Gerlachovsky stit / Gerlachspitze


Publiziert von Stefan_F , 20. September 2018 um 11:04.

Region: Welt » Slovakia » Vysoké Tatry
Tour Datum:13 September 2018
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: SK 
Zeitbedarf: 7:00
Strecke:Popradske Pleso - Sedlo pod Ostrvou - Batizkovske Pleso - Westwandcouloir - Gerlachovsky Stit - retour
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Dresden - Görlitz - Krakau - Strbske Pleso
Unterkunftmöglichkeiten:Hotel Popradske Pleso (www.popradskepleso.com)

Nach einem erlebnisreichen Tourensommer in den Westalpen hatten wir noch einmal die Möglichkeit ein verlängertes Wochenende unterwegs zu sein. Schnell war klar, dass wir einige Landeshöhepunkte in Osteuropa besuchen wollten. Aufgrund des Wetters beschlossen wir den "anspruchsvollsten" Gipfel zuerst zu besteigen und die Tage mit dem Rysy und dem Kekestetö ausklingen zu lassen.

So fuhren wir nach Strbske Pleso und stellten gegen 20:00 unser Auto ab. Schnell war das nötige Material in den Rucksack geschmissen und die Stirnlampe angeschalten. Nach den Berichten aus dem Internet packten wir auch Seil und Gurt ein. Unnötiges Gewicht wie sich noch zeigen würde.
In sehr finsterer Nacht liefen wir zum Hotel am Popradske Pleso vorbei an leuchten Tieraugen im dunklen Wald und unter einem selten so klar gesehenen Sternenhimmel. 1:20h sollte man unterwegs sein. Umso verwunderter waren wir nach 50min am See zu sein. Trotzdem erreichten wir den Küchenschluss nicht mehr, aber wir bekamen "nur" den restlichen Szegediner Gulasch - in der Menge die erste Herausforderung in der Hohen Tatra.

Am nächsten Morgen starteten wir gegen 4:00 um vor anderen Seilschaften unterwegs zu sein. Wir wollten den Anstieg für uns haben und so Steinschlag entgehen. Laut TANAP durften wir den Gerlech zwar ohne Guide besteigen (DAV-Mitglieder mit nachweisbarer Ausbildungs- und Tourenhistorie), aber wir hatten keine Lust auf Diskussionen. Der große Vorteil des frühen Aufbruchs besteht jedoch darin den Anstieg zum Sedlo pod Ostrvou im Dunkeln zurücklegen zu können. In unzähligen Kehren geht es einen recht steilen Hang gemütlich hinauf und der Motor kommt gleich auf Temperatur. Wieder nach 50min ist der Sattel erreicht und es geht noch leicht stiegend auf der Tatranska Magistrala zum Batizkovske Pleso. Hier ging die Sonne langsam auf, aber die Flanke zum Gipfel liegt angenehm im Schatten. Ein herrlicher Platz für ein kurzes Frühstück ist der See auf jeden Fall!
Im Folgenden führt ein gut zu findender Pfad über die Geröllflanke zum eigentlichen Einstieg. Zu unserer Verwunderung treffen wir schon einen anderen Seilschaft die wir sehr schnell einholen. Am Einsteig angekommen merken wir auch warum. Die Drei sind jetzt schon mächtig geschafft und steigen nur zögerlich ein. Nach jedem "Kletterzug" müssen sie schauen wie sie höher kommen. Wir ahnen Schlimmes und bieten unsere Hilfe an, was aber etwas zögernd abgelehnt wird.
Wir rasten und ziehen die Beschreibung des Aufsteigs von Sputnik aus der Tasche, die wir mit dem DDR-Tatraführer von 1976 abgleichen. In der Literatur von Früher steht noch was von Schneefeldern usw. Das finden wir natürlich nicht mehr, aber auch ein Fixseil, wie im Netz beschrieben, sollte man nicht suchen. Das gibt es einfach nicht. Mit den Zeilen im Kopf steigen wir ein, überholen die Tschechen, die noch nicht wirklich voran gekommen sind, und gewinnen sehr schnell an Höhe. Das Gelände ist deutlich leichter als erwartet. An den sehr reichlichen Sicherungspunkten kann man sich im unteren Teil gut orientieren. Nicht zu fassen, dass hier noch mehr Eisen steckte! Wie kann man den Berg so verschandeln? Nach einigen Minuten erreichen wir eine Kanzel und prüfen noch einmal die Beschreibung. Eine überhängende Kletterstelle mit Eisenklammern in sehr großem Abstand sollten wir überwunden haben und bis in den III. Grad sollten man bis zu diesem Punkt klettern müssen. Das muss allzu heroischen Beschreibungen geschuldet sein. Die Eisenklammern sind im üblichen Stiegenabstand, es hängt nirgends der Steig über und klettern muss man bis in den unteren II. Grad wenn überhaupt. Nun sieht man gerade vor sich eine Rinne aus hellem Gestein zu dieser man etwas absteigen müsste. Das ist offensichtlich, aber falsch. Es geht etwas rechtshaltend ansteigend auf eine parallele Rinne zu, die auch durch fast weißes Gestein auffällt und bis zu Scharte hoch zieht. Entgegen vieler Routenbeschreibungen sollte man keinesfalls in diese Rinne steigen, sondern auf dem links (Westen) davon befindlichen Rücken im dunklen Gestein leicht (I) und mit gelegentlichen Wegspuren aufsteigen. In der Rinne ist man dem Steinschlag ausgesetzt und kommt mühsamer voran. An der Engstelle der Rinne kann man auf die rechte, östliche Seite der Rinne queren und den Rücken dort erklettern. Etwas später zweigt eine flache Rinne nach links ab und verliert sich direkt am Gipfel. (Hier quert auch von rechts die Route durch die Ostflanke hinein.) Diese Rinne wir auch als Auf- und Abstieg benutzt. Eine Kette hilft über die einzige etwas heikle Stelle. Wie schon Sputnik schreibt ist es lohnender gerade weiter in die Scharte zu steigen und dann den sehr schönen Grat zum Gipfel zu gehen.

Am Gipfel sind wir allein, pausieren ausgiebig und stellen grinsend fest, hier schon knapp 2h gespart zu haben. In Gedanken rechnen wir schnell nach wie es mit Mittagessen und einem Nachmittagsschlaf an der Hütte aussieht.
Zwei Bergführer mit ihren Klienten kommen am Gipfel an und natürlich werden wir angesprochen und weisen uns aus. Wir werden nochmal darüber aufgeklärt, dass man hier nur mit Guide aufsteigen darf, wir ja aber sehr schnell und sicher unterwegs gewesen wären. Das Kompliment nehmen wir etwas beschämt an und kommen drauf welche Touren die Guides und wir in den Alpen angehen und schwelgen in Erinnerungen an kalte Biwaks und steile Wände. Sie erzählen aber auch von Erlebnissen hier am Gerlach und es wird umso klarer warum die TANAP diese strenge Regel aufgestellt hat und auch ahndet! Die Tschechen haben soeben die halbe Wand hinter sich gebracht. Viele Berggänger erfahren hier ihre Grenzen, versteigen sich (auch durch fehlerhafte Beschreibungen aus dem Netz), unterschätzen den Abstieg oder werden von schnellen Wetterwechseln überascht. Nach der Tour rate ich auch jedem Aspiraten, der nicht regelmäßig an anspruchsvolleren Touren unterwegs ist, sich einen der freundlichen (und billigen!) Guides zu nehmen. Es macht die Tour sicherer und genussvoller.
Wir steigen wieder ab und erreichen schnell den Einstieg. Seil und Gurt kann man dabei haben, gerade wenn die Tour als anspruchsvoll empfunden wird oder die Seilschaft nicht ausgewogen ist.
Auch der See ist schnell erreicht und nach einer Abkühlung nehmen wir den etwas zähen Anstieg zum Sedlo Pod Ostrvou in Angriff. Dieser ist stark besucht und wir staunen nicht schlecht als wir den steilen Hang hinunter zum Hotel das erste Mal im Tageslicht sehen. Es ist beachtlich wie viele Menschen sich jetzt hier in der Sonne und Hitze hinaufquälen. Schnell ist nun auch das Hotel und der See erreicht. Nach 7h steht ein kühles Bier und gebackener Käse auf dem Tisch. Natürlich haben wir das Mittagschläfchen nicht ausgelassen und von der herrlichen Kraxelei am Gerlach geträumt!
Am Tag darauf besuchten wir den Rysy.

Tourengänger: Stefan_F


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