Wenn Frost klirrt über der Wolfsschlucht: Schneeschuhtour via Nordgrat auf den Großen Berg (1303 m)


Publiziert von Vielhygler , 20. Dezember 2018 um 22:50.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum:15 Dezember 2018
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT3 - Anspruchsvolle Schneeschuhwanderung
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 500 m
Abstieg: 500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:P. "Gernberg östlich der Enterfelser Alm auf der Straße von Kreuth zum Achenpass (3 €) Von hier geht es mit "Wolfsschlucht" ausgeschildert zu den Siebenhütten.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Iglu (müßte allerdings vom Tourengänger erst gebaut werden). Platzwahl frei.
Kartennummer:DAV BY 14 Mangfallgebirge Süd

Die Vorfreude auf den Schnee ist eine meiner Lieblings-Vorfreuden und deshalb bin ich schon seit Mitte November froher Erwartung und schiebe Winter-Bereitschaftsdienst. Schneeschuhe, Grödeln und Tellerstecken liegen seither im Auto, Gamaschen, Skibrille sowie Sturmhaube im Rucksack parat. Auch meine stets überbordenden Winter-To-Do-Listen sind längst fertig. Doch zu meiner Enttäuschung ließ der erste Schnee- und Kälteeinbruch bis weit in den Advent hinein auf sich warten. Ein paarmal durfte ich als "Tratzerl" frühmorgens Autoscheiben abkratzen, aber das war' s auch schon wieder. Anstelle von Schnee fiel Regen und statt Väterchen Frost hat Stiefväterchen Frust meine vorweihnachtliche Wanderstimmung getrübt, bis...

...zur ersten Schneepackung, die just vor dem dritten Adventssonntag eintraf, der unter dem Motto: "Gaudete" ("Freut euch") steht. Seither ist das Gejammer über den ausbleibenden Winter nur noch Schnee (oder besser gesagt: Regen) von gestern. Endlich glitzert in unseren Bergen frischer weißer Zucker und der Schuh knirscht wieder. Es ist endlich...doch noch Winter geworden!

Wo sollte es hingehen?

Ein kühler, nach Morgennebeln aufklarender Tag war vorausgesagt. Natürlich sollte es gleich zum Winter-Einstand auf eine schön verschneite Schattseite gehen. Die Wahl fiel nicht schwer: der Norden des Halserspitzkamms ist für Winterstimmungen seit Jahren eine verläßliche Bank gewesen, außerdem gibt es hier für mich noch neue Gipfel zu entdecken. Die ganz klare Pole-Position auf meiner Schneeschuh-To-Do-Liste hatte der touristisch wohl kaum je besuchte...

...Große Berg (1303 m).

Besonders groß bzw. hoch ist er mit 1303 m nicht, der Große Berg im Mangfallgebirge, aber er muß sich nicht verstecken, denn er scheint im BRD-Vergleich der höchste "Große Berg" zu sein, außer ihm gibt es, jedenfalls lt. Wikipedia, nur noch kleinere "Große Berge" in Deutschland...
Wie auch immer, technisch gesehen ist er eine nördlich vorgelagerte Gratschulter der Blaubergschneid (1778 m) am Halserspitzkamm. Auf der Karte ist deutlich zu sehen, daß nahe der Oberhofer-Weißachalm und südlich der Einmündung der Felsweißach in die Hofbauernweißach der Nordgrat der Blaubergschneid in Richtung des Großen Bergs seinen Ausgang nimmt.
Dieser Nordgrat sieht auf der Karte in gleich mehrfacher Hinsicht gut aus. Die Steilheit müßte auch im Winter mit Schneeschuhen gut machbar sein. Außerdem gibt es weiter oberhalb, am Großen Berg, westlich und östlich des Grats steile Felsabstürze, die für gute Aussichten vielversprechend sind.

Der Tourentag

Am Gernberg-P. ist es noch kälter als vorhergesagt. Zapfige -10° sind es kurz vor 10:00 Uhr. Der im Winter normalerweise immer stark frequentierte Gernberg-P. ist heute, an einem Samstag, gähnend leer und mein Auto ist das einzige am perfekt geräumten Parkplatz. Ich bekomme hier schon eine Vorahnung, wie einsam der heutige Tag werden wird.

Ich gehe auf der landschaftlich schöneren, der westlichen, Seite der Hofbauernweißach, nach Siebenhütten. Die Verhältnisse sind, wie erwartet, tiefwinterlich und nach Siebenhütten ist angenehmerweise gespurt. Keine Spur heute jedoch von...anderen Wanderern. Einsam ist es und noch sehr neblig, der Halserspitzkamm wird sich erst später zeigen.
Von Siebenhütten geht es, ausgeschildert mit "Wolfsschlucht", auf einer leicht vereisten Forststraße zur Oberhofer-Weißachalm. Die Almhütte hat eine trockene Bank. Ich freue mich hier bei einem Schluck Wasser über die erste Aussicht auf den Großen Berg. Langsam verzieht sich auch der zähe Nebel und stückweise kommt der Halserspitzkamm in Sicht. Eiskalt und schattig ist es an der Alm, ich montiere rasch die Schneeschuhe und gehe weiter.

Der zunächst leicht leicht abfallende Weiterweg zur Wolfsschlucht war sogar noch gespurt, aber ich folge ihm nur so weit, bis er südlich der Königshütte dem Wasser der Felsweißach nahekommt. Der Bach führt nur wenig Wasser und konnte trockenen Schuhs (bzw. Schneeschuhs) leicht überquert werden (in der Zeit der Schneeschmelze mag das eine andere Sache sein).
Von der östlichen Bachseite der Felsweißach aus steige ich im steilen Wald in nordöstlicher Richtung querend an, um möglichst bald auf die Kammhöhe des Nordgrats des Großen Bergs zu kommen.

Der Anstiegswald war insgesamt sehr gut steigbar, viele Buchen, einige Fichten, nichts sperrendes. Ich habe breite Schneeschuhe, die sich nicht gut zum Queren eignen und mußte gezwungenermassen eine ziemlich steile Linie verfolgen. Die Höhe der ersten Schneepackung des Jahres betrug hier und heute (im Wald!) schon 40 bis 50 cm ungesetzten Schnees, der dann beim Drauftreten meistens (nicht immer) einigermaßen den Schritt gehalten hat. Wenige günstige Passagen zum Queren fanden sich zum Glück auch und schließlich hatte ich die Grathöhe erreicht.

Auf dem breiten und unten noch wenig markanten Nordgrat ging es zunächst, wie erwartet, etwas bequemer weiter. Schließlich wurde es aber an einer Stelle, auf ca 1100 m, wirklich steil. Ich habe einiges probiert, bin aber mit den Schneeschuhen jedesmal im ungesetzten Schnee bis auf den laubigen Grasgrund abgerutscht. Ich habe mich dann entschlossen, die Schneeschuhe zu deponieren und zu Fuß weiterzugehen, ein Entschluß, den ich wenig später schon bereuen sollte...
Es folgte nach dem kurzen, eben erwähnten, steilen Aufschwung eine längere, vollkommen freie, tiefverschneite und nicht minder steile Passage ohne jeden Baum, hier muß der Tourentag, was die Lawinenlage angeht, meines Erachtens unbedingt stimmen! Zu Fuß ging es hier heute tief einsinkend ganz gut, mit meinen Schneeschuhen hätte ich an diesem Hang im ungesetzten Schnee keine Chance gehabt.
Meine Entscheidung aber, die Schneeschuhe zu deponieren und  nicht mitzunehmen, hat sich leider gleich oberhalb der Steilstufe gerächt, denn das folgende, wieder flachere und immer tiefer verschneite Gelände wäre ideal für Schneeschuhe gewesen! Zu Fuß war es jedoch äußerst mühsam.

Ich habe, wie sowohl der kleinräumige Richtungsschwenk des Grates nach Südwesten, als auch die Felsabstürze nach Nordwesten nahelegen, die kleine, gar nicht markante Plateaufläche des Großen Bergs (1303 m) schließlich erreicht. Ich habe mich kurz hingesetzt, die Eisstollen von den Schuhsohlen gekratzt und für den Abstieg die Grödeln angelegt. Solche Kälte: nach dieser Prozedur waren meine Finger fast gefühllos, ich habe schnell noch ein Foto vom Schildenstein gemacht und mich dann darauf konzentriert, die kalten, nassen Finger wieder ordentlich in das Handschuhfutter einzufädeln. 

Klar war, daß der Grat zur Blaubergschneid gleich oberhalb des Großen Bergs unbewaldet ist und umfassende Aussichten besitzt. Ich habe auch versucht, noch etwas weiter anzusteigen, bin aber in frisch verschneiten und unter dem Schnee gar nicht sichtbaren Latschen immer wieder hüfttief eingesunken und habe mein Vorhaben schließlich aufgegeben. Schade, mit den weiter unten deponierten Schneeschuhen wäre es bestimmt besser gegangen. Das fuchst mich etwas, denn dieser kurze Anstieg hätte sich ganz sicher gelohnt!
Ich werde die Tour also auf jeden Fall wieder in Angriff nehmen, wahrscheinlich noch in diesem Winter. Die Vielhyglerin basthe, der ich erzählt habe, ist ebenfalls interessiert...

Der Abstieg vom Großen Berg erfolgte dann ziemlich flott mit Grödeln in der vorhandenen Aufstiegsspur. Am Bankerl der Oberhofer-Weißachalm war ich wirklich erleichtert, als plötzlich ein Wanderer auf dem Wolfsschluchtweg daherkam. Unsere Unterhaltung fiel mit "Servus", "Servus" nur kurz aus, vermittelte mir aber das gute Gefühl, nach einer ganz besonders einsamen und kalten Winterwanderung wieder in der Zivilisation angekommen zu sein!
Gerade als ich nach Siebenhütten aufbreche, beleuchtet die letzte Sonne sehr schön die Halserspitz und den aufgehenden Mond direkt darüber. Wie kurz die Tage im Frühwinter sind: es ist erst 15:00 Uhr!

Fazit:

Sehr einsame und wirklich interessante Winterunternehmung.
Der schöne Nordgrat des Großen Bergs ist im Winter gut begehbar, allerdings sollte sich der Schnee besser gesetzt, also mehr "Grip" haben, als dies heute der Fall war.
Die in alle Richtungen freien Aussichten liegen wohl erst etwas oberhalb der 1300 Hm des Großen Bergs. Ich habe sie heute nicht erreicht, leider. Weit kann es bis dahin nicht sein: ich komme wieder!
Zur Sicherheit: die Lawinenlage muß auf dieser Tour stimmen!

Hinweis:

Mir ist offenbar mit der Umstellung der Zeit auf der Kamera auch gleich das Datum verrutscht. Das in den Bildinfos (rechts) angezeigte Aufnahmedatum: 16.12.2018 ( ein verschneiter Sonntag) ist falsch. Richtig wäre der: 15.12.2018 (ein kalter und klarer Samstag) gewesen. Die Uhrzeiten stimmen.

Tourengänger: Vielhygler


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