Gerlachovský štít / Gerlachspitze, 2655m


Publiziert von Linard03 , 15. Juli 2013 um 22:15.

Region: Welt » Slovakia » Vysoké Tatry
Tour Datum: 7 Juli 2013
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: SK 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:Sliezsky dom - Gerlach - Batizovska proba - Batizovska pleso - Rázcestie pod Suchým Vrchom - Sliezsky dom
Zufahrt zum Ausgangspunkt:zu Fuss (ca. 2 Std.) oder per "Alpentaxi" (EUR 5.-- / Fahrt) bis zur Sliezsky dom (1670m)

Das Beste kommt zum Schluss … - das zumindest erhofften wir uns von der letzten Tour in der Tatra. Der höchste Berg der Slowakei (und auch von der hohen Tatra insgesamt) stand auf der Traktandenliste. Kein einfaches Unterfangen. Diese Ansicht sowie die Tatsache, dass der Berg nur mit einem Bergführer bestiegen werden darf (sollte ...), erleichterte uns den Entscheid, einen einheimischen Bergführer zu engagieren. Ein weiser Entschluss, wie sich herausstellen sollte; doch der Reihe nach …
 
Der Berg hat eine bewegte Zeit hinter sich, zumindest was seinen Namen betrifft: ursprünglich erhielt er seinen Namen vom Dorf Gerlachov, das am Fusse des Berges liegt; also Gerlachovský štít (Gerlachspitze). Während der österreich-ungarischen Zeit (k.u.k.) benannte man den Berg Franz Josef. Später, nach dem 2. Weltkrieg, hiess der Berg Stalin, bevor er dann ab 1959 erneut Gerlachovský štít  genannt wurde, resp. einfach Gerlach, wie ihn die Einheimischen nennen.
 
Per email & SMS hatten wir uns vorab geeinigt, am Sonntag den Aufstieg zu versuchen, da das Wetter dann am stabilsten zu sein versprach. Wir verabredeten uns um 6 Uhr in Tatranska Polianka, eine halbe Stunde später als ursprünglich vereinbart. Der Grund lag im bereits vollen Transport bis zur Hütte um 5.30 Uhr (der Hüttenwart hat mit seinem Jeep eine Spezial-Bewilligung, die kleine Strasse bis zur Hütte hoch zu fahren. Er kann jeweils bis zu 8 Personen transportieren, was sicher auch noch ein willkommener, kleiner Zustupf ist (EUR 5.-- / P.).
 
Nur, der Hüttenwart hatte nicht 6 Uhr verstanden, sondern 6.30 Uhr … - so starteten wir also etwas später. Kein Problem, meinte Tomas, unser Bergführer; wir seien ja sicher fit und würden deshalb einfach etwas schneller gehen … ;-)
 
An diesem wunderschönen Sonntag-Morgen waren wir nicht die Einzigen, welche die Gerlach als Ziel auserkoren hatten. Mehrere Bergführer waren mit Gästen unterwegs (jedoch sollten wir aufgrund unterschiedlicher Aufstiegs-Geschwindigkeiten einander nicht in die Quere kommen). Um 6.45 Uhr starteten wir schliesslich bei der Sliezsky dom (1670m) bei noch relativ frischen Temperaturen; die erste halbe Stunde absolvierten wir noch im Schatten.
 
Sobald uns die ersten Sonnenstrahlen erreicht hatten, wurde es auch sogleich warm (vielleicht lag es ja auch am steiler werdenden Gelände, welches mich ins Schwitzen brachte …).
Nach etwas 45 Min. erreichten wir den Einstieg auf der Ostseite. Gstälti an, Helm auf; für die nächsten gut 2 Std. hiess es nun klettern / kraxeln. Es wäre etwas einfacher gegangen, aber die ersten Höhenmeter wollte uns Tomas wohl testen und nahm die Direttissima, wir hinterher – „probieren bestanden“ …!
 
Das Tempo war für mich an der oberen Grenze, aber Markus war schon immer der Stärkere von uns beiden und für den jungen Bergführer war das Tempo sowieso kein Thema. V.a. aber fühlte ich mich auch sonst nicht in Topform; jedenfalls musste ich jetzt schon leiden …
 
Schnurgerade ging’s die Rinne hinauf, mal „normal“ aufsteigend, oft jedoch kraxelnd. Dann war der Frühstücksplatz erreicht und ich war froh um die Pause. War’s bis anhin schönstes Wetter, zogen leider bereits wieder erste Nebelschwaden auf. Weiter ging’s, bis wir ziemlich genau 2 Std. nach Abmarsch den Sattel auf ca. 2400m erreichten.
 
Nun folgte der Wechsel auf die Südseite und nachfolgend die teilweise ausgesetzte Querung des riesigen Kessels, welcher vom Tal aus gut zu sehen ist. Der Granit ist fest, meistens finden sich genügend Griffe, sich irgendwo festzuhalten. Dann und wann finden sich Bohrhaken, wo uns Tomas sichern kann. Während des ganzen Aufstiegs sind jedoch nirgends Markierungen zu finden. Ist man einmal in den Felstürmen drin und steckt auch noch wie wir im Nebel, ist die Orientierung kaum noch möglich. Dafür haben wir jedoch Tomas, der uns sicher lotst.
 
Es folgte ein Kamin, dann war die nächste Krete erreicht und wir wechselten auf die Westseite des Berges. In einem ständigen auf- und abklettern bewegten wir uns immer auf etwa 2500m. Waren wir im ersten Aufstiegs-Abschnitt (Einstieg bis Frühstücksplatz) noch 3 Gruppen, waren wir jetzt längst alleine unterwegs, was auch allfälligen Steinschlag reduzierte.
 
Nach genau 3 Std. (gemäss Tomas eine „sehr schnelle Zeit“) erreichten wir den höchsten Punkt der Slowakei und der Tatra insgesamt, Gerlachovský štít (2655m). Ein schönes Gefühl, auch wenn wir hier wiederum im Nebel standen (somit „Nebel-Gipfel“ Nr. 3 in drei Tagen …). Es waren insgesamt etwa 10 Leute auf dem Gipfel, was für einen Sonntag doch eher wenig ist. Sollte das Wetter perfekt und auch noch ein Wochenende sein, können gemäss Tomas auch mal 100 Leute unterwegs sein (was mich dann doch wiederum erstaunt, zieht man die Schwierigkeiten in Betracht).
 
Nach einigen (Nebel-)Fotos stiegen wir wieder ab; diesmal auf der Westseite. Um das grössere Altschneefeld zu vermeiden, machten wir einen Umweg und stiegen nochmals ein Stück auf dem Aufstiegsweg zurück. Im Abstieg war ich nun vorderster Mann. Die Couloirs sahen alle ähnlich aus und es brauchte ab und zu die Anweisung von Tomas, damit ich den richtigen „Weg“ erwischte.
 
Auch den Einstieg in die Eisenleiter hätte ich prompt verpasst, da sie von oben nicht einsehbar ist. Wobei „Leiter“ masslos übertrieben ist. Es gibt ein paar Tritte und Eisenstifte, welche jeweils ziemlich weit auseinanderliegen und für Leute mit kurzen Beinen beinahe nicht erreichbar sind … Senkrecht (und an einer Stelle leicht überhängend) geht’s hinunter. Nicht ganz trivial, diese Passage und ich bin froh, dass uns Tomas zusätzlich sichert.
 
Nachdem dieser Mini-Klettersteig gemeistert war, geht’s weiterhin steil hinab. Zum Schluss wird das Gestein immer brüchiger; wir mussten aufpassen, dass wir keine Steine lostraten und unter uns gehende Seilschaften trafen.
Nach ca. 1.5 Std. wars geschafft, wir waren am Ausstieg angelangt. Wir machten hier nochmals eine gemütliche Pause und konnten Gstältli & Helm verstauen.
 
Der See Batizovske pleso war nun nicht mehr weit, die Strecke zur Sliezsky dom zog sich jedoch noch ziemlich in die Länge. Um 13.30 Uhr erreichten wir schliesslich wieder unseren Ausgangspunkt. Eine feine Gulaschsuppe mit einem etwas gewöhnungsbedürftigen Kofola (ein in Tschechien hergestelltes, süsslich schmeckendes Cola) war nun sehr willkommen.
Anschliessend wurden wir wiederum per Jeep nach Tatranska Polianka hinuntergefahren.

Fazit:
Eine rassige Felstour, die es in sich hat! Jedenfalls bis anhin einer der anspruchsvollsten europäischen Landeshöhepunkte
 
Bemerkungen:
Bergführer ist Pflicht; die slowakischen Behörden hüten „ihren“ Berg wie ein Augapfel (übrigens sind auch andere Gipfelbesteigungen in der hohen Tatra nur mit Bergführer erlaubt). Falls jemand ein paar Euro sparen will, empfehle ich auf der Abstiegsroute auf- und abzusteigen; jedenfalls ist die Sliezsky dom zu meiden, wo alle Bergführer sind ...
 
Wie bereits im Text erwähnt: die Orientierung für die beschriebene Route ist ziemlich schwierig, selbst bei guter Sicht. Im Nebel hat man keine Chance. Es gibt keine Markierungen; vereinzelt Bohrhaken, dann und wann Pfadspuren.
 
Für die Rundtour werden normalerweise 7- 9 Std. veranschlagt.

Zeiten:
- Sliezsky dom - Sattel (ca. 2400m): ca. 2 Std.
- Sattel - Gipfel: ca. 1 Std.
- Gipfel - Ausstieg: ca. 1.5 Std.
- Ausstieg - Sliezsky dom: ca. 1.5 Std.

Tourengänger: Linard03


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Kommentare (6)


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pika8x14 hat gesagt:
Gesendet am 15. Juli 2013 um 23:19
Hallo Richard,

Gratulation zum Gerlachovský štít (aka "Nebel-Gipfel Nr. 3").

Den höchsten Berg der Tatra werden wir irgendwann auch noch besuchen. Bisher haben wir ihn immer zugunsten anderer Gipfel ausgelassen - und früher wäre es um einiges leichter gewesen (mehr "Eisen" am Berg) ...

Viele Grüße, Andrea + André.

PS: Wir fragen uns gerade, ob denn nun Kofola oder doch eher Rivella "gewöhnungsbedürftig" ist ;-).

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. Juli 2013 um 19:19
Danke! Habe mich bereits gewundert, dass ihr die Gerlach noch nicht besucht habt ...

Das mit den Süssgetränken ist (wie vieles Andere) reine Geschmacksache, ich bin halt mit Rivella aufgewachsen ... ;-)

Viele Grüsse, Richard

TeamMoomin hat gesagt: Gratulation
Gesendet am 16. Juli 2013 um 20:16
zu einem weiteren schönen Landeshöhepunkt! Du gibts ja in letzter Zeit ziemlich Gas mit Eurohöhepunkten besuchen, cool!

Lg Oli und Moomin

Linard03 hat gesagt: RE:Gratulation
Gesendet am 16. Juli 2013 um 21:25
Merci! ... und ja, es ist ein interessantes Projekt. Von den 49 definierten Gipfeln habe ich mir ca. 40 notiert. Vermutlich werde ich nicht alle besuchen, da einige doch ziemlich zeitaufwendig sind ...

Du wirst ja diesen Sommer auch noch mind. 1 europ. Gipfel besuchen? Im Norden ...?

LG, Richard

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 16. Juli 2013 um 20:32
Hej Richard,

Gratulation zu diesem herrlichen Gipfel. Hast du übrigens gewusst dass ein SAC- oder DAV-Ausweis genügt um den Gipfel alleine zu besteigen?

Auf jeden all eine eindrückiche Tour!

LG Andi (der kaum zu Hause viel zu tun hat und immer noch nicht mit dem IS-Bericht fertig wird).

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. Juli 2013 um 21:32
Hi Andi,

Danke Dir! Das mit dem SAC-Ausweis wusste ich nicht ... Ich hätte aber trotzdem den Gipfel nicht ohne Bergführer in Angriff genommen, zumindest nicht bei Nebel. Kann sein, dass es bei klarer Sicht etwas einfacher ist. So oder so verlangt es sehr guten Orientierungssinn.

Wie auch immer; Tomas ist ein super-Typ, mit dem man sich über allerlei unterhalten konnte, also nicht nur über Bergprojekte, sondern z.B. auch über die slowakische Wirtschaft, etc.

Übrigens war Tomas' erste Frage, ob wir europ. Gipfel sammeln würden ... ;-) - er hätte nämlich schon einmal ein Gast mit denselben Absichten gehabt ...

LG, Richard


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