilschaft den Gipfel, wo der Rest schon vesperte und die Kletterschuhe gegen die Bergschuhe eingetauscht hatte. Leider blieb ein Gipfelblick verwehrt, da es zwischenzeitlich nicht nur zugezogen hatte, sondern auch zu regnen begann. Hier machte sich das Komplettgepäck bewehrt und man konnte sich in wärmere und regenfestere Kleidung zwängen.
Nun hieß es Abseilen im Regen - Welch Spaß! Wir legten ein Fixseil vom Gipfel zur Abseilstelle, welche sich ca. 20m überhalb des offiziellen Ausstieges befindet und durch ein lila Fixseil markiert ist. Von dort ging es dann über drei Abseilstellen wieder hinab zum Ausstieg, wobei wir ab der zweiten Abseilstelle das Ganze beschleunigten indem wir gleich jeweils eine Person pro Seilende abließen.
Auch ich kam einmal in diesen Genuß und fand es entschieden angenehmer, als am nassen Seil abzuseilen und nicht nur mühsam den Achter durchzuschieben, sondern auch noch mit dem herausgepreßten (Schmutz-)Wasser bespritzt zu werden. Auf alle Fälle war ich froh Handschuhe mitgenommen zu haben, da Nässe in Kombination mit Wind verdammt kalt werden kann.
Die Abseilpiste kommt keine 3 Meter vom Routeneinstieg wieder an und von dort ging es dann zurück zum Gimpelhaus, wo unser "7. Zwerg", welcher verletzungsbedingt leider nur am Theorieteil teilnehmen konnte, uns mit Duschmarken überraschte.
Da es den ganzen Nachmittag weiterhin regnete, legten wir frisch geduscht und trockengelegt auf unserem Lager, was wir glücklicherweise für uns alleine hatten, eine weitere Theorielektion ein - mit Praxis soweit wie möglich. Hierbei wurden Balken und Kleiderhaken als Fixpunkte für Stände zweckentfremdet.
3. Tag (Aufstieg: 570Hm, Abstieg 1068Hm) "Westgrat" (8 SL, III/A1, 170Hm, eingebohrt)
Keiner hätte es gedacht nachdem es die ganze Nacht durchgeregnet hatte: Das Wetter überraschte uns mit strahlendem Sonnenschein und somit bereute der Rest der Gruppe es nicht eine weitere Nacht angehängt zu haben und nicht, wie eine unsere Teilnehmerinnen, am Vortag noch einen vorzeitigen Regenabstieg gemacht zu haben.
Wieder nach einem ausgiebigen Frühstück ging es Richtung Gimpel. Allerdings wurde das Wetter mit jedem Meter Richtung Gimpel immer ungemütlicher und unsere Schönwetter-Euphorie nahm rapide ab. Unsere ursprünglich geplante Tour, einer Rinne entlang, ließen wir fallen, um bei Regen nicht mitten im Bach zu klettern und gingen stattdessen den leichteren Westgrat an.
Wetterbedingt zogen wir diesmal bereits am Einstieg die warmen Sachen und Regenklamotten präventiv an und ich machte mich als Seilschaftserster an die Hakensuche. Ein Manko des Alpinkletterns ist eindeutig die schlechte Kennzeichnung von Haken. Ein Farbklecks könnte Wunder wirken. Aber ich schätze, es ist einfach eine gewisse Übungssache, um die Haken an entsprechenden Stellen zu finden.
Der Wind pfiff eisig über den Grat und meine Gedanken kreisten darum, wie man eigentlich lokale Erfrierungen bemerkt, waren meine Finger durch die Kälte doch relativ steif.
Nach der 3. Seillänge stand ich dann vor einer 2m Stufe und die Farbe am Fels signalisierte mir eine besondere Bedeutung. "Nur Mut Johann" war dort in roten Lettern geschrieben. Auch wenn die Stelle mit 3 Haken gut abgesichert war - der erste in greifbarer Nähe - war ich mir nicht sicher, ob dies mit meinen steifen Fingern schaffen würde und ließ unseren Führer aufschließen, nachdem ich meinen Kletterpartner nachgesichert hatte.
Unser Führer erklärte mir dann die Bedeutung der A-Skala, die ich als derzeitig fast reiner Sportkletterer, schon weit verdrängt hatte. Die Stelle war also III/A1 - Technische Hilfsmittel, wie Steigschlinge also erlaubt. Bei besserem Wetter hätte mein Ergeiz sicher eine 'Befreiung' der Stelle hervorgerufen, aber so war ich über die Steigschlinge ganz froh.
Kaum hatte ich diese Passage gemeistert, schien das Wetter uns dafür zu belohnen. So schnell, wie es zugezogen war, brach die Sonne wieder hervor und half meine Finger aufzutauen. Somit wurden die restlichen Seillängen zum Genuß und wir kamen letztlich noch ins Schwitzen. Wir waren alle froh, als wir gegen Mittag den Gipfel erreichten und uns aus den warmen Regenklamotten schälen konnten.
Nach ausgiebiger Gipfelrast ging es zu Fuß dann den Normalweg hinab zur Tannheimer Hütte, wo wir uns eigentlich schon auf Rharbarberkuchen freuten, nachdem wir eine der Wirtinnen am Vortag damit hochlaufen sahen. Leider waren wir einen Tag zu früh dran, aber auch so blieb uns die Wahl zwischen drei verschiedenen hausgebackenen Kuchensorten.
Nach dieser kleinen Rast auf der Sonnenterasse ging es an den Abstieg über Gimpelhaus hinab zum Parkplatz.
Fazit: Wir haben aus diesem Wochenende das Beste gemacht - trotz kleiner Regeneskapaden und mit dieser Gruppe würde ich jederzeit wieder in die Berge steigen.
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