Schiffberg und Chapf


Publiziert von Kauk0r , 13. September 2018 um 23:25.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:12 September 2018
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alvier Gruppe   CH-SG 
Aufstieg: 1400 m
Strecke:12,5 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Kostenpflichtige Parkplätze (6 Sfr / Tag, 9 für 2) im Bereich Voralpsee. Auf der Höhi ein Wechselautomat für Sfr und eine Toilette.

Schiffberg und Chapf, keine alltägliche Kombination vermute ich mal, aber trotzdem ist sie zustande gekommen. Nicht geplant, aber unverhofft kommt ja manchmal.

Ganz so unverhofft war es aber wahrscheinlich in meinem Fall gar nicht. Vor gut einem Jahr hatte ich versucht den Gamsberg zu besteigen. Dieser schwirrt mir schon seit einer Skitour im Winter 2015 im Kopf herum: Ich hatte die beeindruckende Südflanke von der Rosswies erblickt und war sofort fasziniert. Aber die Besteigung kam nie so richtig auf die Agenda. Dann war es im August letzten Jahres soweit, ich fuhr zum Voralpsee und stieg zum Doppelgleis auf und in dieses ein. Weil es aber im Aufstieg noch feucht war, kam ich nach 2/3 vom Kopf her an meine Grenzen. Ich sah kein sicheres Weiterkommen mehr, obwohl der Weg nicht weit und die Tritte gut waren. Aber mit feuchten Sohlen hatte ich kein Vertrauen. Dieses Gefühl kannte ich, seit meine Frau schwanger war. Also wieder problemlos abgestiegen. Dann rum um den Gamsberg, für den Weg durch die Nordflanke hatte ich schon zuviel Kraft und Energie verbraucht, also noch schnell auf die höchste Wissi Frau (2110 m). Klingt zwar "schizophren", aber ich kam im Steilgras rechts (gefühlt T5+) herum auf den Gipfel und über die Schrofenrinne links (im Abstieg rechts, T5) wieder runter, obwohl nominell schwieriger als das Doppelgleis und auch wesentlich ausgesetzter. Vermutlich die Enttäuschung über den Abbruch und der Wille den Tag mit Gipfel enden zu lassen.

Das ganze nagte an mir, im Winter stand ich nochmal auf der Rosswies und blickte wieder sehnsuchtsvoll hinüber...für 2018 war der Gamsberg auf der Agenda. Und so war ich gestern wieder dorthin unterwegs. Zwar war der Sommer trocken, aber es hatte am Wochenende geregnet und die Nächte waren trotz Hitze am Tag kühl. Deshalb gleich die Nordflanke angepeilt, auf das Spiel im Doppelgleis hatte ich keine Lust. Im Zustieg ging es mir nicht gut, ich hatte Stress. Von der Unteren Längli stieg ich direkt gegen die von Nik Brückner beschriebene Schwachstelle (die Variante mit Spur von der Alp aus bin ich letztes Jahr abgestiegen und es stimmt: sehr erlengestrüppig). Diese war natürlich feucht, das Band aber breit, die Tritte aber teils moosig und abschüssig. Ich kann mich nicht überwinden, der Stress steigt. Auf etwas schlechteren Tritten kann man aber  nach rechts rausqueren zu den Erlen, mit Phantasie ist hier auch ein Durchkommen. Und es entpuppt sich als veritabler Durchschlupf: Auf breiten Bändern in den Erlen ohne großen Kampf steht man schnell oben am Lauchboden. In umgekehrter Richtung ist hier ein massiver Zaunpfahl eingeschlagen und eine Plastikflasche an eine Erle gebunden.

Nun auf den zahlreichen Weidepfaden empor gegen den Gamsberg und seine Nordflanke. Den begrenzenden Felsriegel des Lauchbodens auf der Grasrampe von links her empor und nochmals auf einer Graszunge so hoch wie möglich an das Geröllfeld gegenüber der Einstiegsrampe zur Gamsberg Nordflanke. Ich blicke hinüber und schüttele den Kopf. Ich sehe mich einfach nicht in dieser Flanke auf und absteigen. Wie blockiert kann ich nicht hinüber. Obwohl ich mir vorgenommen habe es zumindest zu versuchen. Das Gefühl aus dem letzten Jahr ist wieder da. Bzw. es war nie weg, wenn ich auf anspruchsvollen Touren war. Eher noch etwas verstärkt seit der Geburt unserer Tochter. Als ich mich entschied auf den Nordrücken hochzusteigen und mir den Weiterweg zum Schiffberg anzuschauen, war ich erleichtert, der ganze Stress genommen. Ich schaute voller Freude über die Schönheit dieses Anblicks hinüber die Schiffberg. Der Abstieg hier auf der Westseite ist angenehmer als der Anstieg auf der Ostseite, wo das Geröll viel lockerer liegt. Auf grasigen Tritten geht es hinab ins Geröllfeld, der Untergrund ist gut verbacken und sehr trittig. Im Karkboden liegt Geröll, ich umgehe es im Gras in den Sattel zwischen Gamsberg und Schiffberg: Ein toller Ausblick! Noch kurz hoch auf den Ostrücken, der sich oben schmal zusammenschnürt und brüchig wirkt (T4-). Gute Bänder (T3+) sind knapp unterhalb auf der Nordseite, während die Südseite senkrecht abbricht. Der Gipfel des Schiffbergs (2194 m) ist eher länglich ausgedehnt, zum Sichelchamm hin ein kleine Plateau zum wunderbar sitzen und staunen. Beeindruckend die Nahblicke zum Gamsberg und der Schiffbergchöpfe-Traverse vor dem Sichelchamm.

Ich habe noch nicht genug, der Tag ist schön und stabil. Der Chapf soll es noch werden, ich habe ja am Gamsberg Höhenmeter gespart. Vom Nordrücken auf Grastritten hinab zum Felsriegel und diesen direkt unterhalb auf einem Wildwechsel entlang gequert um den Fohrenchopf hoch zu überqueren. Drüber hinunter und die Flanke unter dem Felsriegel des Nordrückens vom Rot Stein auf guten Weidepfaden entlang, bis eine Schwachstelle den Durchlass zur Nideri zulässt. Dann hoch zum Isisizsess und auf dem Wanderweg gegen den Chapf, aber am Wegknick mit Wegweiser direkt gerade weiter zur Abbruchkante des SW-Grats und dieser entlang gegen die Gipfelfelsen. Dort dann zu meiner Überraschung noch Edelweiß. Die Felsen rechts umgangen und hinüber die Chapf-Gipfel (2042 m).

Zum Schluss über den Wanderweg erstmal hinab, dann aber direkt über das nicht allzu steile und gestufte Weidergelände zum Wanderweg, ohne die Schleife über die Alpe. Da ich nun sowieso am Schlösslichopf (welcher entgegen dem Wegpunkt auf gar keinen Fall einen Gipfel darstellt) stehe wähle ich den Weg über Ingarnascht zurück zum Parkplatz. Zwar hatte ich damit gehofft, den teilweise matschigen und vom Alpabtrieb geschädigten Weg von der Unterlängli ausweichen zu können, aber auch die Variante war manchmal feucht. Landschaftlich fand ich den Abstieg unter den Chapfe-Felswänden reizvoller. Unten geht es recht steil im Wald hinab, auch hier selten Ausblicke. Kurz nach Chalchofen am Wegweiser links und in stetigem Auf und Ab in Kürze zum Parkplatz.

Fazit: Unverhofft kommt öfter...trotz dem Verzicht auf den Gamsberg, dessen Besteigung ich nun guten Gewissens auf unbestimmte Zeit verschiebe ein toller Bergtag. Landschaftlich sehr reizvoll, insbesondere wenn man den Waldriegel hinter sich gelassen hat. Die Aussicht am Schiffberg ist phantastisch und entschädigte mich für die psychische Strapaze bis zum Zeitpunkt des Verzichts. Da die Kühe der Längli-Alpen im Tal sind ist es ruhig da oben, aus der Umgebung wehten immer wieder Klänge zu mir. Menschen habe ich keinen getroffen, lediglich der Älpler vom Isisizsess war noch mit den Kühen da. Alles in allem zwar ein Teil weglos, aber nie wirklich schwierig. Fehler sind aber nirgends erlaubt, weshalb man trittsicher und erfahren im weglosen Gelände sein sollte. Am Schiffberg auf der Grathöhe ganz kurz etwas anspruchsvoller.

Tourengänger: Kauk0r


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