Predigtstuhl (2116m) durch Angermannrinne und Hintere Goinger Halt (2192m) über Nordgrat


Publiziert von Chiemgauer , 18. Juni 2018 um 21:34.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Kaiser-Gebirge
Tour Datum:17 Juni 2018
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   A-T 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Strecke:15 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:über die Mautstrasse von Griesenau ins Kaiserbachtal; P am Ende der Straße
Kartennummer:Kompass Nr. 9

Heute wieder auf ein typisches Kaiserproblem gestoßen, dass der AV-Führer durchaus mit Vorsicht zu genießen ist, denn was sich auf den ersten Blick als unproblematisch gelesen hat sollte sich doch als größere Herausforderung herausstellen. Aber alles der Reihe nach.

 

Da aktuell bei mir leider noch keine langen Touren gehen muss eben die Schwierigkeit den Bergtag komplett ausfüllen. Dies sollte heute der mir noch unbekannte Hauptgipfel des Predigtstuhls, sowie der Nordgrat auf die Hintere Goinger Halt sein. Start ist hier die Griesner Alm und von dieser geht es über den direkten Weg in die Steinerne Rinne. In dieser bis etwa 100 Hm unter dem Ellmauer Tor aufsteigen, bis ein Geröllfeld links Richtung gut sichtbarer Predigtstuhlscharte nach oben zieht. Deutlichen Steigspuren und Steinmännern folgend geht es zu dieser. Dabei ist in der Mitte eine Rinne (2), sowie auf den letzten Metern ein Aufschwung (3-) zu meistern.
Aus der Predigtstuhlscharte sollte es eigentlich schnell noch durch die Angermannrinne auf den Predigtstuhl gehen, aber hier merkten wir mal wieder, ein 3er im Kaiser muss sich hart verdient werden. Aus der Scharte geht es zwar noch mit gutmütigen Tiefblick, aber bereits etwas unangenehmer 2 auf der anderen Seite etwa 10m nach unten. Hier den Spuren bis zur nahen Rippe folgen und um diese herum. Ab jetzt geht es ans eingemachte, steigt man in eine stark abschüssige T6/II (vielleicht sogar schon T6+) Schrofenflanke ein. In dieser ist noch wenige Meter zu queren, bis das Gelände im 2er-Bereich nach oben zur sichtbaren Angermannrinne führt. Etwa auf der Hälfte der erste Stand (wohl eher ein Abseilhaken) wo wir nun sichern (zum Glück!). Weiter 2er bis zum Beginn der Rinne (nächster Stand) und noch mehr oder weniger gutmütig bis zu einem bauchigen Überhang in der Rinne (Schlaghaken). Ab hier hat es dann sicher durchgehend einen Kaiserdreier, denn nach dem Überhang geht es ziemlich arm an Griffen und Tritten bis zum Ende der Rinne (Stand, ein oder zwei Haken noch in der Rinne) und über eine kurze Wand (2) zum nahen Gipfelgrat. Über diesen seilfrei zum „Kreuz“. Kopftörlgrat, Einstiegsrinne Fleischbank Nordgrat oder der erst zwei Tage davor absolvierte Kopfkraxengrat waren für mich nicht so anspruchsvoll (Summe aus Schwierigkeit und Ausgesetztheit) wie die Angermannrinne, die durchgehend keinen Fehler verzeihen würde.
Runter geht es dann per Abseilen durch die Rinne, in der Hoffnung es mit zwei mal zu schaffen (deswegen nehmen wir nicht die neuere Abseilpiste Richtung Scharte), was aber an zwei Meter scheitert, bei einem 60m Seil. Dieses ist aber ansonsten mehr wie ausreichend (50m reichen auch locker).
Zurück in der Scharte geht es nun an den eigentlich gedacht anspruchsvolleren Teil der Tour, der sich dann aber als entspanntes Genussklettern herausstellen sollte. Die ersten beiden Seillängen (Topo auf Bergsteigen.com) sind zwar durchgehend 3, allerdings super griffig und deutlich einfacher als die Rinne zu klettern. Haken gibt es da eigentlich für diesen Schwierigkeitsbereich auch ausreichend. Danach beginnt typisch alpines Gratklettern mit eher mehr Gehpassagen als Kletterpassagen (Seil haben wir hierfür nicht mehr aus dem Rucksack geholt). Ein kurzes, extrem luftiges Gratstück (2), könnte dabei rechts umgangen werden. Die 3- zum Abklettern fand ich eher einfacher (2 bis 2+) und der folgende Aufschwung (3) ist gut griffig. Die 3+ Platte ist zum Bouldern und trotz 2 Haken (eher zum A0) wohl nur für Nachsteiger zu sichern. Über die Schwierigkeit würde ich hier streiten, denn wenn man es direkt bei den beiden Schlaghaken probiert, dann hat das für mich nichts mehr mit 3+ zu tun. Die 4- am Kopfkraxengrat war deutlich einfacher. Entweder geht es leicht rechts etwas einfacher, ich habe einen Griff übersehen oder nur blöd angestellt (wie auch mein Begleiter), aber ansonsten war das für uns mindestens eine glatte 4. Danach geht es in „wenigen“ Metern zum Gipfel.
Der Abstieg erfolgt dann über den Normalweg.

Herrliche Klettertour (Nordgrat) deren deutlichen Begehunsspuren nirgends stören mit exklusiven Abstecher (von häufiger Begehung wie es im AV-Führer steht kann man in den letzten Jahren sicher nicht reden und auch die Spuren sprechen nicht dafür) zu einem einsamen Kaisergipfel. Solo wäre beides eine glatte T6+/III, wobei wie erwähnt dabei die Angermannrinne für mich deutlich heikler wäre.


Tourengänger: Chiemgauer


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 40520.gpx stark "verwackelte" Runde

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Kommentare (3)


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sturzfaktor2 hat gesagt:
Gesendet am 13. August 2018 um 21:09
Hallo Chiemgauer,

schöner Bericht. Lustig, dass ich hier bei dir fast genau das nachlese, was ich letzte Woche vor Ort empfunden habe. :)

Ich wollte auch "noch eben" die 60 Klettermeter der mir unbekannten Angermannrinne "mitnehmen", dann den Nordgrat der Goinger machen, den ich schon kannte. Wenn die benachbarte Angermannrinne nur eine III- sein sollte, könnte das ja auch abkletternderweise zu schaffen sein (da allein und ohne Seil). An dem bauchigen Überhang bin ich letztlich schweren Herzens umgedreht. Rauf wäre gegangen, aber das konnte ich zum späteren Abklettern nicht mehr vertreten. Das Gelände wirkt zwar irgendwie nicht ausgesetzt, aber in der Rinne gäbe es bei einem Sturz wohl kein Halten. III- ist ja geradezu lachhaft, nichts für ungut. Keine Dreierstelle am Nordgrat der Goinger ist schwerer als dies. Würde ich aber gerne mit Seil irgendwann mal nachholen, sah eigentlich ansprechend aus.

Ich nahm dann wegen der starken Abweichung der Schwierigkeit irrtümlich an, dass ich vielleicht zu weit gestiegen und in den Tanovaro-Kamin geraten wäre, der im AV-Führer als III+ beschrieben ist. Denn von der Predigtstuhlscharte aus befindet sich vor der hier beschriebenen ja noch eine Rinne. Diese bin ich dann tatsächlich hoch und wieder runter und so doch noch auf den Gipfel gekommen. Wo die Rinne schmal und glatt wird, bin ich auf die linke Begrenzung geklettert (ca. III, viele Seitgriffe, trittarm, teilweise brüchig), vielleicht wäre die Rinne auch gegangen. Keine Ahnung, was das dann für eine Rinne ist. Haken gab es dort keine. Im Abstieg etwas Arbeit.

Ach ja, das Gipfelbuch hab ich nicht gefunden. Befindet es sich oben im "Kreuzkasten", wo der Bühler aufgeschweißt ist? Ich wollte nichts kaputt machen. :D

Der Nordgrat zur Goinger war danach Genuss pur. An der Schlüsselstelle bin ich nicht dem Schlaghaken folgend nach rechts geklettert (oder gebouldert), sondern gerade hinauf durch den Spalt (kleingriffig). Das nach rechts hat mich nicht so angelacht.

Schöne Grüße
Marc

Chiemgauer hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. August 2018 um 11:49
Servus Marc,
"schön" das unser Empfingen dann doch eher objektiv als subjektiv war und du trotzdem den Gipfel geschafft hast. Wir dachten auch "ewig" das ist der Tanovaro-Kamin und haben gesucht, aber die Abseilstände sind nun mal eindeutig.
Links daneben gibt es im AV-Führer eigentlich nur den lohnenderen Südgrat der unten kurz IV sein soll und Rest III. So weit wirst aber wohl nicht nach links gequert sein?

Wie schwer war bei deiner Variante die Schlüsselstelle? Weiß jetzt vermutlich warum das für uns keine 3+ mehr war, denn wir sind die komplette Steilstufe rechts von dem Haken in der glatten Wand rauf.

Gruß,
Hans

sturzfaktor2 hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. August 2018 um 21:50
Servus Hans,

"meine" Rinne liegt gleich südlich der Angermannrinne, wenn man deren Begrenzung übersteigt. Hab mal ein paar *Bilder hochgeladen. Dem Südgrat bin ich ab Ausstieg aus der Rinne gefolgt, das war tatsächlich sehr schöne Kletterei an gutem Fels (II), den oberen Teil davon seid ihr wahrscheinlich auch geklettert. Ich könnte mir vorstellen, dass die IVer-Stelle gleich beim Start aus der Predigtstuhlscharte liegt, das sieht dort ja recht glatt aus.

Schwer einzuschätzen, wie schwierig meine Variante am Nordgrat war. Im Vergleich mit dem Rest vielleicht IV (ein Zug an einem kleinen spitzen Griff zu einem griffigen Aufleger). Vielleicht ist das auch keine Variante, sondern die Originalschlüsselstelle, also Kaiser-III+. ;)

Letztes Jahr ist mein Seilpartner auch rechts geklettert und hat es ebenfalls als schwieriger als III+ empfunden, es hat ihm aber besser gelegen als die Direktvariante, meinte er.

Schöne Grüße
Marc


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