Hoher Gjaidstein (2794 m) von Norden mit sehr langem Zustieg


Publiziert von jagawirtha , 14. Juni 2018 um 17:03.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Dachsteingebirge
Tour Datum:12 Juni 2018
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:15
Aufstieg: 2400 m
Abstieg: 1150 m
Strecke:weit über 20 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:über Hallstatt nach Obertraun, dort zum Krippensteinseilbahn - Parkplatz
Unterkunftmöglichkeiten:auf der Tour selbst nur die Gjadalm, jedoch wäre auch ein Abstieg zur Simonyhütte eine Option oder eine Änderung der Tour zum Hunerkogel mit Gastronomie und Seilbahn

Die letzten Tage hatte ich einen großen Tourenplan im Kopf und nach etwas Recherche könnte das ganze auch machbar sein, zumal es auch einen Plan B und C gab. Dass das ganze Vorhaben sehr gewagt ist und alles passen muss, war mir von Anfang an klar. Einer der wichtigsten Faktoren, das Wetter war für Montag fast zu gut angesagt, es sollte bis zu 30 Grad warm werden, Sonne bis zum Abend, erst dann sollte es gewittrig werden. Die eigene Körperverfassung muss auch stimmen, das war mein erstes Manko, denn der Schlaf ging mir ab, aber ich fühlte mich gut und so starte ich meinen Plan, der war: Start im Tal bei 600 m in Obertraun, Gipfel bei fast 2800 m am Hohen Gjaidstein, also rein rechnerisch 2200 hm und dazu viele Kilometer die ab zu arbeiten waren.

Die ersten Kilometer nach meinem Start von der Krippensteintalstation erfolgen auf der Skipiste, der angeblich längsten Abfahrt Österreichs mit fast 12 km. In einer Höhe von etwa 800 m markiert ein Baumstumpf mit rotweißrotem Stein den Einstieg auf den Steig Nr. 615, der bis zu meinem Gipfelziel führt. Im Wald ist das Gehen viel angenehmer, den die Sonne knallt schon gehörig auf die Skipiste; außerdem handelt es sich um einen sehr schönen Steig im Laubwald. Dieser führt dann zwar wieder ein kurzes Stück zurück auf die Skipiste,  einen Großteil kann man aber auf dem Pfad und im Wald zurück legen. Bei einem kurzen Pistenstück kommt von unten ein Allradquad die grobe Pistenstraße hoch. Der Fahrer, ein Jäger, bleibt stehen und wir wechseln ein Paar Worte, als er mitbekommt was ich vor habe, besteht er mehr oder weniger darauf dass ich bis zur Alm mitfahre, denn ich hätte dann ja eh noch vier Stunden bis zum Gipfel zu gehen. Eigentlich hatte ich ein schlechtes Gewissen, denn ich wollte ja über 2000 hm schaffen, im Nachhinein bin ich aber froh, dass ich doch zugestiegen bin. Nochmals Dank an den Waidmann.

In einer rasanten Fahrt von 15 Minuten waren wir dann oben auf Höhe der Alm, der Gjaidalm. Hier wollte ich eigentlich nach meinen ersten 1000 hm Pause machen, aber ich hab ja eigentlich noch gar nichts geleistet. Also ging ich gleich weiter Richtung Oberfeldkaserne, an dieser rechts vorbei und traf direkt den Steig Nr. 615. Die Oberfeldkaserne wurde verkauft und soll irgendwann ein Hotelbetrieb werden, aber es tut sich noch nichts. Der folgende Abschnitt durch die Karstlandschaft ist ein ständiges Auf und Ab ohne großen Höhengewinn, ein kräfteraubendes, mühsames Gehen, das ich bei meiner Planung etwas unterschätzt hatte. Für diesen Streckenabschnitt bis zum Fuß des Taubenkogels brauchte ich 1h 15 min an Zeit für geschätzte 100 hm. Dafür machte der Anstieg zum Sattel auf den Taubenkogel mehr Spaß. Hier ist eine Steilstufe zu bewältigen, bei der man auch die Hände zu Hilfe nimmt, außerdem ist hier absolute Trittsicherheit und ein gewisses Maß an Schwindelfreiheit erforderlich. Hat man dann die Sattelhöhe erreicht, kommt der Hohe Dachstein und der Hallstätter Gletscher ins Sichtfeld und überwältigt mich abermals mit seinem Anblick. Auch mein Gipfelziel ist schon zu sehen, aber noch weit weg.

Den Besuch des Taubenkogels habe ich ausgespart und würde ihn wenns noch passt im Abstieg mitnehmen. Nun steht ein weiterer Hatscher über die Hochfläche bevor, auch hier sind fast keine Höhenmeter, die man abarbeiten könnte. Über eine Stunde mit einer kleinen Pause benötige ich bis zur nächsten Steilstufe. Der Weg führte vorbei am Vorderen Gjaidstein, den Abzweig zur Simonyhütte, eine weitere Ausstiegsmöglichkeit für meinen Tourenplan, und unterhalb des Niederen Gjaidsteins vorbei bis zu den östlichen Abfällen zum Skigebiet Dachsteingletscher. Hier steht eine Wand mit etwa 150 hm, die zu bewältigen ist. Wegen des Schotters und groben Gesteinsbrocken auf dem Weg muss man hin und wieder mit den Händen mithelfen, ansonsten führt der Steig gekonnt hoch zu einem großen Schneefeld, das an der Geländekante unschwierig überquert wird.

Nach einem weiteren kurzen Flachstück ist die letzte Steilstufe vor dem Gipfel zu erklimmen. Dies wird jedoch dadurch etwas entschärft, daß der Nordrücken von links nach rechts oben genutzt wird und somit die großen Steigungen entfallen. Lohn der Mühen ist der Blick zum Hohen Dachstein und der Fläche des Hallstätter Gletschers, der bereit mit Erreichen des Gipfelplateaus frei wird. Ein einmaliges und immer wieder beeindruckendes Schauspiel, einfach nur zum geniessen und aufsaugen. Am Gipfelkreuz angekommen, kann man das gesamte Panorama aufnehmen, einzig in die Ferne sind die Aussichten nicht so gut wegen der bereits aufziehenden Bewölkung. Was soll´s, man muss mit dem zufrieden sein was man haben kann und das ist einmalig schön.

Inzwischen kommen vom Kleinen Gjaidstein, bzw. vom Hunerkogel auch andere Berggeher/Seilbahnfahrer, es sind aber nicht die Massen, die sich auf der Gletscherautobahn bewegen. Auf meiner Aufstiegsroute war ich allein und ausser dem Jäger hatte ich keinen anderen Bergwanderer getroffen bzw, gesehen. In meiner kurzen Pause am Gipfel überlege ich meinen weiteren Tourenplan. Den Notausstieg zum Hunerkogel streiche ich komplett, denn ich fühle mich noch gut, habe noch genug zu trinken und essen. Meinen endgültigen Abstieg werde ich erst später entscheiden, je nachdem wie sich die Dinge entwickeln. Jedenfalls werde ich den Rückweg zuerst so gestalten wie den Aufstieg, denn vielleicht gelingt mir wenigsten der Abstieg mit den über 2000 hm.

Als ich im Abstieg die zwei Steilstufen hinter mir hatte, habe ich mich entschieden noch auf den nahen und unschwierigen Niederen Gjaidstein zu gehen. Doch im weglosen Aufstieg, wenn man das überhaupt sagen kann wegen der geringen Neigung, merke ich in den Füssen die fehlende Kraft für weitere Unternehmungen. Die Option, auch den Taubenkogel noch mitzunehmen, werde ich vermutlich nicht ausüben. Zwischen Niederem und Vorderen Gjaidstein lasse ich den Abstieg ins Gjaidkar und zur Simonyhütte links liegen. Beim Abstieg zur Simonyhütte hätte ich eine Übernachtung getätigt und wäre dann morgen den Rest abgestiegen. Wie schon im Aufstieg zieht sich der Rückweg über das Plateau und langsam spüre ich auch mein linkes Knie, das hatte ich schon lange nicht mehr. Damit lasse ich auch die Besteigung des Taubenkogels ausfallen.

Vor der letzten Steilstufe neben dem Taubenkogel lege ich meinen Kniestützstrumpf über und schalte einen Gang zurück, denn hier ist nochmal konzentriertes Gehen angesagt. Die wenigen kurzen Kletterstellen  kann ich gut meistern und befinde mich bald unten am Fuß des Taubenkogels. Jetzt habe ich nur noch die mühsame Karstlandschaft vor mir, den mein neues Ziel ist die Endstation der Krippensteinseilbahn in der Nähe der Gjaidalm, diese hat seit zwei Tagen auch den Betrieb dieses Abschnittes 3 wieder geöffnet. Ein Abstieg ins Tal wäre nicht vernünftig, denn auch das rechte Knie gibt hin und wieder einen Schmerzstoss ab. Und so bin ich froh kurz vor vier Uhr die Station der Seilbahn zu erreichen. Um 16.50 Uhr wäre die letzte Talfahrt für diese Saisonzeit, in den Ferienmonaten gibt es noch spätere Talfahrten. Beim Eingang zur Seilbahn werfe ich nochmal einen Blick zurück auf den Gjaidsteinblock und sehe eine große Gewitterfront aufziehen. Auch aus diesem Grund ist die Abfahrt mit der Bahn ratsam. Kurz nach 16.30 Uhr bin ich dann wieder an der Talstation der Krippensteinseilbahn und beim Auto angekommen. Es dauert nicht mehr lang und das Gewitter hat mich eingeholt, obwohl ich schon mit dem Auto auf dem Rückweg war.

Fazit: Alles ist möglich, nix muss!

Wenn alles passt, müsste man die Tour auch an einem Tag schaffen. Dazu wäre aber dann ein Start schon vor sechs Uhr ratsam. Rechne ich die Zeit für die Abkürzung mit dem Quad ein und den kompletten Abstieg ins Tal, müsste man mit fünf Stunden reiner Gehzeit zusätzlich rechnen, mindestens!

Mögliche Abkürzungen bzw. Abbrüche:

1. Im Auf-  und Abstieg: die Gjaidalm mit Übernachtungsmöglichkeit oder die Nutzung der  Krippensteinseilbahn

2. Der Abstieg zur Simonyhütte über das Gjaidkar, Weg Nr. 657A, mit Übernachtungsmöglickeit, etwa 2 Std. Gehzeit vom Hochplateau aus.

3. Am Gipfel der Weiterweg über den leichten Klettersteig zum Hunerkogel mit Seilbahn ins Tal, dann jedoch in die Steiermark mit Zusatzkosten für den Transfer.

Tourengänger: jagawirtha


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