Kokořínsko - Hrad Houska (Burg Hauska)


Publiziert von lainari , 22. November 2018 um 20:57.

Region: Welt » Tschechien » Dokeská pahorkatina
Tour Datum:18 November 2018
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 420 m
Abstieg: 420 m
Strecke:12 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Ždírec
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 15 Máchův Kraj

Sonniges Herbstfinale mit Höllentor und Himmelstor
 
Ein letzter schöner Spätherbsttag lockt mich erneut ins Dokeská pahorkatina (Hirschberger Hügelland). Der heute besuchte Teil der Landschaft Kokořínsko (Daubaer Schweiz) weist mit der Burg Hauska einen saisonalen touristischen Hotspot auf, der jetzt, da nicht mehr geöffnet, stressfrei umrundet werden kann.
 
Ich erreiche meinen Startpunkt in Ždírec (Siertsch) und parke auf einem Platz beim Ortseingang. Wohlweislich gut verhüllt, starte ich bei frostigen -6° C in den strahlend schönen Morgen. Ich folge einer Straße zum Ortskern und biege dort nach rechts. Außerorts habe ich einen schönen Blick auf die markante Doppelformation der Bösige. Nach einer Weile fällt der einst grün markierte Flurweg in ein kleines Tälchen hinab. Am Talboden biege ich nach rechts und laufe talaufwärts. Nach einer großen Schleife erreicht der Weg die Hochfläche. Kurz vor der Straße werde ich hier von einer Jagdgesellschaft, die in einem Geländewagen patrouilliert, beargwöhnt. An der Straße halte ich mich rechts und biege wenig später nach links zum Weiler Týn (Thein) ab. Die Siedlung wird von einem alten, in gutem Zustand befindlichen befestigten Vorwerk dominiert, das 1414 als Gutshof der Burg Hauska erstmals urkundlich erwähnt wurde. Bewohnt und bewirtschaftet wurde die Anlage von der Familie der Týnů z Týna. Hinter dem Ortsende drifte ich durch alte Felsenwege nach links in einen am Talhang gelegenen einstigen Sandsteinbruch ab. Hier gibt es eine bewohnte Einsiedlerhöhle und eine angeblich videoüberwachte Felsendarre zu sehen. Auf dem Rückmarsch zum Weg treffe ich einen anderen frühen Abenteurer, der freundlich grüßt. Auf dem Weg erreiche ich den Talboden und gehe nach links durch das Trockental. Anfangs ist keine rechte Gefällerichtung erkennbar, später steigt es etwas an. Ausgangs des Tales befinden sich diverse alte Panzerstellungen. Erneut patrouilliert der Geländewagen mit den Jägern. Ich treffe auf eine Straße und folge ihr nach rechts. Hier ist ein roter Wanderweg ausgewiesen. Entlang der heute wenig frequentierten Straße komme ich nach Horní Houska (Ober Hauska). Am Ende der Siedlung befindet sich nicht auf dem, sondern an der Flanke des Schlossberges die Hrad Houska (Burg Hauska). Das heutige Äußere der Burg würde ich als untypischen, wenig attraktiven Klotz beschreiben wollen. Die Gründe dafür sind in der nachfolgend angerissenen Historie zu finden.
 
Der Burgplatz wurde zuerst im 9. Jh. von einem gewissen Slavibor aus dem lokalen Geschlecht der Pšované besiedelt. 1280-1290 wurde hier eine Königsburg für Přemysl Otakar II. errichtet, die dieser jedoch nicht bewohnte. Es soll keine brauchbare Trinkwasserversorgung über einen Brunnen existiert haben. Über die Berkové z Dubé (Berka von Dauba) und die Smiřičtí ze Smiřic (von Schmiritz) ging die Burg an die Hrzánové z Harasova (Herzan von Harras), die den bis dahin gotischen Burgkern 1584-1590 in ein Renaissanceschloss umbauen ließen. Zusätzlich wurden die Außenverteidigungen verstärkt. Die Burg gelangte im Dreißigjährigen Krieg trotzdem an die Schweden. Nach dem Krieg sollten alle von ihnen je besetzten Burgen geschliffen oder demilitarisiert werden. In Hauska führte dies 1658 zum Abriss des viereckigen Turmes, der Außenverteidigungen und der Wirtschaftsburg. Der Schutt wurde zum Verfüllen der Burggräben benutzt. Als Letzter griff der Neugartener Schlossherr Vincenc Karel Kounic massiv in das Aussehen der Burg ein, indem er 1823 die Dächer herabsetzen ließ. So entstand schließlich das heutige Aussehen.
 
Man erzählt sich die Sage, dass die Burg einst zum Schutz eines Zugangs zur Unterwelt, einem Höllentor erbaut wurde. Zum Tode Verurteilte wurden begnadigt, wenn sie einwilligten, sich dort hinunter zu begeben. Als man sie in die Kluft abseilte, erklangen jeweils nach kurzer Zeit schaurige Schreie, so dass man sie schnell wieder heraufzog. Sie waren innerhalb Sekunden um Jahrzehnte gealtert, sahen grau und faltig aus, hatten den Verstand verloren und überlebten das Ereignis oft nur um wenige Tage.
In der Neuzeit taugen diese Geschichten gerade einmal als (kommerzfördernde) Werbebotschaft - „Hrad Houska - brána do pekel“.
 
Heute ist in der Burg eine private Feiergesellschaft zu Gast und einer der offenbar schon angeheiterten Besucher hält vom Balkon aus eine vielbeklatschte Rede an die Nation. Außerhalb der Burg bin ich jedoch der einzige Zuhörer. Ich begebe mich über den Schlossberg, der Keller- und Fundamentreste eines Kirchenbaues aufweist, zur Vyhlídka na Říp (Aussicht zum St. Georgsberg). Der Berg ist am Horizont durch leichten Dunst nur zu erahnen. Ich folge einem blau markierten Wanderweg talwärts. An einem Teich lege ich später eine Pause ein. Zwischen den Wanderwegkreuzungen Pod Houskou und Pod Bořejovem nutze ich den grün markierten NS Pískovcová pohádka (Naturlehrpfad Sandsteinernes Märchen - oder etwas in der Art). Dieser führt hinauf auf die Talkante während der blaue Weg die zwei genannten Punkte über den Talboden verbindet. An der Talkante befinden sich die mehr oder weniger zergliederten Sandsteinfelsen des Skalní masiv Železná stěna (Felsmassiv Eiserne Mauer), welche durch Eiseninkrustationen der Verwitterung standgehalten haben. Nach genauer Inspektion der verschiedenen Einzelfelsen lasse ich mich an der Kreuzung Pod Bořejovem auf einer sonnig gelegenen Bank nieder und raste. Gestärkt nehme ich dann den Aufstieg nach Bořejov (Borschim) unter die Füße. Der Weg führt dabei durch einen Durchgang im Glockenturm der Kirche sv. Jakuba in den hübschen kleinen Ort. Die recht seltene bauliche Lösung betrachte ich als mein heutiges Himmelstor. Entlang der Fahrstraße komme ich nach kurzer Zeit zurück nach Ždírec.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 3 h 30 min. Die Schwierigkeit variiert zwischen T1 und T2.

Tourengänger: lainari


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Kommentare (2)


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mong hat gesagt:
Gesendet am 23. November 2018 um 20:34
> „Hrad Houska - brána do pekel“

Was heisst "bràna do pekel" auf Deutsch?

lainari hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. November 2018 um 21:16
Entschuldigung, wortwörtlich heißt es: Tor zur Hölle.

Ich lese gerade, dort hat es eine mechanische Hölle in Anlehnung an Dantes Göttliche Komödie:
/www.hradhouska.cz/index.php?p=peklem


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