Kurzbericht 

Eine Landschaftliche Gratüberschreitung


Publiziert von Andy84 , 19. August 2018 um 08:51.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum:30 Juni 2018
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1650 m
Abstieg: 1650 m
Strecke:20km
Kartennummer: AV 3/3 Lechtaler Alpen - Parseierspitze

Wandert man von Gramais durch das Otterbachtal den Branntweinböden entgegen, so trifft man nach einer Weile auf einen einzelnen Wegweiser mit der vielsagenden Aufschrift "Landschaft". Hier geht es ins schöne einsame Landschaftskar hinauf. Den nördlichen Begrenzungsgrat dieses Kares haben wir letztes Jahr schon zur Hälfte begangen. www.hikr.org/tour/post121787.html
Südlich wird dieses Landschaftskar von einem langen wilden Gratzug eingegrenzt welcher vom Landschaftsköpfl über die Landschaftsspitze bis hin zum Landschaftseck führt. Diesen Gratzug wollen wir uns heute mal anschauen.


Von Gramais geht es hinein ins Otterbachtal, den Abzweig zur Landschaft lassen wir heute rechts liegen und wandern das Tal bis zu dessem Ende. Nun geht es hinauf ins Sacktal, den nervigen Latschengürtel können wir zum Glück noch fast komplett im Schatten zurückbringen. Nach dem Latschengürtel weitet sich das Gelände und wir folgen dem Wanderweg in Richtung Albitjöchl.
Bei einer Höhe von ca. 2130m zweigen wir dann nach rechts ab und steigen weglos auf den Grat auf. Hier gibt es viele Möglichkeiten für den Aufstieg, man könnte auch schon deutlich weiter unten aufsteigen.
Das Landschaftsköpfl ist unser erstes Ziel, dies ist aber nur die letzte Gratschulter welche sich dem Otterbachtal entgegen streckt.

Landschaftsspitze

Der erste Teil unseres Grates besteht aus steilem Schrofengelände, welches nach einem schönen flachen Gratstück im oberen Teil in felsiges Gelände gewechselt. Wir bleiben zunächst auf Grathöhe um einen Überblick auf den weiteren Gratverlauf zu bekommen.
Der Grat zeigt uns nun seine Zähne, die ersten werden in leichter Kletterei linkerhand umgangen (II), danach in die nächste Scharte hinunter und den folgenden Gratabschnitt mit einigen spitzen Felstürmen rechterhand umgehen. Etwas später stellt sich nach einer weiteren Einschartung der erste steilere und längere Aufschwung in den Weg, dieser wird im steilen Kraxelgelände direkt bestiegen.
Von dieser Graterhebung zeigen sich nun erstmal die beiden heutigen Gipfelziele, aber vorallem auch der weitere Gratverlauf zur Landschaftsspitze. Und dieser sieht nicht nach einfachem Wandergelände aus.
Der Abstieg in die nächste Scharte schaut zunächst recht wild und anspruchsvoll aus, direkt am Grat bleiben ist auf Grund eines senkrechten Abbruches nicht möglich, weswegen wir wieder in die Südflanke ausweichen und deutlich einfacher wie erwartet die nächste Scharte erreichen (II).
Hier stellt sich nun die Frage ob wir den folgenden Abschnitt umgehen oder direkt angehen. Normalerweise stellt sich diese Frage bei einer Grattour nicht, nur haben wir bereits einen Aufschwung ausgemacht welcher sich als Schlüsselstelle der Tour herausstellen könnte. Aber bis dahin wollen wir dem Grat noch folgen und gelangen so zur bisher schönsten Kletterstelle der Tour. Direkt am Grat geht es wunderbar ausgesetzt in steiler Kletterei weiter (III-). Im Rückbick fällt uns dann erstmal auf wie markant der erst zuvor abgestiegene Gratzacken doch war. Flaches einfacheres Gehgelände führt uns nun an den zuvor bereits erwähnten senkrechten Aufschwung. Und leider wird dieser gut 15m hohe senkrechte Aufschwung aus der Nähe betrachtet nicht einfacher. Wir testen kurz an, entscheiden uns dann aber schnell für die Umgehung, das Gestein ist hier erstens deutlich zu brüchig für diesen Schwierigkeitsgrat, ein guter III-er ist hier mindestens gefragt, und zudem, und das ist ausschlaggebend, können wir nicht einsehen wie es danach weiter geht und ob wir notfalls wieder hier runter müssen.
Also ein kurzes Stück zurück und im steilen Gras-Bröselgelände ein Stück nach Süden absteigen. Über eine Gras-Schrofen-Rinne gelangen wir nach kurzer Zeit wieder zurück auf den Grat, im Aufstieg schaut das umgangene Gratstück vogelwild aus, vom Grat aber wieder deutlich freundlicher, weswegen wir uns entscheiden den Gratturm von dieser Seite noch zu besteigen. Im schönen Kraxelgelände (II) geht es hinauf, er wird nun durch einen Steinmann geziert. Auch wäre beim Blick zurück die direkte Überschreitung möglich gewesen, zwar nicht einfach, aber es wäre gegangen.

Zurück in die Scharte und nun im einfachen Schrofengelände etwas Kräfteraubend hinauf auf die Landschaftsspitze, der Gipfel ist ein breites Grasplateau und lädt zum Verweilen ein.
Hier legen wir eine längere Pause ein und versuchen eine geeignete Linie beim gegenüberliegenden Landschaftseck zu finden. Dieses schaut von hier nämlich richtig eindrucksvoll aus.

Landschaftseck

Weiter geht es zunächst in einem Wiesengelände hinunter in die nächste Scharte. Es stellen sich auf dem Weg in die tiefste Einschartung jedoch recht schnell wieder ein paar Gratzacken in den Weg, diese sind jedoch nicht allzu schwer zu meisterns, entweder geht es direkt hinüber weg oder sie lassen sich einfacher umgehen, im leichten II-er Gelände befindet man sich aber schon trotzdem. Der letzte Gratturm vor dem Landschaftseck erfordert dann aber nochmal etwas mehr Konzentration, wir umkraxeln in zunächst auf der rechten Seite, steigen danach nach links oben über eine kleine Verschneidung wieder auf den Grat und danach ist auch dieser geschafft (II).
Im Anschluss daran queren wir auf dem breiten Geröllband direkt unter die Gipfelwand und klettern in einer tollen breiten Rinne empor. Diese Rinne hat von weitem deutlich schmaler ausgesehen, wenn man sich mal drin befindet dann kann man schon fast nicht mehr von einer Rinne sprechen, hier hat man genug Auswahl zum emporklettern (II). Einfach eine schöne steile Kraxelei.
So stehen wir recht schnell direkt unter der Gipfeplatte und erkennen das unsere gewünschte Aufstiegslinie wirklich möglich ist. Das schöne Band lässt sich wirklich begehen. Dieses Band durchschneidet die Gipfelplatte recht steil nach schräg rechts oben, von beiden Richtungen wirkt die Kraxelei spektakulär. Die Klettertechnischen Anforderungen sind hier nicht ausschlaggebend, diese belaufen sich im schönen II-er Bereich. Es ist eher die tolle Ausgesetztheit, die Platte hat eine saubere Steigung, und so steht man recht schnell nur Fussbreit über einem senkrechten Wandstück. Im oberen Bereich wechseln wir auf den kurzen Ostgrat, hier wird der Fels kurzzeitig sehr brüchig und die Kletterei auch noch anspruchsvoller. Vorsichtig schieben wir uns über eine etwas schwerere Kletterstelle, ein glatter 3er wird hier erreicht.
Im Anschluss geht es in teilweise traumhaftem Fels in anregender Kletterei (III) hinauf, hierzu kurz im steilen Fels nach rechts queren und eine schöne breite Verschneidung hoch. Im oberen Bereich wird die Kletterei wieder leichter, dafür der Fels etwas brüchiger. Vor dem Vorgipfel ist noch ein kleiner Kamin zu überwinden (III) und schon steht man auf P.2602.
Der Übergang zum Hauptgipfel ist einfacher wie er scheint, über Platten in de Gipfelscharte (II), den nächsten Aufschwung einfach linkerhand im Bröselgelände umgehen (T5, I), und schon stehen wir auf dem heutigen Tagesziel.
Gipfelbuch und Kreuz muss man hier leider vergeblich suchen, das Landschaftseck wird jedoch deutlich häufiger im Winter besucht. Wir überlegen uns kurz den Übergang zu den Hengstspitzen welche heute eig noch eingeplant waren. Allerdings reicht in der Nordflanke des Landschaftsecks der Schnee noch bis knapp unter den Gipfel, so dass wir uns recht schnell für eine entspannte Abfahrt entscheiden. Hier wird auch recht schnell klar warum das Landschaftseck eher ein Wintergipfel ist, der Nordhang hat eine tolle durchgängige Steigung.
Am Roßkarsee angekommen können wir uns eine ausgiebige Pause bevor es auf bekanntem Wege hinunter nach Gramais geht.


Fazit:
Eine wirklich tolle Gratüberschreitung im Herzen der Lechtaler Alpen. Bis auf die spärliche und nicht immer richtige Beschreibung im alten AVF war uns darüber nichts bekannt, aber genau das macht ja den Reiz einer solchen Unternehmung aus. Heute war alles geboten, vom steilen Schrofengelände über bisschen Bruchkraxelei bis hin zu traumhaftem Kletterfels. Vorallem der Gipfelaufschwung über die Plattenwand auf das Landschaftseck wird uns noch eine Weile in Erinnerung bleiben.

Tourengänger: Andy84


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