Chilchberge - Höch Turm - Flätstock


Publiziert von Bergamotte , 28. Juli 2018 um 19:04.

Region: Welt » Schweiz » Schwyz
Tour Datum:27 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SZ   Ortstockgruppe 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 1325 m
Abstieg: 2040 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:LSB Sahli - Glattalp (12.- / Weg)
Unterkunftmöglichkeiten:Glattalphütte SAC / Berggasthaus Glattalp
Kartennummer:1173 Linthal / evtl. 1172 Muotathal

Für einen Gipfel dieser Schwierigkeit und Lage wird der Höch Turm geradezu überrannt. Und nun weiss ich auch weshalb: Die Route über die Bänder und den Westgrat ist äusserst eindrücklich, ja spektakulär, von der markanten Gestalt des Gipfels ganz zu schweigen. Und wählt man als Zustieg die luftige Überschreitung über die Chilchberge, dürfte das Glück für jeden T6-Gänger komplett sein. Auf Hikr findet man jede Menge tolle Berichte zu diesem Berg, da kann ich mich getrost auf einige subjektive Eindrücke beschränken. Persönlich habe ich mich zur Vorbereitung an den Beschrieb von carpintero gehalten.

Mit der ersten Bahn entschwebe ich um halb acht zur Glattalp. Dank dem hohen Ausgangspunkt von knapp 1900m ist für einmal keine Höhenmeter-Bolzerei vonnöten. Angenehmer Nebeneffekt: Ich kann der Gluthitze im Flachland entfliehen. Der Erstaufstieg zum Pfaff (2109m) direkt durch die Südflanke ist schnell geschafft. Anschliessend folgt die genussvolle Gratwanderung über den Glattalpfirst, welche ich für den kurzen Abstecher auf Vorder und Hinter Stelli unterbreche. Am Westaufschwung vom Chli Chilchberg (2269m) muss bzw. darf zum ersten Mal Hand angelegt werden. Das ist bereits gehobenes Alpinwandergelände (T6-). Kurz und luftig geht's weiter über den Grat zum Westfuss vom Gross Chilchberg (2426m) - was für ein Tanker, die Ähnlichkeit zum Druesberg ist unverkennbar. Die Querung durchs Grasband in der Südflanke bietet T6-Spektakel vom Feinsten. Ich kann nicht genug bekommen und quere vermutlich weiter als nötig. Bei Nässe würde ich von einer Begehung dringend abraten; man achte auch auf Morgentau. Anschliessend steil die felsdurchsetzte Grasflanke hoch zum First - ein Pickel kann hier hilfreich sein.

Der Abstieg nach Osten in die Scharte, wo die Direktroute von der Glattalp hochkommt, durch die schuttige Flanke ist etwas rutschig, aber ohne besonderen Schwierigkeiten (T5). Der Wiederaufstieg über den Grat zum "Östlichen Chilchberg" (2426m) ist da bereits eine Spur griffiger und angenehmer. Anschliessend weitet sich der Grat zum gutmütigen Rücken und über Gehgelände erreiche ich den Nordwestfuss vom Höch Turm. Aufgrund der guten Berichte auf Hikr fällt die Orientierung im weiteren Aufstieg leicht. Ohnehin sind die Routen meines Erachtens offensichtlich. Es gibt drei Bänder: das westliche (mit Fahrverbotstafel), das mittlere (mein Aufstieg), das östliche (mein Abstieg). Die Routenführung übers mittlere Band ist logisch und eindrücklich. Es endet praktisch auf dem Westgrat, dem ich in anregender Kletterei bis zum Höch Turm (2666m) folge. Je nach Vorliebe kann streckenweise auf die Nordseite ausgewichen werden.

Exkurs: Die meisten (aber nicht alle) Berichte bewerten die Kletterei in der Normalroute am Höch Turm mit III. Das ist meines Erachtens nicht falsch, trotzdem sehe ich die Schwierigkeiten näher an der II als an der III. Am nächsten kommt man der III beim Ausstieg vom mittleren Band auf den Westgrat. Eindeutig eine III ist der plattige Einstieg ins östliche Band (bei Ausaperung), wenn man das vorhandene Halteseil nicht benutzt. Den Grat selber erachte ich als luftig, aber technisch wenig schwierig. Zudem ist der Fels griffig und fester als erwartet. Gibt es hier andere Meinungen?

Auch dank einem leichten Wind ist es angenehm kühl hier oben. Zeitweise muss ich gar ein Jäcklein anziehen, was für eine Wohltat. Nach meinem Standardprogramm - Genuss von Lunch und Panorama - geht's zurück über den Grat. Hier kreuze ich ein nettes Paar im Aufstieg, welches auf der Glattalp übernachtet hat. Spontan entscheide ich mich, über das östliche Band zurückzusteigen, welches deutlich weiter oben einsetzt. Weil länger ist es sogar noch eindrücklicher als das mittlere Band. Stellenweise ist es etwas speckig, hier halte ich mich an die Hosenbodentechnik. Der Ausstieg unten ist - wenn sich der Schnee zurückgezogen hat - recht plattig, aber ein Halteseil entschärft die Affiche. Die Stelle könnte meines Erachtens auch luftig umgangen werden.

Anschliessend folge ich über rauhes Gehgelände fast durchgehend der Gratkante bis zum Flätstock (2401m). Er bietet ein nettes Panorama auf das Dreigestirn Pfannenstock, Grisset und Bös Fulen. Aber natürlich verblasst er komplett angesichts des höheren, formschönen Nachbarns im Rücken. Der Abstieg über Geröll und Schutt zur Erigsmatt (2081m) ist mässig genussvoll, aber schnell geschafft. Die Älpler verkaufen hier übrigens Getränke. Für den Rückweg zur Glattalp wähle ich eine etwas umständliche Variante. Also nicht direkt über die liebliche Charetalp, sondern über die Chilchbüelen. Das ist der Talzug gleich nördlich davon. Er ist stark verkarstet, auch wenn ein nicht-markierter Pfad recht geschickt durchs Wirrwarr leitet. Vor dem Usser Wändli - einem Durchgang zur Charetalp - treffe ich auf den Wanderweg von der Brunalpelihöchi, verlasse ihn aber bald wieder, um die beiden Koten vom Mandlieggen (2012m) zu überschreiten. Sie sind mit Steinmännern markiert und überraschenderweise durch einen ganz passablen Weg verbunden. Anschliessend mühselig zum Charetalphüttli (1861m) runter - auch hier werden Getränke verkauft - und mit einem weiteren Gegenanstieg zurück zur Glattalp, wo ich in der SAC Hütte auf ein Stück Kuchen vorbeischaue.

Eigentlich wäre die Tour hier zu Ende gewesen, denn die Knier zwickten gar arg. Wie ich aber bei der Seilbahn ankomme, sind bereits zwanzig Personen am Warten und die Kabine soeben abgefahren. Das bedeutet gegen eine Stunde Wartezeit.... Natürlich ist mir das zu blöd, zumal ich es zu Fuss in 45 Minuten schaffen werde, auch dank der eleganten Abkürzung durch die Geisschälen. Der Einstieg befindet sich unweit der Bergstation und ist dank Trittspuren kaum zu verfehlen. 

Tourengänger: Bergamotte
Communities: T6


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Kommentare (4)


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DonMiguel hat gesagt: Bei mir noch offen..
Gesendet am 28. Juli 2018 um 20:40
War vor ca. 1 Monat über den Salitritt unterwegs, mit dem Ziel am Glattalpsee zu biwakieren um am nächsten Tag die Überschreitung Chilchberg-Höch Turm zu machen, leider war meine Begleitung nicht in den gewünschten Konditionen, auf jeden Fall eine Tour die hoch oben steht auf meiner Liste. Gratulation und Gruss Micha

tricky hat gesagt:
Gesendet am 29. Juli 2018 um 10:18
Sehr schön. Diese Tour muss ich mir merken

Alpin_Rise hat gesagt: Der SAC-Führer
Gesendet am 30. Juli 2018 um 22:22
Alpinwandern Gipfelziele Ostschweiz meint:
"Die beiden Bänder zum Westgrat des Höch Turms verlangen beide leichte, exponierte Kletterei (II-III), am luftigen Grat selbst wollen Tritte und Griffe geprüft sein, die Kletterei übersteigt aber den II. Grad nicht mehr"

Die schwierigste Stellen und beide III sind meiner Meinung nach beim ersten Band (Plattenband) der Einstieg, wenn ausgeapert und beim mittleren Band die Stelle nacher auf dem Grat.

Eine sehr tolle Tour, wohl in den Top 10 in der Ostschweiz in ihrer Art.

G, Rise

Bergamotte hat gesagt: RE:Der SAC-Führer
Gesendet am 31. Juli 2018 um 09:30
Danke für den Input. Dann sind wir uns bezüglich den beiden Schlüsselstelle ja einig. Wobei im ersten Band das Seil die Crux stark entschärft.


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